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koka-archiv-2013

koka

Zur Nationalversammlung der SPD in Leipzig:
Ist ihre nationale Größe der Größe der Nation angemessen? Und umgekehrt, die nationale Größe ihrer Speerspitze?
Anmerkungen zu den letzten Wahlen, zu den Koalitionsverhandlungen und zur Stellung der Partei in der politischen Landschaft überhaupt
(16.11.13)

Wasser und andere Güter:
Ware — oder keine Ware?
»Wasser ist keine Ware.« Oder »[Dies und das] ist keine Ware.« Wenn blockupy, attac oder wer auch immer mit einem derartigen Slogan Öffentlichkeit erregt, dann wird ein treffender Begriff verwendet, ohne ihn allerdings — so scheint es jedenfalls — wirklich begriffen zu haben. Der Begriff Ware erheischt jedenfalls eine nähere Untersuchung.
(13.11.13)

Vor 75 Jahren brannten in Augsburg wie überall in Deutschland die Synagogen der Juden
Damals wie heute wittern Nationalisten Verschwörungen gegen die Nation
Natürlich gibt es heute keinen ernst zu nehmenden Menschen, der ein fiktives »Weltjudentum« für  Kalamitäten der deutschen Nation erfindet. Zumal etliche Juden den absurden Vorwurf der Faschisten widerlegt haben, der darin bestand, unfähig zu einer Staatsbildung zu sein und sich deshalb parasitär in den »Volkskörpern« anderer Nationen zu betätigen. Angehörige der jüdischen Religion waren und sind genauso gute oder weniger gute Nationalisten der deutschen (oder einer anderen) Nation. Der Verschwörungsvorwurf gegen sie ist zwar nicht ausgestorben, doch mittlerweile sind neue Verschwörungstheorien im Umlauf. All diese Betrachtungen erfinden eine Feindschaft gegen die Nation, eine mehr oder weniger dunkler Herkunft. Nun muß man nicht weit gehen, um aus den Feind- und Freundschaften der Nationen untereinander einen Hintergrund abzuleiten, der viel grundsätzlicher zu sein scheint, also jenseits der tatsächlichen staatlichen Interessen sich abspielt. So liegt es heute auf der Hand, in einer anderen Religion Verschwörung gegen eine (christlich-abendländische) Nation zu wittern: Der Islam wird dazu verklärt. Dementsprechend werden Vorurteile gegen hier lebende Mitbürger ausländischer Herkunft geschürt. Nicht selten greifen die so ins Hirn, daß es zu brachialen Morden kommt. Eben wie damals in der NS-Zeit Juden ermordet wurden, werden heute in Deutschland Muslime ermordet. Sie selber wußten und wissen oft nicht, wie ihnen geschieht, sie waren und sind ja ins Alltagsleben hier eingebunden, noch dazu meistens auf unterster sozialer Stufe. Ein jüdischer Kleinhändler oder ein türkischer Döner-Verkäufer — Teil einer Weltverschwörung? So absurd sind eben Verschwörungstheorien: Sie haben allein ihren Grund in der unbedingten, knallharten Parteinahme für den »eigenen« Staat, die Nation, deren fehlende Souveränität man beklagt: Dunkle bzw. nun, wenn man einen entsprechende Theorie auflegt, gar nicht mehr dunkle Kräfte würden einen Aufstieg der Nation verhindern, ja hintertreiben. Nicht, daß die eigene Nation nicht souverän wäre, nein, daß sie nicht genug souverän ist, daß sie ihre Weltmachtansprüche (noch) nicht vervollkommnen kann, das ist das Leiden all der harten, sich konsequent gebenden Nationalisten. Damals wie heute. Und diese Nationalisten kulminierten damals in der NSDAP. Heute versuchen sie als Mitglieder demokratischen Parteien ihr Weltanschauungssüppchen zusammenzukochen; sie testen immer wieder aus, wie weit sie mit ihren Anschauungen gehen können. Und unwillkürlich beklagt dann auch mal ein Herr Schäuble —  ohne schon gleich eine Verschwörungstheorie zu teilen — die seinem Geschmack nicht ausreichende Souveränität Deutschlands. Diese Schäublesche Haltung macht wiederum für andere Nationalisten die Inkonsequenz der herrschenden Politik aus und sie halten es deshalb für nötig, wieder eine eigene Partei zu gründen (NPD, REPs etc. erscheinen ihnen hauptsächlich durch deren Mißerfolge bei Wahlen diskreditiert); die Neugründung eines CDU-Aussteigers, die »Alternative für Deutschland« ist genau so ein Projekt nationalistischer Leidensgenossen: Daß die ausgerechnet im Geld und der Geldpolitik, im internationalen Euro ihr Leiden an der Nation entdecken, macht die Parallelität zur NS-Zeit aus: Damals war es doch, nach genuin faschistischer Theorie, der »Geldjude« und eine ihm hörige internationale Politik, die nationales Interesse verrieten und die Nation leiden ließen!
[Abbildung: Stadtarchiv Augsburg: Plakataufruf zum »Kulturkampf« der NS-Organisation »Völkischer Block«, 1924: Das Fragezeichen ist natürlich verlogen.] 
p.s. Die Augsburger Allgemeine führte anläßlich des Jahrestages der Reichspogromnacht ein Gespräch mit dem Historiker Dieter Pohl, welches keineswegs erhellend über die Gründe des Antisemitismus ist. Es ist lediglich das Alleroberflächlichste zu lesen, nämlich, daß diese Haltung in breiten Bevölkerungschichten »ohnehin schon«[!] vorhanden war und zu den bekannten, die deutsche Nachwelt so erschreckenden Resultaten geführt hat. Da ist es kein Wunder, daß sich neulich auf der Website der Zeitung eine Anzeige des faschistischen Blattes Junge Freiheit fand, in der das die »Alternative für Deutschland« Interessenten, die es unter den Lesern der AZ (wohl nicht zu Unrecht) vermutet, näher vorzustellen versprach. 
(09.11.13)

Die NSA erforscht noch, was unsereins längst weiß:
Was führt die deutsche Gewalt im Schilde?
In der Staatenwelt steht — ganz prinzipiell — Gewalt(monopol) gegen Gewalt(monopol). Das gilt gleichermaßen für verfeindete wie »befreundete« Staaten. Staaten beziehen sich stets berechnend aufeinander. Nur insofern, als ein anderes Gewaltmonopol den staatlichen Interessen und Ambitionen entspricht bzw. zu entsprechen scheint — einerlei, ob jenes dazu erpreßt »freiwillig«, oder, überhaupt von vorneherein im eigenen Interesse dazu bewogen, eben den an es herangetragenen Interessen nachkommt —, nur insofern also kann von »Freundschaft« die Rede sein. Bei solcherlei Beziehungskisten handelt sich allenthalben um strategische Beziehungen. Ohne Vorbehalte und Zwiste geht das naturgegeben nie ab — was den Stoff für ganz viel Diplomatie hergibt. Je mehr Staaten (in Form ihrer amtierenden Charaktermasken) auf Gipfeltreffen zusammenkommen, desto heftiger das Gezerre. Zwischen den führenden Staaten des Globus, zwischen den imperialistischen Staaten allerdings gilt  die Aufmerksamkeit so sehr der Fassade der Übereinstimmung, daß, allein dies zu betrachten, schon stutzig machen muß: Diese Staaten sind sich ja selber die härtesten Konkurrenten um die Spitzenplätze in der Hierarchie der Staaten. Wirklich geschlossen treten sie allenfalls gegen »Drittwelt«-Staaten auf, zumal wenn dort einer aus der Reihe tanzen sollte. Doch selbst anhand dieser abgehängten Staaten machen sich die Gegnerschaften untereinander immer deutlicher bemerkbar.

Die USA sind nicht so naiv, den Angriff auf ihre Weltwährung Dollar seitens der BRD mit ihrem Euro-Projekt nicht als solchen wahrzunehmen. Ebenso wenig, daß diese BRD Anerkennung für den erreichten Status ihres nationalen Aufstiegs beansprucht: Die USA sollten ja, was das Weltordnen anbelangt, zuerst in Berlin anrufen und konsultieren, bevor sie irgendwo auf der Welt zuschlagen. Um dies klarzustellen, hatte die BRD unter Bundeskanzler Schröder die (offizielle) Billigung des Irakkriegs verweigert. Schröder selber im Falle Afghanistan und erst recht dessen Nachfolgerin im Amt sind dann wieder ein wenig zurückgerudert. Das hat nicht viel genutzt. Im Gegenteil, das hat sie erst richtig verdächtig gemacht.
Die deutschen Machtansprüche sind in jeder Hinsicht erheblich. Ob diese die USA auf längere Sicht unter Kontrolle halten können, das ist die Frage; wollen — und das macht die Abhöraffäre deutlich — tun sie es.
[Mit gewisser Wehmut wird der ein oder andere national denkende Historiker in den USA an den  Außenminister Henry Morgenthau zurückdenken, der Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg auf einen Agrarstaat reduzieren wollte. Allerdings sprachen dann doch die Weltmachtambitionen der USA gegen einen »Kapitalismus in einem Land«.]
Eine Verzichtspolitik, wie sie Deutschland anderen Ländern, insbesondere derzeit den europäischen Südstaaten, empfiehlt und oktroyiert, kennt es für sich nicht. Das hat seinen Preis. Ihn erhebt die weit überlegene Supermacht. Und die kann noch viel mehr, wenn die deutsche Gewalt nicht bald die Schnauze hält und die Abhöraffäre Abhöraffäre sein läßt. So etwas kommt schließlich in den besten Ehen vor!
Es ist naturgemäß kein Wunder, wenn sich schwächere Staaten in ihren politischen Kalkulationen eher verrechnen als stärkere. Ein schönes Beispiel auf höchstem Niveau liefert eben nun der Fall Deutschland/USA.

(28.10.13)

Von Marx könnte man was lernen, u. a. über
Arbeit und Reichtum im Kapitalismus
In der Gesellschaft wächst der Reichtum und zugleich wächst die Armut, wächst der Ausschluß vieler Menschen vom vorhandenen Reichtum. In dieser Gesellschaft gibt es ein Bedürfnis nach Arbeit — nicht nach den Früchten der Arbeit, sondern nach der Arbeit selbst.
Diese Wirtschaft muß immerzu wachsen. Auf Gedeih und Verderb hängt ihr Bestand davon ab, daß sie nicht einfach das produziert, was gebraucht wird, sondern heuer mehr als voriges Jahr und nächstes Jahr wieder mehr. Diese Gesellschaft kennt das absurde Problem, ständig neue, verkaufsfähige Produkte finden zu müssen.
Diese menschenfeindliche und absurde Rationalität der kapitalistischen Wirtschaft hat Marx in seinem Hauptwerk »Das Kapital« aufs Korn genommen. (pdf)

(26.10.13)

Wie die Weltfinanzkrise Frankreich und seine Ansprüche tangiert und wie es damit umgeht
Frankreich ringt um sein europäisches Weltmachtprojekt
Dazu ein Artikel in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift GegenStandpunkt 3-2013. Ein weiterer befaßt sich mit dem EU- und Euro-Projekt und seinen Perspektiven im siebten Jahr der Weltfinanzkrise. Außerdem u.a.: Die Lage Ägyptens und die Dimension der globalen US-Überwachung, enthüllt von Edward Snowden. (15.10.13)

Schon für Bertolt Brecht ein Thema
Nationalismus als Falle für Hungernde und Nichthungernde
Übrigens: Was hierzulande das Schlimme ist, daß die Medien immerzu vor den Wahrheiten fliehen, den Gründen der als »Mißstände« beklagten Gegebenheiten. Also so tun, als hätte die etablierte politische Ökonomie mit den herrschenden Zuständen nichts zu tun. Als läge die Not anderswo in der Natur der Bevölkerung dort begründet. So rassistisch ist die demokratische Öffentlichkeit gerade dann, wenn sie so tut, als läge ihr nichts ferner als Rassismus. Heuchelnde Journalisten passen ausgezeichnet zu den Heucheleien ihrer Herrschaft…
(15.10.13)

Zwei politische Nachrufe ausgesuchter Güte (13.10.13)

Neuer Erfolg der USA bei der Friedensstiftung im Nahen Osten
Brauchbare Kriegsresultate allenthalben
Nun hätten die USA — unter dem Vorwand des Giftgasmißbrauchs [wir erinnern uns, daß die USA die Nation sind, die Giftgas nicht mißbraucht, sondern gebraucht (drastischstes Beispiel: im Vietnamkrieg)] — Syrien bombardiert, hätte nicht Rußland entschieden dagegen gehalten und somit die USA zu einer ungewöhnlichen Kalkulation gezwungen. Ungewöhnlich deshalb, weil die USA ihre Freiheit skrupellosen Zuschlagens beschnitten sahen. (Pläne, Rußland selber ein für allemal in den Griff zu bekommen, waren und sind ja noch nicht wirklich herangereift.) Mittlerweile hatte dann die britische Zeitung The Independent gemeldet, daß Giftgas von Katar über Libyen in die Hände der syrischen Rebellen gelangt war, und bestätigte damit faktisch das, was jedem logisch Denkenden und jedem Kenner der imperialistischen Historie von vorneherein klar war, nämlich, daß es sich beim Chemiewaffengebrauch um eine inszenierte Kriegslüge der USA gehandelt hat; daß es also der US-Geheimdienst CIA  und die Aufständischen selber waren, die Giftgas eingesetzt haben, um somit den direkten Einsatz des US-Militärs gegen den syrischen Staat unter al Assad zu provozieren. Also gerade das Gegenteil von dem, was die Menschenrechtsapologeten des Imperialismus im ideologischen Selbstverständnis nach hätten tun müssen, wäre eben jenes nicht reine Heuchelei: Sie hätten den verbrecherischen Aufständischen die Unterstützung entziehen und ihnen den Kampf ansagen müssen!
Die Aufdeckung der Fakten führte zu etwas ganz anderem: Syrien selber, welches diese Waffen gar nicht eingesetzt hatte, sollen nun solcherart Waffen weggenommen werden. Dazu ließ sich Rußland im UN-Sicherheitsrat breitschlagen, um den USA auch noch den letzten Vorwand zu nehmen, selber militärisch in den Krieg einzugreifen. Für die USA selber war es ein leichtes, einem nunmehr dahingehend formulierten Antrag zuzustimmen, insofern sie schon immer der Meinung waren, die Rebellen sollten den Konflikt eigenhändig (mit den ausreichend gelieferten Waffen, versteht sich) für sich entscheiden.
So geht also ein Krieg weiter, der z.B. hierzulande als »politische Lösung« gefeiert wird. Es ist ja wirklich nicht zu bestreiten, daß, so kaputtgemacht wie Syrien mittlerweile ist, dies ein durchaus brauchbares Resultat im Auge eines deutsch-imperialistischen Betrachters ist. Ein Resultat, bei dem steigende Flüchtlingszahlen allenfalls ein Wermutstropfen sind, so man sie nicht gleich als wunderbare Gelegenheit verbucht, seine herausragende Moralität unter Beweis zu stellen.
Das Resultat des Krieges ist eine Lehre für all die potenziellen und wirklichen Feindstaaten des Prinzips »Frieden in Freiheit«: Sie sollten nicht mit andersgearteten Berechnungen eben diese Sorte Weltordnung destabilisieren. Denn ansonsten werden sie selber destabilisiert, um die Stabilität wiederherzustellen. Daß »Frieden in Freiheit« ohne Krieg und Elend, ohne Lügen und Heucheleien nicht zu haben ist, liegt auf der Hand. Es sind ja »nur« die notwendigen Unkosten dafür, sollen also auch entsprechend betrachtet werden.
Es versteht sich im übrigen von selber, daß nicht jeder irgendwo dahergelaufene Rebell imperialistischerseits die Unterstützung erfährt, die er gerne hätte. Angesicht der Syrienfrage — und das ist ein schöner Kollateralnutzen, den die USA einheimsen — geriet die Palästinenserfrage erst recht aufs Abstellgleis. Die USA sind — obgleich sie die Mittel hätten und in der UN auf keinerlei Einspruch stoßen würden — so wenig an einer Lösung dieser Frage interessiert wie ihr allzeit kläffender Kettenhund Israel, der sich allzugerne losrisse, um diese Frage einer »Endlösung« zuzuführen. Wen würde es verwundern, wenn sich Israel anböte, das in Syrien beschlagnahmte Gas zu übernehmen, mit dem Versprechen, es nicht zu mißbrauchen?

(12.10.13)

Marginalien zum deutschen Wahlkampf 2013
Demokratie, wie »wir« sie lieben! (06.09.13)
Was schrieb KoKa damals, zu den letzten Bundestagswahlen im Jahre 2009 und zum damaligen Wahlkampf(08.09.13)

Der Super-GAU von Fukushima wurde schon, gut zwei Jahre nach seinem Stattfinden, kleingeredet und im wesentlichen — bis auf einige noch anstehende Kontaminierungsarbeiten — für abgeschlossen erklärt. Neuerdings stellt sich heraus, daß die Betreiberfirma TEPCO sowie die staatlichen Aufsichtsämter Japans nach wie vor nichts im Griff haben: Das liegt in der Natur der Sache, der Fysik radioaktiver Materie. Die Spezifika der dortigen technischen Struktur, möglichst rationell angewandte Technologien, bereiten im nicht vorgesehenen Fall eines Super-GAUs Schwierigkeiten besonderer Art (z.B. der Anfall unglaublicher Mengen kontaminierten Wassers; wobei die Eigenschaften des Wassers als solches eben ein zusätzliches Problem aufwerfen). Die Ergebnisse der Atomenergie liegen in einer Verstrahlung von Mensch und Umwelt gigantischen Ausmaßes vor. Daß der Betriebsleiter des AKWs selber, Masao Yoshida, mittlerweile Todesopfer der Strahlenbelastung geworden ist, ist dabei wirklich kein Trost. —
Die BRD hat den Ausstieg unter dem Eindruck von Fukushima festgelegt, allerdings auf ein jederzeit revidierbares Datum hinausgeschoben und damit all die bis dahin auch bei Normalbetrieb entstehenden Schäden in Kauf genommen (auch wenn der — was ja auch nie sein kann — störungsfrei wäre). Die Atompartei CSU gar möchte gerne den Betreibern des AKWs in Gundremmingen eine Leistungserhöhung zubilligen und damit eine zusätzliche Belastung von Mensch und Umwelt sowie eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit eines GAUs in Kauf nehmen. Ins gleiche Rohr bläst die Augsburger Allgemeine, die generell die Version der Betreiber — so auch bei der jüngsten Leckage am 14.08.13 — übernimmt:
 Sogesehen sind AKWs mit die harmlosesten Zeitgenossen im technischen Bereich einer kapitalistischen Nation. (04.09.13)

Sein »Schicksal« auf Wahlzettel setzen: Der traditionelle Wahnwitz demokratischer Betätigung
Die Ausstellung eines Blankoschecks
Eine Demokratie läßt sich nicht versetzen. Sie traktiert ihre Untertanen solange, bis die — wieder mal — zur Urne wackeln, um ihre Interessen der Obrigkeit zu überantworten. Die Quittung bekommen die sodurch zu »mündigen Bürgern« Erklärten dann jedesmal aufs neue präsentiert, doch daraus werden sie nie klug, nicht einmal dann, wenn sie gelegentlich »aus Protest« zuhause bleiben.  (02.09.13)

Die Notwendigkeit einer rechtfertigenden Begründung — eine selbstauferlegte Last demokratischer Herrschaftsform
Beweise, die keine sind
Daß sich in syrischen Kampfgebieten Sarin oder ein anderes Giftgas nachweisen läßt, dieses Faktum gibt  ja noch lange keinen Aufschluß darüber, wer es freigesetzt hat, genauer: in wessen Interesse es freigesetzt worden ist. Abgesehen davon, daß es auch gar nicht absichtlich freigesetzt worden sein kann, sondern durch die Zerstörung eines seiner Lagerstätten aufgrund von Kampfhandlungen, hilft bei der Klärung dieser Frage allein die Logik weiter. So liegt auf der Hand, daß Syrien gar nichts daran liegen kann, sich einen haushoch überlegenen Gegner an den Hals zu wünschen, mit dem es ganz sicher nicht fertig werden könnte. An einer Herausforderung der USA kann es al Assad offenkundig nicht liegen, eine solche Provokation liegt ausschließlich im Interesse der Aufständischen bzw. denjenigen, für die sie eben Stellvertreterdienste erfüllen. Und es liegt gleichzeitig in deren Interesse, ihre Provokation als eine des teuflisch bösen Assad erscheinen zu lassen.
Es liegt auf der Hand, daß, wenn die USA von »Beweisen« reden, sie keine Wissenschaft betreiben wollen, deren Inhalt der Beweis einer Sache ist, vielmehr nichts anderes als die Rechtfertigung ihres staatlichen Interesses. Und dieses Interesse einer Weltordnung ihrer Maßstäbe in Sachen Geschäft & Gewalt erheischt bei so widerspenstigen Staaten wie Syrien eben — als ultima ratio (letzten Vernunftgrund) — Krieg. Es sei daran erinnert, daß die USA zuvor mit ihrem Nahost-Sondergesandten George John Mitchell die Möglichkeiten einer diplomatischen Einflußnahme eruiert hatten. Jener warf 2011 das Handtuch und es ist gar nicht komisch, daß spätestens ab diesem Zeitpunkt, ab diesem Zeitpunkt jedoch offenkundig, eine andere Option ins Rollen kam, die deutlich macht, daß all die diplomatischen Versuche der USA nichts anderes sind, ihren Gegner — in diesem Falle Syrien — unter Druck zu setzen, d.h. ihm erpresserisch zunächst mit Wirtschaftssanktionen, dann mit dem Militär zu drohen, ohne Letzteres offen aussprechen zu müssen.
Mit ihrer militärischen Drohung ermutigen die USA andere Staaten zur Selbstaufgabe eigener staatlicher Berechnungen. Mit dem Einsatz ihres Militärs pflegen sie Exempel zu statuieren. Mit einer Verzögerung solchen Einsatzes, wie jetzt unter Obama, müssen prowestliche Agitatoren geradezu den Eindruck gewinnen, Syrien zur Selbstbehauptung zu ermutigen (und Obama gilt in ihren Augen darob nicht mehr als »starker Präsident«). Das ist natürlich Quatsch: Die USA ziehen alle Register — wenn sie sich schon nicht auf Großbritannien — dem die Malvinas und Gibraltar alldieweil näher liegen — verlassen können, dann doch auf alle Fälle auf ihren Kongreß! Und es ist auch keineswegs so, daß sie Rußland und den Iran — immerhin noch ganz andere Staatskaliber, die nicht auf Linie liegen — nicht in ihre Berechnungen miteinbezögen, selbst wenn sie den UN-Sicherheitsrat übergehen, so der nicht nach ihrem Interesse entscheidet.

(02.09.13)

Es ist schon grotesk, wie ignorant die Parteigänger des »freien Westens« nicht dessen politische Ziele ins Auge fassen, sondern das, wofür er kämpfen sollte und müßte, wofür er nicht »bloß« andere für sich kämpfen lassen sollte, sondern selber dreinschlagen sollte, und zwar mit seiner Allgewalt. Denn für solcherart moralische Parteigänger des Westens steht zweifelsfrei und felsenfest fest, daß die USA und ihre Hauptverbündeten die Guten sind, während die zu Feinden Erklärten eben die Schurken. Es ist einem solchen Weltbild ja auch nicht dienlich, die weltpolitischen Ordnungsinteressen der USA ganz sachlich in den Blick zu nehmen. Würde man das, käme man zu dem Ergebnis, daß sich die Gewalt der USA im Prinzip überhaupt nicht von der eines anderen Staates unterscheidet, lediglich Qualität und Umfang der Gewaltmittel machen ihre Überlegenheit aus. Was darüber hinaus die moralische »Qualität« des US-Gewaltmonopols angelangt, könnten bei einer derartigen Untersuchung ebensowenig Zweifel aufkommen: Die USA sind nach wie vor zutiefst rassistisch, gehen über Leichen usw., brauchen also auch diesbezüglich den Vergleich mit Schurkenstaaten wie Nord-Korea und Israel nicht zu scheuen. Dies an die Adresse der Gewalteinpeitscherin Kristin Helberg, die als »freie Journalistin für TV, Radio und Print arbeitet« (taz von heute). Ob sie schon auf der Gehaltsliste von CIA, NSA und/oder BND steht, wer weiß? Strebt sie eine diesbezügliche Karriere an? Ihre Kommentare jedenfalls hören sich schwer danach an. Die taz ihrerseits ist so blöd, um der Kriegshetze dieser Gewaltfanatikerin breiten Raum einzuräumen, und zwar unwidersprochen: Was die taz sich natürlich schuldig ist, als propagandistische Vorkämpferin der allüberall zuständigen imperialistischen Mächte. Deren Moral schreit nach immer mehr Leichen für die einzig gute Sache: Soviel Dogmatismus, und das ist nicht wenig, muß dem Publikum offenkundig immer wieder zugemutet und eingebläut werden. Umso mehr, als alle Logik gegen ihn spricht. (30.08.13)
 

Friedenspolitik am Beispiel Syrien — wie man einen Krieg für freedom & democracy inszeniert
Der unbedingte Wille des »freien Westens« zum Krieg
Geradezu lehrbuchmäßig wurde seitens des freien Westens in Syrien ein Krieg vom Zaun gebrochen:
Zunächst beglückwünschte man einige Demonstranten dort als Anwälte eigenen Interesses. Syrien war ja den US-Verantwortlichen schon immer ein Dorn in ihrer Nahostordnung gewesen — Assad konnte mit dem Iran und vor allem mit Rußland im Rücken sein eigenes Staatsprogramm verfolgen und die Ansprüche der USA jederzeit brüsk zurückweisen —, da kamen ihnen die Demonstranten — anders als in den nordafrikanischen Diktaturen zuvor — gerade recht. Man sah sofort, daß jene Typen ohne Waffen keine Chance hatten. Von der CIA unterstützt und von den verbündeten Diktaturen Katar und Saudi-Arabien ausgestattet konnten die einen Bürgerkrieg beginnen, der sich gewaschen hat. Vorsätzlich wurden zu diesem Zweck Terrorbanden aus dem Irak nach Syrien gelassen; die nun versammelten Terrorbanden ließen es teuflisch krachen: Sie, die skrupellos wie sie sind, nahmen und nehmen bei ihren Bombenattentaten keinerlei Rücksicht auf die Zivilbevölkerung; das mußten sie ja auch nicht, weil sie — der »freie Westen« glaubt ihnen gerne — die Opfer der syrischen Regierung in die Schuhe schieben konnten und können.
Kurzum, die Aufständischen konnten die Sache des »freien Westens« betreiben, ohne daß der sich allzuweit aus dem Fenster lehnen mußte. Im UN-Sicherheitsrat war zwar kein Durchkommen, aber das störte nicht, solange die Sache so wunderbar exemplarisch verlief, daß mit Syrien einmal mehr ein ganzes Land in die Steinzeit zurückbefördert wurde. Das alles ließ und läßt sich lässig dank einer gut geölten Propagandamaschine dem Präsidenten Assad anlasten. Nun war das Kriegsglück den Aufständischen allerdings weniger hold als gedacht. So gebrauchten sie immer öfter die Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde, ließen Sprengsätze ohne militärischen Zweck hochgehen, Hauptsache die verkündeten Opferzahlen waren hoch genug, um als Propagandamittel gegen Assad und damit für noch mehr westliche Unterstützung zu taugen. Doch damit nicht genug: Man unterstellt nun dem Gegner — dessen abgrundtiefe Bosheit macht das Weltbild des freien Westens von ihm aus —, der würde ganz, ganz schändliche Waffen, nämlich Chemiewaffen einsetzen. Jedem Beobachter ist klar, daß für einen solchen Einsatz keinerlei Grund gibt. Der einzige, gute Grund besteht in der schieren Behauptung seiner Gegner: Für sie allein ist eben diese Behauptung vom Chemiewaffeneinsatz zweckdienlich. Und der »freie Westen« ist sehr, sehr geneigt, ihnen das zu glauben, weil es ihm selber sehr in den Kram paßt. Was ihm nicht in den Kram paßt, und dafür steht seine zögerliche Haltung  in den Konflikt mit eigenen Truppen postwendend einzugreifen, ist, daß er einräumen muß, daß die Deppen, die er dort für seine Ordnungsinteressen kämpfen läßt, ihm die Kohlen nicht aus dem Feuer zu holen vermögen, d.h. Assad stürzen können. Das ist grundsätzlich weitaus ärgerlicher als die damit anstehenden Zusatzkosten. An denen scheitert es nämlich nie, wenn die USA und ihre EU-Verbündeten einen Krieg für notwendig halten.
Und über allem schwebt die geheuchelte humitäre Sorge um die Flüchtlinge, die im Grunde niemand haben will, es sei denn eben dafür, noch mehr Krieg zu fordern, d.h. ein umittelbares militärisches Eingreifen der Freiheitstruppen der USA, Frankreichs, Großbritanniens, Deutschlands…
Ja, so sieht die Friedenspolitik des 21. Jahrhunderts aus, für die ein US-Präsident schwarzer Hautfarbe schon mal vorab den Friedensnobelpreis gekriegt hat, der ihm als obersten Kriegsherrn der »freien Welt« zweifellos von Amts wegen gebührt. [Karikatur: Pang Li am 14.02.2012 in: china daily]

(26.08.13)

Eine aufstrebende Ökonomie und ihre Währung unter Druck
Indiens Krise deutschem Sachverstand empfohlen
Das sind dann so aus: "Wie auch die anderen Schwellenländer spüren die Inder den nahenden Kurswechsel der amerikanischen Geldpolitik. Während die Konjunktur im Westen nach 2008 auf der Stelle trat, floß das billige Geld der Investoren und Spekulanten in die aufstrebenden Länder, die höhere Renditen boten. … Nun ist es so weit. Anleger holen Milliardenbeträge zurück. Nach Indien und Indonesien leiden auch die Märkte in Malaysia, Thailand und den Filippinen. … Am schnellsten verlieren die indische Rupie und die indonesische Rupiah an Wert. Zugleich steigt der Wert des Dollar. Dies kommt die Schwellenländer, die Rohstoffe auf Dollarbasis importieren, teuer zu stehen. Die Inflation legt zu. Sie trifft besonders die Armen, die die Preise für Lebensmittel nicht mehr aufbringen können. Mit steigenden Preisen wächst auch die Unzufriedenheit im Volk: Regierungen antworten darauf in der Regel mit populären Programmen, etwa Subventionen. Zumal wenn sie — wie in Indien oder Indonesien — vor einer Wahl stehen. So führt die indische Regierung nun ein viele Milliarden teures Recht auf Ernährung für jeden Inder ein. Solche Programme aber treiben die Verschuldung noch weiter in die Höhe — und sie lassen sich nur unter Schmerzen zurückführen." (FAZ, 22.08.13)  
Angesichts dieser verdammt schwierigen Lage für »unsere« Anleger und Investoren, die riesig viel Arbeit damit haben, ihr Vermögen mal wieder renditeträchtig umzuschichten, ist es geradezu ungeheuerlich, daß Hungerleider subventioniert werden! Und das bloß, weil demokratische Wahlen anstehen, bei denen um die Stimmen eben dieser Massen geworben wird! Da lobt sich eine deutsche Ordnungsgazette insgeheim doch eine Militärdiktatur, die das durchsetzt, was in einem Drittweltstaat nötig ist, damit »wir« auf »unsere« Kosten kommen! Natürlich könnte das auch eine demokratische Regierung hinkriegen, das wäre natürlich ideal, aber da muß man einer solchen schon Tag für Tag vorbeten, was anzustehen hat:
»Was also müßte eine verantwortungsvolle Regierung tun? Sie müßte Willen zu Reformen beweisen und die Kraft, sie auch einzuführen. Sie müßten ihre Volkswirtschaft öffnen, Investoren mit besseren Bedingungen ins Land locken, Rechtssicherheit bieten, Korruption abbauen und Entscheidungsprozesse deutlich beschleunigen. Sie würde Straßen und Häfen bauen, um das Wachstum zu unterfüttern. Sie würde die Landwirtschaft stärken, statt sie nur zu subventionieren. Sie würde die Industrie fördern, denn noch keinem Land gelang es, aus einer Agrargesellschaft direkt eine Dienstleistungsgesellschaft zu formen. Nichts von alledem geschieht. In den vergangenen Jahren hat sich die Lage stattdessen spürbar verschlechtert. … Versagt der Staat, sterben Menschen. Und das zu Tausenden.« 
(ebenda)
Wie nun? Wenn der indische Staat nicht versagt, erfolgreich ist wie in den zurückliegenden Jahren, dann produziert er doch nicht minder vor Elend dahinsterbende Massen. Doch dann sind sie offenkundig leichter verschmerzbar — für die heuchlerisch humanitäre deutsche Oberaufsicht. Auf alle Fälle aber muß einmal mehr der deutsche Staat gehörig Druck machen, damit »unser« Kapital nicht so sehr mitleiden muß. Das einzig ist nämlich wirklich schlimm! [Kennt die FAZ eigentlich den Begriff »infam«?] (23.08.13)

Wenn Zuständigkeit nach Zugriff schreit!
Wenn irgendwo in der Welt (Leichen-)Fetzen fliegen,
stellt die demokratische Öffentlichkeit prompt die Frage, was »wir« da tun können, sollen, müssen: Wie reagieren die USA, wie reagiert »unser« vorbildlich-vortrefflicher deutscher Staat mit seinen dafür zuständigen Ministern? So kürzlich im Falle Ägypten, wo das Militär die Muslimbrüder von der Macht putschte. Kurzum, wie müssen »wir« die Sache sehen. Ein schreibender Lakai des Imperialismus wie der Auslandskommentator der AZ wußte sogleich, was in Kairo und den anderen ägyptischen Großstädten abgeht, indem er das Geschehen zielstrebig ins politisch verlangte Weltbild einordnete: »Massaker statt Demokratie« (16.08.). Polemisch könnte man sagen, daß, solange kein ausgesprochenes Massaker stattfindet, ja auch jede Diktatur in Ordnung geht, wie z.B. die unter Mubarak, einem getreuen Vassall der »freien Welt«. Sachlich schaut es auf den ersten Blick so aus, als würde mit jener Aussage, jeder kausale Zusammenhang zwischen dortiger Herrschaft und allgemein durchgesetzter kapitalistischer Ordnung abgestritten. Jedenfalls abgesehen davon, daß der »freie Westen« ja schon mal das ein oder andere Massaker benötigt, mitunter ja auch selber anzettelt, um seine Ordnung (wieder) herzustellen. Auf den zweiten Blick wird deutlich, wie sehr der Zusammenhang gar nicht abgestritten, sondern affirmiert wird: Es geht um die Funktionalität von Herrschaft in einem Drittweltstaat wie Ägypten. Einem solchen sollte es nach imperialistischer Begutachtung längst in Fleisch und Blut übergegangen sein, was seine Rolle in der Welt ist und wie er diese seine Rolle selber in ihr sehen sollte. Umso schlimmer, wenn die Machthaber dort ganz eigene Berechnungen anstellen, mit ihrem Militär, mit ihrer Religion, mit dem, was sie sonst noch haben, sofern sie sonst noch etwas haben sollten: Sogar »unsere« Pauschalreisekonzerne lassen sie nicht untangiert (— da können sie aber zusehen, wie sie »unsere« Nofretete — von jenen Negern unglaublicherweise als »Beutekunst« zurückgefordert! — wiederkriegen!)!
Aber so ist das eben: Man kann sogar — wie die Moslembrüder — demokratisch gewählt sein und trotzdem bleibt einem die Anerkennung des »freien Westens« versagt. Umgekehrt kann man Diktator sein — wie Mubarak — und man bekommt sie erst dann versagt, wenn man eh im freien Fall ist. Für Putschisten hat man imperialistischerseits  jede Menge übrig, wenn sie die Verhältnisse wiederherstellen, die die beanspruchte Funktionalität des Staats in der Weltordnung gewährleisten: Aber genau das ist eben im vorliegenden Falle nicht absehbar, Massaker hin, Massaker her. Das wirklich Erstaunliche hierbei ist nicht so sehr das vorliegende »Problem«, sondern die Ignoranz gegenüber der Frage, was es denn für Verhältnisse sind, die (wieder) hergestellt werden sollen. Ganz offenbar ist es doch die Friedhofsruhe, wie sie unter der Mubarakdiktatur geherrscht hat: Ägypten als verläßlicher Partner der USA und ihrer Aufsicht im Nahen Osten — strategisch. Ökonomisch kaum mehr als eine verlängerte Billiglohn-Werkbank der EU und ihr Baumwollieferant. Darüber hinaus Bollwerk gegen arabische und afrikanische Flüchtlingsströme. Reiseziel der deutschen Klassengesellschaft: Betuchte, die sich gerne mit dem Begriff »Kultur« schmücken, obschon ihr Bildungsstand nicht wesentlich über die der Arbeiterklasse hinausragt, die in Hurghada sich bräunen läßt oder ins Rote Meer taucht. —
Bisweilen werden die hiesigen Untertanen mit den Verhältnissen, die ihre Herrschaft dort unten in der »Dritten Welt« herstellt, vor ihrer Haustür konfrontiert: Ihre allenthalben erwünschte, weil funktionelle politische Ignoranz gegenüber der politischen Welt wird auf eine harte Probe gestellt: So betätigen sie sich geradezu notgedrungen als Rassisten, in dem sie von ihrer deutschen Herrschaft verlangen, ihnen deren auswärtige Elendsprodukte vom Gartenzaun fernzuhalten. Der deutsche Staat tut sein Möglichstes, diesen Wünschen gerecht zu werden; nicht nur daß er die allermeisten wieder abschiebt und nur jeden 100. Flüchtling als solchen auch anerkennt. Er hält darüber hinaus die Ghettos von deutschen Wohngebieten fern. Das allerdings ist nun eben nicht immer möglich. Und so werden die Rassisten in der Ottostraße zu Augsburg zu besänftigen versucht (womit die natürlich nicht zufrieden sind), ihnen wird also im Prinzip recht gegebenIhnen wird zugesagt, daß dort in der neuen Unterkunft, einem Gebäude der vormaligen Riedinger Machinen- und Bronzewarenfabrik, 30 Flüchtlinge weniger untergebracht werden sollen als die ursprünglich geplant
en 190. CSU, SPD und Grüne geben den »Sorgen« der in zwei diesbezüglich zusammengeschlossenen Anwohnervereinen recht, ganz so, als wären die dort vorgetäuschten Sorgen um einen menschengemäße Unterbringung der Flüchtlinge mit dem eigentlichen, dem rassistischen Anliegen der Protestierer zu verwechseln, am liebsten überhaupt nicht mit Flüchtlingen und derem hierzulande prolongierten Elend konfrontiert zu werden, schon gleich natürlich nicht mit den Gründen dafür!
Ähnliche Fälle werden aus anderen deutschen Großstädten berichtet. So sieht er aus, der deutsch-demokratische Kampf gegen Rassismus: Ein einziger Auftrag an erfolgreiche imperialistische Politik!
[Karikatur: Josef Rieger, 2008]
 (22.08.13)

Nuancen im politischen Gefecht: Wer kann besser deutsch?
Deutsche Interessen europäisch voranbringen!
Der SPD-Mann Steinbrück warf der Bundeskanzlerin vor, ihr fehle es aufgrund ihrer DDR-Sozialisation an Leidenschaft für (das EU-)Europa. Es war ein geradezu verzweifelter Versuch, irgendeine, wenn auch noch so fadenscheinige Differenz zur Kanzlerin zu finden, um ihr damit am Zeug flicken zu können. Dabei weiß er nicht einmal, wie der westgeborene Altvordere seiner Partei, Willy Brandt, seinerzeit die Dinge sah, nämlich genau so, wie es im Bundeskanzleramt gang und gäbe ist und sein muß, weil die Staatsräson diesem Amt unterstellt ist: Die EU als Mittel zur Stärkung deutscher, weltmachtorientierter Interessen: Hier ein Auszug aus einem von Oriana Fallaci im September 1973 zu Bonn geführten Gespräch: "»I keep wondering, Chancellor Brandt, if deep in your heart, or rather your mind, you're not more European than German.« »Well… It would be too much to expect a German chancellor who's almost sixty years old to admit to that. Especially knowing that Eurpoe hasn't moved as far as it should have. No, you can't ask me to feel and behave more like a European than a German. One shouldn't even ask me to give that impression. So let's say I try to be a good European when I assume the responsibilities of a German. To answer your question, I'm German.«"
Wenn man ambitionierten Leuten aus der DDR etwas vorwerfen muß, dann doch das, das sie ihren dort aufgesaugten Opportunismus nun in der BRD zum Tragen zu bringen trachten. Ja, manche von ihnen wollen nun gar die BRD retten, nachdem sie die DDR schon nicht gerettet haben bzw. retten konnten. Ihr Irrtum dabei besteht offenkundig darin, daß die BRD gar nicht gerettet werden muß: Sie ist ja ein sauerfolgreicher Staat mit einer sauerfolgreichen Ökonomie. Hier geht es darum, die Ansprüche des Staates und seiner freien Wirtschaft voranzubringen. Das hat die Bundeskanzlerin — wenn auch sonst nicht viel — sehr gut begriffen. Und das will ihr zwar kein SPD-Idiot ernsthaft vorwerfen; daß er, Steinbrück, sich auf dasselbe Staatsgeschäft viel besser versteht, allerdings sehr wohl.
Etwas ganz anderes ist die Sorge der ostlastigen Linkspartei [deren Chef Riexinger meinte, die Kritik an Merkel habe die Ostdeutschen beleidigt], die sich um die Gemüter ihres dortigen Wählerpotenzials sorgt: Jene sehen ihren Opportunismus nicht ausreichend gewürdigt: Sie, die in ihrer großen Mehrheit jetzt als Deutsche, als Nationalisten der Bundesrepublik Anerkennung zu finden hoffen, kriegen dafür — kraß ausgedrückt — nicht mal Butter aufs Brot! Die Linkspartei zeigt, was sie ist, wenn sie solchem Denken nicht mal im Traum entgegentreten will: Sie ist selber ein nationalistischer Verein, der ganz offenkundig weder im westdeutschen Klassenstaat angekommen ist noch dort ankommen will. Solch Verein möchte sich die BRD gerne als bessere DDR zurechtdenken können: Die stattfindende Ausbeutung solle wenigstens für Butter aufs Brot sorgen! Da sind die anderen Politvereine so was von vor, daß eine rot-rot-grüne Koalition nicht mal angedacht werden darf!
[Echt scheiße, KoKa wollte sich im Grunde gar nicht mit Wahlkampf-Unsinn beschäftigen, doch nun ist es leider schon passiert.]
 (11.08.13)

Was ein erfolgreicher Geschäftemacher mit seinem Kauf der Washington Post bezweckt:
Geschäft verträgt keinerlei Kritik!
Der Angriff auf die Lohnkosten allüberall ist wirklich unübersehbar, weil die Unternehmen Arbeitsplätze nicht schaffen, sondern abschaffen: Zunächst bei der über die Warenpreise ausmanövrierten Konkurrenz, dann bei sich selber. Und wo sie das (noch) nicht können, wandeln sie die in Billiglohn-Arbeitsplätze um, mit Zeitarbeit, Werksverträgen, Praktikanten etc. Besonders erfolgreiche Firmen geraten aufgrund ihrer rigorosen Geschäftspraktiken da schnell in die Schußlinie derer, die sich den Kapitalismus, also die »Marktwirtschaft«, wie sie ihn unsachlich vergöttern, gerne als Schöpfer allgemeinen Wohlstands in ihrem Hirn zurechtgelegt haben und — allen gegenteiligen Erfahrungen zum Trotz — daran festhalten wollen. Erst neulich sind die Geschäftspraktiken u.a. der Firma Amazon hierzulande skandalisiert worden, als wären diese nicht ein Highlight eben jener vielgelobten Marktwirtschaft (siehe dazu den GegenStandpunkt-Artikel in der Ausgabe 2-2013).  
Nun mag ja mancher darüber gerätselt haben, warum der Amazon-Boß ausgerechnet die renommierte Washington Post kauft. Manche haben das mehr verrätselt. Doch man darf dem Geschäftemacher Bezos durchaus abnehmen, daß er die Zeitung als Privatmann gekauft hat und nicht mit seinem Konzern verschmelzen will. Die Stoßrichtung ist eine andere: Mit dem Erwerb der Zeitung, die unter den großen und größeren der USA die letzte kritische (wenngleich natürlich keineswegs nationalismuskritische) Stimme ist, hat er sich die Möglichkeit verschafft, seinen Konzern vor Kritik zu verschonen. Nicht mehr und nicht weniger. Damit hat er freie Hand, die Ausbeutung in seinem Konzern noch einmal eine ganze Ecke zu verschärfen, die Konkurrenz mit dadurch möglichen Dumpingpreisen auf Gedeih & Verderb zu ebensolchem Verhalten zu zwingen und so letztlich mit dem Erfolg seines Geschäfts den ökonomischen Erfolg der ganzen Nation voranzubringen. Vom Staat selber hat er schon allein deshalb keinen Einspruch zu erwarten, weil diesem dieses Erfolgsrezept umso mehr einleuchtet je mehr es im Lande selber nach »3. Welt« ausschaut. 
Die Lebensbedingungen der noch oder schon nicht mehr arbeitenden Massen lassen sich mit der Lage dort mittlerweile locker vergleichen [— deutschnationale Blätter wie die Süddeutsche Zeitung ergötzen sich gerne an verwahrlosten US-Städten wie Detroit: So etwas gibt es bei uns nicht!]. Was die Herrschaften Staats- und Geschäftsmänner nicht weiter stört, sie gehen gerne über Leichen, ihre selbst produzierten Leichen versteht sich. Journalisten obliegt die Aufgabe, das — insofern notwendig — den Massen im rechten Sinne zu verdolmetschen.
(09.08.13)

08.08.13: Augsburger Friedensfest
Der Friede von oben
Die Oberbürgermeisterin der Augsburger Partnerstadt Amagasaki, Kazumi Namura, weilt hier, besichtigt u.a. die Niederlassung des Computerherstellers Fujitsu und reist vor Beginn der Feierlichkeiten zum Friedensfest, dem Hohen Feiertag der Stadt, wieder ab. Perfektes Timing! Denn am Friedensfest wäre es wohl mehr als nötig politisch geworden. Just in diesen Tagen, am 6. und 9. August des Jahres 1945 nämlich warfen die USA zwei Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki ab, um den Krieg im Fernen Osten in ihren Frieden zu überführen, bevor die Sowjetunion eingreifen und mitentscheiden konnte.
Die Frage, die die Stadt Augsburg auf iher Homepage stellt, warum sich in heutigen Zeiten so vielerorts auf der Welt gegen die Herrschaften empört wird, ist geradezu polemisch: Die derzeit amtierenden Stadtväter können und wollen sich nämlich kaum einen Grund für — noch dazu so irre viel! — Unzufriedenheit denken*. Und Unzufriedenheit heißt bei ihnen ganz offenkundig auch Unfrieden: Und es versteht sich von selber, daß sich an einen von der Obrigkeit verordneten Frieden sich untererseits gefälligst gehalten gehört. Oder wünscht man sich etwa in die frühe Neuzeit zurück, als Glaubensangehörige verschiedenen Bekenntnisses sich jahrzehntelang gegenseitig massakrierten? Gehört nicht auch der islamischen Welt ein solch Augsburger Religionsfriede empfohlen, wenn nicht gar mit deutscher Bundeswehr-Gewalt verordnet? —
*Daß die so großartigen kapitalistische Maßstäbe in der ganzen Welt längst durchgesetzt sind und das Denken regieren (zumindest regieren sollen), dafür liefert einmal mehr die sich keiner Dummheit verschließende Augsburger Allgemeine den Beweis, die anläßlich des Friedensfestes nichts Besseres zu tun hat, als den Kommerz in den Umlandgemeinden der Stadt zu propagieren.

(07.08.13)

Wie jeder Glaube: Nationalismus will gedopt sein!
Aus Liebe zu Deutschland — Doping!
"In der alten Bundesrepublik wurde gedopt wie in der DDR. Dopingforschung wurde sogar mit Steuermitteln betrieben. Der Mythos von der moralischen Überlegenheit des Westens ist ins Wanken geraten." schreibt die Westberliner Tageszeitung Tagesspiegel (04.08.) nach Veröffentlichung einer Studie der Humboldt-Universität. Nationalismus will nicht nur gedopt sein, er erfordert auch eine gehörige Portion Blindheit. Die Augen auf den Feind gerichtet, der einem die olympischen Goldmedaillen einfach »stiehlt«, haben »wir« wohl glatt übersehen, daß beispielsweise so gut wie alle Spitzenleichtathleten in den Sportverein des Chemieriesen Bayer nach Leverkusen geholt wurden und nicht etwa in den eines Automobilherstellers nach Rüsselsheim. Dafür, daß die Sportförderung mittels Chemie keine unmittelbare Rendite abwarf, also politischer Unterstützung bedurfte, dafür sorgten dann die Supernationalisten in der Politik wie Willy Brandt. Der zum Beispiel  so zeigt es die nebenstehende Zeitschriftenanzeige aus dem Jahre 1976 — wußte genau, daß da bei den verehrten Untertanen etwas zu holen ist. Die sind nämlich —  nicht zuletzt von seiner Partei — zu den knallharten Nationalisten erzogen worden, damit sie unbesehen die Geldbörse öffnen, wenn ein großer ihrer Staatsführer an sie eben als Nationalisten appelliert: Und so heißt es denn auch bei der Anzeige der Deutschen Sporthilfe unter der süffisanten Parole »Chancengleichheit für den deutschen Sport«: "Selbstverständlich mach' ich mit!"
Auf der anderen Seite der Mauer war es ein eklatantes Armutszeugnis für die »sozialistische« DDR, ausgerechnet in Sachen Nationalismus die BRD herausfordern zu wollen. Die politische Quittung hat sie erhalten, konsequenterweise nicht im Nebenkampfschauplatz des Sports.
Und die Spitzensportler? Die sind nicht bloß Opfer ihrer Nation, sie sind die — oftmals gesundheitsruinierten 
— Deppen der Nation und ihres Nationalismus. Ihre große Leistung bestand und besteht nicht in ihrer unmittelbaren sportlichen Betätigung, vielmehr in ihrem rekordverdächtigen Beitrag zur nationalistischen Erziehung der Massen.
(06.08.13)

Drohnen, Spionage, national bewegte Gemüter
Die dunklen Deals nationaler Gewalt — gar nicht so dunkel!
Es ist ein schlechter Witz, wenn ausgerechnet die Anwälte der Gewalt, die es sich schuldig sind, ihrer Nation nichts zu versagen, was sie zur Festigung und zum Ausbau ihrer Macht & Größe braucht — und das ist prinzipiell alles, was möglich ist — als Versager hingestellt werden. Und etwa nicht deshalb, weil eine technische Entwicklung etwa versäumt wurde, nein, sondern weil, um eine solche nicht zu versäumen, Geld aufgewendet wurde, das sich so unmittelbar nicht rentiert zu haben scheint. Das sind die allenthalben nötigen Unkosten anspruchsvoller, weltmachtambitionierter Herrschaft. Und da sind sich ja sowieso alle Parteigänger der Nation einig.
Ein nicht minder großer Witz ist es, anderen Mächten vorzuwerfen, sie würden sich einmischen. Erstens macht das sowieso jeder Staat nach Mitteln und Möglichkeiten bei anderen Staaten und unterhält dafür die nötigen Institutionen. Und zweitens: Sollte ein Staat, die Einmischung eines anderen erlauben (bzw. zumindest dulden), dann ist das eine Kalkulation höheren Kalibers. Es gilt zu fragen, was der deutsche Staat davon hat, wenn die USA mit ihren Agenturen hier elektronisch herumfuhrwerken. Ein politischer Vorwurf wird nur dann daraus, wenn Superanwälte der Nation, dem amtierenden Regierungspersonal vorwerfen können und wollen, daß es einen schlechten Deal geschlossen hat (bzw. über bestehende Deals gar nicht informiert ist), das nationale Interesse also säumigerweise hat anbrennen lassen. Daß das kein Argument gegen Überwachung ist, sondern gegen fremde Überwachung, noch dazu eben ohne verwertbare Gegenleistung, liegt auf der Hand.
Diese Überlegungen beantworten die Frage, warum die Enthüllungen Snowdens jetzt, 2013, zum Skandal werden: Bereits im Jahre 2010 hatte die Washington Post »enthüllt«, daß sich in den USA 16 Geheimdienste, 1271 Regierungsorganisationen und 1931 private Firmen mit »Terrorabwehr« befassen und die NSA täglich 1,7 Milliarden e-mails und Anrufe mithört. Nachdem die Zeitung die »effektive Kontrolle« all dieser Dienste vermißt hatte, feuerte Präsident Obama damals seinen Geheimdienstkoordinator Dennis Blair. Wiewohl auch hierzulande darüber berichtet wurde (zum Beispiel in der Augsburger Allgemeinen v. 29.07.10), blieb es ruhig, das Politikum galt als inner-us-amerikanische Affäre.

(01.08.13)

Eine Fakultät in ansatzweiser Distanz zum Staatsinteresse:
Frieden in einer Welt kapitalistischer Nationen? Trotzdem? Deshalb?
Zweifellos eine mächtige Herausforderung für Intellektuelle an den Universitäten. Hier sei eine Stellungnahme der »Initiative Friedliche Universiät Augsburg« (pdf) dokumentiert. Das Bemühen, Ideale und Realität umso weniger auseinanderfallen zu lassen, je mehr der kapitalistische Staat und seine freie Wirtschaft noch Fragen darüber offen lassen, wofür Bildung und ihre Einrichtungen dazusein haben, ist offenkundig.
(30.07.13)

Bloß Propaganda?
Reaktionäres Gewäsch einmal ernstgenommen
Man kann sich ja fragen, was schlimmer ist: Begriffe bewußt oder unwillkürlich zu gebrauchen. Die Frage hilft nicht weiter, wenn man über die Begriffe und den in ihnen steckenden Grund nicht Bescheid weiß. Die Bundeskanzlerin, Frau Merkel, sprach neulich davon, daß das Internet für sie [sie sprach natürlich als Obrigkeit im pluralis majestatis] Neuland sei. Die taz schlug nach und fand heraus, daß der Begriff ursprünglich, also anno dazumal im agrarischen Zusammenhang verwendet wurde. Nun freilich handelt es sich um einen auf die politische Ebene übertragenen Begriff. Und da forschte die Zeitung nicht nach: Neuland war zur NS-Zeit ein — so die Eigenwerbung — »führender Verlag der deutschen Enthaltsamskeitbewegung«. Es ging ihm in seinen Ratschlagswerken um eine gärungsfreie, also nichtalkoholische Verwertung von Früchten etc. Heutzutage nehmen die Klagen zu, was alles an Lebensmitteln nicht verwertet im Müll landet. »Mangelnde Nachhaltigkeit« heißt das und die Ratschläge gehen an die bösen Verbraucher, die einfach nicht so leben, wie es sich die Obrigkeit vorstellt: Sparsam und enthaltsam. Andere Klagen betreffen den zunehmenden Alkoholismus unter Jugendlichen, denen gleichzeitig gesellschaftliche Perspektivlosigkeit bescheinigt wird. Usw. usf. —
Den Vogel abgeschossen hat in diesem Zusammenhang ein Jobcenter, das in Pinneberg (Schleswig-Holstein), welches eine diesbezügliche Broschüre mit Ratschlägen an die Empfänger von Hartz-IV adressierte: Voller Zynismus wird dort eine Familie 
exemplarisch vorgeführt, die sich die Enthaltsamkeitsvorschläge zu ihrer eigenen moralischen Erbauung einleuchten läßt. Dieses widerliche Machwerk war der Süddeutschen Zeitung einen Bericht (19.07.13) wert, nachdem der deutschen Nationalzeitung Blöd jene Broschüre zuvor einen prima Agitationsartikel abgegeben hatte. Was man anschließend nicht in der SZ, vielmehr in der taz nachlesen konnte, war, daß der Autor Herbert Thomsen Mitglied einer Partei namens SPD ist, bei der bekanntlich Faschisten wie Sarrazin gut aufgehoben sind, d.h. nicht überwacht werden. Der Beitrag in der taz kommt zu folgendem Schluß: "Propaganda gehört zum Geschäft. Niemand aus dem Staatsapparat wird zugeben, daß der vornehmliche Sinn der Jobcenter darin besteht, die Arbeitskräfte (Kunden) paßgenau auf die Bedürfnisse der Unternehmen ausrichten und zwar zu möglichst geringen (Lohn) Kosten. Das geht aber nicht nur mit Zwang und Sanktionen. Damit das reibungslos funktioniert, bedarf es auch der Lüge. Das Pinneberger Druckwerk hat im juristischen Sinne den Wahrheitsgehalt eines Lustigen Taschenbuchs mit Dagobert Duck." Leider ist das nicht bloß Propaganda, sondern offenkundig bitterernst gemeint: Die Enthaltsamkeit, die den Bevölkerungen anderer Staaten unter deutschem (EU-)Diktat verordnet wird, dringt offenkundig auch hier auf politische Durchsetzung. Dann ist Schluß mit lustig! Dann sind die Arbeitskräfte nicht allein Manövriermasse des Kapitals, sondern eines Staates, der sich mittels einer »völkischen Notgemeinschaft« zu einem neuen nationalen Aufbruch verhelfen will. Es gibt auch schon eine diesbezügliche »Volksinitiative« (des Ex-Linken Jürgen Elsässer) und eine Neuland-Gruppe, die sich, um alle Mißverständnisse ihrer politischen Richtung auszuschließen, Neudeutschland nennt.
Wenn es um eine Rettung des Staates geht, deren Notwendigkeit selbstredend vom Mißerfolg seiner Macht abhängt, dann krabbeln sie aus ihren Löchern, die braunen Würmer. Und niemand soll sagen, daß es nicht Demokraten sind, die ihnen den Nährboden bereiten!
Der Alternative für Deutschland kann man übrigens entnehmen, daß sie auf dem Erfolg des deutschen Staates so sehr herumreitet, daß diese neue Partei — wie eben alle Gegner der Euro-Währung 
— einen Mißerfolg antizipiert: Faschistisches Gedankengut wertet sie allenthalben als konstruktiven Beitrag zur Mehrung deutscher Macht. Dosiert und an die unteren Schichten verabreicht, habe es seine Notwendigkeit!
(30.07.13)

Nicht bloß noch geheimdienstliche Unterstützung der syrischen Terrorbanden!
Wann endlich sehen sich die USA gezwungen,
den Krieg vollends in ihre eigene Hand zu nehmen?

Bislang lassen die USA syrische Idioten für ihr Interesse sterben. Idioten — wie Autor Yassin al Haj Saleh (siehe taz v. 19.07.) — deshalb, weil sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen, in wessen Interesse sie unterwegs sind. Die USA lassen durch ihren Sprecher Martin Dempsey, Vorsitzender des Vereinten Stabschef-Komitees des US-Streitkräfte wissen, daß für »den Notfall« (also einer absehbaren Niederlage der Aufständischen) "eingeschränkte Fernschläge gegen Objekte der syrischen Armee" vorbereitet seien. Der Vorsitzende des Streitkräfte-Ausschusses des US Senats, Carl Levin, sagte, "Fernschläge aus der Luft und Raketenschläge könnten genutzt werden, um hunderte Ziele nach dem von uns ausgearbeiteten Plan zu vernichten". Für Dempsey seien das »Vergeltungsangriffe«. Nun, das muß man schon immer wieder betonen: "Die USA sind kein Schurkenstaat!" (die deutsche Bundesregierung) "Die USA sind kein Schurkenstaat" (die Springer-Presse) "Die USA sind kein Schurkenstaat" (die deutschen Geheimdienste) "Die USA sind kein Schurkenstaat" (die gesamte deutsche Öffentlichkeit) und jetzt alle zusammen, das deutsche Publikum: "Die USA sind kein Schurkenstaat"!!!! (Ihr Terror heißt »Freiheit«!)
(23.07.13)

Deutsche Medien lassen sich nicht verarschen!
Informationen von der Macht und für die Macht
Daß sich Zeitungen gerne mit einem geradzu intimen Kontakt zur obersten Gewalt brüsten, gerne aus deren Nähkästchen plaudern, um damit ihre Leser, die mündigen Untertanen jener Gewalt, mit »Informationen« zu versorgen, ist Erfolgsrezept freier Medien und gilt somit nicht als Propaganda. Nicht einmal dann, wenn sie eine Charaktermaske des Staates interviewen und dabei besonders viel Sorge um die Staatsbelange zur Sprache bringen können.
Ganz blöd ist es allerdings dann, wenn so ein Staatsmann wie der deutsche Innenminister Friedrich erst mal in die Vereinigten Staaten zu reisen gedenkt, weil er selber »überfragt« ist. Das kommt bei einer genuin national gesonnenen Öffentlichkeit ganz schlecht an. Natürlich kritisiert die nicht, daß er statt nach Washington besser zu Snowden nach Moskau hätte reisen müssen, wenn es denn schon — so die Vorgabe — auf »Wahrheit« ankommt 
[— in Wirklichkeit kommt es dem deutschen Staat darauf an, »die Wogen zu glätten«, also die Lebenslügen seiner Staatsräson, auch wenn angefochten, weiterhin vertreten zu können, als wäre nichts gewesen!]. Er fliegt also über den großen Teich, läßt sich von den US-Amis belügen und hat damit ein Problem. Denn den kritischen deutschen Medien fällt sofort auf, daß er so nur ein verlängerter Propagandaarm Washingtons ist, dem all die staatliche Souveränität abgeht, als deren Anwalt er vorstellig werden sollte. Das nehmen deutsch-national gesonnene Zeitungen einem Politiker dann schon persönlich übel, die taz schoß ihn postwendend als »Depp vom Dienst« ab.
Ganz blöd ist es nicht minder, wenn ein deutsches Blatt nicht einmal Auskunft von deutschen Behörden erhält: So wie das Kampfblatt der Springer-Presse kürzlich, als eine Nachfrage beim Bundesnachrichtendienst unbeantwortet blieb. Da haben die Hofberichterstatter von Blöd aber vor Wut geschäumt! Schließlich waren sie es nach den einschlägigen Landespressegesetzen 
gewohnt, auch von — im jeweiligen Bundesland ansässigen — Bundesbehörden Auskunft zu erhalten. Und so ging es vor Gericht. Mit dem Ergebnis, daß — so das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil — Landespressegesetze nicht für Anfragen an Bundesbehörden gelten, sich die Kammerdiener der Macht gleichwohl auf das Grundrecht auf Informationsfreiheit im Grundgesetz berufen könnten. So weit, so gut. Doch nicht in Deutschland. Da machen sich nämlich nicht bloß die Medien zum Vorkämpfer der Macht, die Macht selber macht sich zum Vorkämpfer ihrer freien Medien: So hat sich die Staatspartei SPD gefragt, wie es sein könne, daß es kein extriges Auskunftsrecht bei Bundesbehörden gibt, und legte prompt einen Gesetzesentwurf vor. Dessen Zukunft ist denkbar uninteressant, interessant ist vielmehr, wie eine Partei bei einem Medienkonzern Wind für sich zu machen gedenkt, von dem sie weiß, daß er ihr weitaus weniger hold ist als der politischen Konkurrenz einerseits, den man freilich andrerseits gerade aufgrund dessen borniert nationaler Gesinnung weder missen noch kritisieren will. —
Die Öffentlichkeit — eine Dienstleistung, ein Dienst am politischen Geschäft, dazu und allein dazu sind sie frei und ins Recht gesetzt! Der Journalist — ein Trottel des nationalkapitalistischen Systems aus Geschäft & Gewalt, ein kritischer Trottel, frei, Anfragen stellen zu dürfen! Oder auch Politiker als Deppen bezeichnen zu dürfen, wenn sie den nationalen Ansprüchen nicht gerecht zu werden scheinen! Kein Wunder also, daß Wahlkrämpfe bei Journalisten so beliebt sind.

(17.07.13)

»Der Massenmensch hätte niemals an etwas außerhalb seiner appelliert, wenn ihn die Umstände nicht mit Gewalt dazu gezwungen hätten.« (José Ortega y Gasset, eine dt. Ausgabe, S. 128)
Der Aufstand der Massen
Die jüngsten Proteste gegen die herrschenden Staatsfiguren in der Türkei, in Ägypten und in Brasilien haben den kapitalistischen Reichtum vor Augen: Die demonstrierenden Massen nehmen ihn als Ausschluß von ihm wahr, einerseits; und andrerseits halten sie radikal an der Illusion fest, von ihm nicht ausgeschlossen werden zu können und zu dürfen: Eine andere, neue, wirklich demokratisch ermächtigte Regierung wäre ihr Mittel, zu dem zu kommen, was sie wollen, zu dem Reichtum (inklusive dem ideellen Reichtum von Freiheiten aller Art) zu kommen, den ihn die erfolgreichen kapitalistischen Staaten Nord-Amerikas und West-Europas ins Schaufenster stellen.
Diese Vermittlung bestärkt sie in ihren Illusionen und sie enthält eine gewisse Ironie, daß sie die imperialistisch eingerichtete Welt mit ihren »Unruhen« mehr »destabilisiert«, als es dem »freien Westen« seiner ökonomischen wie politisch-strategischen Interessen wegen recht ist. Es ist die vor lauter Aufbruchstimmung geflissentlich übersehene Tatsache, daß die von ihnen ins Visier genommenen Regierungen allenthalben ihre Staatsräson als eine imperialistischen Interessen durchaus opportune vertreten. Denn nur so glauben diese Figuren — und Mohammed Mursi ist da dem Tayyip durchaus nicht nachstehend, weder was den Staatsmaterialismus angeht noch den ideologischen Überbau [»Die Minarette sind unsere Bajonette!« (Erdogan, 1998)] — und mit ihren Parteien, der AKP und den Moslembrüdern verhält es sich selbstredend nicht anders, wenngleich da die Religion bei den Staatsgeschäften 
mitunter als zukurzkommend kritisiert wird (also genau so wie bisweilen bei der bajuwarischen CSU). Leider begreifen die demonstrierenden Massen nicht mehr, als daß sie irgendwie zu kurz kommen. Daß die wirklichen Subjekte des Weltgeschehens, auf die sich ihre Herrschaften beziehen, auswärts vorzufinden sind, ist offenkundig den wenigsten unter ihnen bewußt. (Wie sonst könnte es möglich sein, daß sie allesamt an dem Fetisch »Demokratie« festhalten, in der Türkei (zumindest teilweise) gar an einem Beitritt des Staates zur deutsch-imperialistischen Europäischen Union? —
Daß ein Staat seinem Begriff nach nichts anderes ist als pure Gewalt in einer, auf einem bestimmten Gebiet monopolisierten Form, darüber läßt weder der Aufstieg einer nationalen Ökonomie (Türkei, Brasilien) noch erst recht der Abstieg einer solchen (Ägypten) hinwegtäuschen. Zumindest das könnten die Demonstranten nun gelernt haben: Demokratie ist Schönfärberei für eine besonders zynische Form von Herrschaft. Es ist grotesk, ausgerechnet gegen demokratische gewählte Herrschaften den allerwertesten Begriff »Demokratie« retten zu wollen. Demokratie ist eine Staatsform, eine Gewalt, welche ausgeübt wird unter Berufung auf ein Plebiszit ihrer ihr Unterstellten. Dieses Plebiszit unter Berufung auf eben jenes Volk infrage zu stellen, ist alles andere als zweckdienlich.
Allein, es scheint, die Gewaltinhaber selber haben das begriffen: Wenn das so ist, steht zur Rettung des Staates eine Diktatur pur ins Haus. Man braucht nur einen Staat weiter zu blicken und wir haben folgendes Szenario: Eine demokratisch legitimierte Regierung, dem imperialistischen Interesse opportun, beschneidet angesichts permanenter Unruhen im Lande das demokratische Recht auf freie Meinungsäußerung erheblich. Schon im April verbot die konservativ-sozialdemokratische Regierung Griechenlands das Internetportal indymedia sowie zwei unabhängige Radiosender, die sich der Staatsräson generell entzogen hatten. Sodann folgte der Angriff auf den staatlichen Rundfunk selber, welcher nach dem Geschmack der Herrscherfiguren viel zu wenig stromlinienförmig über die Lage des Landes und die Erfolge der Regierung beim Schröpfen und Verelenden der einfachen Untertanen berichtet habe. Jener soll nun so zurechtgeschnitten werden, wie es der Staatsräson eben paßt. In Ägypten steht ebenfalls eine Staatsrettung an. Ob eine solche demokratisch legitimiert werden kann, ist eine wirklich äußerst zweitrangige Frage. In Brasilien und der Türkei läßt der Staat die Polizeiknüppel bis auf weiteres streng demokratisch schwingen: Hier heißt es (noch): Wehret den Anfängen!
— Es ist das Individuum, welches sich all die Verhältnisse klarmachen muß, welche die Emotionen der Massen in ihrer Ohnmacht erwecken.

(07.07.13)

Das kapitalistische System retten, indem man einzelne Firmen der Systemwidrigkeit bezichtigt?
Wie schweinisch kann und darf und muß ein Kapital sein?
Nun besteht prinzipiell kein Unterschied zwischen einem Klein- und einem Großkapital. Beides erheischt Vermehrung, beides unterliegt den gleichen Verwertungsbedingungen. Daß ein Kapital je mehr Erfolg es hat, also je größer es wird — in der Regel auf Kosten anderer Kapitale , größeren Kredit beanspruchen kann, ist ein Ergebnis der Konkurrenz. Je erfolgreicher ein Kapital, desto größer auch seine Ansprüche. Und umso mehr Möglichkeiten, diese Ansprüche geltend zu machen, vor allem beim Klassenstaat mit dem jedes Kapital sich ins Benehmen setzen muß, ob es will oder nicht, denn der diktiert per Gewalt die Verwertungsbedingungen, dem sich ein Kapital nicht so ohne weiteres entziehen kann.
Nun hat der Kapitalismus ein Niveau erreicht, welches nicht gerade von Pappe ist: Und zwar nach beiden Seiten hin: Nach den Ansprüchen erfolgreicher Kapitale auf der einen Seite und den Ansprüchen des Staates, dem wiederum der Erfolg der Kapitale zugute kommen soll. Der Staat tut alles, um seinem freien nationalen Kapital Türen im Ausland zu öffnen, aber nicht nur: Auch im Inland schafft er Verwertungsmöglichkeiten, die den Ansprüchen von veritablen Kapitalen — und ein solches fordert heutzutage lässig 10 bis 12 % Rendite im Geschäftsjahr — gerecht werden sollen. Und es ist keine Frage, daß die vom Klassenstaat selber geschaffenen Kontrollen geradezu jämmerlich wirken; das sieht man beispielsweise an der deutschen Gewerbeaufsicht oder am Bundeskartellamt. Besonders viel laissez faire haben sich die Kapitale bekanntlich in den USA erstritten. Daß sie dort, in den USA, die ihre vielgepriesene Freiheit vor allem als Freiheit für den »Unternehmergeist« ihrer Untertanen verstanden (d.h. aus dem alle sonstigen Freiheiten abgeleitet haben), meist offene Türen eingerannt sind, braucht an dieser Stelle nicht erörtert zu werden.
Aufgrund des erreichten Niveaus der Kapitalverwertungsmöglichkeiten und der Konkurrenz der Kapitale besteht also kein Grund, die Nase über eine Firma wie Monsanto zu rümpfen. So eine Firma ist wirklich stinknormal. Eine Kritik zeugt allenfalls davon, daß hierzulande entsprechendes Weltmarkt-Niveau 
—  zumindest in dieser Sfäre — (leider noch) nicht erreicht ist, teilt also im Prinzip den Erfolgsgedanken, der Grundlage solcher Machenschaften ist:
"Daß der [Gen-]Weizen überhaupt entdeckt wurde, dürfte wohl Zufall sein. Dem klagenden Landwirt [so klein, wie er mit dem Begriff »Landwirt« gemacht wird, wird sein Kapital nicht sein, wenn er versucht, gegen Monsanto anzustinken], daß einTeil des Weizens, den er mit dem Spritzmittel Roundup Ready — auch ein Monsanto-Produkt — behandelt hatte, nicht auf den Stoff reagierte. Roundup Ready enthält Glyfosat, eines der weltweit am häufigsten eingesetzten Pflanzengifte, die zum Vernichten von Unkraut, aber auch zum Abreifen [hier geht es darum, insbesondere bei widrigen Witterungsverhältnissen schneller zur Ernte und damit zur Vermarktung zu kommen] von Getreide eingesetzt wird. Es stellte sich heraus, daß die überlebenden Pflanzen gegen das Mittel resistent waren, ein Ergebnis der Genmanipulation.
Bei Monsanto kann
 [will!] man sich das Auftauchen der verbotenen Weizensorte nicht erklären. Die Entwicklung sei bereits 2004 eingestellt worden [d.h. ja wohl, daß der manipulierte Weizen seitdem gewissermaßen als Fertigprodukt betrachtet werden kann?].  Zuvor habe es Feldversuche in 17 US-Staaten gegeben [Vorgeschossenes Kapital, welches seiner Verwertung noch harrt!]. Inzwischen sei das Forschungsmaterial vernichtet worden, teilte die Firma mit [selbst wenn man diese Aussage für bare Münze nähme, wofür wäre solch Material denn noch groß zweckdienlich?]. Monsanto sei sich keiner Schuld bewußt [Nein, um Himmels willen, bei jedem Kapital ist ja alles nur dem ehrenwerten Zweck seiner Vermehrung geschuldet.]. Wie der Weizen nach Oregon gelangt ist, untersucht nun das US-Landwirtschaftsministerium. [Ergebnisse zugunsten des Farmers sind nicht zu erwarten. Deshalb wiegelt die SZ-Reporterin wohlweislich ab:] Anders als bei Mais oder Soja spielt Gentechnik beim Weizenanbau bislang [bislang!] kaum eine Rolle. Versuche, das Getreide mit Hilfe dieser Technik ertragreicher und robuster zu machen, trugen bisher wenig Früchte [sieht man ja!]. Das dürfte [jetzt spekuliert die Qualitätsjournalistin noch haltloser herum:] auch der Grund sein, warum Monsanto und andere Agrarkonzerne wenig Energie daransetzen, für genmanipulierte Weizensorten eine Zulassung zu bekommen. [Selbst wenn dem so sei, soll sich das  jetzt nicht endlich ändern?] Das große Geld verdienen sie mit anderen Pflanzen [und — nicht zu vergessen — mit Roundup Ready!]. …" [SZ, 06.06.13]
Was kann man daraus lernen: Wer den Kapitalismus nicht kritisieren will, soll sich auch nicht über einzelne Kapitale entrüsten. Er gibt sonst im Ansatz schon das auf, was ihm Anlaß zu Kritik bietet, er gibt die Kritik auf: Im selben Atemzug, in dem er sie zu erheben gedenkt. Die »Schweinereien« eines Kapitals, ja aller Kapitale gehen nämlich immerzu zu Lasten derer, die sie ausbaden müssen, derer, deren einziges und vergleichsweise lächerliches »Kapital« die eigene Arbeitskraft ist. Daß eine solche Kraft, Lebensmittel erst kriegt, nachdem sie vermarktet sind, also Profit abgeworfen haben, hat eben die andere Seite, daß sie einigermaßen gesunde Lebensmittel lediglich in dem Umfange zum Zwecke ihrer Reproduktion erhalten kann, inwieweit sie zahlungskräftig ist, und ansonsten eben schauen kann, wo der Pfeffer oder sonstwas wächst.

(06.07.13)

Nationalismus als höchste Stufe politischer Dummheit
"… Aber es ist vorhersehbar, daß Snowden in Deutschland nicht aufgenommen werden wird. Das wäre eine zu große Belastung für das transatlantische Verhältnis. Offenbar eine größere Belastung als die Tatsache, daß die deutsche Regierungschefin vom wichtigsten Verbündeten bespitzelt wird. Die Machtfrage ist gestellt — und beantwortet." (Bettina Gaus, taz v. 03.07.) So ist es. Für diese Klarstellung, die alle Ideologien über die wunderbaren kapitalistischen Verhältnisse einer zivilisierten Staatengemeinschaft ad absurdum führt, ist Snowden gut, doch man hätte es auch ohne seine Enthüllungen wissen können, wenn man es nur hätte wissen wollen.

(03.07.13)

Die zwischenimperialistische Konkurrenz kommt voran
Demokratie einmal ganz unverhüllt: Überwachung & Spionage
Nun glaubte ja ein Ideologe von Freiheit & Marktwirtschaft, wie es der Filosof Karl Popper einer war, wohl allen Ernstes, daß es sich bei einer Demokratie um eine »offene Gesellschaft« handele. Seiner Meinung nach sei diese Offenheit nachgerade eine, ja die Essenz der besten aller politischen Systeme, der Demokratie. Und man muß schon besonders borniert sein, um diesen Mist unverdrossen aufrechtzuerhalten und darüber hinaus ihn zum Gegenstand akademischer Diskussionen zu machen. Denn warum sollte sich ein auf Gewalt gründendes System anders gebärden als andere auf Gewalt gegründete Systeme? Allenfalls im Grad und im Resultat unterscheiden sie sich: Auch in diesem Falle, in dem geheimer Überwachung sind die demokratischen Staaten, allen voran die USA, ihren potenziellen bis wirklichen Gegnern überlegen. —
Es ist nicht ganz leicht, die Aufdeckungen über die Umtriebe der NSA wieder auf ein erwünschtes Maß ideologisch zurechtzustutzen. Doch eine demokratische Öffentlichkeit macht sich unversehens an die Arbeit und schafft es fast spielend: Der berechnend zurückgehaltene Antiamerikanismus kann und darf sich endlich wieder mal zu einer lauten deutschen Anklage aufschwingen. Dabei vergißt ein guter deutscher Nationalist keineswegs, seinen berechnenden Proamerikanismus ins Spiel zu bringen. So und nur so kann er — wenn auch ärgerlicherweise nur diplomatisch — die USA maßregeln: Die Verbundenheit mit den USA zeige sich in eben jenem diesbezüglich so überaus berechtigten Vorwurf.
Dabei ist eines völlig klar: Bei der Spionage der USA in der Bundesrepublik handelt es sich vornehmlich um Wirtschaftsspionage (im weitesten Sinne, also auch Wirtschaftspolitik). Die ideologischen Scheuklappen, die bundesdeutsche Geheimdienste kennzeichnen, die — noch kürzlich — in dieser Hinsicht allein Rußland und China als angebliche Hauptakteure anzuschwärzen versuchten, verwundern übrigens nicht. Der Bundesaußenminister Westerwelle höchstpersönlich brachte ja vor einigen Monaten eine (faktisch sowohl antirussische wie antichinesische) Freihandelszone zwischen den USA und der deutsch dominierten EU ins Gespräch, fußend auf einer von ihm mittlerweile für unschlagbar gehaltenen Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Es hat ihn und seine liberalen Gesinnungsgenossen noch gefreut, als das Echo aus den Vereinigten Staaten — noch vor Bekanntwerden der Spionageaffäre — sich so überaus positiv angehört hatte. Nun liegt es schwarz auf weiß vor: Die USA haben (ohne es ausdrücklich für nötig befunden zu haben) einmal mehr klargestellt, wer, auch und gerade in ökonomischer Hinsicht, nach wie vor am längeren Hebel sitzt. Die Spitzenkandidatin der GRÜNEN, Göring-Eckardt, stellte sich postwendend und am unverblümtesten auf den Boden der Realität deutsch-nationaler Interessen: Sie möchte die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen aussetzen, da diesem die Grundlage, nämlich die Erfolgsträchtigkeit für die deutsche Wirtschaft, ganz offenbar schlagartig abhanden gekommen ist. Ganz anders als die EU und die Eurozone, die die GRÜNEN bekanntlich deshalb nicht missen mögen, weil sie Deutschland und seiner Wirtschaft so ungemein nützen. So ungemein, daß dafür auch der Preis nach wie vor gezahlt werden soll. (Auf wen die Kosten übrigens umgelegt werden, ist keine Frage, schon gar keine demokratisch 
extra zugelassene!)
(02.07.13)

Das Rauschen des Waldes unter kapitalistischen Verhältnissen: Ein Traum
In Augsburg und Stuttgart, in Istanbul und Indonesien, überall werden Bäume gefällt. Der Kapitalismus erheischt große Flächen für seine Infrastruktur, ganz abgesehen davon, daß Holz ein im Preise steigender Energieträger und Rohstoff ist. Ein Aufstand gegen das Abholzen ist nicht vorgesehen. Entsprechend rigoros wird er geahndet. 
Ja, es wird über Bäume geredet, aber nicht einfach so wie zu Zeiten Bertolt Brechts, der einst schrieb: "Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt." Heute geht die Politik an die Wurzel. Heute sind Bäume selber ein Verbrechen — an den unermeßlichen Ansprüchen von Staat & Wirtschaft. Sie künden von all den Untaten, denen derer, die sich gegen das Stutzen der Natur wehren. Deshalb werden sie — meist gewaltsam — in die Schranken ihrer Naivität gewiesen: Ein Dreifach-Hoch auf Umweltschutz, Zivilisation, Demokratie!

(23.06.13)

Worum geht es und was bedeutet es, wenn es aufgetischt wird:
Das Menschenrecht
I. Die Legitimation staatlicher Gewalt durch das Menschenrecht
• 1. Gehalt und Leistung der Menschenrechtsidee
• 2. Ursprung und Heimat des menschenrechtlichen Gattungswesens ist der bürgerliche Staat
• 3. Der Katalog der Menschenrechte idealisiert die bürgerliche Herrschaftsräson und ihre Methoden; p.s. zu den sozialen Menschenrechten
II. Die Delegitimation staatlicher Gewalt im Namen des Menschenrechts

• 1. Legitimation und Mittel imperialistischer Gewalt — durch Delegitimation der Gegner
— Offizielle Anklagen in Sachen Menschenrecht sind Richtersprüche über die (Il-)Legitimität anderer Herrschaften

— Die Glaubwürdigkeit menschenrechtlicher Moral fällt zusammen mit der Wucht imperialistischer Gewalt, die das Menschenrecht als ihren Berufungstitel nutzt
— Zum praktischen Mittel wird das Menschenrecht im Umgang imperialistischer Mächte mit den Völkern — denen ihrer Gegner und dem eigenen
• 2. Die Konstruktion öffentlicher Feindbilder
— Mit ihren Feindbildern macht sich die Öffentlichkeit darum verdient, moralische Abstraktionen zu konstruieren und zu veranschaulichen
— Die Öffentlichkeit problematisiert Glaubwürdigkeit und Grenzen der imperialistischen Moral ihrer Nation
• 3. Leitfaden falscher Kritik
(23.06.13)

Das Auftreten des Führers der »freien Welt« im Ausland
Obama — oberste US-Charakermaske, nichts weiter
Nun war US-Präsident Obama Staatsgast in Berlin, vor ausgewählten Zuhörern hielt er eine Rede. Das hat seinen guten Grund. Er ist nämlich überhaupt nicht mehr populär. Das war er vor seiner Amtszeit. Bei vielen galt er als Hoffungsträger eines politischen Wandels. Und KoKa stand mit dem Hinweis im Abseits, auch er sei nicht mehr als eine Charaktermaske der US-Staatsräson, ein Vertreter der als solchen unrevidierbaren nationalen Interessen der USA. Längst hat sich das allerdings ganz praktisch bestätigt. Auch unter seiner Regentschaft rüsten die USA auf, führen Krieg und beenden auch mal einen Krieg, wenn in der betroffenen Region alles hinreichend zerstört ist. Hinreichend heißt, daß die politischen Vorstellungen der Supermacht dort Raum greifen können: Dies natürlich mit dem zynischen Hinweis, daß nun — wie beispielsweise im Irak — die Zeit gekommen sei, daß sich die Einheimischen — diejenigen, welche den Krieg überlebt haben, versteht sich — selber am Schopf aus dem Schlamassel ziehen sollten können: Das wäre dann — ideologisch ausgedrückt — »Demokratie«. Dafür haben dann die beauftragten neuen Politiker fast jede Freiheit und natürlich fast jede — gar nicht uneigennützige — Unterstützung der USA.
Barrack Obama hat also keine eigene Meinung. Beziehungsweise seine »eigene« Meinung besteht in der vollständigen Übernahme eben jener von ihm unabhängig feststehenden Weltordnungsinteresssen der USA. Das haben nun auch die allermeisten von denen gemerkt, die ihn vor und zu seiner Wahl hochgejubelt hatten. Das juckt ihn allerdings überhaupt nicht, was man unter anderem eben daran merkt, daß er sich nicht zu schade ist, vor den bundesdeutschen Vertretern der besseren Gesellschaft aus Wirtschaft und Politik (unter denen auch DGB-Fatzke Michael Sommer nicht fehlen durfte!) aufzutreten, um dort kaum wirklich ernst zu nehmenden Bullshit zu verzapfen. Falsch machen konnte er dabei nichts. Jenes Opernpublikum ist es ja gewohnt, bei jedem Scheiß zu klatschen. Und seinen Antiamerikanismus kann es dann schon mal unterdrücken, wenn seine nationale Gesinnung hofiert wird.
Freilich hat das Auftreten des Friedensnobelpreisträgers noch eine andere Seite: Auf Teufel komm' raus bedient Obama damit — ob er will oder nicht — das rassistische Klischee vom »dummen Neger«. So arbeitet er unverdrossen an der Stärkung der rechten Opposition vor allem in seinem eigenen Land. Es bestünde freilich keine Notwendigkeit, dermaßen auf den Kopf gefallen zu sein, wenn man sich nicht komplett dem Staat und dessen Räson verschrieben hätte…
[Friedensfürst Obama — Karikatur des Brasilianers Jarbas aus dem Tagebuch von Pernambuco]

(21.06.13)

Prügelstrafe bei Ungehorsam gegenüber dem Staat
Erdogans Zucht — eine deutsche Züchtung!
Türkische Staatsverantwortliche hatten sich seit geraumer Zeit die Aufgabe gestellt, eine Staatsräson zu entwickeln, die so erfolgreich ist wie das deutsche Vorbild. Deshalb haben sich Erdogan und Konsorten entschlossen, eine Partei zu gründen, die ein Verschnitt der deutschen CDU ist: Die Religion eingehegt als Mittel der Politik in Anschlag zu bringen und gleichzeitig einem kapitalistischen Materialismus zu frönen, der sich gewaschen hat. Zu diesem Zweck schien und scheint es den türkischen Staatsprotagonisten absolut notwendig, unverwandt nach Europa zu blicken, d.h. in die EU zu kommen. Daß es dazu aller Arschkriecherei zum Trotz nicht reicht, weil sich Deutschland diesem Antrag sehr prinzipiell widersetzt, indem es die Beitittslatte so hoch legt, daß es unmöglich ist, diese zu überspringen: Denn kaum stellt die Türkei fest, die Höhe übersprungen zu haben, liegt die Latte schon wieder einige Zentimeter höher.
Ein gewaltiger Sprung für Erdogans AKP war, die Vorbehalte des Militärs gegenüber dem neuen nationalen Erfolgsrezept auszuräumen: Nicht die Streitkräfte sollten mithin für den Erfolg der Nation einstehen, umgekehrt, der Erfolg der Nation sollte die Streitkräfte ins Recht setzen. Ob diese Rechnung schließlich und endlich aufgeht, bleibt abzuwarten. Die Kurdenfrage ist zwar in Angriff genommen, aber nicht gelöst. Andere Fragen ebenso: Zypern zum Beispiel, die Stellung der Türkei in der Konfliktregion des Nahen Ostens — und überhaupt das (ja keineswegs störungsfreie) Verhältnis zu EU und dem NATO-Bündnispartner USA.
In die schönen türkischen Nationalträume einer aufstrebenden Regionalmacht platzen nun große Demonstrationen von Leuten, die die Kosten dieses gigantischen Aufbruchprogramms nicht umstandslos mittragen möchten. Und da nicht wahr sein kann, was nicht wahr sein soll, läßt Erdogan die Knüppel schwingen: Ganz nach dem Vorbild Deutschlands und als Ausweis diesem gegenüber, daß die Türkei nicht von gestern ist und weiß, wie mit »Strörenfrieden« umzugehen ist.
Das hat in Deutschland politischerseits nun keine Anerkennung erfahren. Denn zum Knüppelschwingen gehört, was sich für deutsche Politiker ganz von selber versteht, eine gehörige Heuchelei: Gerade haben sie gegen die blockupy-Demonstranten in Frankfurt das gleiche veranlaßt bzw., insofern nicht selber eingefordert, den vorsätzlich exzessiven Polizeieinsatz keinerlei Kritik für wert erachtet. In der Türkei gehörte das Knüppeln gegen wehrlose Demonstranten bislang nicht zum demokratischen Alltag. Ob man einen so wenig fortgeschrittenen Staat nicht einmal darauf hinweisen muß, wie unzivilisiert er ist? Diesen rassistischen Vorwurf hat die deutsche Politik (allen voran mit Außenminister und Bundespräsident) gegen den türkischen Staat vorgebracht. Die Anliegen der Demonstranten sind ihr natürlich piepegal, mit ihnen haben sie nichts zu tun. Aber sie zu einem Generalvorbehalt zu benutzen sind sie gleichwohl gut genug.
Und Erdogan und seine AKP? Sie sind entschlossen, sich daran abzuarbeiten: Sich die Kritik Deutschlands fürderhin auch in dieser Frage zu ersparen! Also genau dem zu entsprechen, was Deutschland von der Türkei erwartet. Mit einer »halben Mitgliedschaft« in der EU, so Erdogan 2010 bei einem Besuch des deutschen Außenministers Westerwelle in Ankara, wolle sich die Türkei nicht zufriedengeben. Auf diesem Weg hat es die Charakermaske der Türkei, Tayyip Erdogan, wahrlich schon weit gebracht… 

(12.06.13)

Apropos alte Intrigen und neue Querelen in der Augsburger CSU
Juristisch gehen zwei Parteivordere gegen eine Leserbriefschreiberin vor, die noch vor kurzem Parteimitglied war und die sich entrüstet über die Machenschaften in der Partei zeigte. —
Verehrte Parteiverantwortliche!
Wir haben Ihre Partei schon immer für einen Verein von Blödmännern gehalten. Das brauchen Sie uns ebenso wie Ihren unverdrossenen Speichelleckern von der 
Augsburger Allgemeinen [diese lokale Monopol-Tageszeitung kennt keine größere Sorge als die um »ihre« CSU!] und der bundesdeutschen Öffentlichkeit nun wirklich nicht immer wieder aufs neue zu beweisen trachten. Natürlich wissen wir, daß Dummheit für ihre Partei spricht. Schließlich haben Sie ja gerade deshalb nach wie vor viele Anhänger. Und solange es auf die Dummheit der Stimmabgabe ankommt, haben Sie nichts zu befürchten. Das zeigt ja gerade das Beispiel. Kaum gibt jemand seine Stimme nicht einfach ab, sondern erhebt sie, wird Ihrerseits versucht, ihn mittels staatlicher Gewalt mundtot zu machen. Und das ist nicht das erste Mal. Neulich hat dasselbe Ihr Nachwuchstalent versucht, vor einiger Zeit gar der OB höchstselbst. Ahnen Sie eigentlich, wofür das spricht? —

Was im CSU-Staat Bayern — darf bzw. muß man den nicht eigentlich »totalitär« nennen? — so alles abgeht, zeigt nicht minder der Fall Mollath bzw. der Fall Haderthauer. In einem Blog von Gabriele Wolff schön zusammengestellt. Kommentar überflüssig.
(08.06.13)

Die syrische Opposition
In vornehmen Fauteuils sitzend Waffen fordern
Anmerkungen zu den Lakaien des »freien Westens« und zur Lage in Syrien
(08.06.13)

Attraktiver Freizeitpark statt langweiliger Wildnis?
"Am … sollen am Augsburger Stempflesee die emsigen Bagger, Planierraupen und Motorsägen eintrudeln, die den verwilderten See im Siebentischwald endlich zu einem Freizeitpark verwandeln werden.
Eine tolle Idee von Oberbürgermeister Dr. Kurt Grübl und seinem gegelten Zukunfts-Maulwurf Gerhard Merknix.
Natürlich müssen ein paar Bäume geopfert werden. Aber das fällt ja hier mitten im Siebentischwald nicht so besonders auf. Wichtig ist Augsburgs Zukunft als Freizeitstadt. Es kann doch nicht angehen, daß die Datschis 
[lokal für: Augsburger] bis ins Legoland nach Günzburg oder gar ins Allgäu fahren müssen, um sich mal mit ihren Kindern richtig zu vergnügen." (Augsburger Skandal-Zeitung, 25.05.13)

(27.05.13)

Der Gipfel der Demokratie: Die GRÜNEN
Der deutsche Idealismus — rekapituliert und rehabilitiert
Der Parteitag der GRÜNEN ist schon einige Tage her. Sie sind die Partei, die im Gegensatz zu den anderen, eine Widerspruchsfreiheit des Kapitalismus zum Inbegriff ihres politischen Anspruchs erklärt hat. Und zwar so knallhart wie sie diese Widerspruchsfreiheit der kapitalistischen Gesellschaft unterstellt.
Die schöne heile Welt, die und wie sie die GRÜNEN im Kopf haben, wird permanent gestört von all den materiellen Interessen, die im Kapitalismus hier und global aufeinanderprallen. Beispiel Stromversorgung. Beispiel (gesunde) Ernährung. Beispiel Genußmittel — Tabak und Alkohol. Beispiel Auto- und Flugverkehr. …

(26.05.13)

Deutschland muß! — statt Lebensgenuß!
150 Jahre wird die deutsche Sozialdemokratie nun alt und just vor 100 Jahren schrieb ein Professor für Wirtschaftsgeschichte, Dr. Vladimir G. Simkhovitch, schon einen unfreiwilligen Abgesang auf diese Partei, die sich dem Nationalismus verschrieben und den Begriff »sozial« lediglich zur schieren Rechtfertigung ihrer nationalen Ansprüche benutzt hatte. Simkhovitchs Überlegungen muten sehr aktuell an, wenngleich damals jene Partei noch mit Marx in Verbindung gebracht wurde — übrigens ziemlich ausschließlich von ihren politischen Konkurrenten, welche sie qua Marx der Wert- und Erfolglosigkeit zeihen wollten, so daß sie alle Mühe hatte, eine Beziehung zu dessen Schriften stets aufs neue zu dementieren.  —> ganzer Artikel
[Das KoKa-Archiv-Foto spielt auf den seinerzeitigen Wahlkampfslogan Helmut Schmidts an: »Weiterarbeiten am Modell Deutschland«] (24.05.13)

Zentralafrikanische Republik: Noch ein Umsturz in AfrikaBangui, Stunde null
Bangui, Stunde null (taz, 18.05.13)
Noch ein Interventionsgrund für den »freien Westen«, speziell für die Exkolonialmacht Frankreich und die EU, welche Afrika als ihren Hinterhof betrachtet? Wirklich weniger schlimm als der Fall Mali?
(21.05.13)

Ist Ungarns Ministerpräsident schwer von Begriff?
"Orban hatte in seinem Freitags-Interview gesagt: »Die Deutschen haben schon einmal eine Kavallerie nach Ungarn geschickt, in Form von Panzern. Unsere Bitte ist, sie nicht zu schicken. Es war keine gute Idee, sie hat sich nicht bewährt.« Der ungarische Regierungschef spielte auf die Besetzung Ungarns 1944 (»Operation Margarethe«) an. Allerdings hatte es sich dabei durchaus um keine »feindliche« Besetzung gehandelt. Ungarn war ein enger Verbündeter Hitler-Deutschlands." (dpa laut AZ, 21.05.13)
1. Die deutsche Politik hat es heute gar nicht nötig, Panzer zu schicken, wenn und solange die ökonomischen Erpressungsmittel ausreichen. Soviel Friedfertigkeit versteht sich ja wohl wie von selbst.
2. Sollten diese wirklich nicht ausreichend sein, kommen die Panzer erneut in rein friedlicher Absicht, wie das unter Verbündeten nun einmal zu sein pflegt.
3. Der Oberungar versteht sich nicht auf Drohungen. Da muß er offenkundig noch viel von seinen deutschen Demokratie-Verbündeten lernen: Die werden sicher nicht müde, Lektionen in Sachen Geschäft & Gewalt zu erteilen.
 (21.05.13)

Freihandelsabkommen der EU mit Kolumbien und Peru
Noch ein Grund mehr, warum die SPD extreme Scheiße ist
"Die Hamburger SPD-Alleinregierung hätte es in der Hand gehabt, das Freihandelsabkommen der EU mit Kolumbien und Peru über den Bundesrat auszubremsen. Aber den Pfeffersäcken um den Ersten Bürgermeister Olaf Scholz waren Wirtschaftsinteressen der Hansestadt wichtiger als der Schutz kolumbianischer und peruanischer Kleinbauern und -bäuerinnen vor unbotmäßiger Konkurrenz durch EU-Agrardumpingexporte. Die drei Ja-Stimmen Hamburgs waren im Bundesrat am 3. Mai das Zünglein an der Waage, das die Zustimmung zum Freihandelsabkommen sicherte. … Es ist der zweite handelspolitische Sündenfall der Sozialdemokraten binnen weniger Monate. Schon im Europaparlament konnte das Freihandelsabkommen der EU mit Kolumbien und Peru nur dank der Zustimmung fast der kompletten Fraktion der sozialdemokratischen Sozialistischen Fraktion am 11. Dezember vergangenen Jahres ratifiziert werden – ohne die Ratifizierung des Europaparlaments kann seit dem Vertrag von Lissabon von 2009 kein Freihandelsabkommen mehr in Kraft treten. …" (Lateinamerika-Nachrichten, 5-2013) Von wegen, die SPD wäre wenigstens in der Opposition bzw. zum Schein irgendwie links bzw. sozial!
(20.05.13)

Neueste Nachrichten aus Bangla Desh
Nach den Planvorstellungen der Regierung soll die Nation 2021 den Status eines »Landes mittleren Einkommens« erreichen. Das Pro-Kopf-Einkommen belief sich im laufenden Jahr bei einer Steigerungsrate von 9% gegenüber dem Vorjahr auf 923 US-$. Die Weltbank wies zweifelnd darauf hin, daß um 1300 US-$ 2021 zu erreichen, eine jährliche Steigerung um 8% nötig wäre. — Anläßlich des »World Telecommunication and Information Society Day« merkte Premierministerin Sheikh Hasina stolz an, daß bereits fast 32 der über 150 Millionen Einwohner ihres Staates Internetuser sind. (nach Ganashakti, 17.05.)
Warum von den hohen Kosten reden, wenn die Ziele derart niedrig sind?

Job-Killing in Bangla Desh, Kambodscha…
Einstürzende Neubauten: »Unsere« Bekleidungsindustrie in der »III. Welt«
Der Einsturz einer Textilfabrik neulich in dem Ort Savar in Ostbengalen mit Hunderten von Opfern war kein Einzelfall: Am 10.05. berichtete die taz von einem Brand in einer anderen Textilfabrik mit 8 Toten und schon zuvor einer und dann jetzt in Kambodscha in einer Schuhfabrik… Selbst die hirnverbranntesten kapitalismusvernagelsten Zeitungen hierzulande haben gemerkt, daß die Arbeitsverhältnisse »unserer« Hersteller in Asien kein Sonderfall sind, sondern ihnen geldsparend nützlich. Das haben sie wirklich super gemerkt und gleichzeitig versucht, dem involvierten Kapital den Rücken freizuhalten: Sie suchten die Schuld bei einer anderen Charaktermaske, dem Kunden, dem »Verbraucher«. Dessen materialistischen Einstellung nämlich sei es zu verdanken, daß selbst mit 2-Euro-T-Shirts und 1 Euro-BHs Profit gemacht wird.*
Abgesehen davon, daß auch Luxusmarken mit entsprechenden Extraprofiten in Billiglohnstaaten Süd- und Südostasiens produzieren: Daß jene Warenpreise auf die Lohnarbeiter 
hierzulande zugeschnitten sind, wollte offenbar niemand bemerken. Sie sind es in zweifacher Hinsicht: Zum einen auf das eingeschränkte und ohnehin sinkende Vermögen, Geld auszugeben, zum anderen darauf, mittels Preispolitik auch zu Käufen zu animieren, bei denen man die unmittelbare Gebrauchswertseite der Waren außer acht lassen kann und soll. Das Kapital konkurriert, wie man an dieser Sfäre der Textilien sehen kann, nicht allein in der Anwendung möglichst billiger Arbeitskräfte, also im Bereich der Produktion, es konkurriert mit seinesgleichen ebenso bei der Realisierung des Mehrwerts. Diese Konkurrenz bei der Realisierung des Mehrwerts macht diese Preise erst möglich: Die Produkte werden unter Wert verkauft, gleichzeitig aber immer noch über den Gestehungskosten, also mit Profit. Diese Tatsache ist es, die wiederum auf die Produktionsverhältnisse drückt: Denn es ist klar, daß für das Kapital nicht sein kann, was nicht sein darf, daß nämlich der Profit geschmälert wird: Seine Bilanzrechnung geht vom Profit aus und ordnet alles andere, das dafür vorgeschossene Kapital ebenso wie die Preise seiner Waren, diesem unter.
So kann man beispielsweise in Bangla Desh die notwendigerweise leichenproduzierenden Ergebnisse dieser Produktionsweise besichtigen.
*[Es sei darauf hingewiesen, daß die Sfäre der Bekleidung nicht die einzige ist: Kambodscha ist beispielsweise zum Fahrradlieferanten der EU schlechthin aufgestiegen. Als LDC-Staat präferiert werden von dort mehrere Hunderttausend Fahrräder im Jahr zollfrei in die EU geliefert (siehe ips-Weltblick v. 04.02.13). Von einer, keinen Mehrwert produzierenden Branche wie dem Tourismus ganz zu schweigen: Längst hat Kambodscha Thailand als Boomland des Sextourismus abgelöst: Laut Nachrichtenagentur ips v. 25.02.13 kostet dort eine einfache Massage zwischen 1,75 und 2,50 Dollar, Sex 5 Dollar mehr.]

(18.05.13)

Guatemala
Auf dem Weg zu einem vorbildlichen Staat?
"… General Efraín Ríos Montt, glühender Katholik, Diktator und Oberbefehlshaber der Armee in den Jahren 1982 und 1983" (taz, 13.05.) wurde nun für das verurteilt, wofür er seinerzeit von den USA gebraucht und so geschätzt wurde, nämlich für die leichenträchtige Befriedung ihres lateinamerikanischen Hinterhofes, Abschnitt Guatemala. Heute rühren die USA keine Hand für ihn. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. Die aktuelle Regierung in Guatemala-City sitzt fest im Sattel und weiß um die ihr übertragenen Aufgaben in Sachen Ruhe & Ordnung, freier Kapitalverkehr und Rechtssicherheit für eben diesen. Just in der gleichen taz-Ausgabe, in der ausführlich über den Fall der Schweinbacke von US-Gnaden berichtet wird, findet sich wenige Seiten weiter, im Wirtschaftsteil, bezüglich des UN-Verbots hochgiftiger Güter folgendes: "Indien und Guatemala blockierten die Aufnahme des Herbizids Paraquat, das bereits in 40 Staaten nicht mehr verwendet werden darf." Warum? Einen Hinweis darauf kann ein alter KoKa-Artikel über den Weihnachtsstern liefern. Solange es demokratisch zugehen kann, bleiben Militärherrscher eben Sonderfälle, die den Vorteil haben, daß man sich auf einen, einmal mehr bevorstehenden Übergang zur Demokratie freuen kann. Übrigens: Wer ist denn heute Guatemalas Präsident? Es ist Otto Pérez Molina, Absolvent der Militärakademie und der School of the Americas [ein Institut des US-Verteidigungsministeriums in Fort Benning nahe Columbus, Georgia, welches militärisches Training für lateinamerikanisches Regierungspersonal anbietet]. Bis zum Brigadegeneral und zum Direktor des militärischen Geheimdienstes aufgestiegen gründete er 2001 seine eigene Partei, die partido patriota. Nichts leichter für so einen Mann, als Wahlen zu gewinnen: Nach offiziellen Angaben leben 51 % der Landesbewohner in Armut, Leute, die sich zuhauf nach einer starken Führung sehnen und aus ihren Enttäuschungen nicht klug werden wollen und vor allem natürlich nicht sollen.
(16.05.13)

Obschon das 21. Jhd. längst angebrochen ist, also — so mag mancher wähnen — die Wissenschaft längst alles Glaubensbedürfnis ausgeräumt haben sollte, fand einmal mehr ein Kirchentag zur Lobpreisung eines fiktiven, geistvernebelnden Etwas namens Gott statt, diesmal in Hamburg: Kaum zu glauben! (ein Flugblatt von Herrn Keiner) (pdf, 08.05.13)

Die USA lassen ihren Kettenhund wieder los
Die imperialistische Weltordnung erfordert schlicht noch mehr Opfer!
Da bekommt man einmal mehr bestätigt, wozu der Staat Israel dem Imperialismus taugt. Nicht, daß es Zweck der USA wäre, andere Staaten in die Steinzeit zurückzubomben, als Resultat ist das immerhin auch nicht schlecht (und wenn es andere im Auftrag der USA tun, machen die US-Oberaufseher sich noch nicht einmal die Hände schmutzig!): Es taugt jedenfalls dazu, ein weiteres Exempel dafür zu statuieren, was ansteht, wenn ein Staat wie Syrien es sich einfach herausnimmt, andere, eigene Zwecke zu verfolgen, die sich nicht in die US-Weltordnung einordnen, ein Staat, der sich ihr nicht unterzuordnen und nicht die Erlaubnis seiner Politik in Washington abzuholen gedenkt. Ganz anders Israel, dem es ein Anliegen ist, seine Staatsräson unter den Fittichen der US-Hawks zu verfolgen und zwar entsprechend einer weit überlegenen US-Macht erfolgreich. Syrien hingegen kann es sich in der augenblicklichen Lage so gut wie gar nicht erlauben, dagegenzuhalten: Jedenfalls könnte so ein jeder leicht erkennen — und jeder Staatsmann, der auf sich hält, wird das auch sofort —, was für riesiger Nachteil es sein kann, in der Staatenwelt keine Atombomben zu besitzen. —
Und überhaupt, wo sind eigentlich die Völkerrechtsheuchler? Die GRÜNEN, amnesty und diese ganze verlogene Bagage: Wollen sie den Imperialismus samt Israel angesichts des Schreckens, den er verbreitet, ausdrücklich nicht aufs Korn ihrer »Kritik« nehmen?? Wie lange eigentlich wollen sie den allzu hehren Idealen, den Rechtfertigungen der imperialistischen Bluthunde noch auf den Leim gehen? Oder glauben sie tatsächlich, daß Israel in Damaskus ein Auschwitz verhindern muß, will, soll und deshalb auch darf??

(06.05.13)

Gesundheitsreformen ohne Ende — der Krankheiten und Erkrankungen werden nicht weniger — die Kassen sämtlicher Profiteure klingeln umso mehr
Krankt der Kapitalismus an der Gesundheit oder profitiert er von ihr?
Das Anliegen des Staates, auf die Gesundheit seiner Bevölkerung zu achten, ist seinem Verwertungsinteresse geschuldet. Nicht nur, daß die Bevölkerung soweit gesund (bzw. wieder gesundet sein) soll, damit sie die Zumutungen des Arbeitsalltags (samt allen sich aus ihm ergebenenden Kompensationsbedürfnissen — ja, manche machen sich in ihrer Freizeit, ihrer Reproduktionszeit auch noch Streß!) aushält, solange sie das eben zur Zufriedenheit ihrer Vernutzer aushält. Vor allem ist  jeder zur absehbar nötigen Wiederherstellung seiner Gesundheit selber per direktem Lohnabzug verdonnert und auf jede Menge Zuzahlungen darüber hinaus oft genug angewiesen. Auf der anderen Seite der erstklassigen Kassengesellschaft deutscher Nation sollen mit der verausgabten Gesundheit und ihrer Wiederherstellung jede Menge Geschäfte gemacht werden. Denn ansonsten ist »Gesundheit« eben nichts wert. 
(05.05.13)

Wozu ist der menschliche Verstand noch zu gebrauchen, hat er gar ausgedient?
Im Zeitalter des Bienensterbens und anderer interessanter Fänomene kapitalistischer Herrschaft
"… Eine Spinne verrichtet Operationen, die denen eines Webers ähneln, und eine Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen manchen menschlichen Baumeister. …" (Karl Marx, 1864) Die Entwicklung des Kapitalismus hat eine Stufe erreicht, die den Gebrauch menschlichen Geistes einerseits immer überflüssiger, ja geradezu oftmals hinderlich erscheinen läßt, so, wie die Automatisierung der Produktion unter dem Diktat des Kapitals fortgeschritten ist. Andrerseits die Indienstnahme des Geistes immer mehr erfordert, sein Funktionieren als Zahnrädchen im und für den reibungslosen Ablauf des ganzen gesellschaftlichen Systems. Was einen an den vielverschmähten Marx erinnern könnte. [Karikatur von Dan Reynolds, © by cartoonstock] (04.05.13)

Hat KoKa den 1. Mai verschlafen?
Der Krampftag der Gewerkschaften
Der 1. Mai ist keineswegs ein (oder gar der Alibi-)Kampftag der Arbeiterklasse, der 1. Mai ist der Krampftag der Gewerkschaften. In Deutschland ist der 1. Mai ein Feiertag — welch Hohn auf die Lohnarbeiter! Eingeführt als solcher wurde  er bekanntermaßen von den abgefeimten Faschisten, bestätigt dann nach dem Krieg von den (bei den Faschisten in die Schule gegangenen) Demokraten. Nicht einmal die vor Kapitalfreundschaft strotzende FDP will an ihm rütteln. Würde das nämlich jemand wagen, würde der sich mit dem Verein anlegen, der ansonsten so großzügig mit der Zeit seines Klientels umgeht, so großzügig, daß der Samstag schon allzu häufig wieder zum (Normal-)Arbeitstag geworden ist und der 8-Stunden-Tag ebenso häufig höchstens noch auf dem Papier steht; gar nicht erst zu reden von einer erhöhten Kompensation des gestiegenen Stresses, von der der Intensivierung der Arbeitszeit in Form von mehr Urlaubstagen.
Die deutschen Gewerkschaften biedern sich der Gegenseite mit der prinzipiellen Dienstbarkeit der Lohnabhängigen an. Anpreisen und verkaufen tun sie das mit dem Schlagwort »Gerechtigkeit«. Damit wenden die Gewerkvereine — sie teilen die Sorgen des Kapitals unter dem Vorwand der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen — sich an sich selber und zwar auf folgende verquere Weise: Sie fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Und sie meinen damit: Ungleichen Lohn für ungleiche Arbeit! Und sie machen sich daran, sowohl auf das Individuum wie den einzunehmenden Arbeitsplatz bezogene Leistungsbemessungen zu eruieren. Erreicht werden soll dadurch eine — völlig gerechte — Lohndifferenzierung wie sie die Kapitaleigner und Geschäftsführer nie hätten schöner erfinden können, denn besser lassen sich Lohnsenkungen und — bei Bedarf — Entlassungen in angemessener Breite gar nicht begründen. Damit ist dem Fall so manchen Einkommens nach unten die Bahn weit geöffnet. Was dann natürlich nach Gewerkschaftsvorstellungen auch wieder nicht sein darf: Wenigstens die allernötigsten Reproduktionskosten der Ware Arbeitskraft sollen und müssen ja mit dem Lohn erbracht werden. Deswegen pochen die Gewerkschaften so sehr auf ihrer Forderung an die Politik — Tarifautonomie hin, Tarifautonomie her —, Mindestlöhne gesetzlich zu verankern.
Die Linkspartei zieht sich übrigens diesen Schuh an, wenn sie behauptet, mit 10 Euro Mindestlohn — so ihre Forderung — könne (und dürfe wohl) sich niemand mehr als arm bezeichnen. Sie will offenbar gar nicht bemerken, daß die Armut, wiewohl sie sich in der Lohnhöhe nur allzu oft auch an der Oberfläche des Systems zeigt, begrifflich gar nicht mit ihr faßbar ist: Armut besteht ja vielmehr immerzu in der Abhängigkeit als solcher — Abhängigkeit vom allzeit variablen, bisweilen gar ausbleibenden Lohn. Eben diese Abhängigkeit wird erpresserisch gegen die Arbeiterklasse gewendet, ihre Arbeitkraft ihr allenthalben unter Wert abgekauft (so sie denn überhaupt produktiv verwertet werden kann). 

(03.05.13)

Eine kleine Bilanz nach 10 Tagen »War on the Home Front«
Wie die USA ihren Rassismus verteidigen
In den USA gibt es jede Menge Freiheit. Freiheit für Rassisten aller Art, Nazis herkömmlicher Prägung, Arier also, denen die weiße Rasse der Inbegriff ihres Daseins ist. Sie sind zwar offiziellerseits nicht so geliebt, doch in ihrer Meinungsfreiheit akzeptiert. Nicht bloß akzeptiert sind die, welche sich den Rassismus — so wie die Tea Party — aus der Ökonomie des Stärkeren ableiten. Und es gibt die Rassisten, die ganz selbstverständlich alles, was die USA sich in der Welt vornehmen, mit der unwiderstehlichen Stärke ihrer ökonomischen und politischen Macht gerechtfertigt sehen. Einig sind sie sich letzthin alle in ihrem Ringen um den Erfolg der Welt- und Supermacht USA und deren allenthalben heilsbringenden Mission. Es verwundert nicht, daß die USA beim Bostoner Anschlag stante pede einige Leute ins Visier nehmen konnten, die ins Raster des derzeitigen Feindbildes der USA schlechthin passen: Leute islamischen Glaubens. Jene Tschetschenen ihrerseits haben sich in ihrer Dummheit dafür hergegeben, den USA den Dienst eines nationalen Schulterschlusses zu verschaffen, die sie in vielen politischen Fragen des Landes nur schwerlich mehr zustandebringen.
Die USA sind offenbar entschlossen, den Erfolg ihrer Politik, ihrer imperialistischen Mission —alles und alle auf der Welt hätten sich nach ihnen zu richten —, davon abhängig zu machen, wie entschieden sie bereit sind, die Welt des Islam — insofern sie keinen Kotau (und davon nie genug!) vor ihnen macht (wie Saudi-Arabien, Jordanien und Marokko beispielsweise) — zu bekämpfen und mehr oder weniger demokratisch gleichzuschalten. Woraus man das erschließen kann? Es ist den USA scheißegal, wessen Kind die Tschetschenen in ihrem Land sind! Sie sind die, welche sie, solange jene gegen das beiderseits verhaßte Moskau in ihrer Heimat gekämpft hatten, als Kämpfer für die Menschenrechte nicht bloß in den Himmel gelobt hatten. Sie hatten ihnen alle mögliche Unterstützung (wobei die propagandistische die sonstige »Hilfe« bei weitem übertroffen hatte) gegeben, sie letzthin dann noch als Erpressungsmittel gegen Rußland für eine Landpassage ihrer Rüstungsgüter nach Afghanistan benutzt (womit sie sich ganz neue Möglichkeiten der Einflußnahme in Rußland selber erhofft hatten). Und die USA hatten diversen, auf diese Weise letztlich verratenen »Freiheitskämpfern« schließlich in ihrem Land Asyl gewährt, um sie nun wiederum zu benutzen; und zwar dazu, die Einheit der Nation wuchtig zu demonstrieren, samt deren irrer moralischer Überlegenheit versteht sich.
Vielleicht waren die beiden Tschetschenen, wiewohl in ihrer Schlußfolgerung eines Anschlags, nicht aber in der Ausgangsüberlegung so dumm, zu übersehen, daß es mit der Güte der USA nicht weit her sein kann, wenn man denn dermaßen verarscht wird, wie sie es worden sind. Von der unmittelbaren Drangsalierung durch die staatlichen Behörden mal ganz abgesehen, dem russischen Geheimdienst stehen die US-Agenturen sicher nicht nach. Es ist doch wahrlich aufschlußreich, daß die USA bei keinem anderen Anschlag — und der Anschläge sind nicht wenige dort — die Wogen derartig hoch schlagen lassen, derartige Bürgerkriegsatmosfäre in einer Stadt aufkommen lassen wie sonst bei keinem anderen. Morde durch Nazis beispielsweise werden so gut wie nur irgendmöglich unter den Tisch gekehrt (geradezu vorbildhaft hat die BRD übrigens davon gelernt). Bei Amokläufern wird völlige Fassungslosigkeit demonstriert, denn es kann ja unmöglich die feine demokratisch-marktwirtschaftliche Gesellschaft sein, die solche Typen hervorbringt. Von den Wirtschaftsverbrechen der gehobenen Sorte will man ja sowieso kein großes Aufsehen machen… Die USA: wirklich super!!! —

Übrigens: In China hat man durchaus einen Blick dafür, wie verlogen die USA Terrorismus bekämpfen: "… Before it can trace any hints that the Xinjiang separatists may attack the US, the US will not easily abandon these troublemakers in its attempts to slow China's rapid development and expanding power projection." (Global Times, anläßlich »Boston« 23.04.) Und Zhu Zhangping, der Autor jener Zeilen, kann sich vorstellen, daß die USA China da hinziehen wollen, wo man selber eine »Last« loswerden will: Im an China angrenzenden Afghanistan [zu al Qaida und den Taliban haben die Xinjiang-Terroristen gute Beziehungen]. Zumal die USA sich in Syrien vor eine neue, viel wichtigere »tschetschenische« Bürde gestellt sehen. Diese gegen die al Assad-Regierung produktiv zu machen, scheint in der Tat eine wahre Superman-Aufgabe. (Und schon zweifeln nicht wenige Nationalisten an der Entschlossenheit ihres schwarzen Präsidenten.)
(28.04.13)

Apropos Terroranschlag in Boston, Giftpost für Obama
Im Land der Waffennarren scheinen sich Amokläufe und Anschläge vielfältiger Art zu häufen. In diesem Land, in denen nicht nur jene Waffennarren sich als individuelle Verkörperung des Staates und seiner Gesellschaftsordnung begreifen, ist das insofern wenig verwunderlich: Denn schließlich ist all jenen — Nationalisten — der weltweite Erfolg dieser Nation ganz schön zu Kopf gestiegen. Das kann man gerade daran bemerken, daß sie verbal ausfällig oder eben gar handgreiflich werden, wenn sie zu der Einsicht gelangen, daß sie selber als US-Amerikaner gar nicht automatisch am nationalen Erfolg partizipieren. Dann machen sie andere für den nationalen=ihren Mißerfolg verantwortlich, Politiker, die ihrer Meinung nach den nationalen Erfolg vergeigen, oder auch die, welche anscheinend völlig ohne Sorge um die hohe Sache der Nation, nichts Blöderes zu tun haben, als Marathonläufe zu absolvieren. Der Staat samt seiner Öffentlichkeit macht ihnen ein entgegenkommendes Angebot, wenn er die Täter zielsicher in Nicht-Amerikanern sucht (es wäre ein Wunder, wenn er sie dann da nicht auch fände!). [Ja, ja, Nationalisten lieben Weltverschwörungstheorien!]
(18.04.13)

Neulich brachte die Bundesregierung mal wieder einen Armutsbericht heraus
Der konstruktive Umgang einer Demokratie mit der Armut
Verheimlichen läßt sich die kapitalistisch erzeugte Armut nicht. Und der demokratische Staat will ihre Existenz — Herr Rösler ausgenommen — überhaupt nicht schönfärben oder gar unter den Teppich kehren. Warum und wie läßt die Regierung die Armut erforschen? Kann und will sie sich partout einen Kapitalismus ohne Armut vorstellen? Bräuchten dazu nicht bloß — Stichwort: freie Berufswahl — alle Arbeiter statt Arbeiter Unternehmer werden? Aber was wäre denn dann mit den ins Auge gefaßten Lohnsteuereinnahmen, von denen der Staat nicht genug haben kann? Und überhaupt — warum kann denn dem Staat das »Schicksal« seiner armen Untertanen nicht einfach schnuppe sein, wenn seine Rechnung doch nie aufgeht, die Armut sich nicht lautlos aus dem System hinausschleicht, kaum daß man sie (mit eben jenem Bericht) gehörig anbrüllt? Und welchen konstruktiven Beitrag zur Armutsbekämpfung gedenken gar Linke (wie vor allem die gleichnamige Partei) zu leisten?
(18.04.13)

Der zeitkritische Augsburger Künstler Norbert Naßl ist letzte Nacht verstorben. [Abbildung: Seine Lithografie »Marx geht durch die Stadt«]
(16.04.13)

Kurze Analyse des SPD-Programmparteitags in Augsburg:
Was die SPD aus der Geschichte gelernt hat
Wer wird der SPD Fortschritte in ihrer 150-jährigen Geschichte bestreiten! Doch welcher Sorte sind sie? Brachte der jüngste Parteitag darüber Aufschlüsse?
(16.04.13)

Zum SPD-Parteitag in Augsburg: Gerecht? Gerechter? SPD?
Alle brauchen Arbeit — eine soziale Gemeinheit
(13.04.13)

Aus der Serie: Delikate demokratische Affären:
Verfassung hin, Verfassung her — mit einem NPD-Verbot tun sich Demokraten schwer
Prof. Freerk Huisken in einer Gegenrede (pdf) (13.04.13)

Fragen an die Demonstranten und alle kritischen Zeitgenossen: Wo beginnt Rassismus? Woraus resultiert er?
Flugblatt zur antifaschistischen Demonstration zum Auftakt des NSU-Prozesses in München

(12.04.13)

Gerecht ist, wenn man (trotzdem) lachen kann:
Wie die deutsche Sozialdemokratie den Nationalismus mit links vorantreibt
Nicht wenige Kommentatoren deutscher Zeitungen streuen seit einiger Zeit das Gerücht aus, die SPD sei — wie verrückt! — »wieder« gerückt, und zwar »nach links«. In der Demokratie ist es üblich, daß der als links gilt, der »Staat« (im Sinne von Bürokratie und Unfreiheit) betont, der aber als rechts, welchem »die freie Wirtschaft« oberstes Anliegen ist, die er aus einer — seltsamerweise immerzu, d.h. auch nach Jahren »rechter« Herrschaftsausübung vorgefundenen — staatlichen »Gängelungen« befreien will.

Nun hat die SPD unter ihrer letzten Regierungsverantwortung (1998-2009) — zusammen erst mit den GRÜNEN, dann mit der CDU — ihr Wirtschaftsbefreiungsprogramm titels Agenda 2010 um- und durchgesetzt. Die Lohnarbeiterklasse sollte an die Kandare genommen werden, ihre Verwertung durchs Kapital diesem einen Profit bescheren, der ihm weltweiten (Konkurrenz-)Erfolg garantieren sollte. Das Ergebnis läßt sich sehen. Auf der einen Seite wuchsen die Profite, auf der anderen Seite — ebenso rapide — die Armut.

Das hat zu einiger (Selbst-)Kritik geführt: Die SPD rechnete nämlich damit, daß die gewachsenen Profite auch die Staatskasse entsprechend füllen würden, also die staatliche Macht gleichsam automatisch mehren würde. Das — so stellt sie nun in de Opposition fest — war nicht, jedenfalls bei weitem nicht ausreichend, der Fall. Deshalb will sie ein paar Schönheitskorrekturen an ihrer fulminanten Agenda-2010 vornehmen, einem Programm, zu dem sie nach wie vor ohne Wenn & Aber steht. Zum Beispiel soll zu diesem Zwecke der Spitzensteuersatz für Einkommensmillionäre erhöht werden. Davon hat die Lohnarbeiterklasse freilich überhaupt nichts. Soll sie ja auch nicht! Hier geht es allein um die Verteilung des Reichtums zwischen Kapital und Staat und deren produktive Optimierung, denn schließlich sind mit dem deutschen Kapitalerfolg die staatlichen Ambitionen keineswegs weniger geworden, ganz im Gegenteil.
Wie um das zu unterstreichen, bietet sie Rentnern, die volle 40 [!] Jahre in die Versicherungskassen eingezahlt haben, eine  Abspeisung namens »Solidarrente« in Höhe von lapprigen 850 Euro an! Das also versteht die demokratische Republik offenkundig unisono unter »links«.

Natürlich kommt diese Programmverfeinerung nicht ohne ein Zuckerstückchen für den lohnabhängigen Arbeiter aus, der sich zumindest als Wähler gefragt sehen will. Der wird — wie sollte es anders möglich sein — an seiner Dummheit gepackt, an seinem Nationalismus: Die ideelle Partizipation an Reichtum und Macht »seines« so vortrefflichen, so erfolgreichen Gemeinwesens soll ihm die harten materiellen Einschnitte schlicht vergessen lassen. In  einem »Wir« soll er das unbehagliche, unzuträgliche Daseins des Ichs in einem schwarz-rot-goldenem Wohlgefallen aufgehen lassen. Daher das Wahlkampf-Motto »Das WIR entscheidet« [Daß das von einer jener sozialdemokratisch geförderten Aussaugungshilfsfirmen, einer Leiharbeitsfirma übernommen wurde, paßt wunderbar ins Bild!]. Damit diese Hexerei gelingt, empfiehlt dem Wähler die SPD, sie zu wählen. Sie habe dafür ja die passenden Figuren, die Hexenmeister. Im übrigen darf ja unmöglich die Schaffung einer nationalen Volksgemeinschaft den antidemokratischen Kräften und überhaupt den rechten Kräften von NSU bis CSU überlassen werden!

Das ist dann wohl ebenfalls »links«, antifaschistischer Kampf nämlich. Daß die SPD damit den Nährboden für Faschisten bestens düngt, das wird dem Steinbrückschen Nationalistenhaufen wohl nie einleuchten. Geheuchelt wundert sie sich dann halt wieder mal, wenn sie es mit Faschistereien aus den eigenen Reihen zu tun bekommt, wie neulich, als ihr Mann Martin Korol Sinti und Roma des Untermenschentums zieh.
(10.04.13)

International:
Money — The »real community«
"…Die Auflösung aller Produkte und Tätigkeiten in Tauschwerte setzt voraus sowohl die Auflösung aller festen persönlichen (historischen) Abhängigkeitsverhältnisse in der Produktion als die allseitige Abhängigkeit der Produzenten voneinander. Die Produktion sowohl jedes einzelnen ist abhängig von der Produktion aller andern; als die Verwandlung seines Produkts in Lebensmittel für ihn selbst abhängig geworden ist von der Konsumtion aller andern. … Diese wechselseitige Abhängigkeit ausgedrückt in der beständigen Notwendigkeit des Austauschs und in dem Tauschwert als allseitigem Vermittler. Die Ökonomen drücken das so aus: Jeder verfolgt sein Privatinteresse und nur sein Privatinteresse und dient dadurch, ohne es zu wollen und zu wissen, den Privatinteressen aller, den allgemeinen Interessen. Der Witz besteht nicht darin, daß, indem jeder sein Privatinteresse verfolgt, die Gesamtheit der Privatinteressen, also das allgemeine Interesse erreicht wird. Vielmehr könnte aus dieser abstrakten Frase gefolgert werden, daß jeder wechselseitig die Geltendmachung des Interesses der andern hemmt und statt einer allgemeinen Affirmation vielmehr eine allgemeine Negation aus diesem bellum omnium contra omnes [Krieg aller gegen alle; Hobbes] resultiert. Die Pointe liegt vielmehr darin, daß das Privatinteresse selbst schon ein gesellschaftlich bestimmtes Interesse ist und nur innerhalb der von der Gesellschaft gesetzten Bedingungen und mit den von ihr gegebnen Mitteln erreicht werden kann, also an die Reproduktion dieser Bedingungen und Mittel gebunden ist. Es ist das Interesse der Privaten; aber dessen Inhalt, wie Form und Mittel der Verwirklichung, durch von allen unabhängige gesellschaftliche Bedingungen gegeben. …" (Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, MEW 42, S. 89f)
(05.04.13)

Anmerkung zu Nord-Korea, seinem neuen Führer Kim Jong Un und seiner alten Politik
Die Welt einfach mal anders betrachten, das kann nur der, der es sich leisten kann. Man kann sich in der Hinsicht täuschen: Einer meint, er könne es sich qua seiner Macht leisten. Und er demonstriert seine Macht. Dann wird er von einer anderen, größeren Macht bei Androhung seines Untergangs darauf hingewiesen, daß er sich das gar nicht leisten kann; beziehungsweise nur solange, wie man gewillt sei, diese Einbildung zu dulden. Jetzt kommt es eben darauf an, wie fatalistisch ein (stalinistischer oder faschistischer) Nationalist an seiner Sache, beispielsweise eben der Wiedervereinigung der beiden Koreas, festhält und sie betreibt.
"… Das einzig wirkliche internationale Interesse an Nord-Korea ist allerdings ein rein strategisches. Solange Nord-Korea den ihm in unterschiedlicher Gegnerschaft gegenüberstehenden Großmächten nicht einen angemessenen politischen Preis zahlt, wird es auch mit seiner ökonomischen Entwicklung nichts (ob die der Bevölkerung zugute käme, braucht an dieser Stelle nicht diskutiert werden, weil die eh keinen der beteiligten Staaten wirklich, also anders als allenfalls als Hebel interessiert). Aber zu einer solchen Zahlung eines politischen Preises ist Nord-Korea offenkundig (noch) nicht wirklich bereit. Ob die bis zum 14. April vorgesehene Etappe zur atomaren Abrüstung Nord-Koreas je abgeschlossen werden kann, ist deshalb – Abkommen hin oder her – ziemlich fraglich. Mittlerweile hat sich die Korea-Frage zu dem Punkt hinentwickelt, daß nicht nur die seit jeher bestehende Feindschaft der USA, sondern die Politik Nord-Koreas selber die weitere Existenz ihres Staates infragestellt, indem sie nicht aus noch ein weiß. Wenn die USA Pjöngjang genau an diesem Punkt angekommen sehen wollte — und daran besteht kein Zweifel —, dann ist das ein wirklich sehenswerter Erfolg ihrer kapitalistischen Weltherrschaft und es zu erwarten, daß die USA auch noch die nötige Geduld aufbringen werden, bis man in Nord-Korea zu der Überzeugung gelangt sein wird, daß die kampflose Aufgabe das wohl Beste ist, was dem eigenen Land noch passieren kann. Die (gleichwertige) Anerkennung des eigenen Staates von den USA (und allen anderen Beteiligten) einzufordern, ist jedenfalls mittlerweile ein dermaßen absurder Standpunkt geworden, daß man verstehen kann, warum Kim Jong Il in der rassistischen westlichen Öffentlichkeit als Irrer dargestellt wird." (KoKa, 25.03.2007) Der martialistische Propaganda-Kampf des Kim Jong Un, diesem King Kong Koreas, gilt jeder Einsicht.
(03.04.13)

Wenn eine Demokratie Fragen stellt und fragen läßt, dann handelt es sich garantiert um Scheißfragen:
Wie gerecht sind Managerbezüge?
(03.04.13)

Syrien und Zypern
Imperialistisches Powerplay — wirklich nicht von Pappe!
Im Grunde ist der globale Kapitalismus ohnehin eine immerwährende Baustelle seiner imperialistischen Betreiber. Zwei der aktuelle Brennpunkte dieser Baustelle liegen geografisch nicht weit voneinander entfernt: Syrien und Zypern. Solcherart Baustellen, Brennpunkte des Weltgeschehens, Kriege, militärisch ausgefochten oder ökonomisch mit der Waffe des Geldes. Und in der Tat: Während das imperialistische Interesse einen militärischen Feldzug gegen das unbotmäßige Syrien für geboten erachtet (und qua Menschenrechte rechtfertigend heiligt), erachten die maßgeblichen EU-Mächte — allen voran die BRD — im Fall Zyperns eine ökonomische Erpressung, die sich gewaschen hat, für notwendig und zwar angesichts der Tatsache, daß dort aufgehäuftes Kapital keine Verwertung mehr findet, obgleich natürlich beansprucht. Hier wird ernstlich allein die Entwertung von Kapital beklagt, die menschlichen Opfer, die unter den kleinen Leuten, gelten — jenseits all der an den Tag gelegten überschäumenden Heuchelei — als unabdingbare Kollateralschäden; großzügigerweise werden ihnen nun zumindest die Notgroschen auf den Sparbüchern nicht unmittelbar weggenommen. Auch in Syrien gelten die menschlichen Opfer — so heuchlerisch auch sie beklagt werden, so werden sie nach Kräften dem Gegner in die Schuhe geschoben werden — die imperialistische Propaganda arbeitet eingebettet vor Ort wie erst recht in ihren Zentren auf Hochtouren —, als unabdingbare Kollateralschäden; denn für notwendig gehalten werden sie allenthalben nicht minder als die äußerst schmerzlichen, obzwar weniger blutigen in Zypern.
Noch etwas wird in beide Fällen ganz aus- und nachdrücklich und bar aller sonstigen Heuchelei beklagt: Die eigenständige Rolle, die Rußland in der Welt spielt. Selbst das Umschwenken auf die kapitalistische Staatsräson erspart Rußland nicht eine sehr prinzipielle Kritik: Eine an sich ganz normale renditeträchtige Geldanlage seines freien Kapitals im Ausland wird unter den Verdacht gestellt, das kapitalistische System zu hintertreiben. Hätten die russischen Investoren ihr gutes Geld hauptsächlich in Luxemburg oder Lichtenstein angelegt anstatt in Zypern, sollte sich dann die gleiche Sache der imperialistischen Begutachtung etwa ganz anders darstellen? Wäre es dann kein »Schwarzgeld«*? Hat im übrigen amerikanisches Finanzkapital nicht Ähnliches verbrochen (man denke etwa an die »spektakulären« Spekulationen von Goldman Sachs in Griechenland, was keine auch nur annähernd vergleichbare Aufregung in Form aggressiver Mißbilligung hervorrief). Ließe sich daraus nicht lernen, daß Geld nur dann kein »Schwarzgeld« ist, wenn es sich als politische Waffe gebrauchen läßt? Hätte Rußland nicht außerdem islamische Terrorbanden vorzugsweise in Mali statt in Syrien bekämpfen helfen sollen? —

Globalkapitalistisch sei Zypern sicher nicht »systemrelevant«, wie manch schlauer Kommentator im deutschen Interesse zu wissen glaubt. Für den Euro, dieses hauptsächlich deutsch-imperialistische Projekt, allerdings relevant genug, um ihn in eine tiefe Krise zu stürzen: Wer sich erinnern will, wird zugeben, daß im Gegensatz etwa zur italienischen Lira die zypriotische Lira als harte Währung  galt (geprüft und befunden von der EU-Kommission, bevor Zypern 2008 dem Euro beitreten konnte). Während beispielsweise im Falle Italien die ökonomische Gesamtleistung, das Bruttoinlandsprodukt als das schlagende Argument galt, war es ihm Falle Zyperns dessen solider Finanzanlageplatz, welcher sich in eben jener harten Währung manifestierte und einen Eurobeitritt so gut wie unbedenklich gemacht hatte.
Die Folge war, daß die Spekulation auf zypriotische Papiere sich mit dem Eurobeitritt multiplizierte. Eben das, was ja auch anderen Staaten in der Krise nun zu schaffen macht. Nicht allein russisches, auch griechisches und deutsches Kapital sahen hochverzinsliche und ziemlich risikolose, weil EU-versicherte, kurzum allerbeste Anlagemöglichkeiten. Das ist denn auch der Grund dafür, daß, würde dieses Kapital entwertet (und eine Entwertung wurde ja soeben politisch durchgesetzt), eine sofortige Rückwirkung auf die Investoren stattfände. Wäre das Finanzkapital somit tangiert, wäre die Währung selber angeschlagen und zwar mehr als bis dato ohnehin. Was die griechischen Banken anbelangt, zögen sie Griechenland noch weiter in die Entwertung. Damit wären auch all die Kapitale angeschlagen, die auf griechische Papiere gesetzt hatten. Die wiederum würden in ihren Heimatstaaten wiederum Turbulenzen heraufbeschwören. Kurzum, Zypern ist durchaus der Fall, der die Eurozone empfindlicher trifft als alles bisher dagewesene.
Es ist es also gar nicht erstaunlich, wie zynisch Zypern und seinen Einwohnern die »Rettung« schmackhaft gemacht wird: Ein Austritt aus dem Euro käme, so wird behauptet, dem Land und seinen Leuten noch teurer zu stehen als ein, zugegebenermaßen auch nicht gerade billiges, Verbleiben. [Es ist doch immer wieder schön zu sehen, welch geile Alternativen Protagonisten des Kapitalismus feilzubieten nicht müde werden!]
Gerade bei Zypern ist übrigens die strategische Berechnung ein überaus wichtiges Argument: Ein Austritt aus dem Euro überließe der Staatenkonkurrenz ein Zuckerstückchen. Die Türkei und Rußland (nebst anderen) sind am Tor zum Nahen Ost sehr interessiert und zweifellos durchaus willig, dafür ökonomische Protektion zu übernehmen (freilich jedoch wohl kaum zur Rettung eines konkurrierenden, des deutsch-imperialistischen Europrojekts!). Und selbst die innereuropäische Konkurrenz, der Nichteurostaat Großbritannien, der als frühere Kolonialmacht nach wie vor zwei Militärstützpunkte auf der Insel unterhält, erwartet sich nicht bloß Spekulationsgewinne auf seine — so glaubt man dort — ins Recht gesetzte Euroskepsis. Schließlich gewinnt Großbritanniens Position damit an politischem Gewicht. —
In und mit Syrien liefen Geschäfte, in zunehmendem Maße. Und zwar solange, bis die oberste imperialistische Weltaufsicht in Washington zu dem Schluß kam, daß dort, bevor das so weiter geht, etwas ganz anderes nötig sei. Daß ein Staat mit seinen Geschäftsbeziehungen eigene, imperialistischerseits weder genehme noch genehmigte Erträge erzielt und damit seine Macht ausbaut, das konnte und durfte nicht so weiter gehen. Hier wird ein unbotmäßiger Entzug von Reichtum konstatiert. Da hilft nur eines: Die Staatsräson in Syrien muß sich grundsätzlich ändern und mit ihr, versteht sich, die Herrschaft.
Dazu, daß die syrische Opposition, dumm wie sie ist, glaubt — und zwar quer durch all ihre Fraktionen —, sie koche ihr eigenes Süppchen und nicht das ihrer imperialistischen Antreiber, dazu kann man sie in jener Namen und Interesse wirklich nur beglückwünschen.
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*Schwarzgeld ist ein ideologischer Begriff, insofern nämlich jedes Geld Mehrwert in sich heckt, anders ausgedrückt, seinen Anspuch mehr Geld zu werden, sein Begriff ist. Als Wert ist es Tauschwert oder eben nichts wert. Der Witz imperialistischer Mächte zwischen (gutem, d.h. zu recht Mehrwert erheischendem, weil bereits solcher in ihm steckt,) Geld und Schwarzgeld zu unterscheiden, verweist auf die Gewalt, die dem Geld unterstellt ist. Sie ist das Unterpfand des Geldes wie der gesamten auf Geld beruhenden Ökonomie. Eine anderen Gewalten überlegene Gewalt kann Geldern, nationalen Geldern, Währungen ihr Geldsein bestreiten.
Geld als politische Waffe also. Zu diesem Gebrauch sind Währungen nicht in der Lage, deren politische Sachwalter ihr Heil in ihrer Aufgabe, ihrem Aufgehen im Euro sahen und nach wie vor sehen wie z.B. die der zypriotischen Lira.

(01.04.13)

Schwerpunktthema der neuen Ausgabe der Zeitschrift GegenStandpunkt 1-2013:
Deutschlands Anteil an der EU-Finanzkrise und sein imperialistisches Interesse an ihrer Bewältigung
Es gehört zu den Schönheiten des vereinten Europa, daß kein Euro-Staat wissen will, daß und wie sein nationales Kapital und er als dessen machtvoller Förderer zur Überakkumulation und Euro-Krise beigetragen hat. Alle sehen sich mit ihren kapitalistischen Wachstumsanstrengungen und -erfolgen reihum als Betroffene: als Opfer – und zwar der Mißwirtschaft der anderen.
Aus deutscher Sicht sind es die »Pleiteländer«, die sich mit der Lizenz, den Euro als ihre Währung zu benutzen, in ihrer mangelnden Konkurrenzfähigkeit eingerichtet und, statt Wachstum zu produzieren wie die tüchtigen Nachbarn, nur immer mehr Schulden aufgehäuft hätten. In dieser Sicht der Dinge wird freilich darüber hinweggesehen, daß zu Schulden, auch und erst recht zu solchen von Staaten allemal ein Gläubiger dazugehört, der Kredit gibt, um sich zu bereichern. Die bemängelten Schulden sind anderswo verbuchte Vermögenswerte: bis neulich erfolgreiche, jetzt aber gefährdete Finanzgeschäfte mit den Kreditbedürfnissen europäischer Standorte und Staaten. In den katastrofalen Bilanzen der Euro-Problemstaaten bilanziert sich zugleich der deutsche Konkurrenzerfolg. In den politischen Widerständen, die sie dem deutschen Weg der Euro-Rettung entgegenbringen, zeigen sich andererseits die Schranken, auf die das Projekt eines für deutsche Weltmarktmacht tauglichen, nicht nur ökonomisch dominierten Europa stößt. Mit dem Fortgang der Euro-Staatsschuldenkrise steht also ein Hauptkapitel der Staatsräson der BRD auf dem Spiel.
Umgekehrt machen andere Staaten, deren nationales Wachstum und deren staatliche Kreditwürdigkeit danieder liegt, Deutschland für ihre andauernde Misere haftbar: Mit Merkels Weigerung, für deren Schulden mit Garantien einzustehen, und ihrem Beharren auf harten Konditionen für den Euro-Rettungsfonds würgt Deutschland jede Möglichkeit ab, nationales Wachstum in Gang zu bringen, und bevormundet Europa bis zur Unerträglichkeit, so die Sicht – nicht nur – in Spanien und Italien. Damit wird vornehm verschwiegen, daß diese Länder bis neulich mit ihrer Teilhabe am Euro und europäischen Markt massenhaft finanzkapitalistische Spekulation auf sich gezogen und erfolgreich über ihre nationalen Schranken hinausgewirtschaftet haben — so daß sie jetzt zu Hauptbetroffenen der Finanzkrise und der politischen Konkurrenz um ihre nationale Bewältigung geworden sind. Jetzt leiden sie an der weitreichenden Abhängigkeit und am Verlust an Souveränität, den das Gemeinschaftsgeld und Deutschlands Krisenpolitik ihnen aufnötigt. Auch ihr auf Europa gegründeter nationalökonomischer Erfolgsweg stößt an Schranken und rührt die Nationen auf.

• Deutschlands Beitrag zur Überakkumulation des kapitalistischen Reichtums in der EU
• Deutschlands Anteil an der Finanzkrise und an deren Fortentwicklung zur Euro-Staatsschuldenkrise
• Deutschlands EU- und Euro-Reformpolitik: Ein starkes Stück Imperialismus
•  Kleiner Exkurs zur militärischen »Dimension« der deutschen EU-Politik
[Abbildung: »Krise…« (ein alter Roman von Arkadhios Levkos): Der Kapitalismus und seine nationalen Protagonisten schreiben sie in geradezu dichterisches Verklärung und Verunklärung immerzu fort.]
(19.03.13)

Der heilige Franziskus als Papst:
Die Ambitionen der katholischen Kirche in Sachen Armut
Als Apostel der Armen aufzutreten, die Armen zu ihrem »Los« zu beglückwünschen, denn ihrer sei das Himmelreich, das und nichts anderes verbirgt sich unter dem Namen, den sich der neue Papst gegeben hat. Die durch die kapitalistische Herrschaft hervorgerufen Armut nicht als erzwungene zu erleiden, sondern sie als selbstgewählte und selbstgewollte fröhlich zu begrüßen, nichts anderes soll »der Mensch« vom heiligen Franz von Assisi lernen. Armutsbekämpfung ist sogesehen extrem schädlich, denn die Möglichkeit, ins Himmelreich einzugehen, stünde damit ernsthaft infrage. »Selig die Armen, denn ihrer ist das Himmelreich!«  »Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in die ewige Seligkeit ein!« Und was dergleichen Sprüche mehr sind, welche, nein, keineswegs die, die ein teuflischer, vielmehr die, die der urchristliche Zynismus auf Lager hat. Nicht bloß dem jenseitigen Gotte, vor allem der weltlichen Herrschaft gereichen sie zum Wohlgefallen: Die systematisch Verarmten sollen sich unterstehen, den ihnen angetragenen andauernden Klassenkampf von oben an- und aufzunehmen und zurückzuschlagen! Da sei der allein selig machende Glauben vor! Es scheint, als hätte der neue argentinische Jesuiten-Papst da einiges an »Populismus« (siehe Interview mit dem argentinischen Journalisten Horacio Verbitzkytaz v. 16.03.13) auf Lager. Recht hat die Hannoversche Allgemeine, die schreibt: »Daß dieser Papst die Welt beharrlich daran erinnern wird, daß es andere Werte gibt als den Drang zu mehr Materialismus, darf man erwarten.« Gutheißen muß man das wirklich nicht. Und auf neue Missionierungen, auf die der Südkurier (Konstanz) hinweist, kann man mit einem Blick auf die zahlreichen Opfer gerne verzichten: »Früher trugen europäische Patres das Kreuz nach Südamerika. Nun wiederholt sich die Geschichte mit umgekehrten Vorzeichen: Lateinamerika kann Träger einer ambitionierten Neuevangelisierung des müde gewordenen Europas werden.«
Ja, zur Schaffung der materiellen Armut gehört zweifellos die Schaffung der geistigen Armut, die sich in Gehorsam und Unterwürfigkeit manifestiert. Insofern gehört der Kirche ein Platz im Bildungsbereich des demokratisch-kapitalistischen Staates: Klosterschulen, Religionsunterricht, die anderweitig unnütze römisch-katholische Kirchensprache Latein an den Gymnasien, Theologie an den Unis…
Wie peinlich allerdings, wenn — wie auf dieser Website bereits einmal erwähnt — einer, der es besser wissen müßte, wenn Antonio Negri in seinem Buch »Empire« glaubt, etwas Brauchbares über Franz von Assisi verzapfen zu müssen! 
(17.03.13)

International: • Van de D-Mark naar de euro en nooit meer terug: Duitslands aandeel aan de Europese financiële crisis en zijn imperialistisch belang aan haar oplossing
• The U.S. real estate crisis: A balance sheet — The rise and fall of mortgage lending (16.03.13)

Die Beziehung des Vatikans zu Argentinien
Die Kirche als ultrarechte weltliche Speerspitze
Diese Beziehung ist besonderer Art. Nicht zuletzt deshalb ist diese Beziehung mit dem neuen Papst Bergoglio gewürdigt worden. Die enge Beziehung kam mit Ende des 2. Weltkrieges ins Rollen. Der Vatikan brachte unter Zurhilfenahme seiner kroatisch-katholischen Ustaša-Verbindung zahlreiche hochrangige deutsche Faschisten nach Argentinien. Im PCA (Pontifica Commissione Assistenza) gab es eine eigene Nazi-Fluchthilfeorganisation, die als »Klosterlinie« oder »vatikanische Rattenlinie« bekannt geworden ist. Eine Vielzahl gerade hochrangiger Nazis wie Rudel, Mengele, Eichmann, Roschmann, Priebke und Barbie gelangten auf diese Weise nach Südamerika. Dort trieben sie nach Möglichkeit weiter ihr Unwesen. Auch der am 27.01.1944 zum Führer im Reichssicherheitshauptamt  (der obersten SS-Behörde) ernannte Hardliner-Nazi Hanns Martin Schleyer verdankte dem NS-Stützpunkt Argentinien seine weitere Nachkriegskarriere mit der Firma Daimler-Benz. Seiner Freundschaft mit dem sudetendeutschen Nazi Wychodil, der eine den Tschechen weggenommene Textilfabrik Daimler zugeschossen hatte, verdankte er seinen Einstieg in die Firma. Schleyer war seinerseits Leiter des Präsidialbüros des »Zentralverbandes der Industrie für Böhmen und Mähren« gewesen, welcher neben der Arisierung der Betriebe für die Bereitstellung von Zwangsarbeitern gesorgt hatte. Als Schleyer dann auf Betreiben Wychodils im Jahre 1951 bei Daimler in Untertürkheim einstieg, war er entscheidend am Aufbau des Außenhandels der Firma beteiligt. Argentinien war dabei die allererste Adresse. [Nähreres dazu in dem Buch »Daimler-Benz und die Argentinien-Connection von Gaby Weber] Das Regime Perón dort stand ebenso positiv zur Kirche wie umgekehrt die Kirche zum Regime. Die NS-Leute und die über sie bezogenen Mittel waren willkommen, um aus Argentinien einen veritablen Staat zu machen. [siehe dazu: Frank Garbely: Evitas Geheimnis: »Besonders enge Kontakte unterhielten die abgetauchten Nazis zu den einflußreichen Ideologen der argentinischen Rechtsextremen: Professor Jordán Bruno Genta und Jesuitenpater Julio Meinvieille. … Meinvieille galt als führender Theologe der katholischen Integristen. … Beide waren hemmungslose Antisemiten.« (S. 84f) Der Integralismus lehnt die Kirchenreformen des II. Vatikanischen Konzils im wesentlichen ab, seine Verfechter sind die schärfsten Dogmatiker der Kirche.] Kein Wunder, daß auch der Jesuit Bergoglio nicht gerade ablehnend zur Militärjunta unter Videla (der sich explizit auf die beiden genannten Ideologen bezog) oder zum Wirtschaftsliberalismus unter Menem stand, wie überhaupt die Kirche positiv gegenüber neuen Aufbrüchen ist, wenn und solange sie ihr in die Hände zu spielen versprechen. Wie wohl die Kirche in Konkurrenz zu weltlichen Dogmatikern steht, so versteht sie sich doch mit ihnen auf ihre Weise sehr gut: Die Macht des Glaubens ist der Glaube an die Macht! Aktuell setzt die Kirche dabei vorzugsweise auf die USA, nicht auf das Argentinien der Cristina Kirchner; mit der Wahl des neuen argentinischen Papstes dienert sie sich dem Imperialismus erneut — wie schon damals im Falle des polnischen Papstes — als Speerspitze an. Die dabei vorgeschützte Uneigennützigkeit ist geheuchelt.
(15.03.13)

Die politische Ökonomie imperialistischer Kriege und Stellvertreterkriege
Jenseits von Soll & Haben
Neuerdings führt der »freie Westen« Krieg in Syrien (hauptsächlich mittels seiner Vasallen) gegen die dortige Regierung und in Mali gegen die dortige Opposition. Und jeder Beobachter fragt sich, mit welchen Berechnungen eigentlich? Ist hie wie dort vielleicht etwas zu holen oder entstehen »nur« Kosten? Deshalb hier ein Artikel von Peter Decker, den er angesichts eines anderen Falles, der imperialistischen Zerschlagung Jugoslawiens im Jahre 1999, geschrieben hat. Die Fälle wechseln, die imperialistischen Prinzipien bleiben…
[Karikatur: Endlich frei! Yeah! von Petros Zervos]
(14.03.13)

International: • Тексты на по-русски теперь после тем (частично новые тексты) (13.03.13)

Die neue ungarische Verfassung
Die demokratische Verfassung eines Loserstaates — notwendigerweise etwas radikaler!
Denn schließlich will auch Ungarn aus der Misere kommen und zwar so: Mit einem volksgemeinschaftlichen Zwangszusammenschluß in einer Art völkischer Notgemeinschaft (der selbstredend Sinti und Roma, Juden und andere für minderwertig erachtete ausgrenzt), ganz viel Einsatz staatlicher Gewalt und jede Freiheit für sie (selbstredend gegen eben jene Nichtungarn, zu denen auch sozialistische »Vaterlandsverräter« zählen). Daneben jede Freiheit für ausländische Investoren, denen die staatliche Manövriermasse billigst zur Ausbeutung angeboten wird. Letzteres ist sicher kein Problem für die EU-Aufsicht, ersteres schon, weil Ungarn sich — so unter anderem die deutsch-imperialistische Sichtweise — seinem eigenen Erfolgsweg ja geradezu verschließt: Diese Sichtweise glaubt den nationalen (Miß)Erfolg in seinen Voraussetzungen angelegt, und zwar so, als wären die nicht seine Wirkungen, seine Resultate.  So hirnrissig reimen sich die deutschen Ansprüche zusammen, die Ungarn — als Teil der EU — als Beitrag zum deutschen Welterfolg verbucht haben wollen. (12.03.13)

Dokumentation:
Dr. Alex Rosen: Kritische Analyse der WHO-Bewertung von Gesundheitsrisiken der Fukushima-Atomkatastrofe (pdf)
Ist eigentlich von offizieller Seite je etwas anderes zu erwarten, als die Wirkungen der Atomenergie in Abrede zu stellen bzw. zumindest radikal zu verharmlosen? Ist das Interesse von Politik und Wirtschaft jemals anders mit seiner Manövriermasse verfahren als rücksichtslos? Wurde dieser Umgang je anders als zynisch gerechtfertigt? Für wie dumm halten die Protagonisten der Atomenergie ihre menschliche Manövriermasse offenkundig nach wie vor?
(11.03.13)

»So was wie Liebe«
"…Die Sache fängt bereits im Kopf an. Schon die Begriffe »Arbeitgeber« und »Arbeitnehmer« sind Eufemismen und beinhalteten eine Ideologie. Denn Arbeit ist ein Tun, das zunächst verrichtet werden muß, bevor man Geld gibt. Der Arbeitende gibt seine Arbeit, der Bezahlende nimmt sie und gibt dafür Lohn. In Wirklichkeit ist also der Arbeitgeber der Arbeitnehmer und umgekehrt. Die sprachliche Verdrehung dient der falschen Suggestion von Abhängigkeiten. Der Arbeitende soll nämlich verinnerlichen, er würde etwas bekommen, sei quasi empfangender Bittsteller, der Bezahlende dagegen sei der gebende Gönner. …."
(von Annette Ohme-Reinicke; gefunden in Kontext Wochenzeitung, Internetzeitung aus Stuttgart, 09./10.03.13)

Welchen Weg J. Ratzinger mit seinem Rücktritt als Papst beschritt
Selbstabtötung — die höchste Konsequenz des Glaubens
Viel ist über den Stellvertreter des römisch-katholischen Gottes auf Erden gerätselt und geschrieben worden, was denn die Beweggründe seines Rücktrittes seien. Soll sich KoKa nun darüber wundern, daß jener selbst von seinen eigenen Anhängern und der ihm wohlgesonnenen Journaille so wenig verstanden wird, daß es selbst einem Internetportal, das als materialistisch und glaubensfeindlich gilt, die Sau graust. Von den bescheuerten Spekulationen um die Nachfolge im göttlichen Amte gar nicht zu reden.
(10.03.13)

Zum 8. März
Nun hat sich ja seit 105 Jahren [damals wurde die abgebildete Postkarte herausgegeben] in und mit der mittlerweile herrschenden demokratischen Gesellschaftsordnung so viel gar nicht verändert. Man kann es zwar als Fortschritt begreifen, daß Frauen hierzulande — im Gegensatz zu Saudi-Arabien — Auto fahren dürfen, ja als mittlerweile anerkanntes Bundeswehrkanonenfutter sogar Panzer, die die BRD in das so rückständige arabische Land — zwecks Emanzipation? — exportiert; man kann auch über die Vergewaltigung einer Frau in einem Bus in Indien lamentieren, weil so etwas bei »uns« ja nicht (mehr) vorkommen kann: doch dabei muß selbst der trottelhafteste Kommentator hierzulande immerzu zugeben, daß es in der BRD 2013 mit einer Gleichstellung der Frauen ebensowenig weit her ist wie der Absenz von Gewalt gegen sie. Das wird wohl am System liegen, einem System, das den Frauen bedingungslose Anpassung empfiehlt, um dahin aufzusteigen, wo die Männer schon sitzen, in die Spitzen von Wirtschaft und Politik. Sollte so ein Posten mal erreicht sein, dann gilt die erreichte Position als Emanzipation: Dabei handelt es freilich um nichts anderes als um bedingungslosen Opportunismus. Gelingt einer Frau nichts Anerkennenswertes, strebt sie dergleichen vielleicht auch gar nicht an, so liegt das an ihrer Eigenschaft als Weib und Männer dürfen darüber spotten. —
Der auf der Postkarte aufgedruckte berlinerische Spruch bezieht sich selbstverständlich nicht profetisch auf die heutige Bundeskanzlerin, Frau Merkel, auch wenn zu fragen wäre, ob die überhaupt Auto fahren kann: "Wenn ick die Sache zu repariren hätte, ick würde erst mal die Kleene untersuchen, ob ihr nischt passirt ist."
(08.03.13)

Zum Tode von Venezuelas Staatschef Hugo Chávez
»Der Sozialismus des 21. Jahrhunderts«
Ein Datum, wie es ein Todestag nun einmal ist, ist — völlig ungeachtet und jenseits der demokratischen Diffamierung, die der Verschiedene hierzulande erhält, weil er sich um die Armen statt ums Kapital gesorgt hat — Anlaß, die Sache zu überdenken, der er sich verschrieben hatte. Deshalb hier ein Artikel aus dem Jahre 2009.
(07.03.13)

Nachtrag zum Brechtfestival: Anmerkung über die demokratische Dienlichkeit Brechts als Revolutionär (siehe die Rubrik Augsburg-Kultur) (26.02.13)

Demokratische Gedenkstunde höchster Güte
80 Jahre NS-Machtergreifung
Zum Titel eines diesbezüglichen Vortrags — auf Einladung der Stadt Augsburg — wählte Dr. Markus Günther, Ex-Chefredakteur der AZ, den Titel »Hitler und Wir«. Er stellte sich die reichlich fiktive Aufgabe, zu ergründen, ob er damals die nationale Bewegung der NSDAP »mitgemacht«, also mehr oder weniger euforisch für sie Partei ergriffen hätte oder nicht.
(25.02.13)

Augsburger Universität unterstreicht ihren »freien« Staatsauftrag, Forschung für's Militär eingeschlossen
Sicherlich ist angesichts der weltweiten Ansprüche des deutschen Staates, seiner freien Wirtschaft und seiner freien Bildung(sinstitutionen) — welche ihm die Dienste und Resultate abwerfen wollen und ja auch wirklich nicht zu knapp abwerfen, die er von ihnen erwartet — schon einigermaßen vermessen, anzunehmen, man könnte diesen Staat in seinem rücksichtslosen Durchsetzungswillen gegen andere Staaten und auf Kosten ihrer Bevölkerungen mit einer »Zivilklausel« an den Universitäten bremsen, d.h. auf einen nichtmilitärischen Bereich einschränken (so als fielen jene Bevölkerungen einer »freien Wirtschaft« nicht zum Opfer!). Nichtsdestotrotz hat der Fakultätsrat der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät sich nun offensiv und heuchlerisch gegen eine solche Klausel gestellt (siehe dazu die Stellungnahme der Friedlichen Uni Augsburg). Was gegen eine ebenso wohlgemeinte wie gleichwohl matte Angelegenheit namens »Zivilklausel« stattdessen wirklich spricht, ist in dem Artikel der Zeitschrift GegenStandpunkt (1-2012) nachzulesen.
(08.02.13)

International: • Climate change: Product of globalized capitalism and subject of debate between the states that organize it •  Noam Chomsky: Radicale kritiek uit het land van de onbegrensde vrijheid
(04.02.13)

Anmerkung zum Zirkus vor und nach demokratischen Wahlen in der BRD: Das Erfolgsgeheimnis der Demokratie bei ihren mündigen Untertanen
(04.02.13)

Die taz stellt vielleicht Fragen!
»Was geht uns Mali an?«
Wer erwartet hat, das nationale Gemüt würde — nach der Erfahrung Afghanistan: hohe Kosten, fraglicher Ertrag — in Sachen Mali von vorneherein abwinken, der muß sich getäuscht haben. Das Bemerkenswerte am neuen militärischen Eingriffsfall ist ein Paradigma, ein Feindbild, das sich mittlerweile fast überall abrufen läßt, wo der »freie Westen« mit seiner Wirtschaftsweise desaströse Zustände hergestellt hat. Der Islam hat das alte Feindbild Sowjetunion — wiewohl Rußland noch immer nicht angemessen pariert und mit seinem Verbündeten Syrien gerade ein Restposten abgeräumt wird — so komplett abgelöst, als wolle der »freie Westen« sich selber beweisen, daß er ohne ein Feindbild nicht existieren kann. Er hat es sich ja selber geschaffen, er sucht ja geradewegs die militärischen Herausforderungen, weil er sich das schuldig ist, weil er in seinen Weltherrschaftsansprüchen niemand neben sich dulden kann und will.
Wie sehr — zumal die deutsche — Öffentlichkeit auf diesen Zug aufspringt, zeigt, daß sie nicht mit einer Wasserträgerrolle vorlieb zu nehmen gedenkt, sondern Vorkämpferin sein will. Allen voran gibt sich einmal mehr die taz als solche Vorkämpferin des Imperialismus schlechthin: Wer gemeint hat, wenigstens diese Zeitung würde einmal auf den Gründen beharren, den Gründen des Desasters in Afrika, Afghanistan, der arabischen Welt etc., Gründen, aus denen sich ethnischer und religiöser Fanatismus speist, also von dieser Zeitung anderes erwartet hat, sieht sich ebenfalls getäuscht.*
Daß sich der Imperialismus an den Produkten seiner politischen Ökonomie nun in Mali zu schaffen macht, spricht in Augen der taz-Kommentatorin Katrin Gänsler einzig dafür, die für den freien Westen an sich so komfortablen Verhältnisse wiederherzustellen bzw., was die amtierende Vasallen-Herrschaft in und um Bamako angeht, aufrechtzuerhalten. Dafür sind einer deutschen Scharfmacherin natürlich Bundeswehrtransportflugzeuge viel zu wenig [Je primitiver die Hetze, desto weniger kann eine journalistische Anfängerin wohl falsch machen, oder?]:
"…Das monatelange Warten unter dem Vorwand, eine politische Lösung finden zu wollen, hat die Lage im Norden [Malis] verschlimmert. … Natürlich heißt es nun, die alte Kolonialmacht spielt sich wieder auf. Aber wer hätte es sonst getan?… Der Einsatz von deutschen Soldaten gemeinsam mit anderen europäischen Streitkräften würde Mali und der gesamten Region zeigen: Wir nehmen euch und eure Sorgen ernst! [Die Hetzrede muß — das hat sie schon gelernt —mit der passenden Heuchelei garniert sein!] … Deutsche Soldaten gelten als solide ausgebildet. Anders als bei den Franzosen bestehen zudem weder historische Verflechtungen noch strategische Machtspielchen. … Alleine könnten sie [die malische Regierungssoldaten] den Kampf gegen Islamisten und Teroristen nicht gewinnen. Daher ist es höchste Zeit, daß sich Deutschland an einem Militäreinsatz beteiligt. …" (17.01.13)
Gerade weil die Bevölkerung  ihrer Lebensgrundlagen beraubt ist, versuchen unterschiedliche religiöse und politische Glaubensgemeinschaften, die aus verschiedenen Sprachguppen bestehende für ihre Zwecke einzuspannen. Das hält Protagonisten einer räuberischen Weltordnung nicht davon ab, ihr holzschnittartiges Schubladendenken auf diese ihre einstigen Kolonial-Gebilde anzuwenden: Gut ist, wer sich unseren Ansprüchen anbequemt, böse, wer diese »Notwendigkeit« nicht einsieht, also »die Muslime«, die allesamt die Tendenz zu einer (distanzierten) Radikalität aufweisen. Es fällt jenen Verurteilenden gar nicht auf, daß sich die Muslime damit gar nicht von »den Christen« (und anderen Glaubensgemeinschaften)  unterscheiden, daß also die Tendenz zur Radikalität einem Glauben inhärent sein muß. Daß sie, die Verurteilenden, selber in ihrem Glauben an ihre allein selig machende kapitalistische Weltordnung sehr, sehr radikal sind, ja sich in ihrem zivilisierten Glaubenseifer von den für ziemlich blöd erachteten und so verachteten Moslems nie und nimmer übertreffen lassen wollen. Und wie nicht anders möglich, erweist sich ihre Überlegenheit in der Anwendung purer Gewalt.
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*Daran ändert sich auch nichts, daß das Blatt einen namens Zumach danebenstellt, der einen Widerspruch aus menschenfreundlicher Ideologien und politischen Taten nicht müde wird zu zimmern und gegen deren Resultate in Anschlag zu bringen. Das wäre ja zu schön, ginge das Zuschlagen moralisch für befugt erachteter Weltaufsichtsmächte und -instanzen ohne Leichen und sonstige Härten ab! Allerdings ist eben dieses Herumgenörgele eine gute Methode für Gewissenswürmer, ihren (Separat-)Frieden mit den nun einmal herrschenden Verhältnissen zu machen.
(25.01.13)

Deutsche Studenten haben keine kleinen Sorgen!
Der Zinnober um die Abschaffung der Studiengebühren
Studiengebühren haben zwar nur einen einzigen wirklichen, jedoch unschlagbaren Vorteil: Jede/r Student/in kann zur Kenntnis nehmen, mit was für einem hübschen System, er/sie es zu tun bekommt, schon bevor das eigentliche Leben, das Leben im Dienste anderer Herren, erst richtig losgeht.
Die höheren, studierten Ränge der Klassengesellschaft — zu den wirklich Reichen der Gesellschaft zählen sie in aller Regel nicht — sollen kaum minder abgeschöpft, geschröpft werden wie die »unteren Schichten«, geschröpft werden von und zugunsten des Staates und seiner (freien) Wirtschaft, denen man »nicht auf der Tasche liegen« [diese Maxime haben keineswegs die Nazis für sich gepachtet!] soll und darf.
Es stellt sich die Frage, ob diejenigen, welche gegen die Studiengebühren demonstrieren, davor die Augen verschließen wollen, weil sie auf Teufel-komm-raus sich der kapitalistischen Gesellschaft andienen wollen, um ihr später dann dienen zu dürfen. [Bei den Naivlingen, die bei Demos gar mit einer Flagge einer stinknationalistisch-demokratischen Partei aufkreuzen, ist die Entscheidung zweifellos schon gefallen: Karrierismus um jeden Preis: Warum sollen die eigentlich nicht blechen?]
Und wenn sie das nicht wollen: Warum fordern sie ausgerechnet »freie Bildung«? Bemerken sie nicht, wofür ihr Leben verplant wird? Welcher — hauptsächlich im sozial-, geistes- und wirtschaftswissenschaftlichen Bereich — Art, welchen Ideologien die Lerninhalte geschuldet sind, die sie sich anzueignen haben? Kurzum: Übersehen sie die staatlichen Interessen, die staatlichen Berechnungen mit ihnen unter all den so wohlfeilen Slogans? Fällt es ihnen nicht auf, daß der Bildungsträger Staat gar nichts gegen »freie Bildung« hat — Studiengebühren hin oder her?
Noch was: Der staatliche bzw. staatsaffine Hinweis, daß mit dem Wegfall der Gebühren auch das (angeblich) so großzügig ausgestattete Angebot an universitären Lehrkräften zur Disposition steht ["Uni-Mitarbeiter bangen um Jobs" (AZ, 15.01.13)], ist ein Hinweis darauf, daß der Staat es blendend versteht, auch in diesem Falle, Teile derselben Klasse gegeneinander auszuspielen. Verbietet es sich nicht, allein wegen dieser Infamie an den Staat zu appellieren, er möge dies oder jenes tun, damit man dann alles wieder für gut befinden kann?
[Daß die Abschaffung der Studiengebühren mittlerweile bundesweit fast flächendeckend durchgesetzt ist, liegt übrigens einzig daran, daß sie als Standortfaktor konkurrierender Bundesländer negativ ins Gewicht fallen, und nicht daran, daß der Staat sich studentische Beschwerden zu Herzen genommen hätte.]
(18.01.13)
 

Hedgefonds als Speerspitze des Imperialismus — doch selbst die dreckige kleine deutsche FDP spielt mal wieder ihre Rolle
Wie Argentinien destabilisiert werden soll
Was ist eigentlich los in diesem südamerikanischen Staat? Die Regierung von Cristina F. de Kirchner hat zwar ziemlich alles getan, Staat & Ökonomie wieder zu stabilisieren. Das jedoch hat ihr einerseits die Feindschaft diverser imperialistischer Agenturen keineswegs erspart, andrerseits das Volk nicht gerade begütert.
Hier eine Bestandsaufnahme von Christian Rollmann, welche in gedruckter Form in der Januar-Ausgabe der Lateinamerika-Nachrichten erschienen ist. Online exklusiv für KoKa.
(08.01.13)

Wozu taugen Gewerkschaften?
Leser V. R. findet es wenig zweckmäßig, den dicken Arbeitnehmervertretungsverein DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften des Verrats an der Arbeiterklasse zu bezichtigen, immerhin sei er ja für die Arbeiter zuständig. Käme es, fragt er, nicht darauf an, diese Gewerkvereine »umzupolen«. Und er wird konkreter: Müßte man, so schreibt er, nicht versuchen, sie von ihrer Komplizenschaft mit den Arbeitgebern abzubringen, von ihren Aufsichtsratssitzen und ihrer ganzen »Mitbestimmung«. Das ist zwar konstruktiv gedacht im Sinne der materiellen Interessen der Arbeiterschaft, doch ziemlich illusionär und daher unzweckmäßig: Den Gewerkschaften wird vom demokratischen Klassenstaat eine Rolle überlassen, die nämlich, im Namen der Arbeiterklasse, an deren Stelle mit der Gegenseite über die Arbeitsbedingungen und deren Entlohnung einvernehmliche Regelungen zu treffen, die die Anerkennung und Wahrung der Interessen der Gegenseite selbstverständlich unterstellt. Eine Bestreitung der der Arbeiterklasse entgegenstehenden Interessen ist nicht Geschäftsgrundlage, mit der die staatliche Gewalt die Existenz von Gewerkschaften anerkennt. Diese ihre Anerkennung jedoch stellen die deutschen Gewerkschaften nie und nimmer zur Disposition, lieber räumen sie ein ums anderes Hindernis, welches die Gegenseite (er)findet, um die Arbeitskräfte noch effektiver auszunutzen und zu verwerten. Deshalb wollen deutsche Gewerkschaften auch nie wirklich streiken, sondern werben mit Warnstreiks [der Witz schlechthin: ein Widerspruch in sich nämlich: Ein strike ist ein Schlag, aber ein Warnung vor einem Schlag ist ja wohl das Gegenteil eines Schlags!] für ihre nächsten Mauschelrunden mit der Gegenseite.
Just gleichzeitig mit dem allzu wohlwollenden Gedanken des Lesers weist uns Leserin A. M. darauf hin und wir stimmen ihr darin zu, daß es den Gewerkschaften ja voll einleuchtet, wenn die niedrigsten, dreckigsten, anstrengendsten, borniertesten und gesundheitschädlichsten Arbeiten seitens der Gewerkschaft als minderwertig eingestuft und damit niedrige(re)n Lohngruppen beziehungsweise neuerdings der Mindestlohngruppe zugeordnet werden. Das, was ein Arbeitgeber sich wünscht, wenn er beispielsweise einen hoch dotierten Ingenieur einem Facharbeiter oder gar der Reinigungskraft als etwas Besseres gegenüberstellt, weil er sich von dem einen mehr Nutzen erwartet als von dem anderen, weil der unter Umständen auch weniger leicht ersetzbar ist als jene, das leuchtet einer Gewerkschaft voll ein: Die Arbeitskräfte sollen gegeneinander ausgespielt werden; die eine soll auf die andere qua Einkommen herabschauen können. Das unterschreiben die Gewerkschaften in all den Tarifverträgen, die sie als positive Leistungen für die Arbeiterschaft nicht müde werden zu verkaufen. Für eine Gewerkschaft ist die Differenzierung der Arbeitsbedingungen und -löhne Ausdruck höchster Gerechtigkeit, wiewohl nur die Arbeitgeber davon einen wirklichen Nutzen haben. Es gibt kein Argument, welches die Arbeitgeber (er)finden, das den Gewerkschaften nicht genügend einleuchtet, um die Arbeitnehmer schlechter zu stellen als bisher. Mittlerweile erfinden die Gewerkschaften ja selber allerlei Argumente, die die Arbeitgeber von den Lohnkosten entlasten. Darunter fällt nicht nur der Mindestlohn, darunter fallen auch vielerlei Vorschläge zur Flexibilierung der Arbeitszeiten, Einsparungen bei Lohn»neben«kosten, die Etablierung (Vertarifierung) von Leiharbeit etc.
(06.01.13)

Deutschlands Zukunft buchstabiert sich so:
2013: Der Angriff auf den Lohn rollt auf breiter Front
Zu Jahresbeginn wird der Lohn von Staats beschnitten, indem die Rentenkassenbeiträge sinken. Die sind Bestandteile des Lohns, auch wenn der Lohnarbeiter sie nie netto in der Tasche trägt. Dieser Lohnbestandteil wird ihm aus gutem Grund nämlich vom Klassenstaat vorenthalten: Er verdient nämlich in aller Regel nicht soviel, daß er davon aus eigenem Antrieb für Zeiten seiner altersbedingten Ausrangierung aus der Arbeitswelt Vorsorge leisten könnte oder gar wollte (auf ein tristes Leben in einem der deutschen Altenheime kann man ja nun wirklich gerne verzichten!). Das trifft selbst für die besser Verdienenden unter den Lohnabhängigen zu: Sie, die mit anspruchsvolleren Tätigkeiten befaßt werden, erheischen entsprechend mehr Kompensation des beruflichen Verschleißes im Privatleben, d.h., da diese an die Verfügung über Geld gebunden ist, muß dafür auch entsprechend mehr Geld ausgegeben werden, welches dann ebenfalls nicht mehr für die Altersvorsorge übrig ist. (Inwiefern die Angebote zur Kompensation ein trügerisches Angebot darstellen und so manche Illusion bedienen, die von Staat & Wirtschaft geschürt wird, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden.)
Der Beschnitt des Lohns per Senkung der Beiträge zur Rentenversicherung — über den die Lohnarbeiter mit »mehr Netto in der Tasche« getäuscht werden — verdankt sich der staatlichen Räson, seine Wirtschaft zu entlasten. Der werden die Lohnkosten gesenkt, unter denen sie ja immerzu so zu leiden hat, daß man sich fragt, warum sie überhaupt noch Leute »beschäftigt« und ihnen Lohn zahlt. Der Staat hat sich freilich nicht minder selber entlastet, indem er die Endlösung des Rentnerproblems vorantreibt. Rentner müssen bekanntlich mittlerweile bis zum Abgang in die Grube arbeiten. Nicht nur, weil das offizielle Renteneintrittsalter schrittweise an die im Durchschnitt erreichte Lebenszeit angeglichen wird. Vor allem deshalb, weil kaum ein Rentner mit seiner Rente auskommen kann und deshalb allerhand Jobs auch mit 70 noch annehmen muß. Was für die Wirtschaft, dann sowieso den Vorteil hat, für diese Arbeitskräfte keine Rentenbeiträge mehr als Lohn»neben«kosten mehr abführen zu müssen. Und das drückt dann weiter auf die Lohnkosten der Arbeiter, die das Rentenalter noch nicht erreicht haben… Und dem Arbeiter, der jenseits des früheren Renteneintrittsalters noch arbeiten muß, wird mit der weiteren Beanspruchung seiner Arbeitskraft der Wink gegeben, daß er die Kosten für sein unverschämt langes Leben — allzu offensichtlich hat einen solchen das bisherige Arbeitsleben noch nicht genügend verschlissen — gefälligst selber zu tragen hätte, ganz so als ob er das nicht mit den Zwangsabzügen von seinem Lohn (plus eventuell seiner vom Nettoeinkommen weggehenden Zusatzversorgung à la Riester) nicht getan hätte…
Daß der Umgang des Klassenstaates mit seiner Arbeiterklasse nie zynischer war als heute, liegt einfach daran, daß seine Ansprüche an den Erfolg seiner (freien) Wirtschaft nie höher waren und daß er an eben dieser seiner Staatsräson auf Teufel-komm-raus festzuhalten gedenkt. Insofern kann auch die »freie Wirtschaft« die Lohnsenkung ihrerseits vorantreiben, ohne daß der Klassenstaat sie aufhalten könnte und möchte: Das fällt sogar dem Arbeiterverarschungsverein DGB auf: "Dabei [bei der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden] geht es vor allem um die Frage, ob Bereitschaftsdienste als Arbeitszeiten zählen. Doch nicht nur bei Ärzten und Pflegepersonal in den Kliniken drängen die Arbeitgeberverbände auf weitere Zugeständnisse. »Es betrifft auch die Verkäuferin im Modegeschäft« heißt es beim DGB. »Die Regale sind aufgeräumt, die Kasse stimmt und man wartet nun auf den nächsten Kunden. Bisher gehörte auch diese Fase unbestritten zur Arbeitszeit.« Doch nun drängen die Unternehmer darauf, derartige »Untätigkeit« aus der bezahlten Arbeitszeit herauszunehmen. … Tatsächlich bestätigt Maxime Cerutti, Direktor Soziales beim Arbeitgeberverband Businesseurope, daß »inaktive Beschäftigungszeit nicht als Arbeitszeit gewertet werden sollte« — selbst wenn sie am Arbeitsplatz verbracht wird. …" (AZ, 19.12.12) Es ist also alles auf bestem Wege: Arbeitgeber und -nehmervertretungen arbeiten  — so ist in dem Artikel im weiteren nachzulesen — bereits an gesetzesverwertbaren Kompromißlösungen auf EU-Ebene.
Ein weiterer Angriff auf den Lohn ist der Mindestlohn. Vielleicht stellt sich ja der ein oder andere die Frage, warum ausgerechnet die Arbeitgeber in dieser Frage »eingeknickt« sind und ihn fast überall mittlerweile akzeptieren. Zum einen natürlich weil er in seiner Höhe eh nicht mehr darstellt, als ein absolut zum schieren Überleben notwendiges Minimum, zum anderen ein quasi natürliches Druckmittel, aus jeder besser bezahlten Arbeitskraft noch mehr herauszuholen. Dazu kommt noch ein weiterer Vorteil für die ach so gnädigen Arbeitgeber, die ja nichts anderes zu tun haben, als Arbeitsplätze zu schaffen: Ein Mindestlohn ist an vorgeschriebene Arbeitsleistungen geknüpft: Z.B. im Hotelgewerbe: Wenn eine Zimmerdame die vorgeschriebene Anzahl an Zimmern in der dafür festgelegten Arbeitszeit bewältigt, erhält sie den Mindestlohn, wie auch eine, die es nicht schafft. Der Haken dabei ist, daß diejenige, die — aus welchen Gründen auch immer — nicht so schnell ist, die Zimmer trotzdem in Ordnung bringen muß, nur daß der zusätzliche Zeitaufwand dafür nicht bezahlt wird. Ähnliches erlebt auch jeder, der beispielsweise in einem der modernen Möbelhäuser einen Schrank kauft. Sollte er ihn nicht selber zusammenbauen können oder wollen, stellt oder vermittelt ein Möbelhaus dafür Arbeitkräfte, die der Kunde natürlich gesondert bezahlen muß. Und zwar nicht für die Zeit, die sie tatsächlich für den Schrankzusammenbau brauchen, sondern für die Zeit, die meist schon in der Aufbauanleitung vorgegeben nachzulesen ist. Selbst für Leute, die das berufsmäßig, also praktisch täglich machen, sind diese Zeiten in aller Regel nicht einzuhalten. Sollte nun ein Kunde ein offenes Ohr für die Klagen der Arbeiter darüber haben und ihnen für jenen unbezahlten Teil ihrer Tätigkeit einen Obolus extra reichen, fällt das unter »Schwarzarbeit«, die bekanntlich verboten ist und mit riesigem staatlichem Aufwand verfolgt wird….
(05.01.13)

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schlechter und guter Nationalismus?

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Eine leider immer wiederkehrende Frage

Gibt es neben einem schlechten auch einen guten Nationalismus? 

gerade zu Zeiten einer Fußball-Weltmeisterschaft und noch dazu, wenn sie im Staate Katar stattfindet, von dem man 1. weiß, daß nur eine kleine Minderheit der Bevölkerung einheimisch ist, daß 2. der dortige Emir die einheimisch mehrheitlich schiitische Bevölkerung unterdrückt und 3. mit dem der deutsche Wirtschaftsminister, der der grünen Obermoralistenpartei angehört, im deutsch-nationalen Interesse verhandelt.

Kann bei der Klärung dieser Frage ein bulgarischer Altkommunist weiterhelfen oder die deutsche »Bundeszentrale für politische Bildung«? Oder muß gar Zeus mit Blitz und Donner dreinschlagen?

Der bürgerlich-demokratische Sachverstand gibt darüber folgende Auskunft: Nationalismus der schlechten Sorte ist einer des übersteigerten Nationalbewußtseins. Vernünftiger Nationalismus ist ein vernünftiges Nationalbewußtsein, das man besser als Patriotismus bezeichnet [1]. Gegen einen solchen gemäßigten Nationalismus könne insofern niemand etwas einwenden, da der gleichsam naturwüchsig sei. Mit dieser Definition soll eine strikte Trennung zwischen dem Faschismus, der auf übersteigertem Nationalbewußtsein fuße, und der Demokratie gezogen sein. So strikt, daß sich der Staat vorbehält, allerhand nationalistische Umtriebe für mal mehr und mal weniger patriotisch verständlich und damit für mehr oder minder zulässig zu halten! [2]
 
Entscheidend ist dann und dabei die Frage, was die Nation in der dauernden Konkurrenz mit anderen Nationen voranbringt und was nicht – und wie sie das tut. Der Faschismus hat dabei einen klaren Nachteil: Er hat mit seiner Endniederlage im Zweiten Weltkrieg seine Minderwertigkeit unter Beweis gestellt. Der demokratische Nationalismus hingegen hat sich weltweit durchgesetzt und zuletzt auch seinen großen Gegenspieler, die Sowjetunion samt ihrer Trabanten, von seinem nationalen Erfolgsrezept überzeugen können. 
Nichtsdestotrotz, das sei nicht unerwähnt, beweisen faschistische Nationalisten heutzutage ihren ungemeinen Nutzen für die demokratischen: In der Ukraine lassen sich dortige Faschisten, angereichert durch im Ausland angeheuerte, gegen die bösen Russen prima verheizen. Und nicht zuletzt sorgen faschistische Parteien bei so gut wie allen Wahlen in Europa für eine höhere Wahlbeteiligung, eine lebendige Demokratie also; jedenfalls solange sie nicht die Regierung übernehmen und dort etwas ganz anderes durchsetzen als die deutsch-europäische Oberaufsicht verlangt.

Damals, vor nahezu 100 Jahren warfen die Faschisten den Nationen, deren Regierung sie schließlich übernommen hatten, erfolgreich Mißerfolg vor. Also genau dasselbe, wofür sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg die Retourkutsche eingefangen haben und was ihre Nachkriegsmarginalisierung bewirkt hat. Doch genau dieser kausale Zusammenhang wird bei der bloßen Gegenüberstellung, einem Vergleich der beiden Arten von Staatsräson ignoriert und somit geleugnet. Und in ihrer Rechtfertigung nehmen sie sich nichts, da mokiert sich die eine über die andere höchst moralisch. Die demokratischen Vergangenheitsbewältigung strotzt aufgrund ihrer sachlichen Ignoranz nur so von moralischer Überheblichkeit gegen die, die die Faschisten an den Tag gelegt haben, geradezu notwendigerweise. [3]

Ein guter Kommunist hat sich ab 1933 natürlich die Frage gestellt, wie der Faschismus so erfolgreich sein konnte. In Italien und Deutschland (etwas später auch in Spanien und Griechenland) war er zur Macht gelangt, in anderen Ländern gab es zum Teil starke faschistische Strömungen.
Ein besonders kämpferischer Kommunist hat dann auf der Tagung der II. Kommunistischen Internationale am 2. August 1935 in Moskau eine Leitlinie erstellt, die es in sich hatte. Er unterzog die kommunistischen Parteien einer schonungslosen Selbstkritik. Diese machte er am »Nationalismus« fest und zwar so [4]:

Wir Kommunisten sind unversöhnliche grundsätzliche Gegner des bürgerlichen Nationalismus in allen seinen Spielarten. 

Das bräuchte man ja nicht extra zu erwähnen. Man könnte vielleicht hinzufügen, daß der Kapitalismus in Form nationaler Konkurrenz global die Arbeiterklasse ausnützt und deshalb – man kann es mit einem geflügelten Wort sagen – die Arbeiterklasse aller Länder gut beraten ist, sich zu vereinigen. Auffällig ist jedoch das Adjektiv, das der Redner dem Begriff Nationalismus hinzufügt. Gibt es denn einen anderen, unbürgerlichen Nationalismus? Offenbar, denn der Aufkärer fährt folgendermaßen fort:

Wir sind aber keine Anhänger des nationalen Nihilismus und dürfen niemals als solche auftreten. Die Aufgabe der Erziehung der Arbeiter und aller Werktätigen im Geiste des proletarischen Internationalismus ist eine der grundlegenden Aufgaben jeder kommunistischen Partei. Aber derjenige, der glaubt, daß ihm dies gestatte oder ihn gar veranlasse, alle nationalen Gefühle der breiten werktätigen Massen zu mißachten, der ist vom wirklichen Bolschewismus weit entfernt, hat von der Lehre Lenins und Stalins über die nationale Frage nichts verstanden.

Nationale Gefühle bei der verehrten Klasse? Erzbürgerliche Gefühle bei der verehrten Klasse? Da könnte man sich doch fragen, wie ist das möglich? Woher kommen die? [5] Ja, was hat es mit dem Nationalismus überhaupt auf sich? Das freilich unterstellt er als nicht weiter einer Erörterung nötig. Er will offenkundig vermeiden, den Zusammenhang zwischen Staat und Staatsvolk anzusprechen und das Hoch, das ein Volksgenosse seinem Staat zuspricht, wenn er sich dem zugehörig wertschätzt. [6]

Er umgeht zielstrebig die Frage: Was kann man tun, wenn schon die Aufgabe lautet, die Arbeiter im Geiste des proletarischen Internationalismus zu führen, sie also zu solcher Gesinnung zu bringen, wenn sie der offenbar entbehren, obwohl sie ihrer bedürfen? Oder soll dieser internationalistische Geist doch schon irgendwie vorhanden sein? Jedenfalls soll er sich offenkundig mit der anderen vorzufindenden Gesinnung der Arbeiter vertragen: Der Agitator beteuert schichtweg, daß, wenn nationale Gefühle in der Arbeiterklasse vorherrschen, die unmöglich bürgerliche Gefühle sein können und eben deshalb auch ihre Berechtigung haben und die Anerkennung durch Kommunisten genießen müssen. 
Und er beruft sich dabei auf eine historische Abhandlung Lenins:

Ist denn uns großrussischen klassenbewußten Proletariern das Gefühl des nationalen Stolzes fremd? Gewiß nicht!

Doch es ist eben sehr die Frage, ob jene damals ihre Aufstände gegen die zaristische Unterdrückung klassenbewußt geführt haben oder eben so, daß sie ihr Klassen-Bewußtsein in ein nationales übersetzt haben. Ja, wenn man im nationalen Sinne agiert, so glaubt man ja heute noch und nicht nur in Rußland, dann gebührt einem allenthalben Anerkennung und man erheischt sie auch ganz jenseits seiner Klassenzugehörigkeit von allen anderen, insbesondere von Einflußreichen und Mächtigen. Jedenfalls hat den nationalen Revolutionsversuchen damals schon der bolschewistische Gütestempel aufgedrückt werden müssen. 
Auf diese Weise verblieb selbst die Oktoberrevolution den Russen vor allem als eine nationale Errungenschaft im Gedächtnis. So sehr, daß selbst die Führung letztendlich ganz nonchalant die soziale Komponente – das staatlich verwaltete Proletariat hing ihr wie ein Klotz am Bein – über Bord warf (1991) und allein national sich fortan gefordert fühlt. Grund dafür sind insbesondere die internationalen Herausforderungen, welche die Sicherheitsinteressen Rußlands erheblich tangieren. 
Dies schlägt selbstverständlich nach innen durch — eben in der Beanspruchung und in einer nationalen Agitation des Staatsvolks. Anschaulich zum Beispiel am Sender Russia Today [RT deutsch], der — allen geschichtlichen Erfahrungen zum Trotz — auch nach außen eine Propaganda betreibt, die hierzulande offenbar Positionen eines alternativen Nationalismus für hofierungswürdig erachtet. Und zwar deshalb, weil der Sender dem deutschen Publikum einen wahren Nationalismus anempfehlen möchte, einen, der sich von dem unversöhnlichen der deutschen Regierung in jeder Hinsicht unterscheiden soll.[7]

Kurzum, allüberall wird die soziale und die nationale Frage nicht als der Gegensatz schlechthin gesehen, immerzu wird die soziale Frage der nationalen untergeordnet, zur Disposition gestellt. Eine Erkenntnis, auf die Marx eben schon sehr früh gestoßen war, als er zusammen mit einigen Freunden die Proletarier aller Länder zur Vereinigung aufrief. Später, in seiner Kritik an Lasalle, betont Marx, dieser habe die Arbeiterbewegung vom engsten nationalen Standpunkt gefaßt.[8] Und Marx stellt klar, daß der Kampf der Arbeiterklasse »nicht dem Inhalt nur der Form nach« national ist, wobei die Form nichts mit dem Bewußtsein zu tun hat. Der Agitator des linken Nationalismus hingegen sieht sich selbstredend gezwungen, sich in seiner Marx revidierenden Haltung zu rechtfertigen: Er dementiert einfach den Widerspruch, indem er die Formen anders faßt:

Der proletarische Internationalismus muß sich in jedem Lande sozusagen »akklimatisieren«, um auf heimatlichem Boden tiefe Wurzeln zu fassen. Die nationalen Formen des proletarischen Klassenkampfes und der Arbeiterbewegung der einzelnen Länder widersprechen nicht dem proletarischen Internationalismus, im Gegenteil, gerade in diesen Formen kann man auch die internationalen Interessen des Proletariats erfolgreich verteidigen. …
Man muß … durch den Kampf der Arbeiterklasse und durch Aktionen der kommunistischen Parteien zeigen, daß das Proletariat, das sich gegen jede Knechtschaft und gegen jede nationale Unterdrückung auflehnt, der einzige wirkliche Kämpfer für die nationale Freiheit und Unabhängigkeit des Volkes ist.

Diesen Fehler, vorherrschende nationale Borniertheit nicht anzutasten, kann man auch an einem westeuropäischen Beispiel jüngeren Datums – ganz jenseits eines kommunistischen Anspruchs – studieren: An der britischen Labour Party. Ihr Chef Jeremy Corbyn führte die Partei mit einem sozial sehr anspruchsvollen, für eine sozialdemokratische Partei wirklich außerordentlichen Programm [9] in den Wahlkampf 2019 und fuhr eine deutliche Niederlage ein, verlor sogar in Arbeiterhochburgen deutlich. Warum? Die gegnerische Konservative Partei setzte mit ihrem EU-Ausstiegsprogramm voll auf den Nationalismus der Wähler. Nur so, als nationales Vehikel, versprachen sich die Allermeisten eine wesentliche Verbesserung ihrer materiellen Lage. Die Labour Party hatte sich zwar sozial aufgestellt, war aber dem Ausstiegsprogramm ihrer Gegner nicht, schon gleich nicht offensiv entgegengetreten, weil sie dem nationalen Bewußtsein ihrer Wähler nicht zu nahe zu treten gedachte. So kam es, wie es kommen mußte: Die Arbeiter sind bestens bedient worden und die Labour Party hat wieder einen anständigen, national abgeklärt denkenden Blair, äh Chef!

Nun wähnt sich der Redner von 1935 schuldig, aufzuzeigen, wie der Faschismus verhindert hätte werden können bzw. — dort wo er noch nicht an der Macht war — verhindert werden kann. Und eine gewisse Konsequenz läßt sich seinem Denken nicht abstreiten: Wenn er schon den Nationalismus nicht grundsätzlich kritisieren will, bleibt nur eine Möglichkeit: Ihn aufzuspalten, und zwar in einen guten, der Verständnis erheischt, und einen schlechten, dem man vom guten unter- und abscheiden muß. So einfach das theoretisch klingt, so schwierig ist die praktische Umsetzung. Der Meisterdenker verkopft sich in Bündnisse mit denen, bei denen man die nationale Haltung entschuldigen kann und muß, sofern sie nämlich ihre politische Manövriermasse in der Arbeiterklasse haben. Auf ökonomischer Ebene plädiert er für eine Einheitsgewerkschaft. Er empfiehlt allen KP-Mitgliedern sich in einer solchen einzufinden, um diese, auch wenn sie jene nicht dominieren können, zu stärken – wofür ist dabei schon ziemlich einerlei. Auf politischer Ebene empfiehlt er eine Einheitsfront mit der seit Jahr und Tag ausschließlich national denkenden Sozialdemokratie, einer Partei, deren Sozialität sich neben einer Notverwaltung der kapitalistischen Verwertungsmasse in warmen Worten erging (und bekanntlich noch heute ergeht). Darüber müsse man als Kommunist angesichts des höheren Zwecks, der Verhinderung des Faschismus, hinwegsehen. Und wenn man nicht so genau hinsieht – insbesondere keinen Zusammenhang zwischen dem herkömmlichen und dem faschistischen Nationalismus wahrhaben möchte, den die KPs übrigens bis dato durchaus wahrgenommen hatten –, dann fällt das auch nicht allzu schwer. Selbstverständlich vergißt er weder die Jugend noch das weibliche Geschlecht: 

Das Vorurteil, daß es notwendig sei, die unter der Führung der kommunistischen Partei stehenden Frauenorganisationen in den kapitalistischen Ländern im Interesse des Kampfes gegen den »Frauenseparatismus« in der Arbeiterbewegung aufzulösen, dieses Vorurteil brachte oft großen Schaden.

Die Frauen sollen sich, so führt er weiter aus, mit ihren eigenen separaten Organisationen in die antifaschistische Einheitsfront einreihen. Das erspart sicher so manche harte Überzeugungsarbeit: Zumal, wie die Erfahrung zeigt, Frauen durch Äußerlichkeiten – man kennt ihr Aufschauen zu einem starken Führer, einem geschniegelten Mann – im allgemeinen viel leichter zu gewinnen sind als mit der theoretischen Darlegung einer Sache.[10] Ebenso müßten die kommunistischen Jugendverbände »antifaschistische Assoziationen« bilden.

Nun wußte der begnadete Agitator nur zu gut, daß es kritische Geister unter den Kommunisten gab, die seine Ausführungen ungeachtet all seiner Anrufe sowjetischer Autoritäten, nicht einfach so durchgehen lassen wollten. Diesen widmete er denn auch folgende Worte: 

Die Ultralinken dagegen [den Rechten gegenübergestellt] schrien: »Keinerlei Koalitionen mit der konterrevolutionären Sozialdemokratie!« und betrachteten im Grunde alle Sozialdemokraten als Konterrevolutionäre.  …  Vor fünfzehn Jahren hat uns Lenin aufgefordert, unsere ganze Aufmerksamkeit darauf zu konzentrieren, »Formen des Übergangs oder des Herankommens an die proletarische Revolution ausfindig zu machen«. Möglicherweise wird die Einheitsfrontregierung in einer Reihe von Ländern sich als eine der wichtigsten Übergangsformen erweisen. Die »linken« Doktrinäre haben sich stets über diesen Hinweis Lenins hinweggesetzt, als beschränkte Propagandisten haben sie immer nur vom »Ziel« gesprochen, ohne sich je um die »Übergangsformen« zu kümmern.

Die Sozialdemokraten allesamt als konterrevolutionär zu betrachten, hält er sowohl angesichts der blutigen Niederschlagung der Revolution an Seiten der anderen Nationalisten wie auch angesichts des nationalen, betont antikommunistischen Programms jener Partei inklusive ihrer praktischen Weiterungen, für untauglich, den Faschismus zu verhindern. Deshalb empfiehlt er die verbissene Suche nach nichtreaktionären Typen in der Sozialdemokratie! Ein Unterfangen zum Verzweifeln! [11]
Mit dem Vorwurf, die Linken hätten sich nicht um die »Übergangsformen« gekümmert, erschlägt er die Kritik und die bisherige Haltung der KI mit seinem Vorschlag der Einheitsfrontregierung, für die er zu seinem Leidwesen keinerlei Beweis einer revolutionären Erfolgsträchtigkeit anführen kann. Im Falle der Koalitionsregierungen in Sachsen und Thüringen, in die sich die KPD hineinziehen ließ (1923), möchte er das gerne, doch sprechen selbst ihm dann blöderweise die Resultate dagegen…

So weit kommt es, wenn einer sich partout keinen Bruch mit der Akkommodierung nationaler Gedanken ausmalen möchte. Und gerade deshalb muß er nochmal auf den nationalen Nihilismus zu sprechen kommen:

Nur wenn wir in diesem Geiste auftreten werden, wenn wir in unserer ganzen Massenarbeit überzeugend beweisen werden, daß wir sowohl vom nationalen Nihilismus als auch vom bürgerlichen Nationalismus gleichermaßen frei sind, nur in diesem Falle werden wir einen wirklich erfolgreichen Kampf gegen die chauvinistische Demagogie der Faschisten führen können.

Es gibt also 4 Fälle von nationaler Haltung: Die faschistische, die ist ganz schlecht, die bürgerliche, die ist auch schlecht und ebenso schlecht ist eine nicht-vorhandene, eine nihilistische. Aber dann gibt es einen vierten Fall, einen einzig positiven, irgndwie sozialistischen, mit dem man den schlechten Sorten von Nationalismus entgegentreten kann, soll und muß. So etwa reimt sich das Gespann Lafontaine-Wagenknecht noch in heutiger Zeit ein Weltbild zusammen, um Opposition zu betreiben.[12] Allerdings ganz ohne eine kommunistische Partei als Lokomotive. Dafür mit ganz viel Zustimmung bei national gesonnenen Arbeitern und anderen Nationalisten. Und mit ganz wenig Zustimmung in der eigenen Partei DIE LINKE, die ja eigentlich alle fortschrittlich und sozial Gesonnenen in sich vereinigen möchte und damit das Programm einer Einheitsfront aller national Wohlwollenden bestens in sich aufgehoben sieht. Für diese Partei wird es ein Rätsel bleiben, warum sie so wenig Zuspruch erfährt. Sahra Wagenknechts Popularität hingegen ist kein Rätsel: Hier zeigt sich nationaler Geist in attraktiver Form. Das wird insbesondere von einer nationalistisch verdorbenen Arbeiterklasse honoriert. [13]

02.12.2022
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[1]  Die Bundeszentrale für politische Bildung zum Begriff Nationalismus:
»Übersteigertes Bewußtsein vom Wert und der Bedeutung der eigenen. Interner Link: Nation. Im Gegensatz zum Nationalbewußtsein und zum Patriotismus (Vaterlandsliebe) glorifiziert der Nationalismus die eigene Nation und setzt andere Nationen herab. Zugleich wird ein Sendungsbewußtsein entwickelt, möglichst die ganze Welt nach den eigenen Vorstellungen zu formen.*
Quelle: Thurich, Eckart: pocket politik. Demokratie in Deutschland. überarb. Neuaufl. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2011.«
* Ist dieses Sendungsbewußtsein der BRD etwa fremd?

[2] So ist es auch nicht verwunderlich, daß hartgesottene Nationalisten bis in die Offiziersränge der Bundeswehr aufsteigen können. Die Häufung der Faschismusfälle in so ziemlich allen bundesdeutschen Sicherheitsinstitutionen erwecken geradezu den Anschein, als würde der Staat hier ein Refugium für Faschisten geschaffen haben. Deshalb sieht er sich veranlaßt, die Fälle entgegen all ihrer Häufigkeit in schöner Regelmäßigkeit als Einzelfälle abzutun. Noch dazu wird nicht selten die Zurechnungsfähigkeit eines bei einer Straftat Ertappten angezweifelt. Wer nichts Besseres zu tun hat, kann die einschlägigen Zeitungsberichte im Internet zusammensuchen. Hier nur ein Beispiel eines vorgeführten Ex-Soldaten: »…Zunächst habe keiner versucht, ihm zu widersprechen oder ihn auszugrenzen. ›Das lag vielleicht einerseits daran, daß ich nicht plump von Rassen, sondern von Völkern und Traditionen gesprochen habe.‹ Andererseits hätten viele sicher verinnerlicht gehabt, daß man den Dialog mit Rechtsextremen nicht abreißen lassen dürfe. …« (Tagesspiegel, 24.08.2017) 

[3] Näheres dazu im Buch: »Der Faschismus und seine demokratische Bewältigung«, erschienen im GegenStandpunkt-Verlag, 1996

[4] Alle Zitate (fettgedruckt) auszugsweise aus dem Bericht, erstattet am 2. August 1935 zum 2. Punkt der Tagesordnung des Kongresses: Die Offensive des Faschismus und die Aufgabe der Kommunistischen Internationale im Kampfe für die Einheit der Arbeiterklasse gegen Faschismus – von Georgi Dimitroff (Dimitrov):
www.marxists.org/deutsch/referenz/dimitroff/1935/bericht/

[5] Es ist nun nicht so, daß diese Fragen nicht schon Antworten gefunden hätten. Freilich scheinen sie nicht in die Köpfe der richtungsweisenden Köpfe der KI gelangt zu sein. Hendrik de Man schrieb 1931: »… Der Nationalismus ist das seelische Sicherheitsventil für ein soziales Minderwertigkeitsgefühl, die Ausgleichsform par excellence für die bedrohte kollektive Selbstschätzung, das ideologische Mittel der Ablenkung eines wirtschaftlich-sozial bedingten Grolls auf einen Gegenstand, der … den schroffsten Gegensatz zum proletarisch-sozialistischen Klassenbewußtsein symbolisiert.« (Sozialismus und Nationalfascismus, S. 16f) »Die kompensatorische Wirkung des Nationalstolzes tritt schon in der italienischen Urform des Fascismus zutage. … Die Verlockung ist besonders groß bei einem Volk wie dem italienischen, dessen materielle Bedürfnisse gering, dessen Geltungsbedürfnis dafür umso stärker entwickelt ist. … Man findet sich eher mit niedrigen Löhnen und schlechten Wohnungen ab, wenn man ›Civis romanus sum‹ sagen kann. Das venezianische Proletariat, dessen elende und ungesunde Lebensverhältnisse jedem nicht völlig abgestumpften Reisenden auffallen, ist zu einem großen Teil auf die parasitären Nebenverdienste des Fremdenverkehrs angewiesen. Aber es darf ›Mare nostrum‹ sagen – obwohl ihm die Monopolisierung des Lidostrandes durch die Luxushotels nicht einmal gestattet, in diesem Meer zu baden. So erscheint die psychologische Funktion des italienischen Faschismus in seiner Beziehung zum Proletariat vor allem dadurch sozial konservativ, daß er einen ungeheuren Prozeß der Energieverwandlung organisiert hat, bei dem Klassengefühl in Nationalgefühl umgesetzt worden ist.« (ebenda, S. 23ff)

[6] siehe hierzu den Gegenstandpunkt in MSZ – Gegen die Kosten der Freiheit  6/1985: »Die Nation und ihre ›Sache‹«

[7] Die auf RT täglich abrufbaren Meinungsumfragen bieten 5 Antworten an, die sich lesen, als wären sie von deutschen Faschisten ersonnen. Wirft man dann noch einen Blick auf die Antwortzahlen, werden die Fragen so verstanden, wie sie gemeint sind.

[8] Marx-Engels Werke, MEW Band 19, S. 23f

[9] https://labour.org.uk/manifesto-2019/

[10] Die SPD hatte sich schwer getäuscht, als sie glaubte, mit der von ihr geforderten Einführung des Frauenwahlrechts flögen ihr die weiblichen Stimmen in einer Größenordnung zu, die ihr die absolute Parlamentsmehrheit lässig verschaffen würde.

[11] zum SPD-Nationalismus heute siehe einen Artikel aus 2019:  
www.koka-augsburg.net/der-nationalismus-der-spd/

[12] zu Wagenknechts sozial-nationalem Weltbild im einzelnen siehe GegenStandpunkt 3/2022

[13] siehe hierzu das Kapitel: »Der subjektive Faktor – Vom freiheitlichen Selbstbewußtseins des modernen Proletariats« in »Das Proletariat – Die große Karriere der lohnarbeitenden Klasse kommt an ihr gerechtes Ende«, GegenStandpunkt-Verlag, 2002

 

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Berechnungen der USA

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Was man aus dem Zweiten Weltkrieg lernen kann:

Die kaltschnäuzigen Berechnungen der Weltordnungsmacht USA
 

Die weltweiten Interessen der USA waren schon vor dem letzten Weltkrieg gewaltige. Denn gerade nach dem ersten, aus dem sie als unverbrauchter Sieger an die Spitze der Staatenhierarchie aufgestiegen waren, machte sich unter ihren führenden Köpfen der Eindruck breit, alles auf der Welt hänge von ihnen ab. Und nicht nur das! Auch alle Welt habe sich gerade deshalb positiv zu ihnen und ihren Ansprüchen zu stellen. Ansprüche, die ja nun nicht so bescheiden waren, wie sie immerzu ins Spiel gebracht wurden, nämlich mit der Heuchelei der Selbstlosigkeit und in der Form von allgemein anzuerkennenden »Werten«. Die materiellen strategischen und ökonomischen Werte, auf die es die USA mit ihrer Weltherrschaft abgesehen hatten, wurden also systematisch mit ideellen Werten gekrönt und als solche verkauft. »Freiheit, Demokratie und Menschenrechte« buchstabierte sich also die »pax americana«, der man somit ihre Grundlage, ihre Gewalt, unwidersprechlich zugestehen sollte. Ein bewährtes Erfolgsrezept, das bis heute angewandt wird.
Speziell über dem Zweiten Weltkrieg hängt — schaut man in die deutschen Geschichtsbücher — der Glorienschein der USA, die »uns« vom Faschismus befreit und — ehrlicherweise läßt sich das ebenso herauslesen — vor allem vor den bösen Russen — und damit auch vor dem abgrundbösen Kommunismus — gerettet haben.

Jacques Pauwels* hat sich ausführlich mit der Rolle der USA, mit ihren Interessen, vor, während und in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg befaßt. Mit den politischen wie ökonomischen Interessen, die ganz gezielt ins Spiel gebracht wurden und auch nicht so schnell wieder aus dem Spiel genommen wurden, nur weil sich die Herrschaftsverhältnisse und die damit verbundenen nationalen Absichten — speziell in Deutschland und Japan — verändert hatten.
Es wird in Pauwels‘ Buch — »Der Mythos vom guten Krieg – Die USA und der Zweite Weltkrieg« — darüber hinaus deutlich, wie schwer sich nicht nur die Kriegsgegner, sondern nicht minder die Verbündeten dabei taten, die USA richtig einzuschätzen. Das gilt vor allem für Rußland, das die Hauptlast des ihm aufgezwungenen Krieges trug. Das eben war den USA nur willkommen und zwar bis zu dem Zeitpunkt, als die UdSSR sich anschickte, Mitteleuropa zu überrollen und speziell das industrialisierte Deutschland sich ihrem Machtbereich zuzuschlagen. Erst dann erfolgte die Landung in der Normandie. »Indem man die Sowjets die Kastanien aus dem Feuer holen ließ, minimierte man nicht nur die potentiellen amerikanische Verluste, sondern maximierte auch die Chancen, daß die Vereinigten Staaten bei Beendigung des Krieges gegen Hitler-Deutschland im Lager der Gewinner die Hauptrolle spielen könnten.« (S. 85) Vor der gegen sie gerichteten deutschen Kriegserklärung war man in den USA ohnehin vornehmlich folgender Auffassung: »Der US-Botschafter in Berlin, Hugh R. Wilson, beispielsweise äußerte nach dem deutschen Blitzsieg in Polen den Wunsch, Großbritannien und Frankreich könnten mit Hitler zu einem Abkommen gelangen, so daß der Führer endlich die Gelegenheit bekäme, zugunsten der »westlichen Zivilisation« mit dem bolschewistischen Experiment der Sowjets abzurechnen. Die Vorstellung, Deutschland benötige freie Hand in Osteuropa, wurde auch von Wilsons Amtskollegen in London, Joseph P. Kennedy, …, propagiert. Und die US-Medien, die die Ansichten politischen, sozialen und wirtschaftlichen Eliten der USA widerspiegelten, gaben sich erneut viel Mühe, das amerikanische Volk davon zu überzeugen, daß der internationale Kommunismus, mit seinem Hauptsitz in Moskau, eine viel größere Bedeutung für ihr Land darstelle als die deutsche oder italienische Variante des Faschismus. Diejenigen, welche darauf beharrten, daß der Faschismus die größere Gefahr darstelle, wurden als Narren Moskaus gebrandmarkt.« (S. 50) Die Beschwichtigungspolitik (Appeasement-Politik) gegenüber Deutschland, die bis zum Angriff auf Polen ja auch noch von Großbritannien und Frankreich geteilt und von ihnen im Münchner Abkommen von 1938 besiegelt wurde, wird heute im allgemeinen als total unverständlich und als großer Fehler dargestellt. Doch gerade heute im Zusammenhang mit dem Fall einer mithilfe örtlicher Nazis nach Westen verschobenen Ukraine wird deutlich, daß den Demokraten die Faschisten viel verbundener sind als die Russen.** Demokraten teilen offenbar in höherer, zweckdienlicherer Weise die rassistische Einstufung, die die Faschisten so vulgär an den slawischen Völkern vorgenommen hatten.***
Es versteht sich fast von selber, daß die wirtschaftlichen Beziehungen der USA zu Deutschland mit Kriegsbeginn 1939 bei allein den Umständen geschuldeter Rückläufigkeit weder mit Sanktionen belegt noch gar gekappt wurden. Insbesondere in Sachen Energie ging es sogar steil bergauf: »Der Anteil der USA an Deutschlands Import von lebenswichtigen Ölprodukten wurde so immer größer. Im Juli 1941 betrug er 44 Prozent und im September 1941 nicht weniger als 94 Prozent! Die deutschen Panzer wären ohne das Benzin, das die US-Erdöltrusts lieferten, niemals bis in die Vororte Moskaus gekommen.« (S. 67) Von den militärischen Operationen zuvor gar nicht zu reden. 

Ohnehin wollten sich die USA ohnehin erstmal allein mit Japan auseinandersetzen, nachdem sie aufgrund des Überfalls auf ihren Stützpunkt in Pearl Harbor auf der Hawaii-Insel Oahu Japan den Krieg erklärten. Auch nach der wenige Tage später erfolgten mit Japan solidarischen Kriegserklärung Deutschlands war für die USA die pazifische Herausforderung vordringlich, gerade weil der Krieg in Europa im Dezember 1941 für sie keineswegs besonders Besorgnis erregend war. Schließlich erlitten da Staaten einen Machtverlust — mit materieller Hilfe der USA (man denke nur an das Leih- und Pachtgesetz)! —, der ihnen nur förderlich war. Mit Japan selber wußten sich die USA ohnehin noch längere Zeit beschäftigt, hatte das Kaiserreich doch weite Teile Chinas und Südostasiens unter seine Kontrolle gebracht. So ging denn auch der Krieg dank dem Vormarsch der Sowjetunion in Europa schneller zu Ende, als es den USA lieb war. Zum einen hatten die Sowjets bis zuletzt erhebliche Verluste, da die deutschen Truppen vornehmlich an der Ostfront konzentriert wurden. Zum anderen weil die Sowjetunion ihr Versprechen wahrzumachen gedachte, die USA einige Monate nach dem Kriegsende in Europa gegen Japan zu unterstützen, was dann im September 1945 der Fall gewesen wäre. Diese Hilfe war seitens der Vereinigten Staaten angesichts daraus resultierender Gewinnansprüche Rußlands freilich nicht länger willkommen, so daß die USA alle Mittel einsetzten, den Krieg dort vorzeitig zu beenden. Dies gelang bekanntlich mit dem Abwurf zweier garantiert gottgesegneter und Demokratie bringender Atombomben.

Ja, es ist sehr interessant, worüber auch und gerade heute die USA in Besorgnis geraten und worüber nicht. Am allerwenigsten geraten sie in Sorge über die Leichenberge, die sie mit ihrer Weltordnung zu verantworten haben. Über die Staaten, die ihren Ansprüchen und damit verbundenen Berechnungen gegenüber eigene Ansprüche und Berechnungen anstellen, geraten sie sehr ins Nachdenken und eruieren sogleich die Zweckmäßigkeit all ihrer Mittel — und die haben sie reichlich zur Verfügung, in Form ihrer Weltwährung sowie in dem riesigen Arsenal von nicht bloß konventionellen Waffen —, jenen entgegenzutreten. So machen die USA allen anderen Staaten ganz grundsätzlich eine Rechnung auf, egal, ob sie der Weltmacht eher unabsichtlich ans Bein pinkeln, oder ob sie gar vorsätzlich an deren globalen Vormacht zu rütteln gedenken. Rußland erweckt den Anschein des Antiamerikanismus insofern, als es der eigenen Sicherheit willen gedenkt, in seinem ureigenen slawischen Einflußgebiet für Ordnung sorgen. 
Allen aktuellen Ereignissen zufolge scheint den USA nach Weltkrieg II im Hinblick auf den Ukraine-Krieg ein neuer Doppelerfolg in Europa zu glücken: Einerseits soll Rußland auf absehbare Zeit geschwächt werden, andrerseits erleiden die antiamerikanischen Konkurrenz-Projekte Deutschlands, EU und Euro, sowie der deutsche Staat selber — aufgrund des mit US-Waffen und -Geldern dauerhaft gemachten Krieges — einen schweren Rückschlag. 

Pauwels‘ eben nicht bloß historische Darlegungen geben einen tiefen Einblick in die Seele der Vereinigten Staaten, in das Denken ihrer politischen Charaktermasken. Die scheinen sich zwar — folgt man den Medien hier wie dort — in Form ihrer Präsidentschaftskandidaten wie ihrer zwei Parteien in einem Gegensatz zu befinden.**** In Wirklichkeit sind sie alle dem nationalen Erfolg auf der Spur. Wie intensiv sie danach suchen und dafür kämpfen, beweist der oft gnadenlos ruppige Ton untereinander. In und mit diesem innernationalen Wettbewerb soll der nationale Erfolg gewährleistet werden. Und er wurde ja auch auf diese Weise bislang bestens befördert. Ja, alle Nationalisten verlangen nichts weniger als eben konsequentest mögliche Politik gegenüber allen anderen Staaten — und auf dieser Grundlage brutalste Geschlossenheit im eigenen nationalen Laden, wenn es darauf ankommt.
 
(17.11.2022)
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*Jacques Pauwels, Der Mythos vom guten Krieg – die USA und der 2. Weltkrieg, PapyRossa Verlag, Köln, 2006

** Bezeichnend hierfür das Konstatieren eines Nazi-Problems, das die Ukraine hat, vor dem Krieg. Und die offenkundige Lösung dieses Problems durch den Krieg! (siehe nebenstehende Abbildung)

*** Entlarvend dafür: „»Wir [das nationale WIR, versteht sich!] dürfen nicht vergessen, daß, auch wenn Russen europäisch aussehen, es keine Europäer sind, jetzt im kulturellen Sinne«, daß sie »einen anderen Bezug zu Gewalt, zum Tod haben«. Es gebe »nicht diesen liberalen postmodernen Zugang zum Leben als ein Projekt, was jeder für sich individuell gestaltet«.“ Kulturell natürlich! Für eine deutsche Politologin, für die sich Rassismus auf die Hautfarbe reduziert! [Florence Gaub, Beraterin des Europäischen Rats (Gremium der EU-Staatschefs) bei Markus Lanz, zitiert nach: Berliner Zeitung, 20.04.22]

**** Es ist völlig unsachgemäß, wenn jemand sich von dem ein oder anderen US-Präsidenten bessere Beziehungen zu dem Staat verspricht, dem er selber unterworfen ist. Der US-Analyst und frühere Waffenkontrollinspektor Scott Ritter (bekannt geworden durch seinen Widerspruch gegen den US-Krieg im Irak) antwortete auf die Frage, ob Rußland mit Trump besser fahren würde als mit Biden, völlig zutreffend, nämlich daß die US-Politik nicht an einer Amtsperson festzumachen sei, daß vielmehr der Staat USA selber begriffen werden müsse. Und er half der Erinnerung mit einem frappanten Beispiel auf die Sprünge: Selbst unter dem immerzu sympathisch auftretenden Obama seien allseits Abhöraktionen lanciert worden, die durch das involvierte Handy der deutschen Bundeskanzlerin eine gewisse Verwunderung oder gar Bestürzung erregt hatten. (online-Interview, 15.10.22)

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Fakten, Propaganda und Interesse

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Fakten, Propaganda und Interessen
 
Fakten, Tatsachen werden heutzutage — dafür stand wegweisend der Slogan eines Wochenmagazins »Fakten, Fakten, Fakten« [1] — als Totschläger jeglicher zugrundeliegenden weitergehenden Überlegungen in Anschlag gebracht. Nun sind sie, die Tatsachen, allenthalben Ergebnisse menschlicher Handlungen, die ihren Grund in dem Zweck haben, den sie verfolgen. Solch Gründe sind Interessen geschuldet. Sie sind im Gegensatz zu den Fakten-Fakten-Fakten-Schreiern, die jene für irrelevant zu eruieren glauben, allenthalben relevanter als die Fakten als solche.
Und weshalb sind sie nun relevant? Nun ist es ja so, daß Individuen nicht allein im eigenen Interesse vorstellig werden, wenn sie Fakten schaffen. Nur allzuoft gerieren sie sich als Walter von Sachzwängen anderer, meist übergeordneter Interessen. Marx bezeichnet sie dann als Charaktermasken jener Interessen, welche somit als Subjekte gegenüber den Individuen, die sie exekutieren, fungieren. Diese übergeordneten Interessen diktieren den Individuen, die für sie eintreten, was sie zu tun haben. Einen kleinen Spielraum haben sie allein in dem Wie, dem Ausführungsmodus des Diktats.
 
Welches sind nun diese übergeordneten Interessen, die sich so relevant und nicht selten vehement in Fakten niederschlagen? Die wichtigsten — und daran besteht kein Zweifel — sind die der Staaten [2]. Diese sind nichts anderes als Apparate, die mit der ihr eigenen Gewalt — manifest in Militär, Geheimdiensten, Polizei, Justiz — und den ihr verfügbaren Gewaltmitteln, für die die zugrunde liegende Ökonomie [3] die Grundlage hergibt. Diese Gewaltapparate halten also mit ihren Mitteln die Individuen, die ihnen untergeben sind, in Schach. Als ihre Handlanger fungieren die Charaktermasken der Politik, also Politiker, Staatsfunktionäre, Apparatschiks [4]. Gegeneinander kommen sich die Staatsgewalten ganz sachgemäß immerzu ins Gehege, worüber auch ihre Zweckbündnisse gegen dritte nicht hinwegtäuschen können. Denn kein Staat ist sich in seinem status quo genug — friedliche Koexistenz zwischen den Staaten einzufordern, ist geradezu pervers [5], strebt doch jede Gewalt nach der Oberhand.
 
Staaten sind also die relevanten Subjekte des Weltgeschehens, Politiker deren Sachwalter. Vermittels einer Erfolg versprechenden Staatsräson behauptet sich ein Staat sowohl im Inneren (gegen seine mitunter allzu mündigen Staatsbürger) wie nach Außen (gegen Gewaltsubjekte seinesgleichen). Ein Gewaltmonopol kann es sachgemäß nur im Innern eines Staates geben. Hier unterscheidet man allenfalls zwischen erfolgreichen Staaten und sogenannten »failed states«. Nach außen herrscht das, was man — in Abwandlung des berühmten Hobbes-Spruches — »civitas civitati lupus« nennen kann.  — 
Staaten schaffen Fakten. Sie bedienen sich der Charaktermasken, die sich ihnen andienen. Das Abstandnehmen von einem persönlichen Interesse bei der Ausübung der Staatsgewalt, ist dafür berufsnotwendig, eine Verletzung dieses Gebots wird als Korruption sanktioniert.
 
Keine Frage ist, daß gewaltsame Auseinandersetzungen, Kriege nur, doch keineswegs so selten die »ultima ratio« sind. Politisch-diplomatisches Vorgehen kommt ja ohne Druck und Drohungen auf Grundlage der Gewaltmittel, über die ein Staat verfügt, nicht aus. Mitunter hat das schon zu Mißverständnissen bezüglich des tatsächlichen Einsatzwillens der gegnerischen Gewalt geführt — ganz so, als ob Politiker auch bloß Menschen wären, die vor Gewalt zurückschräken.
 
Fakt ist jedenfalls, daß Wirtschaftskriege den militärischen Auseinandersetzungen zweckmäßigerweise vorgeschaltet sind. Der deutsche Staat mit seinen Weltmachtambitionen hat dies aus der letzten Weltkriegsniederlage gelernt. Anstatt alle anderen Staaten Europas sich militärisch zu unterwerfen, hat er mit seinen Projekten EU und Euro weitgehend erreicht, diese ihm nutzbar zu machen. So weitgehend übrigens, daß ein Staat mit entsprechend hohen eigenen Ansprüchen die deutsche Vorherrschaft partout nicht mehr aushielt und aus der Union austrat. 
Kurzum: Wirtschaftskriege haben längst den einstmals stark propagierten »Freihandel« einer Ideologie überführt. Fakt war der Freihandel ohnehin nie. Freihandelsabkommen sind nichts anderes als ein Dokument davon, daß hier gegensätzliche Wirtschaftsinteressen in Vertragsform gegossen kontrafaktisch als vereinbar manifestiert werden (was das Schlagwort »win-win« dokumentiert), deren andere, härtere Seite Wirtschaftssanktionen sind. 
 
Die Welt ist angesichts des politischen Primats der Wirtschaft nun keineswegs frei von Kriegen der unmittelbaren Gewalt. Vorsorglich haben die USA die Welt mit ganz vielen militärischen Stützpunkten mobiler wie immobiler Art überzogen. Und sie haben ganz viele Staaten — ungeachtet deren eigenen Interessen — auf ihre eigene Gewalt verpflichtet. Ungeachtet auch dessen, welche Staatsform diese Staaten haben: Ob Demokratie oder Diktatur spielt für die USA keine entscheidende Rolle, wenn sich ein Gewaltapparat ihnen andienen möchte, weil er sich als Vasall der USA Vorteile verspricht. Selbstverständlich helfen die USA gerne nach, damit es anderen Staaten leichter fällt, sich ihnen in der ein oder anderen Weise zur Verfügung zu stellen: Bekannt sind ja mittlerweile die »bunten Revolutionen«, die von US-Geheimdiensten lanciert auf die Naivität der Eingeborenen betreffender Staaten setzen. Das US-Vorgehen erscheint dann geradezu als Uneigennützigkeit!
 
Und es ist kein Geheimnis, daß das Erfolgsprogramm der Vereinigten Staaten von Amerika, akzentuiert durch das der Bundesrepublik Deutschland [6], einem anderen Staat unter der Gefahr der Selbstaufgabe keine Wahl läßt, den Übergang zur ultima ratio, zum Gebrauch seines Militärs zu machen. Daß andere Staaten dafür in die Steinzeit zurückgebombt werden, ist seit dem Vietnam-Krieg nur allzu offenkundig. Natürlich wollten die USA schon damals nur soweit, wie für ein Exempel an die Adresse nicht willfähriger Staaten nötig, mit eigenem Menschenmaterial eingreifen. Solange es andere Staaten gibt, deren Charaktermasken ihren Staat samt menschlichem Inventar den USA anbieten, umso besser. Gerne werden dann Waffen und Moneten geliefert. Warum auch sollten die USA ein Interesse daran haben, daß der Krieg in der Ukraine aufhört, solange ausschließlich andere Staaten samt deren Menschenmaterial darunter leiden? 
Keine Frage, sondern Faktum ist jedenfalls, daß die USA allerhand zu tun haben, um die Welt auf ihrer Linie zu halten beziehungsweise ihr abtrünnige Staaten erneut an die Kandare zu nehmen. Allerorten sichten sie gegnerische Einflußnahmen. Sogar im eigenen Land wähnten sie russische Einflußnahme zugunsten eines ihrer Präsidentschaftskandidaten. Auswärts gibt es diese tatsächlich. Als Kollateralnutzen aus dem »Arabischen Frühling« sollte Rußland ein Verbündeter, Syrien, entrissen werden. Auch dieses Land ist dadurch so ziemlich in die Steinzeit zurückbefördert worden. Bis heute noch sind die USA vor Ort, was beweist, daß sie das Projekt nicht aufgeben wollen. Vom Irak gar nicht zu reden, wo unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung es galt, einen widersetzlichen Staat auf Linie zu bringen. Und Afghanistan? Das wurde, nachdem man es durch jahrelanges Bombardement ruiniert hat, der US-Präsenz nicht mehr für wert befunden — zumal sein strategischer Wert angesichts der Weltlage — insbesondere des Zerfalls der Sowjetunion in zahlreiche Einzelteile und der dadurch erreichten Schwächung Rußlands — gehörig gesunken ist.
 
Doch zurück zum Anfang: Fakten – werden nach Interesse angeführt, je nachdem, wie sie ins Weltbild passen. Und auch das muß hervorgehoben werden, daß gerade dabei nicht alles Fakt ist was als Fakt verkauft wird. So werden ja gerade die anfallenden Leichen gerne dem Gegner in die Schuhe geschoben (aktuelles Beispiel sind diverse Opfer in der Ukraine). Solcherart Propaganda ist sich ein Staat selber schuldig. Immerzu sieht sich gerade ein demokratischer Staat veranlaßt, sich ob seiner höheren »Werte« selber zu rechtfertigen, wenn er denn schon die Leichen produziert oder produzieren läßt, die er für notwendig hält. Nicht nur in Sachen Krieg haben die USA und ihre Verbündeten es weit gebracht, auch in der dazugehörigen Öffentlichkeitsarbeit, der man den Propaganda-Charakter gar nicht mehr anmerken soll: Mitunter sogar so, daß Staatsfunktionäre selber — und dazu darf man getrost sämtliche der jeweiligen Nation sich verpflichtet wissenden Presse- und Rundfunkorgane zählen — Propaganda mit Fakten verwechseln und darüber einige wirkliche Fakten nicht wahrnehmen oder nicht wahrhaben können wollen. Die Wirtschaftssanktionen gegen Rußland sind da ein gutes Beispiel.
(01.11.2022)
 
Noch Fragen? »Fake News« vielleicht? info@koka-augsburg.com
 
[1] Das Nachrichtenmagazin FOCUS gründete sich 1993 als Antiblatt gegen den Spiegel, das ihn als Widersacher der CDU und somit als links verortet hatte. Als solches hielt ihm das neue Blatt Realitätsferne vor.

[2] Gerade ein Krieg zeigt, wie falsch Verschwörungstheoretiker liegen, wenn sie meinen, die wahren Triebkräfte seien irgendwelche »Hintermänner« wie George Soros, Klaus Schwab, Bill Gates etc. sowie deren Zusammenkünfte (Bilderberg-Konferenz, World Economic Forum). Im Kriegsfalle verlieren auch die Magnaten des Kapitals. Ein Elon Musk weiß schon, warum er einen Friedensplan vorgeschlagen hat.
 
[3] Die Staatsräson gebietet mittlerweile ausschließlich eine kapitalistische Ökonomie, weil deren geschaffener Reichtum dem Staat zu seiner eigenen Bereicherung nicht zuletzt an Gewaltmitteln willkommen ist, und  die vorteilhafterweise zum einen einen stummen Zwang auf die Individuen der Gesellschaft ausübt — die man also nicht wie Sklaven zur Arbeit treiben muß — und zum anderen — ganz ohne unmittelbar militärische Gewalt anzuwenden — gegen andere Staaten erpresserisch eingesetzt werden kann.
 
[4] Außer diesen gibt es Charaktermasken des Kapitals, des Proletariats (Gewerkschaftsfunktionäre), der Religion, der »Kultur« … 
 
[5] Auf solchen Gedanken konnte auch nur jemand aus der Sowjetunion kommen, die der wuchtigen Triebfeder des Kapitals entbehrte. Konsequenterweise hat sie sich diese Kraft dann auch verschafft um den Preis der radikalen Liquidierung ihrer Art Ökonomie. Der Bitte um einen politischen Verkehr mit dem Westen auf Augenhöhe wurde damit freilich ebensowenig entsprochen wie zuvor.

[6] Dies wurde schon bei der Zerschlagung Jugoslawien deutlich, die von der BRD auf die Tagesordnung gesetzt war. Als dies ruchbar wurde, hielt im November 1990 die Belgrader Tageszeitung Politika dem entgegen, daß die USA im Grunde und gerade aufgrund der immensen Auslandsverschuldung Jugoslawiens kein Interesse an seinem Zerfall haben könnte. Im übrigen war die Bestrebung der BRD auch ein Affront gegen Frankreich, unter dessen Regie nach dem 1. Weltkrieg der jugoslawische Staat geboren wurde. —
Im Falle der Ukraine wiederholte sich der unverschämte Anspruch Deutschlands, indem es das Assoziierungsabkommen vorantrieb, ungeachtet der destabilisierenden Wirkung auf die Ukraine selber, die dadurch aus der Abhängigkeit von Rußland gelöst und in die Deutschlands überführt werden sollte. Zupaß kam dem Vorhaben dabei, daß den USA eine damit absehbare Schwächung ihres Hauptgegenspielers prima in den Kram paßte.

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Hanau-Attentäter-2020

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Der Fall des Hanau-Attentäters

Der Fall des Hanau-Attentäters*, der am 19.02.20 in und vor einer Shisha Bar neun Personen ausländischer Herkunft erschoß und danach zuhause seine Mutter und sich selber tötete, ist ein Spezialfall, ohne im Grunde speziell zu sein. Gar nicht speziell sind weder seine Karriere noch seine Aufstiegsambitionen: Er studierte BWL; er arbeitete vor dem Studium als Bankkaufmann und danach beim Kreditinstitut MLP und bei der Unternehmensgruppe check24. Er hatte große Pläne, so wie es sich die deutsche Erfolgsnation von ihrem Nachwuchs nur wünschen kann. Er war von sich, seinem Wissen und Können überzeugt. Was ihm zu schaffen machte, war allein die Tatsache, daß seine Existenz hinter seinen Ambitionen, all seinen Anstrengungen zum Trotz, zurückblieb. Zuletzt war er gar arbeitslos. Somit blieb ihm die aufrgund seiner Intellektualität schwer erheischte Anerkennung versagt. Das machte ihn ziemlich mürbe. Und wie es sich für einen hellen Kopf gehört, unternahm er Anstrengungen, den Grund für die ausbleibende gesellschaftliche Anerkennung seiner vortrefflichen Persönlichkeit zu suchen. Er suchte den Grund eben in jener seiner Gesellschaft, dem deutschen Staat samt dessen Wirtschaft, dem er ob dessen Welterfolg gerne zugehörig war. Denn eines war ja klar: An ihm selber konnte es ja nicht liegen, er hatte ja alles versucht, voranzukommen und aufzusteigen. Das Hindernis mußte also von außen kommen. Und da stieß er auf ein Angebot, das ihm zusagte: Es liege an denen, die im Grunde gar nicht zu diesem Erfolgssstaat gehören und zu ihm passen, den Ausländern also. Das war gewissermaßen seine »Erleuchtung«.

Dabei tat sich freilich eine weitere Schwierigkeit auf. Ihm persönlich war kein einziger Ausländer je im Wege gestanden, ja er hatte ja noch nicht einmal etwas Nennenswertes mit ihnen zu tun gehabt. Ganz ihm Gegenteil: Die eine Frau, die er gerne als die seinige gehabt hätte, die ihn aber nicht an sich herangelassen hatte, war Deutsche. Auch an seinen Arbeitsplätzen stand ihm nie ein Ausländer im Wege, der seine Karriere behindert hätte. Dennoch war er der felsenfesten Überzeugung, daß seine »Einsicht« die einzig mögliche Erklärung seines Mißerfolgs sei. Ja mehr noch, ganz offensichtlich, so folgerte er, müsse der Staat selber von der Erfolgsspur abkommen, wenn die Ausländer in ihm um sich griffen! Kurzum, anderen mußten die Augen geöffnet werden! Aber ach Du große Scheiße! Er fand keinen Widerhall, nicht einmal bei den renommierten Stellen – Stellen des Rechts! -, die er anschrieb und um Verständnis und Unterstützung bat!

Was blieb ihm mit seiner Einsicht denn nun schon übrig? Es mußte ein Exempel statuiert werden, ein Fanal gesetzt werden, denn ganz offenbar ließen sich die Augen all der Verantwortlichen in Staat samt Wirtschaft nicht anders öffnen. Bevor er das in die Tat umsetzen konnte, fühlte er sich selber gegenüber noch Rechenschaft schuldig. Wie war es denn – verdammt noch mal – möglich, daß er nicht viel früher auf diese seine fänomenale Einsicht stoßen konnte? Das schien ihm zunächst ein ebensolch großes Rätsel wie die Lösung des Rätsels dann stinkeinfach war. Sie lag in der Welt des Geheimen! Diesen Eindruck hatte er schon früher, doch nun ließ sich alles wunderbar zusammenreimen. Beschattet und unsichtbar geführt sei er worden, von klein auf. So, damit er nicht merke, was gespielt werde, er nicht auf die Einsicht stoße, auf die er nunmehr doch – welch Glück! – gekommen sei: Er wurde geradezu in eine Traumwelt versetzt. Er läßt sein bisheriges Leben nochmal Revue passieren: Ja, so mußte es gewesen sein: Ja, Sharon Stone, die er gerne nochmal zumindest wie beim ersten Mal im Kino gesehen haben wollte, wurde ihm ein zweites Mal vorenthalten. Überhaupt war er von diversen Hollywood-Filmen so beeindruckt, daß es ihm schwerfiel, Fiktion und Wirklichkeit noch auseinanderzuhalten. Er kämpfte schwer darum, alles in seinem Superhirn zusammenzubringen. Fest stand für ihn, er werde gesteuert und das nicht zu seinem (und damit zum deutschen) Vorteil. Der deutschen Fußballnationalmannschaft durfte er keine todsicheren Erfolgsratschläge erteilen, was er doch zu gerne getan hätte! Weltpolitisch sei er sowieso der größte Stratege aller Zeiten: Er betrachtet die Welt geopolitisch und entwirft ein Bild wie sie unter einer germanischen Elite ausschauen könnte, müßte und sollte, doch noch vermöge das leider niemand in dem Umfang zu begreifen, der sich seiner Intellektualität eröffnet hat. Kurz, alles schien sich gegen ihn verschworen zu haben, gegen seine beanspruchte Anerkennung als geistiger Superheld Deutschlands, als hätte eine unsichtbare Hand — aus seinem BWL-Studium kannte er ja wohl noch »die unsichtbare Hand des Marktes« (Adam Smith) — ihn ins Leere laufen lassen. 

Mit all seinen Gedanken zeigt er sich als Produkt eben dieser Gesellschaft. Und selbst der Übergang, den er gemacht hat, ist ganz und gar nicht aus einer anderen Welt: Der Übergang von einer der Natur angedichteten ökonomischen Überlegenheit, vom ökonomischen Rassismus zum politischen Rassismus, dem eines Faschisten ist nur ein kleiner Schritt. Ob er Sarrazins Buch »Deutschland schafft sich ab« gelesen hat, sei dahingestellt. Jedenfalls zirkulieren nicht erst, aber gerade seit dem Erscheinen jenes Buches [2010] eben solche Schlüsse und solch aus der Ökonomie abgeleitetes Gedankengut sehr breit in eben dieser bundesdeutschen Gesellschaft. In seiner schon früh festgestellten Abneigung gegen Ausländer mußte er sich von Tag für Tag mehr bestätigt vorkommen.

Das wollen Politik, Justiz, Politikwissenschaft wie Öffentlichkeit nicht recht wahrhaben. Sie verurteilen die Tat, als eine rassistische zwar, aber so als hätte sie nichts, aber auch gar nichts mit dieser für die deutsche Gesellschaft geradezu prototypischen Persönlichkeit zu tun. Seine (Selbst)Rechtfertigung empfinden sie bestenfalls als ein Rätsel, im allgemeinen aber als Wahnvorstellungen eines Psychopathen. Damit entkoppeln sie das Produkt vom Hersteller!

(23.03.20)
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*Der Artikel stützt sich auf die Aussagen des Attentäters in seinem, im Internet kursierenden Selbstrechtfertigungsschreibens.

Zum Problem, das der deutsche Staat seit geraumer Zeit in zunehmenden Maße mit Rechtsextremisten innerhalb und außerhalb von Bundeswehr, AfD etc. hat, siehe den Artikel im aktuellen GegenStandpunkt 1-2020: Wie rechts ist die Republik?

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Corona-Virus COVID-19

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Corona — eine Krönung des Kapitalismus

1. Offenkundig ist das Virus in Wuhan ursprünglich in Erscheinung getreten, weil es dort als dieser neuartige Corona (SARS-CoV-2) entdeckt und virologisch klassifiziert werden konnte. Somit wurde Wuhan Epizentrum der Krankheit. Also in Wuhan ist das passiert und nicht etwa in den mehr als 150 anderen Millionenstädten Chinas.
2. Bis zu dieser Entdeckung des neuartigen Virus verging eine gewisse Zeit, in der sich das Virus ungehindert ausbreiten konnte. Aufgrund dessen ist es bis auf weiteres nicht nachvollziehbar, ob das Virus seinen Ursprung ganz woanders nahm – seine globale Verbreitung spricht dafür – oder ob es gar mehrere Ursprünge hatte. 
3. Apropos mögliche Erstübertragung von Tier auf Mensch: Tiere fressen auch nur das, was sie vorfinden. Da das Virus jedoch nach Aussagen der Virologen einer höheren Entwicklungsstufe geschuldet ist, handelt es ich nicht einfach um gefressene Plastikteilchen oder dergleichen Abfallprodukte. Auf alle Fälle ist solchartiges Virus ein Produkt eines wie auch immer gearteten zivilisatorischen Fortschritts
4. Wenn es also ein solches zivilisatorisches Produkt ist, dann verdankt es sich einem menschlichen Interesse, es ist also einem solchen geschuldet, entweder direkt oder als an sich unbeabsichtigtes Kollateralergebnis. Der wohl am besten recherchierte Artikel dazu ist von Pepe Escobar (Asia Times).
5. Die Stellungnahme der Politik ist so, wie sie für die westlichen Erfolgsstaaten angemessen ist, die auf ihre kapitalistische Wirtschaft als ihr ureigenes Erfolgsrezept setzen: Exemplarisch dafür EU-Chefin Ursula von der Leyen. "Ich glaube, wir alle, die wir nicht die Experten sind, haben am Anfang das Coronavirus unterschätzt." (18.03.20) Dieses WIR soll offenkundig die braven Untertanen mit einschließen. In Wahrheit sind es allein die Politiker und Wirtschaftsführer – nach Marx die »Charaktermasken« von Politik und Wirtschaft, denen als solches ja gar nie etwas eben davon Distanziertes anhaftet und anhaften darf -, die vorrangig immerzu das Kapital, pardon: die Wirtschaft im Blick haben und für die somit ganz grundsätzlich die Gesundheit der menschlichen Manövrier- und Verwertungsmasse von untergeordneter Bedeutung ist. Dokumentiert ist das jetzt am schönsten dadurch, daß der Staat jetzt auf einmal Gelder in zigfacher Milliardenhöhe für seine bittere Not leidende Wirtschaft aus dem Ärmel schüttelt, während er bei allen Not leidenden Menschen immerzu jeden Cent zigmal umdreht, bevor er ihnen auch nur einen zuwirft. So zynisch sind Staatsmänner. Dies wirft ein schlagendes Licht auf die »Werte«, die sie tagaus tagein hochhalten!
6. Gerade deshalb, weil sie Vertreter des nationalen Interesses sind, ist von ihnen, den westlichen Staatsführern, auch keine internationale Solidarität zu erwarten, ganz im Gegenteil, wie der Präsident der USA, Trump, dies schon mehrmals klargestellt hat, er spricht vom »chinesischen Virus«. Siehe dazu auch diesen Artikel von al jazeera.
7. Was den Absturz der Kurse an der Börsen anbelangt, bleibt anzumerken, daß sich dort jetzt erstmal ohnehin fiktives Kapital entwertet, also Kapital, das keine Verwertung in einem Produktionsprozeß von Kapital findet. Jetzt fällt die Coronakrise obendrein mit einer Überproduktionskrise zusammen. Was für eine schöne Gelegenheit für die Arbeiterklasse, den ganzen Laden endlich stillzulegen… Stattdessen möchte der Arschkriecherverein Nr. 1, die deutschnational denkende Industriegewerkschaft Metall, erst gar keine Forderungen mehr stellen!

(21.03.2020)

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LK: Das Kapital – Kritik der politischen Ökonomie

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Karl Marx: Das Kapital – Kritik der politischen Ökonomie
Lesekreis in Augsburg

Heute gibt es so gut wie keinen Staat mehr, der nicht zur Vernunft gekommen wäre, der sich nicht einer kapitalistischen Staatsräson bedienen würde (nicht einmal die Kommunistische Partei Chinas verschließt sich einer solchen!): Denn die vom Staat gewährte Freiheit privaten Eigentums — an Kapital! Das versteht sich, liest man Grundgesetz und Menschenrechtserklärung, offenbar von selber! — verspricht ihm die Erträge abzuwerfen, die er für seine Behauptung und den Aufstieg innerhalb einer weltweiten Konkurrenz von Nationalstaaten nötig hat. Dafür, daß ihm seine Wirtschaft die ökonomischen Machtmittel verschafft, setzt er sie als eine »freie« Wirtschaft ins Recht. In der Konkurrenz freier Kapitale obsiegen allenthalben die erfolgreichen, also die, welche am meisten Profit erwirtschaften; dieses Prinzip soll einem jeden Staat, einem »ideellen Gesamtkapitalisten«, wie Marx einen solchen diesbezüglich nennt, sehr zum Nutzen gereichen.

Doch woher rührt nun dieser Erfolg einer »freien Wirtschaft«? Worin liegt nun das Geheimnis jener wundersamen Geldvermehrung, die sich ein jedes Kapital als seine Berufung zur Aufgabe gemacht hat? Das hat Marx — ganz im Gegensatz zu denen, die sich heute als Wissenschaftler verstehen! — interessiert. Im Gegensatz zu jenen hat er darüber hinaus nicht den Stand der Forschung in dieser Sache ignoriert. Er hat die seinerzeitigen Wirtschaftstheoretiker, welche eben dieser Frage nachgegangen sind, auf die Richtigkeit und Falschheit ihrer Überlegungen untersucht. Darüber ist er der Sache auf den Grund gekommen.

Für ihn war eine allgemeine Krise des Kapitals sodann kein Geheimnis. Konsequenterweise hing er nicht der haltlosen Behauptung an, eine solche Krise ließe sich, träfe man nur entsprechende Vorkehrungen, verhindern. Als der Bankrott der Investmentbank Lehman Brothers eine neue weltweite Krise des Kapitals einläutete, entsannen sich einige Journalisten, daß Marx exemplarisch von Krisen geredet habe: Müssen denn Krisen so charakteristisch für die kapitalistische Wirtschaft sein, wie von Marx behauptet?, fragten sie im Handelsblatt, in der taz, in der FAZ und all den anderen so seriös sich gebenden Blättern, die obendrein stets mit der Erwähnung eines »großen Geistes« glänzen wollen.

Freilich, Marx hat das ja nicht bloß behauptet, er hat es bewiesen. Doch diesen Beweis wollten und wollen die Protagonisten des Kapitalismus nicht gelten lassen. So war der Rekurs auf Marx allein dem Ansinnen geschuldet, so weiterzumachen wie bisher; denn was von Staats und Kapital wegen nicht sein darf, kann auch nicht die Wahrheit sein! —

Allerdings geht dieses geile Programm nicht ohne Kosten ab. Deshalb empfiehlt es sich für diejenigen, die diese Kosten allenthalben aufgebürdet bekommen und zu tragen haben, sich über die herrschende Rechnungsweise klar zu werden. Dazu ist Marx‘ »Kapital« hilfreich, ja unentbehrlich. 

Marx war sich — schon damals! — darüber im klaren, daß sich die »kleinen Leute« am ehesten über die »ungeheure Warensammlung« täuschen. Als solche wird ihnen der Reichtum kapitalistischer Gesellschaften vorstellig. Heutzutage als shopping people unterwegs zu sein, gilt ihnen außerhalb der Zeit, in dem kapitalistische Betriebe sie in Dienst genommen haben, als das Allerhöchste!

Daher beginnt Marx seine Untersuchung so: »Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ungeheure Warensammlung, die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware.« (MEW Band 23, S. 49)

Der neue Kapital-Lesekreis beginnt in Augsburg im Januar 2020. 
Leute mit Erkenntnisinteresse melden sich an über www.kapital-lesen.com 
oder direkt unter der e-mail-Adresse: info@koka-augsburg.com
Alle weiteren Informationen dann per e-mail.

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Der allseits mißverstandene Nationalismus der SPD

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Apropos deutsche Ideologie:
Der allseits mißverstandene Nationalismus der SPD

Mit ihrem Gothaer Programm (1875), das Marx einer ebenso wohlwollenden wie radikalen Kritik unterzog, begann die deutsche Sozialdemokratie ihr Bewußtsein für eine nationale »Verantwortung« zu entwickeln. »…Bismarcks Norddeutsche war vollständig im Recht, wenn sie zur Zufriedenheit ihres Meisters verkündete, die deutsche Arbeiterpartei habe in dem neuen Programm dem Internationalismus abgeschworen. …« (Marx, MEW 19, S. 24)

Die Zementierung des nationalen Kurses
Mit den zunehmenden Erfolgen an den Wahlurnen verfestigte die deutsche Arbeiterpartei ihren Willen und beschleunigte so ihren Weg zur Machtübernahme in Deutschland. Die handfeste Bestätigung dafür und die Absage an ihre revolutionären Ursprünge (unter Berufung auf Marx‘ Kritik der politischen Ökonomie) schlechthin lieferte schließlich ihr uneingeschränktes Ja zum Krieg des deutschen Kaiserreichs, für dessen Empfinden Deutschland seinen ihm gebührenden Spitzenplatz in der Staatenhierarchie eben erst noch erobern mußte.
Und wer bis dato immer noch Zweifel daran hatte, ob die deutsche Sozialdemokratie die soziale Frage nicht zugunsten ihrer nationalen Gesinnung über Bord geworfen habe, dem lieferte sie gleich im Anschluß an den mißglückten Krieg ein neues, im wahrsten Sinne des Wortes schlagendes Argument. Kaum die Staatsmacht ergriffen ließ sie im Verbund mit allen bislang schon rein deutsch denkenden Kräften die nach Kriegsende revoltierenden Soldaten und Arbeiter massakrieren. Ihr Reichswehrminister Noske warf sich stolz in die schwarz-rot-goldene Brust, indem er sich wörtlich dazu bekannte, einer müsse ja den »Bluthund« spielen.
Mit dieser vor Selbstbewußtsein strotzenden Haltung ging die Partei — ohne freilich das »sozial« aus Namen und Programm zu streichen — beim Volk, insbesondere dem Proletariat, das ihr als höchsteigenes Stimmvieh galt, hausieren. Jene Klasse, die nichts zu verlieren hatte außer ihren Ketten, bedurfte einer nationalen Erziehung, am besten eben gleich durch eine eigens dafür prädestinierte Partei. Um ihre Wahlerfolge zu neuen Höhen zu führen, versprach die Partei zudem dem weiblichen Geschlecht die Erlaubnis zu wählen. Wie sich nach Einführung des Frauenwahlrechts schnell herausstellte, bedurfte jedoch das schwache Geschlecht einer verstärkten Agitation, denn dessen Dankbarkeit an der Urne blieb erheblich hinter den Erwartungen zurück. Für eine nationale Vereinnahmung fehlte weitgehend noch die staatliche Inpflichtnahme durch die Notwendigkeit weiblicher Berufsausübung, insbesondere mangels für Frau und proletarischen Nachwuchs ausreichender Zahlungsfähigkeit des Ehemanns. Eine solche Verpflichtung erst konnte den Frauen dann als Chance, als Gleichberechtigung, gar als Emanzipation verkauft werden, womit sie reif werden sollten, die sozialdemokratische Fortschrittspartei zu favorisieren.
Die Agitation im allgemeinen war freilich viel weniger weltanschaulicher — die Weltanschauung, der Nationalismus, war die vorausgesetzte, nicht zur Diskussion stehende Grundlage und Ausgangsposition —, als hauptsächlich praktischer Art. Das zeigte sich in der brutalen Bekämpfung kommunistischer Umtriebe: Vor den volksschädlichen Kommunisten konnte die SPD nicht genug warnen und deren arbeiterfreundliche Proklamationen verkehrte sie parlamentarisch ins Gegenteil: So etwa die Etablierung von kapitalfreundlichen Betriebsräten anstelle von Arbeiter- und Soldatenräten. Zudem stellte die Partei mit der gewaltsamen Bekämpfung Aufständischer auf der Straße die Speerspitze des deutschen, republikanisch-demokratisch verfaßten Staates. (So wurde zum Beispiel von Reichspräsident Ebert, SPD, umgehend das Militär beauftragt, gegen revoltierende Kommunisten im Jahre 1923 zuzuschlagen.) Die Partei agierte dabei so, als wolle sie allen Konservativen, Liberalen, Monarchisten und überhaupt allen nationalen Sorgenträgern ein Vorbild und damit ein unschlagbares und unausschlagbares Angebot sein.

Ein nationaler Rückschlag 
Kurzum, die Partei ließ es an nichts, was die deutsche Staatsräson angeht, fehlen und gerade darob verwunderte sie sich: Andere Parteien nörgelten an ihr herum, ja stellten ihre extragut gemeinten nationalen Absichten großenteils oder überhaupt infrage.
Als dann die deutschen Faschisten 1933 die Macht ergriffen hatten, jammerte jenen einer ihrer »Bluthunde«, ein gewisser Otto Wels, was vor. Am 23.03.1933 spielte der, der schon 1918 als Berliner Stadtkommandant gegen die Linken, die damals Spartakisten hießen, losschlagen ließ, angesichts Hitlers Ermächtigungsgesetz den enttäuschten Liebhaber:
»Wir Sozialdemokraten haben in schwerster Zeit Mitverantwortung getragen und sind dafür mit Steinen beworfen worden.«
Der Umgang mit ihnen seitens der Radikaldeutschen hat der SPD schon damals nicht eingeleuchtet. Allzu gerne hätten sie doch mit ihnen in einer Regierung zusammengearbeitet, wenn diese sie nur gelassen hätten! Derselbe Wels daher weiter:
»Der außenpolitischen Forderung deutscher Gleichberechtigung, die der Herr Reichskanzler [Hitler] erhoben hat, stimmen wir Sozialdemokraten um so nachdrücklicher zu, als wir sie bereits von jeher grundsätzlich verfochten haben.
Ich darf mir wohl in diesem Zusammenhang die persönliche Bemerkung gestatten, daß ich als erster Deutscher vor einem internationalen Forum, auf der Bremer Konferenz am 3. Februar des Jahres 1919, der Unwahrheit von der Schuld Deutschlands am Ausbruch des Weltkrieges entgegengetreten bin.«
Auf historische Lügen verstehen sich die Sozialdemokraten offenbar bestens, geht es ihnen ja ums Allerheiligste, um Deutschland! Und die Gemeinsamkeiten mit den Faschisten waren keineswegs einfach nur Erfindung ihr böswillig gesinnter Kommunisten:
»Nie hat uns irgendein Grundsatz unserer Partei daran hindern können oder gehindert, die gerechten Forderungen der deutschen Nation gegenüber den anderen Völkern der Welt zu vertreten. Der Herr Reichskanzler hat auch vorgestern in Potsdam einen Satz gesprochen, den wir unterschreiben. Er lautet: „Aus dem Aberwitz der Theorie von ewigen Siegern und Besiegten kam der Wahnwitz der Reparationen und in der Folge die Katastrofe der Weltwirtschaft.“ Dieser Satz gilt für die Außenpolitik; für die Innenpolitik gilt er nicht minder. Auch hier ist die Theorie von ewigen Siegern und Besiegten, wie der Herr Reichskanzler sagte, ein Aberwitz.«
Freilich, in ihrer ideologischen Ignoranz verfangen — sie hielten die SPD nach wie vor für marxistisch —, ließen die sich »Nationalsozialisten« Nennenden — eine ideelle Vereinnahmung von Sozialisten — das nicht gelten. Und deren Berechnung ging auf: In Kürze waren SPD-Mitglieder und -Wähler bis auf wenige Ausnahmen besonders strammer Parteisoldaten von den Erfolgen der NSDAP überzeugt und zogen unter deutsch-nationaler Flagge in einen neuen Krieg, einen, der die deutschen Weltmachtansprüche konsequent wie nie zuvor durchzusetzen versprach.

Wiederauferstehung ihres nationalen Programms
Nach dem erneut — desaströs wie nie zuvor — verloren gegangenen Krieg erstand die als solche aufgelöste Partei von neuem: Sie wäre ja nicht dabei gewesen und somit nicht verantwortlich zu machen! Ein paar von den Faschisten — im ideologischen Sinne zu Unrecht [siehe die Wels-Rede] — eingekerkerte Mitglieder dienten ihr als Kronzeugen. Und wie nach dem vorherigen Weltkrieg hielt es die SPD für schier unmöglich, daß ihre so überaus konstruktive Haltung zum deutschen Staat übergangen werden könnte. Nichtsdestotrotz bedurfte es einiger Zeit, bis sie neben unteren Staatsabteilungen mit der Führung der Nation selbst mitsamt ihren Regierungsgeschäften vom dafür geschätzten und ansonsten verachteten Stimmvieh beauftragt wurde. Zum einen entbehrte sie zunächst einer der politischen Konkurrenz gegenüber überlegene Lichtgestalt. Zum anderen blieben die Zweifel daran, sich von der sozialen Frage endgültig gelöst zu haben, bei nicht Wenigen schier unerschütterlich: Dagegen half weder ihr neues, nochmals aufgefrischtes, vor nationaler Verantwortungsbereitschaft strotzendes Bad-Godesberger Programm (1959) noch eine Koalition mit der CDU und dann später eine mit der FDP, Parteien, die Ex-Nationalsozialisten eine neue politische Heimat boten. Die, welche eine solche suchten, zogen offiziell rechts eingeordnete Parteien vor, wenngleich auch manch NSDAPler weitsichtig genug war, unter die Decke der SPD zu schlüpfen (und »drüben« ins Bett der SED), um so schnell Karriere zu machen oder sonstige Vorteile zu genießen. Wer wollte, konnte ja unschwer den in dieser Partei verkörperten, neu aufgelegten deutschen Weltmachtanspruch entdecken, einen zutiefst moralisch geläuterten zumal, ganz ohne KZs und Judenvergasungen.
 
Eine gewisse Schwierigkeit hat sich dabei erhalten und zwar die, die staatliche Heuchelei mit der öffentlichen Moral nicht als solche zu nehmen, obschon sie nach und nach immer offenkundiger wurde — man denke etwa an die Debatte um die Wiederbewaffnung der BRD, an das rabiate Vorgehen gegen die 68er-Bewegung, an die angebliche Notwendigkeit einer »Nachrüstung« bis hin zur Rechtfertigung eines Angriffskriegs mit dem Totschläger-Argument »Nie wieder Auschwitz«!

Haltlose Vorwürfe von Seiten der nationalen Opposition
Freilich, viele wollten weiterhin nicht so ohne weiteres mitziehen, wollten nicht auf den zukunftsorientierten Kurs der SPD abfahren: In der neuen Ostpolitik, welche die nationale »Wiedervereinigung« voranbringen sollte, witterte die Opposition nicht weniger als einen Landesverrat. Ein mit allen Wassern gewaschener Politiker hingegen erkannte alsbald die neuen Chancen dieser »Öffnungs«-Politik: CSU-Chef Strauß begann mit der DDR handfesten Handel, ein Geschäft, das einen ganzen Staat dem deutschen Kapital — ziemlich exklusiv übrigens — zur Ausbeutung erschloß. Diese Trittbrettfahrerei mußte ein die SPD begünstigendes, zutiefst national gesonnenes — sich immerzu als das Durchblickerblatt für Besserverdienende schlechthin verstehendes — Magazin wie der Spiegel natürlich mißbilligen.

Die Selbstaufgabe der durch ihren Westhandel stark geschwächten DDR — noch dazu unter dem immensen Eindruck von Gorbatschows Perestrojka — schließlich rechtfertigte alle SPD-Bemühungen; Ex-Kanzler Brandt wurde stracks in den Götterhimmel des demokratischen deutschen Staates aufgenommen, der dem Personenkult keineswegs abhold ist, ganz im Gegenteil. Einmal mehr hatte sich die Partei um dieses Deutschland und seinen Erfolg in Europa und der Welt verdient gemacht. Die irrsinnige Leistung bestand nicht zuletzt darin, jeden Zweifel am Glauben an die große »unteilbare« deutsche Nation ausgeräumt und dabei — was angesichts dessen galant unter den Tisch fallen konnte — die Kosten rigoros auf die »kleinen Leute« abgewälzt zu haben. 
Schwer zu verschmerzen war nur, daß gerade andere Parteien unter einem großen Führer namens Kohl an den Schalthebeln der Macht waren und eben gerade sich ob des nationalen Erfolgs feiern lassen konnten. Doch ein tiefgläubiger Sozialdemokrat gibt nicht so ohne weiteres auf, der ringt verbissen weiter, weil er glaubt — das entnimmt er mühelos der Geschichte seiner Partei —, ohne diese komme Deutschland nicht wirklich voran. Und ihm half nach geraumer Zeit das Glück des Tüchtigen: Für den neuen wiedervereinigten gesamtdeutschen Staat brauchte es schon bald ein Aufbruchprogramm, eine Standortzurichtung besonderer Güte. SPD-Kandidat Schröder versprach das und diese neue Führerpersönlichkeit wurde dazu mitsamt seiner Partei auch prompt ermächtigt. 
Möglich war das mithilfe der Grünen, die mit der Eliminierung ihrer Gründungsikone Petra Kelly endgültig zu einer Partei nationaler Verantwortung geworden waren. Dem Schwarz-Rot-Gold fügten sie die Farbe grün hinzu, womit die nationalen Interessen schlagartig umweltkompatibel waren, inklusive der im Interesse einer national gesicherten Energieversorgung unverzichtbaren Atomkraftwerke. Auf die damit verbundene Machtoption sprang die SPD an. Kaum an der Macht wurde rücksichtslos daran gearbeitet, Deutschland voranzubringen:

Nationale Flurbereinigung für den Aufstieg zur Weltmacht
Im Inneren wurde mit der »sozialen Hängematte« aufgeräumt. »Hartz IV« hieß die Krönung der von der SPD aufgelegten »Agenda 2010«: Sie beinhaltete die Zwangsverarmung dauerhaft nicht oder kaum mehr verwertbarer Arbeitskräfte. Später dann wurde mit dem Mindestlohn dem Kapital eine Richtlinie gegeben, auf welches Niveau die allenthalben für zu hoch erachteten Löhne noch absenkbar sind, ohne die Verwertbarkeit der Arbeitskräfte unter das auf den Groschen genau berechnete Existenzminimum zu drücken. Darüber hinaus wurden die Arbeitszeiten zugunsten einer optimalen Verwertung der Arbeitskräfte flexibilisiert und das Renteneintrittsalter erhöht, was keineswegs ausschließen sollte, daß die Ware Arbeitskraft sich nicht noch mangels Rentenhöhe jenseits von 67 Jahren zu Markte tragen können sollte. (Eine Rechnung wie die, käme der technologische Fortschritt tatsächlich allen — und nicht allein den Verwertungsbedürfnissen der Wirtschaft — zugute, jeder Arbeitende spielend mit 50 Jahren in den Ruhestand treten könnte, ist für eine Partei völlig undenkbar, dem der nationale Standortgedanke in Fleisch und Blut übergegangen ist.) All diese Maßnahmen zur Stärkung der Nation wurden als reine Wohltat und feine, weil unausweichliche Zukunftsperspektive eben jener Manövrier- und Verwertungsmasse, die dafür herhalten sollte, so verkauft, als ob die Stärkung der Nation unmittelbar ihr zugute käme. Wiewohl die Partei ihrem nationalen Anerkennungsbedürfnis nach Sachlage entsprochen hat, so hat sie zugleich denen eine Vorlage geliefert, die darauf bestehen, daß die Stärkung der Nation eben auch »unten ankommen« müsse. Die also darauf bestehen, daß zwischen »Oben« und »Unten« wirklich ein Gleichheitszeichen gesetzt werden kann, also eine wahre Volksgemeinschaft, ein einhelliges deutsches Wir und eben keine Spaltung der Nation Resultat der nationalen Bestrebungen ist. 

Im Äußeren war ein Restposten des Realsozialismus, Jugoslawien, zwar schon zerschlagen, doch die SPD trieb mit dem Krieg gegen Serbien — mit dem der deutsche Staat aus zwei Weltkriegen sowieso noch Rechnungen offen hatte — ihr Bestreben voran, deutschen Erfolg in strategische Gewinne umzusetzen: Man entdeckte, das Kosovo harre noch seiner Befreiung! Niemand sollte sagen, Deutschland unter einer SPD geführten Regierung scheue seine Zuständigkeit für eine ihm nützliche Ordnung jenseits seiner Landesgrenzen. Ganz im Gegenteil: Deutschland übernahm die Führungsrolle, die sie insbesondere in Europa nicht länger den USA überlassen wollte. Dem Erpressungsversuch mit dem »Vertrag von Rambouillet« — der die im Vertrag von Dayton garantierten Grenzen aushebeln sollte und damit für Belgrad völlig unannehmbar war — folgte der NATO-Aggressionskrieg gegen Rest-Jugoslawien. — Kaum hatten dann die USA ihrerseits gehörigst um Unterstützung in einem ihrer Kriege, in Afghanistan, nachgefragt, schon war das SPD-geführte Deutschland auch dort militärisch zugange, und zwar nicht bloß als Hilfstruppe der USA, sondern eben nicht minder als deren weltpolitischer Konkurrent. Daß deutsche Truppen mal bis zum Hindukusch gelangen, davon haben die deutschen Faschisten nur träumen können. Mit der SPD jedoch wurden wirklich Einflußzonen  zu schaffen in Angriff genommen, die wegweisend für die weltpolitische Rolle Deutschlands geworden sind: Kein Fleckchen Erde, wo dieser Staat nicht seine Mitsprache und Zuständigkeit anmeldet, mit seinem ganzen, erpresserischen Gewicht dahinter (insbesondere SPD-Außenminister wie Steinmeier, Gabriel und Maas taten bzw. tun sich da in der heldenhaften Tradition von Genscher und Fischer hervor)!

Daß die Verdolmetschung der neuen deutschen Erfolge allen geheuchelten Rechtfertigungen zum Trotz bei den eigenen Bürgern nicht recht verfing, war der amtierenden Staatspartei sehr ärgerlich. Viele von ihnen, die sich vom sozialdemokratisch-deutschen Mobilisierungsprogramm nicht recht mitgenommen sahen, wandten sich wieder (2005) der Opposition zu, die sich ihrerzeit zwar kaum seltener an solch radikale innen- und außenpolitische Aufbrüche gewagt hatte — die demokratische Staatsform ist ja ein Wettbewerb um die effektivste, also radikalste Stärkung der Staatsgewalt —, ihnen aber — wenngleich nicht selber gemacht — Respekt zollte, weil sie deren staatszuträgliche Notwendigkeit schlechterdings nicht bestreiten konnte. Nicht von ungefähr ergab sich so für die SPD schon bald die Option, mit ihren bisherigen Konkurrenten, den Unionsparteien zu paktieren. Mit dezidiert rechten Parteien paktiert sie umso lieber, als sie sich, gemeinhin als links gebrandmarkt, damit von eben jenen als nationaler Verantwortungsträger Anerkennung verspricht: Sie möchte es ein für allemal unterlassen haben, in welchem Zusammenhang auch immer als antinational angepinkelt zu werden.

Undankbare Neonationalisten profitieren vom SPD-Kurs und die Gegenoffensive der SPD
Doch wie das politische Leben so spielt: Kaum erweckt die sozialdemokratische Führungselite gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner durch die nonchalante Abarbeitung der staatlichen »Herausforderungen« den Schein, es in ihrer nationalen Verantwortung an Konsequenz, an Radikalität fehlen zu lassen — ein Schein, welcher im wesentlichen in der Frage des Umgangs mit nichtdeutschen Flüchtlingen aufkam —, schon erblüht nationale Kritik, die an der Politik das Nationale, die konsequente Durchsetzung des nationalen Interesses nach Innen wie nach Außen, überhaupt vermißt. Eine solche Haltung ist attraktiv für eine schier unfaßbar devote Masse, die ihrerseits ihre Anerkennung als braves, unabdingbar zur Nation gehörendes und somit zu bevorzugendes Volk zu verlieren glaubt, nach der es zwecks Kompensation all der ihr aufgebürdeten Zumutungen umso mehr lechzt. Insbesondere wildert solch Volk mit seiner Allzweckwaffe, dem Stimmzettel, bei den bislang mit an der Spitze nationaler Radikalität stehenden Sozialdemokraten. Einzelne aus dieser Masse heraus werden gar zu Mördern.

Die Konkurrenz mit einer neuen nationalen Bewegung gedenkt die SPD wie vor 1933 erneut auszufechten und nun eben zu gewinnen. Diesmal nämlich findet sie sich in einer durchdringender denn je staatstragenden Position, welche sie nicht einfach aus der Hand zu geben gedenkt.
»Es geht darum, ob sich große internationale Firmen, die Arbeitsplätze schaffen, noch in den Bundesländern ansiedeln, in denen die AfD stark ist. … Die Politik der AfD vernichtet Arbeitsplätze.« (SPD-Funktionär Klingbeil, AZ, 13.08.2019) Den Vorwurf der neuen Opposition, eine die Nation spaltende Politik zu betreiben, weist die SPD entschieden zurück und wirft den Neonationalisten vor, in ihrer Konsequenz selber Spalter zu sein, indem sie Arbeitsplätze vernichten. Welch exquisite Debatte unter Nationalisten: Sie bezichtigen sich gegenseitig einer völlig untragbaren Spaltung der Nation! Doch nichts lächerlicher, als Anhänger einer neonationalistischen Partei mit einem Programm zur Rettung alter und Schaffung neuer Arbeitsplätze ködern zu wollen: Jene nationalistischen Schreihälse haben längst von jedem Schein einer sozialen Frage — den die geheuchelte Rücksicht auf die Belange der Arbeitskräfte als Arbeitskräfte ausstrahlt — Abstand genommen! Sie haben diese Frage in eine für nötig befundene viel radikalere nationale Antwort übersetzt: Sie leugnen jeden Gegensatz von Staat und Manövriermasse respektive Verwertungsmasse, an welchen solch ein Programm erinnert! »Wir (= das Volk) sind der Staat« und an den Staat gerichtet: »Wir sind das Volk!« und nicht internationale Konzerne! — das ist ihr »antikapitalistisches« Glaubensbekenntnis, welches umstandslos auf die einstige Maxime »Ein Volk, Ein Reich, Ein Führer« rückführbar ist und — nicht minder! — an der entschieden harschen Zurückweisung des zitierten Vorwurfs anknüpft, mit der der SPD vermeintlich ein Stich gegen diese ihre Gegner gelingt.

Wer die deutschen Weltmachtansprüche verinnerlicht hat, der zieht daraus selbstredend auch außenpolitisch Konsequenzen. Er sieht Deutschland an Seite der USA nicht länger wirklich gut aufgehoben. Auch dafür leistete und leistet die SPD allen anderen Nationalisten Vorschub. Sie hat den mit dem zweiten Weltkrieg keineswegs abhanden gekommenen Antiamerikanismus stets zu pflegen getrachtet. Immer wieder gab es Vorbehalte wie bei der »Nachrüstung« (»die BRD als Schlachtfeld der USA kommt nicht so ohne weiteres infrage!«) oder beim Irakkrieg (»nicht vorher konsultiert«) oder bei den Sanktionen gegen den Iran etc.; ganz zu schweigen von der US-Politik unter Trump. »Wo immer die Zusammenarbeit [mit den USA] auf Augenhöhe möglich ist, stehen wir [SPD = stellvertretend für Deutschland] bereit. Wo bloße Gefolgschaft gefordert ist, nicht. … Souveränität heißt, daß wir selbst in der Lage sind, frei zu entscheiden, wo und wie wir mit den USA zusammenarbeiten. Davon aber sind wir [leider] ziemlich weit entfernt.« (Ex-Außenminister Gabriel, SPD; AZ, 04.06.2019) Deutlicher als eben so kann man das Thema »Souveränität« den neuen Nationalisten nicht präsentieren: Die SPD gibt dem Einwand jener Nationalisten im Prinzip Recht, nach dem Deutschland unter nichts so sehr leide wie unter us-amerikanischer Herablassung und Bevormundung, also »fehlender Souveränität«. Allein die zugehörige Heuchelei macht einen in der Sache gegen Null gehenden Unterschied klar: Wir, die SPD, machen die realitätsnahe, seriöse Politik von Deutschland für Deutschland, während die anderen »Populisten« sind, politikunfähig allenthalben, einzig gewollt, auf einen fahrenden Zug schwarzfahrend aufzuspringen oder, anders ausgedrückt, die nationalen Aufgaben allein zu ihrer parteipolitischen Profilierung zu mißbrauchen, anstatt eben die SPD als befugten und erprobten Obwalter nationaler Belange dankend anzuerkennen.
Hinter das apodiktisch antiamerikanischen Projekt EU und dessen Anti-Dollar Währung Euro warf die SPD all ihre Kraft und läßt auf dieses Unterpfand deutscher Weltgeltung nichts kommen. Schließlich ist ja nicht von der Hand zu weisen, daß Deutschland der Hauptnutznießer dieses Projekts war und ist. Es war ja gerade diese »Einsicht« aus dem zweiten Weltkrieg, daß die deutsche Staatsgewalt zwar gegen die USA ankommen will, aber das nicht allein kann, gerade weil und solange dafür ihm die ökonomische Grundlage fehlt. Daher sollen so viele Staaten wie möglich für die Etablierung und Erstarkung deutscher Weltmacht in die Pflicht genommen werden. Ausgerechnet dies wird die SPD nicht müde, den neuen Nationalisten vorzurechnen: Ihnen ermangele es ganz entschieden an »Realismus«, weshalb diese Nationalisten ihrer nationalen Verantwortung in internationalen Fragen nie und nimmer gerecht werden können. 
Nichtsdestotrotz versuchen jene Neuen ihrerseits, dieses supranationale deutsche Projekt als Verrat an der Nation darzustellen: Kontrafaktisch vermissen sie die deutsche Dominanz in Europa: Ein deutscher Nationalismus, der sich Europa buchstabiert, ein deutsches Wir, das in einem europäischen Wir aufgeht, ginge das denn überhaupt? Ja sicher, kontert die SPD und zwar wie folgt: Seinerzeit wurde der SPD-Bundeskanzler Willy Brandt von der italienischen Journalistin Oriana Fallaci, die noch wußte, wie man jemand auf den Zahn fühlt, befragt: »I keep wondering, Chancellor Brandt, if deep in your heart or rather your mind, you‘ve not more European than German.« Und Brandt gab sich auch einer Ausländerin gegenüber keine Blöße, indem er antwortete: »Well… It would be too much to expect a German chancellor who‘s almost sixty years old to admit to that. Especially knowing that Europe hasn‘t moved as far as it should have. No, you can‘t ask me to feel and behave more like a European than a German. One shouldn‘t even ask me to give that impression. So let‘s say I try to be a good European when I assume the responsibilities of a German. To answer your question: no, I‘m German.« (zitiert nach O. Fallaci, Interview with History, Boston, 1976, S. 217f)
 
Wer nun die Neonationalisten wieder heim ins Reich der SPD holen möchte, der wird ihnen nichts wirklich Grobes vorwerfen wollen, der tut im Gegenteil alles dafür, ihnen gewissermaßen in allem, was ein deutsch-nationales Herz bewegt, mit dem Hinweis zu entsprechen, daß Anliegen, die von einer wirklich seriösen Sorge um die Nation getragen sind, allein bei ihr ihre politische Heimstatt finden. Etwa so:
Deutschen Autofirmen möchte die SPD keineswegs zu nahe treten, obschon diese deutsche Gesetze vorsätzlich hintergangen haben. Hingegen möchte die Partei gerne us-amerikanische internetbasierte Firmen zur Kasse bitten — hierfür warb sie bei den letzten Europawahlen. Der Scheidung des internationalen vom nationalen Kapital, des raffenden vom schaffenden Kapital, des schlechten vom guten Kapital — ein Bestandteil faschistischer Ideologie — ist mit den SPD-Vorstellungen der Boden bereitet, wenngleich die Partei ganz im Gegenteil meint, entzogen.
Die Neonationalisten können voll auf die alte SPD aufbauen, wenngleich sie diese gründlich, ignorant wie ihr Nationalismus es nun mal erfordert, einfach nicht verstehen wollen.

Auch »links« gibt es nationale Abweichler
Die Linkspartei interpretiert die SPD nicht weniger in ihrem Interesse, dem nationalen Vorankommens Deutschlands in Europa und in der Welt, nur eben ein wenig anders. Die Linkspartei pflegt unbeirrt ein altes Vorurteil hinsichtlich der SPD weiter. Während die SPD in ihrer Karriere alles tat, zu widerlegen, daß sie in irgendeiner Weise ernstzunehmend sozialistisch sei, hält die Linkspartei, die es offenkundig scheut, Geschichtsbücher aufzuschlagen und logische Schlüsse aus Fakten zu ziehen, weiterhin felsenfest daran fest, daß eine sozialdemokratische Partei doch irgendwie einen sozial-moralischen Kern haben müßte. Dies wiederum fußt auf der Vorstellung, ein kapitalistischer Staat wäre doch irgendwie sozial oder zumindest sozial gestaltbar, und zwar anders und besser als der Staat als ideeller Gesamtkapitalist, als ein über den Klassen stehender Klassenstaat, es gerade (noch) für ökonomisch nötig hält. Die SPD steht auf dem Standpunkt, daß zuviel Sozialstaat die Wirtschaftsproduktivität lähmt: Der Staat leide unter den Soziallasten, von denen er entlastet werden muß! Sie fordert, Arbeitslose wieder in den Verwertungsprozeß der Wirtschaft zu bringen und kreiert jede Menge Anreize fürs Kapital zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Verhinderung von deren Abschaffung. Auch die Ausweitung der Lebensarbeitszeit möglichst bis ins Grab ist mit ihr locker zu machen. Usw. usf. Nur als verwertete Arbeitskräfte nämlich kann der Staat von ihnen profitieren: Man denke nur an den dicken Brocken Lohnsteuer — ein unmittelbarer Abzug vom Wert der Arbeitskraft —, der direkt in die Staatskasse fließt und gar nicht genug fließen kann. Und dieser Abzug ist der staatlichen Schröpfung nicht genug, wie jeder weiß.
Auf der anderen Seite möchte die SPD — ebenfalls ihrem fundamentalistischen Deutsch-Nationalismus gemäß — brach liegendes nicht benutztes Geld für jene Anreize und sonstige, höhere Staatsaufgaben wie den immerzu aufzustockenden Militäretat flüssig machen. »Seit ich Bundesfinanzminister bin, hat sich der Verteidigungsetat so stark erhöht wie lange nicht.« (SPD-Friedenspolitiker Scholz, AZ, 20.04.2019) »Ich bin nicht gegen eine Erhöhung des Wehretats, aber ich befürchte, daß die Erhöhung der Verteidigungsausgaben solange nichts bringt, solange die Bundeswehr im Zustand organisierter Unverantwortlichkeit bleibt.« (Gabriel, AZ, 02.08.219). Da braucht es halt die SPD: Die CDU kriegt es einfach nicht gebacken und die neonationalistische Konkurrenz findet ein Einfallstor! 

Und so soll brachliegendes Kapital auch für viele andere Bereiche nutzbar gemacht werden: Für die Grundlagenforschung, einer Gratishilfe für das deutsche Kapital; für noch mehr Autobahnen und sonstige Infrastruktur natürlich direkt wie indirekt für das deutsche Kapital; Hilfen zwecks Energiewende, natürlich allein für das deutsche Kapital etc. Deshalb fordert der regierungsamtliche SPD-Nationalismus u.a. die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Bei den »kleinen Leuten« ist leider nicht mehr allzuviel herauszuholen: »40 % der Haushalte in Deutschland können von ihrem Einkommen nichts zur Seite legen und Vermögen [!] aufbauen, zum Beispiel für die Ausbildung der Kinder [von wegen eine Staatsaufgabe!], Wohneigentum [für das Geschäft derer, die darauf spekulieren!] oder die eigene Altersvorsorge [daß das keine Staatsaufgabe ist, sondern als Kapitalanlage zusätzlichen Lohnabzug bedeutet, auf diesen famosen Gedanken kam nicht zufällig ebenso ein SPD-Kopf namens Riester wie bei der Kostenminimierung von Sozialhilfeempfängern einer namens Hartz]. Sie fragen sich: Können wir uns die Pflege unserer Eltern leisten? Was heißt Klimaschutz für mich? Wie teuer wird Autofahren für mich als Pendler? Was bedeutet die Digitalisierung für meinen Beruf…?« (Ein abgrundtiefes Verständnis heuchelnder SPD-Funktionär namens Pistorius, AZ, 04.09.2019) Damit die mündigen Untertanen nicht auf einen abwegigen Gedanken kommen, nämlich den, nicht der SPD anzuhängen, ist die Funktionalität des Klassenstaates reibungsloser als bisher zu gewährleisten. Das ist der höhere Zweck des Hörens auf die Sorgen der kleinen Leute! Die Frage, wodurch und durch wen Reibungen überhaupt verursacht worden sind, ist nicht am Platze.
Ebenso selbstverständlich findet in der SPD jeder Gedanke eine politische Heimat, der einen staatsfernen Gebrauch von Kapital aufspießt. Das deutsche Kapital habe zum deutsch-nationalen Welterfolg beizutragen und nicht, diesem abträglich zu sein, den Standort Deutschland vielleicht gar noch in ein schiefes Licht zu rücken. So sah sich ein deutscher Autokonzern kürzlich mit einer Verstaatlichungsdrohung durch einen ambitionierten SPD-Jungfunktionär konfrontiert. So wenig diese Äußerung in praktischer Hinsicht ernst gemeint war oder gar irgendetwas mit Sozialismus zu tun hat, so hat sie einzig mit dem von der Partei vertretenen Nationalismus zu tun: Ein deutscher Konzern hat nicht allein an den Profit zu denken, sondern darüber hinaus an seinen nationalen Standort! Während demokratische Medien natürlich sofort einen, wenn auch noch so matten, verbalen Anschlag auf die Freiheit — die des Kapitals, versteht sich — witterten und sich darüber ereiferten, schöpften (utopische) Linke sofort wieder Hoffnung: Die SPD bzw. zumindest einer ihrer Flügel, besinne sich auf ihre uranfänglichen, sozialistischen Wurzeln…. Auf solche Weise bestätigen solche Interpreten noch den Vorwurf an die SPD von der anderen Seite, die von einem »Griff in die sozialistische Mottenkiste« quakt, so oft es ihr in den Kram paßt, die SPD schlecht zu machen.
 
Das nur ein Beispiel. Ein weiteres wäre die Thematisierung eines Geldwäschegesetzes und in diesem Zusammenhang eines Umbaus der Grunderwerbssteuer. Illegale (d.h. nicht be- und versteuerte) Gelder fließen Erhebungen zufolge vorzugsweise in »Betongold«. Für die SPD ein nicht länger hinzunehmendes Vergehen des im Immobiliensektor angelegten Kapitals: Der Staat werde umgangen, das sei staatsschädlich und damit per se kontraproduktiv. Und mit den Mieten geht es weiter. Es kann ja der SPD zufolge nicht sein, daß das im Immobiliensektor angelegte Kapital die Lohntüten der Beschäftigten quasi monopolisiert auffresse, nichts mehr für die anderen Abteilungen des Geschäftemachens übrig bleibe, die ihren Profit aus den Revenuen der lohnabhängiger Mieter ziehen. Gar nicht zu reden von den staatlichen Lohnabzügen, die so unantastbar sie sind, nicht mehr bei Bedarf nach oben flexibel wären. Nach SPD-Ansicht sind für die Mieten nicht etwa die Löhne viel zu niedrig, vielmehr störe die Mietpreisspekulation den nationalen Zusammenhalt: Denn so könnte ein Klassengegensatz zur Sprache kommen, oh weh! Eine nationale Volksgemeinschaft liegt der SPD offenkundig nicht weniger am Herzen als den Faschisten. Ein ums anderemal beklagt diese Partei — und mit ihr ihre Nebenorganisationen, die im DGB vereinigten deutschen Gewerkschaften — eine »Spaltung der Nation«. Ganz so, als läge die nicht schon mit eben diesem Staat und seiner Wirtschaftsform in vollendeter Ausführung vor. Der Übergang von einer institutionalisiert funktionellen Klassengesellschaft (SPD) zu einer offensiv als solche existierend dementierten (Faschismus) besteht allein in der Dosis der angewandten staatlichen Gewalt, die divergierenden Interessen dieser von Staats wegen frei gesetzten Gesellschaft zusammenzuhalten.
In all den Punkten, die die SPD aufwirft, wird der fundamentalistische (Standort-)Nationalismus, dem sich diese Partei verschrieben hat, deutlich: Die Wirtschaft ist, so sehr sie auf der staatlichen Garantie des Eigentums ausgehend kapitalistisch eingerichtet ist, so nichts anderes als die Wirtschaft des Staates. Über den Bilanzen der einzelnen Kapitale steht die Gesamtbilanz eines Staates, hier eben des deutschen Staates. Dessen hervorragendster Anwalt zu sein, ist die raison d‘être dieser Partei. Von den alternativen Nationalisten möchte sie sich keinesfalls ein weiteres Mal die Butter vom Brot nehmen lassen. Und linke Abweichler möchte sie auf ihren staatsaffirmativen Standpunkt festnageln, dem — so ihr gebetsmühlenhaft wiederholtes Dogma — niemand ausweichen könne. 

Die Verwechselung des Nationalismus mit Sozialismus
Daß unter wie auch immer links orientierten Leuten und Parteien die Verwechslung von Staatsaffirmation mit Sozialismus Tradition hat — durch die etwa 70 Jahre dauernde Existenz eines »Realsozialismus« erst recht in die Hirne eingefleischt — macht die Kritik des Staates und der ihm verpflichteten demokratischen Parteien inklusive der SPD, keineswegs überflüssig, ja verlangt, diesen fatalen Irrtum endlich aus der Welt zu schaffen. Die Verwechselung besteht in der Gleichsetzung des propagierten, parteiamtlichen Nationalismus mit — einer somit gelösten — sozialen Frage, mit Sozialismus. Faktisch war in den realsozialistischen Staaten lediglich die Manövriermasse des Staates einer kapitalistischen Verwertung entzogen (sieht man vom ideologisch inspiriertem Westhandel einmal ab — er sollte Frieden stiften). Im Realsozialismus war die Wirtschaft unmittelbar staatlich betrieben, also dem nationalen Interesse unmittelbar — und nicht mittelbar wie in den demokratischen Staaten — unterworfen. Wenn beispielsweise eine Sahra Wagenknecht heutzutage den Staat als den Ordnungsfaktor gegen das unverfrorene Auftreten der Kapitalfraktion einfordert, dann gibt sie sich als Anhängerin eines fundamentalen Nationalismus zu erkennen, einem mit Prädikat sozialistisch. Es versteht sich von selber, daß solch Nationalismus nichts mit der Kritik staatlicher Verhältnisse an sich, mit einer Kritik des real existierenden, demokratischen Nationalismus zu tun hat; er ist ja lediglich der Vorwurf, ein Faktor, eine die Klassen zusammenhaltende Klammer, die nämlich, welche die sozial Schwachen an den Gesellschaft bindet, sei vernachlässigt worden. Einerseits soll auf diese Weise die Gemeinsamkeit mit der SPD beschworen werden. Andrerseits kann an dieser Stelle ein allenthalben national gesonnener Staatsbürger ebenso gut und schnell von einer Linkspartei zu einer Partei wandern, die verspricht, konsequenter durchzugreifen, den Zusammenhalt der Gesellschaft per Gewalt herzustellen.
»Links« eingestufte Personen und Parteien liefern somit sehr gute Grundlagen für immer wieder aufkeimenden Faschismus. Sie halten nämlich eine der Nation verantwortliche Gesinnung ebenso für das Allerverständlichste wie das immerzu noch Vervollkommnungswürdige: Aus einem tiefen Sich-Heineindenken in die Belange der Nation ersprieße, so reimen sie sich das zusammen, ihr sozialer Charakter. Sie düngen so den Boden, auf dem die Front der Ge-täuschten als eben von der Nation überhaupt nicht wirklich Ent-täuschten aller politischen Couleur wachsen kann. Niemand will sich den Vorwurf zuziehen, er verkenne die Interessen der Nation. Die Unzufriedenheit über den eigenen Stand in der Nation mündet denn auch regelmäßig in eine Unzufriedenheit mit der nationalen Führungselite: Diese mache nicht richtig Staat, komme also ihrer Aufgabe nicht oder nur unzureichend nach. Positiv ausgedrückt: Die Kritik verlangt nach richtig durchgreifenden Führern. Niemand findet das faschistisch. Das — und nichts anderes — ist nämlich die gängige und durchaus erwünschte, zumindest aber erlaubte — bekanntlich wurde von den nationalen Verantwortungsträgern (u.a. vom SPD-Chefideologen Gabriel: »Es gibt ein demokratisches Recht darauf, rechts zu sein oder deutschnational.« zu PEGIDA in stern, 04.02.2015) und von besonders kritischen Talkshow-Moderatoren immer wieder mal eine Lanze für faschistische Meinungsäußerungen gebrochen! — Sorte demokratischer Kritik, die als politisches Barometer erachtet regelmäßig in Meinungsumfragen abgefragt wird. Die Konkurrenz von Nationalisten gehört zum demokratischen Staat und Staatsleben. Solch politischer Wettstreit, solch erwünschte Lebendigkeit des Politikwesens soll ja quasi automatisch die Interessen der Nation voranbringen. Die Konkurrenz von Nationalisten ist allerdings, wie beschrieben, eine ebenso erlesene wie erbitterte! Dabei hat sich die SPD eine Meinungsführerschaft erobert, was sich bezeichnenderweise in der Verortung der Bundeskanzlerin ausdrückt: Sie sei aufgrund des SPD-Einflusses mit ihrer CDU nach links gerückt! Daß gerade die SPD der Sache nach ganz schön weit rechts steht und stehen möchte, will ja wirklich niemand wahrhaben! Objektiv betrachtet müßte man feststellen, daß die SPD die Bundesrepublik ganz schön weit nach rechts gerückt hat! Ja, geradezu den Neonationalisten in die offenen Arme.

Die chronische Beschwörung der Unverbrüchlichkeit ihres nationalen Kurses
Wie hieß doch mal ein charakteristischer Wahlspruch der SPD? 
»Weiter arbeiten am Modell Deutschland.« (1976 – 101 Jahre nach »Gotha«!)
Zu ihrem Leidwesen ist sie dabei nie konkurrenzlos: Allen anderen fehlt einfach das Verständnis für ihr so überaus geniales nationales Wir! (Flenn‘ doch, SPD, wie einst Dein Otto Wels, vielleicht hilft‘s diesmal!)

(26.10.2019)

bluete

150 Jahre — »Das Kapital«

 koka

150 Jahre — »Das Kapital«

Unverdrossener Kampf gegen Marx‘ Erkenntnisse

Das Kapital selber ist ein gesellschaftlicher installierter Zweck, der sich heute mehr denn je — mehr noch als zu Marx‘ Zeiten — von selbst versteht. Der Zweck — Kapital muß sich als (produktives) Kapital verwerten, um sich als Kapital (in seiner abstrakten Form, als Geldkapital) zu erhalten (was seine Vermehrung einschließt) —, ein Zweck, an dem niemand vorbeikommt. Gerade weil von ihm alles andere abhängig und auf diese Weise anerkannt wird — sogar das Werk selber, eben allein als Verkaufsschlager: "Selbst in optimistischster Stimmung hätte er es nicht für möglich gehalten, daß sein insgesamt 2.200 Seiten starkes Hauptwerk — Band zwei und drei gab Engels erst nach Marx’ Tod heraus — jemals zum internationalen Bestseller avancieren würde.“ (Michael Brackmann im Handelsblatt, 13.04.17, hieraus soweit nicht anders angegeben alle weiteren Zitate) Aber eben allein in dieser Art.

Zweck ist das Kapital dem Staat selber, der seine Mittel aus eben dieser seiner kapitalistischen Ökonomie saugt, schließlich hat er diese ja eben dafür eingerichtet. Und längst tut das jeder Staat auf der Welt, selbst das formal kommunistisch gebliebene China. Der Bevölkerung der Welt solle das Kapital nicht als Not erscheinen, der sie unterworfen ist, sondern als unschlagbares Angebot, selber reich werden zu können. Das Kapital beinhaltet somit keinerlei Vorwurf an und für sich, ganz im Gegenteil: Einen Vorwurf an die Adresse derer, die den Aufstieg nicht schaffen: Ihr wart nicht schlau genug, ihr vermochtet es nicht, zu den Erfolgstypen zu gehören, die als Vorbilder gelten und als solche sogar als nationale Führer Anerkennung finden, wie kürzlich ein Immobilienhai in den USA und ein Investmentbanker in Frankreich, die zu Präsidenten dieser mächtigen Staaten gewählt wurden. 
Das schließt nicht aus, als Angehöriger der Arbeiterklasse in die Sfären der Staatsgewalt aufzusteigen und dann — wie beispielsweise eine deutsche Ministerin für Arbeit & Soziales —, die Arbeiterklasse nach Kräften zu malträtieren: Sei es mit einem (neuen) »Arbeitnehmerüberlassungsgesetz« — es erlaubt und regelt den Verkauf der Ware Arbeitskraft durch fremde Hände, also per se zu zuzüglichen Ungunsten des Arbeiters —, sei es mit »einem Gesetz zur Rechtsvereinfachung SGBII«, das eine Kürzung der Sozialleistung für alleinerziehende Mütter im Rahmen von Hartz IV vorsieht etc.etc. Das schließt freilich ein, daß solch Emporkömmling aus der Arbeiterklasse ebenfalls so denken muß, wie es die kapitalistische Staatsräson erfordert. 
Das schließt fernerhin ein, daß auch ein Gebildeter seine Bildung an eben dieser Erfordernis zu relativieren hat: So treten dann die Intellektuellen an, wenn sie auf Marx‘ Kapital anläßlich eines Jahrestages zu sprechen kommen. Zum einen wissen sie gleich, daß da eine Anstrengung vorliegt, die historisch ist, also für die heutige Moderne gerade mit ihrer so eingeordneten Anerkennung keine weitere Anforderung stellt. Was soll einer, der am Erfolg seiner Nation und deren ins Recht gesetzter kapitalistischen Wirtschaftsweise interessiert ist, also diesbezüglich mit- und weiterdenkt, schon mit einer Analyse anfangen, die eine klare Absage an diese Gesellschaftsordnung impliziert? 
Einer weiteren Einordnung des als historisch apostrofierten Werks liegt für die Vor- und Nachdenker solcher Nation auf der Hand: Was mag den Menschen Marx geritten haben, seinen Verstand zu einem — von jenen Geistern praktisch für unnütz erachtetem — Werk zu veranlassen, das über seinen fehlenden Gebrauchswert hinaus zu unerwünschten und schlimmen Konsequenzen geführt hat, die gar nicht oft genug erwähnt werden können: "War der weltweite Einfluß des »Kapitals« und der Marxschen Theorie nicht geradezu verheerend? Tatsächlich diente Marx vielen Revolutionären als Inspiration und Legitimation für ihre meist brutalen Gesellschaftsexperimente — von Lenin und Stalin in der Sowjetunion über Mao Zedong in China bis hin zu Pol Pots Terrorregime in Kambodscha. Der positive Einfluß, den der Marxismus auf die antikolonialen Befreiungsbewegungen des 20. Jahrhunderts ausübte, kann dieses düstere Gesamtbild kaum aufhellen.“(HB) Einen Zusammenhang mittels Überprüfung des von Marx Gesagtem mit dem, was die realsozialistischen Staaten dann ins Werk gesetzt haben einschließlich der Er- und insbesondere Verklärungen ihrer Führungsriege, herzustellen*, ist für heutige Intellektuelle schon deshalb überflüssig, gerade weil jene sich ja immerzu auf Marx berufen hat. Das jedenfalls macht das HB nicht, wenn es Marx gegen die mutmaßlichen Folgen seiner Intention halbwegs in Schutz nimmt: "Marx allerdings dafür verantwortlich zu machen, was später in seinem Namen geschah, hieße, Geschichtsfälschung zu betreiben.“

Wie kommt ein Mensch wie Marx also auf den Abweg, eine ungewollte Vorlage für unerwünschte Entwicklungen zu liefern, eine politische Ökonomie zu kritisieren, im vorliegenden Werk das Kapital als den Zweck eben dieser politischen Ökonomie. Und die Antwort ist reichlich einfach: Er muß schon ein ziemlich verkorkster Typ gewesen sein. Mit dieser Überlegung kam dann kürzlich gar ein Film in die Kinos: Um den Mann als den Deppen dastehen zulassen, der er ausweislich seiner in jeder Hinsicht konsequenten Ideologiekritik nicht war, legt ihm der Film angesichts des Verdikts des Filmemachers, ihn für den Realsozialismus verantwortlich zu machen, dies in den Mund: "Meine kapitalistische Ideologiekritik ist ja selber eine Ideologie.“ (zit. nach analyse & kritik, 21.03.17) Die Ideologien des Realsozialismus werden als die seinen hingestellt, die er gleichzeitig ebenso unbewußt wie bewußt heraufbeschworen habe: Eine geradezu klischeehaft widergekäute »Erkenntnis«! Und ansonsten nichts als Beziehungskitsch: "Um alle potenziell interessanten Fragen macht der Film einen Bogen.“ (a & k, ebenda) 

Marx als Person abzuschießen, dünkt dem Handelsblatt hingegen nicht genug. Sein Werk selber verdiene es, gesondert diskreditiert zu werden. Das geht zunächst als Diffamierung, indem es dem »Kapital« den Ruf einer Bibel, einer »Bibel der Arbeiterbewegung« (HB) verabreicht, also eines Glaubensmanifests, etwas, was man glauben kann oder auch — im Gegensatz zur richtigen Bibel — lieber nicht, wie der Marxismus bekanntermaßen überhaupt als eine schiere »Ersatzreligion« gilt. Kurzum, dem Werk wird so seine Wissenschaftlichkeit bestritten, als hätte Marx nicht einige Mühe darauf verwendet, der politischen Ökonomie ihren Zweck, den Grund ihrer allenthalben zu Tage liegenden Folgen nachzuweisen, ausgehend von den Erscheinungsformen, in denen sich diese Ökonomie darbietet: Nicht von ungefähr beginnt Marx ja seine Analyse mit der Analyse der Ware. 

Einen wirklich nachvollziehbaren Grund für das Werk kann kein Intellektueller heutzutage in Marx‘ Hauptwerk erkennen. Selbst wenn einer so nah dran ist: "Seine Frau Jenny habe praktisch keinen Cent mehr in der Haushaltskasse, »und die Gläubiger werden täglich unverschämter«, klagte Marx. Jahrzehntelang sollte der Cheftheoretiker der Arbeiterklasse auf die finanzielle Hilfe des Industriellensohns Friedrich Engels angewiesen beleiben.“ (HB) Ist es angesichts einer solchen Lage nicht naheliegend, auf Mittel und Wege zu sinnen, da herauszukommen? Und nicht allein für sich, sondern für eine ganze Klasse zweckmäßig, aus dieser ihrer beschissenen Lage wirklich mal herauszukommen? Und selbst für einen Engels ist es ja nicht gerade erbauend, sich immerzu das Gejammer und die Beschwerden anderer anhören zu müssen, zumal die, wenn sie schon mal auf die Besserung ihrer Perspektive sinnen, sich in aller Regel dafür nicht allzu Zweckmäßiges zusammengedacht haben und nach wie vor zusammendenken — man schaue sich die an, die als Linke oder als Sozialisten/Kommunisten unterwegs sind: Jene sind sich gleichwohl einig mit ihren Gegnern, mit der Betonung von »Praxis« der »Theorie« den Vogel zu zeigen: Der letzte Parteitag der deutschen Linkspartei, einer Partei, die von vielen als kommunistisch angesehen wird, gab davon einmal mehr Zeugnis: Die herrschenden Zustände wurden allesamt als Skandal verhandelt und so ihre systemimmanente Notwendig- und Folgerichtigkeit bestritten. 

Die Marxsche Theorie referiert dann der HB-Autor in grobsten Zügen, in zwei Absätzen, richtig (— übrigens nicht bloß "aufbauend auf Smith und Ricardo“, sondern diese auch so weit wie nötig richtigstellend). Sein Einwand besteht nicht in einer Widerlegung des Referierten, sondern in der Herabsetzung zu einer bloßen Meinung: "Mit der Arbeitswerttheorie meinte Marx, »das Geheimnis der Plusmacherei« gelüftet zu haben.“ (HB): Eine Weitere aus dem Nichts gegriffene Herabstufung und Aburteilung von Marx‘ Erkenntnissen: Zunächst bloß Glaubenssache, dann bloß dessen Meinung, auf die man sich nur dummerweise wirklich einlassen kann.
Und weiter: Mit eben dieser seiner Meinung verstricke sich Marx in einen Widerspruch, der von der Befassung mit dessen Werk — wohl zum Glück! — abschreckt. Marx, so das HB, hätte gegenüber einer seiner Töchter auf Nachfrage erklärt, seine Tugend sei die der Einfachheit. An die freilich habe er sich beim Schreiben seines »Kapitals« nicht gehalten: "Mitunter mutet sein Jonglieren mit den Kategorien Waren-, Gebrauchs-, Tausch- und Mehrwert, sein unentwegtes Drehen und Wenden von Gegenständen und ihre Zerlegung in Einzelbestandteile schon recht kompliziert an. Marx scheint mit seiner Arbeitswerttheorie auch nicht der ganz große Wurf gelungen zu sein. »Mehrwert« und »Surplusarbeitszeit« veranschaulichen zwar in abstrakter Form die konkrete Kluft zwischen der kleinen Luxus-Kapitalistenklasse des 19. Jahrhunderts und dem Massenelend des Proletariats. Letztlich aber sind Lohnkosten nur eine von vielen Rechengrößen eines Unternehmens. Aufwendungen für Investitionen etwa blendet Marx weitgehend aus.“ 
Sicher, beim »Jonglieren« und bei »großen Würfen« kennt sich das dem Kapital verbundene HB aus — in Sachen Marx zeugt das allerdings von der Unkenntnis seines Werks: Klein v (variables Kapital) und klein c (konstantes Kapital) sind die beiden Teile des vorgeschossenen Kapitals, v steht für die Lohnarbeit und c für Fabrikanlagen, Maschinerie, Rohstoffe und alles sonstige. Sie erfahren eine Veränderung — im Laufe eines erreichten neuen Niveaus möglichen Kapitalvorschusses —, zugunsten von c, zuungunsten von v, deren Grund und Notwendigkeit Marx ausführlich erklärt: Somit sollte es unmöglich sein, der wahnwitzigen, heute grassierenden Meinung aufzusitzen, der Mehrwert (als der Unterpfand des Profits) entspringe dem konstanten Kapital aufgrund dessen puren Größe & Notwendigkeit.

Aus welcher anderen Erkenntnis sollte denn sonst die tendenziell sinkende Profitrate abzuleiten sein, die der HB-Autor im dritten Band des Kapitals gefunden hat und die er nicht überlesen wollte? Deshalb nicht, weil eben diese ein Kennzeichen der Krise des Kapitals ist, eine Krise des Kapitals, die sich ja angesichts ihrer Aktualität nicht bzw. nicht mehr (wie Fukuyama 1992) leugnen läßt: Sogar der omnipräsente Hans-Werner Sinn, der dem Kapital nun wirklich nichts Böses will, schreibe dieser Theorie "mit der Null- und Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank“ (HB) neue Relevanz zu. Und weiter, so wird Sinn zitiert: "Die Profitrate des Kapitals ist derzeit offenbar so stark gesunken, daß die Firmen nur noch zu Investitionen verführt werden können, wenn man härteste Mittel wählt und ihnen das Geld beinahe hinterherwirft, ja, sie irgendwann sogar dafür bezahlt, daß sie das Geld leihen und investieren.“ Der HB-Autor setzt hinzu: "Will man diese »Investitionslücke« verstehen, lohnt sich ein Blick in das »Kapital« allemal.“ Nun, wer will das schon? Offenkundig nicht einmal ein Wirtschaftsexperte des Handelsblatts. Aber gut, wenn ein Konjunkturforscher damit etwas anfangen kann und will, soll er es. Die Zentralisation und Konzentration von Kapital sei jedenfalls sowieso unbestreitbar, dazu brauche man Marx nicht. Als habe der das bloße Faktum festgestellt und nicht seine Notwendigkeit aus dem, dem Kapital inhärenten Grund, der »Plusmacherei«, abgeleitet! 

Selbst eine Krise, die selbstverständlich auf dem Rücken der Lohnabhängigen ausgetragen wird, veranlaßt das HB nicht dazu, der Verelendungstheorie recht zugeben. Mit der Verelendungstheorie sei Marx ja nur der damals offensichtlichen Erscheinung gefolgt; den heutigen "relativen Wohlstand für viele“ (HB), konnte er ja nicht kennen: Als hätte die Erscheinungsform der Armut irgendetwas an den Gründen für sie geändert, nur weil sie sich in den Zentren des Kapitalismus modifiziert hat und ihre sozusagen himmelschreienden »Auswüchse« in die »Dritte Welt« ausgelagert wurden — "Die spätere Entwicklung des Kapitalismus aber lief zumindest in den Industriestaaten nicht auf die materielle Verelendung der Arbeiter hinaus.“ (HB) — und von dort auch schon wieder zurück nach Europa schwappt: Die Hungerlöhne, pardon: die Dumpinglöhne in China und der Welt Nr. 3 bezeugen ja nichts weiter, als daß in Industriestaaten wie der Bundesrepublik D die Löhne (inklusive Nebenkosten) zu hoch sind! Während anderswo das Kapital sich mit seinen Hungerlöhnen als Armutsbekämpfer feiern läßt, gelten hierzulande die Löhne nach wie vor als zu hoch, um von Armut sprechen zu können: Dabei würde das Kapital sicherlich auch hier gerne nichts lieber tun, als Armut bekämpfen!

Damit wäre der HB-Autor auch schon bei einer Fußnote: Sie gilt denjenigen Wenigen, die sich »dogmatisch« auf Marx beziehen. Gesellschaftlich relevant sind sie heutzutage nicht, nichtsdestoweniger sollen sie darauf hingewiesen werden, daß Marx kein Dogmatiker war: "Für die krampfhaften und letztlich auch spaßfreien Versuche heutiger Vulgärmarxisten, jeden Federstrich von Marx wie ein kirchliches Dogma zu verteidigen, hätte der Ökonom, Philosoph, Journalist und Revolutionär wohl ohnehin nur Hohn und Spott übriggehabt. Denn zum einen sollte man den großen Denker Karl Marx nicht für eine Spaßbremse halten. Im Gegenteil: Er liebte das Leben und war den Frauen ebenso zugetan wie einer Flasche guten Weins.“ Ganz nüchtern konstatiert er, worin der Alkoholfreund Marx souverän geirrt habe, nämlich in dem Aspekt, auf den das Handelsblatt schwer Wert legt, dem der Spekulation: "Aber was ist mit seiner Prognose, die Produktivkräfte würden eines Tages die Produktionsverhältnisse sprengen? Nun, dafür gibt es in kapitalistischen Gesellschaften bislang kein Fallbeispiel. In diesem Punkt hat sich der Großmeister offenbar geirrt.“ (Diesen »Irrtum« halten viele andere erfolgshungrige Typen wie z.B. Misik — siehe taz v. 10.09.05 — ebenfalls für zentral und für einen Grund, sich seinem Werk im wesentlichen zu verweigern.) Und wenn das gar keine Spekulation war, sondern eine ebenso notwendige wie keineswegs automatisch eintretende Konsequenz? 

Und überhaupt: Wenn man die Welt schon nicht verändern will, kann man sie dann nicht getrost auch mal einfach anders interpretieren? Was wäre denn von folgender Interpretation einer »Sprengung der Verhältnisse« zu halten: Ist die Welt heute nach über zweihundertjährigem kapitalistischen Fortschritts irgendwie weniger kriegsträchtig geworden? Nationalismus, freilich nicht von unbeauftragten »Rechtspopulisten«, vielmehr recht verstanden, ist nun wirklich nicht das Gespenst — zumal wenn er supranational als EU daherkommt —, das an die Wand gemalt werden kann: "Wenn unter den Proletariern aller Länder heute noch ein Gespenst umgeht, dann jedenfalls nicht das Gespenst des Kommunismus, sondern das Gespenst des Rechtspopulismus.“ (HB
Der Nährboden für das, was als Rechtspopulismus mehr verharmlost als kritisiert wird, ist der allgemein durchgesetzte und kultivierte Nationalismus. Der will von der sozialen Frage, die Marx aufgetischt hat, nichts wissen. Während Marx auf dem Gegensatz dieser Frage zum Nationalismus beharrt hat, überführen nicht nur Proletarier diese in eine rein nationale. Für die Intellektuellen, die der national ins Recht gesetzte Kapitalismus als seine Protagonisten und Apologeten hervorgebracht hat, ist allein die soziale Frage ein wirkliches Fantasma!

Nun gut, der Autor hat ja schon festgestellt, daß Marx kein Dogmatiker gewesen wäre, und er bebildert das erneut, zitiert Marx mit den eigenen Worten, daß ihm jedes wissenschaftliche Urteil willkommen sei, und überhaupt, so der HB-Autor, ließe sich aus seinem Werk keine Weltanschauung ableiten. Schließlich ließe er sich als Vorkämpfer der "Rechte der Arbeiterklasse“ begreifen und sogesehen stünde er "auf der richtigen Seite der Barrikade“(HB). Nämlich auf der im Interesse des Kapitals notwendigen Seite der Fabrikgesetzgebung, eines regelsetzenden Sozialstaats. Ganz so, als hätte er für diese im einschlägigen Kapitel seines »Kapitals« Partei ergriffen, als hätte er überhaupt für den Klassenstaat, für die politische Gewalt zwecks Institutionalisierung und Ausgestaltung ihrer Ökonomie (inklusive einer Tarifautonomie) Partei ergriffen..

Synthetisiert in Form eines Besinnungsaufsatzes bürgerlicher Schule: "Das Verdienst von Marx besteht darin, mit seiner dialektischen Methode den Unterschied zwischen Wesen und Erscheinung, zwischen Sein und Schein des Kapitalismus an vielen Punkten plausibel herausgearbeitet zu haben. Die klassische Nationalökonomie betrachtet technischen Fortschritt mehr oder weniger als Zufallsprodukt. Marx zeigt hingegen, daß Fortschritt und die damit verbundene Änderung der Produktionsmethoden grundlegende, zugleich zukunftsweisende wie krisenträchtige Züge des Kapitalismus sind. … Marx schuf Mehrwert.“ 
Marx auf ein begriffsloses Beschreiben der Wirklichkeit herunterzubringen und ihn mit einem ganz anders gemeinten Begriff aus dessen eigenem Repertoire zu qualifizieren, ihn mit jenem Begriff letzthin doch der durchgesetzten Ideologie »Wirtschaftswachstum« zu verpflichten, das schließlich ist keine Qualifizierung, sondern eine Abqualifizierung; seine Erkenntnisse gelten als solche nichts, sie sind folgenlos und haben folgenlos zu bleiben: Man interpretiert sie dermaßen begriffslos, wodurch sie entbehrlich sind: Wirklichen Mehrwert schaffen sie nicht. Als Schreiber ebenso realitätsbezogener wie hintergründiger Geschichten, als ebenso grund- wie folgenloser Methodiker mag er durchgehen, aber doch nicht als einer, der ebensowenig interesselos wie unnötigerweise das politökonomische System erklärt hat…

(25.06.17) 

* Wen das Thema Realsozialismus aus Marxscher Sicht interessiert, dem ist dieses Buch zu empfehlen: "Von der Reform des »realen Sozialismus« zur Zerstörung der Sowjetunion", GegenStandpunkt-Verlag