

Der Mensch ist nichts als Materie! Man hört schon den Einwand: Aber sein Geist! Diesem Einwand hält Marx die Erkenntnis entgegen, daß der Geist die Materie ist, die denkt¹. Wie jedes Stück Materie verfügt auch der Geist über besondere Eigenschaften, Eigenschaften die andere Materie nicht besitzt. Tiere zum Beispiel können nicht denken, ihre Konstitution läßt sie keine Begriffe bilden und sie können sich somit mittels solchen nicht ausdrücken.
Materie, die denkt, denkt notwendigerweise – so möchte man annehmen – materialistisch, das heißt an ihre eigenen Bedürfnisse, die es zu befriedigen gilt. Von den materiellen Bedürfnissen abstrahierende Gedanken, zu denen der Geist natürlich ebenso fähig ist, dienen nicht den materiellen Bedürfnissen. Sie dienen anderen Bedürfnissen. Diese drücken sich in Begriffen aus, die niemandem fremd sind: »Nation« zum Beispiel oder »Demokratie«, »Freiheit« usw. usf. Die Materie Geist erkennt sofort, daß es sich hierbei weder um einen Apfel, in den der Mensch hineinbeißen kann, noch um einen Braten handelt, bei dem einem schon beim Anblick das Wasser im Munde zusammenläuft. Im Bereich abstrakter Begriffe spielt sich Politik ab. Diese erstellt Rahmenbedingungen für den Genuß von Apfel und Braten her, Rahmenbedingungen übrigens, die unappetitlicherweise das Verfügen über Geld notwendig machen. Mit ihrer Gewalt kann die Politik das. Weshalb also läßt sie nichts auf diese ihre Gewalt kommen, verlangt vielmehr unerbittlich ihre Anerkennung? Offenkundig dient eine geldbezweckte Gesellschaft dem Staat selber.²
Nun ist Politik in den Figuren vergegenständlicht, die gemeinhin als Politiker oder Staatsmänner bezeichnet werden. Als solche denken diese nicht an ihr eigenes materielles Wohl, das ist ihnen ja gerade von Amts wegen verboten. Und damit sie nicht auf schnöden privaten Materialismus zurückfallen, werden sie hoch besoldet, was sie selber aus eben diesem Grund beschließen. Als Politiker sind sie für ganze andere Bedürfnisse da, nämlich die der Politik, die des Staates. Und dabei dürfen sie nicht an ihre persönlichen Bedürfnisse denken und an die ihrer materiellen Verfügungsmasse, an die ihrer Untergebenen nur bedingt. Sicher keine leichte Aufgabe, der Staatsfunktionäre sich unterwerfen, wovon die Tatsache zeugt, daß sie sich dann und wann wegen lukrativer Nebeneinnahmen zu rechtfertigen haben.
Ihre Untertanen betrachten die Staatsmänner heutzutage nicht einfach so erniedrigend an wie in früh- und vorkapitalistischen Zeiten, nein, sie betrachten und hofieren sie klassenneutral als Bürger, also als Zugehörige zu ihrer großen Sache und Aufgabe. Und deren Größe besteht eben gerade nicht darin, für Braten und Wein zu sorgen.³ Lebensgenuß zu bereiten, wäre ja eine vergleichsweise minderwertige Angelegenheit, eine individualmaterialistische, also geradezu verachtenswerte.
Man sieht, die Bedürfnisse der Politik und die Bedürfnisse nach Lebensgenuß decken sich keineswegs, im Gegenteil, sie schließen sich aus. Denn der Untertan soll ja, so will es die Politik, in den Dienst ihrer Sache gestellt werden, ob er will oder nicht. Sein Braten hängt allein davon ab, ob er sich in diesen Dienst stellen läßt. Diese Abhängigkeit von der Politik soll der Untertan als sein Mittel begreifen. Und er begreift es sehr schnell, weil er als lebendige Materie ansonsten dem Absterben anheimfällt. Es gibt – das ist die Ausnahme – regelmäßig Leute, die lieber krepieren, als sich den Zumutungen der Politik länger zu unterwerfen: Diese werden als Selbstmörder bezeichnet, obwohl es die Politik ist, die sie dahingeschlachtet hat⁴. Was im übrigen den Grund dafür abgibt – der Staat will nicht einer Konsequenz seines Wirkens bezichtigt werden –, daß über solche nicht berichtet werden darf. Als ein solch Todesmutiger öffentlichkeitswirksam vom Augsburger Rathaus sprang, wurde die Staatsgewalt vorstellig und versuchte aller Handyaufnahmen des Vorfalls habhaft zu werden. Die prinzipielle Inkompatibilität individueller materieller Bedürfnisse mit den Anforderungen des Staates wird in solchen Fällen überdeutlich. Doch der Staat verkleistert sie, so gut er es vermag. Wider besseres Wissen und wider ihre eigenen Bedürfnisse dementieren auch die Individuen dies: All ihre Tätigkeiten in ihrem rund um die Uhr abhängigen Verhältnis rechtfertigen sie fast schon automatisch, als hätten sie dieses Verhältnis geradezu selber eingerichtet und auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten. Das ist ihre schier unerschütterliche ideologische Bemühung.
Es fällt ins Auge, daß die Politik gegenüber den Lebensbedürfnissen ihrer Untertanen abgehoben ist. Gerade deshalb sieht sich die Politik immer wieder einmal veranlaßt, »bürgernah« zu wirken, zumal wenn ein Wahlkampf ansteht, der ja in der Ermächtigung der Politik resultieren soll und resultiert. Es geht darum, welche Köpfe die Staatsgeschäfte führen sollen. Dementsprechend ist ein Wahlkampf ein ausgesprochener Personenkult und dementsprechend wenig sachlich sind auch die Bandagen, mit denen gerungen wird. Sicherlich versprechen die Politiker, wenn es ihnen gerade mal in den Kram paßt, den Untertanen mitunter Wohltaten. Das macht sie allerdings des »Populismus« verdächtig. In der Sache ist dies jedoch reine Heuchelei. Ein Staatsmann, der auf sich hält, schenkt reinen Wein ein: Alle müssen nun mal um des lieben Staates willen den Gürtel enger schnallen! Dies verkündend argwöhnt er, daß Lebensgenuß bei seinen Untertanen nur zu einem dem Staatswesen abträglichen Verhalten führen kann: Wer das Leben zu genießen trachtet, der stellt sich nicht mehr mit voller Willenskraft in den Dienst der Nation, die ganz anderes, unvergleichlich Großes vorhat. Das ist die anspruchsvolle Logik des Staates! Und ein Politiker weiß gleichzeitig sehr gut, wo die Daumenschrauben hängen, für die Untersten heißen die: Hartz IV, pardon: seit kurzem mit verklärter Bezeichnung: »Bürgergeld«. In Sachen bürgerfreundlicher Heuchelei übertreffen sich die verschiedenen Politiker gegenseitig. Auch der »Sozialstaat« selber ist keineswegs als staatliche Wohltat erfunden, freilich als solche oft mißverstanden worden. Er ist vielmehr der Funktionalität einer auf Ausbeutung beruhenden Gesellschaftsordnung geschuldet.
Worum geht es also bei der Umwerbung der Untertanen als »mündige Bürger«, als »Wähler«? Es geht um die Anerkennung von Bedürfnissen, die den eigenen Bedürfnissen des Stimmviehs im Weg stehen! Staatliche Bedürfnisse, dafür soll es herhalten, dazu soll es an Leute, die sich als Politiker aufzublasen verstehen, die an sich wertvolle eigene Stimme übergeben, diese also entwerten. Und es kriegt noch nicht mal einen Apfel dafür! Ganz im Gegenteil, es werden Figuren ermächtigt, die einem selbst einen Apfel vorenthalten, wenn man sich nicht das nötige Geld dafür zuvor sauer verdient hat.
Den verehrten Bürgern ist es in Fleisch und Blut übergegangen, daß sie von der Politik und den (Über-)Lebensbedingungen, die sie schafft, abhängig sind. Diese Abhängigkeit ist ihr zweites Ich. Damit steigen sie in jede Debatte ein, sofern sich eine solche ergibt. Sie sagen nicht schlicht und einfach, die Abhängigkeit ist Scheiße, nein, sie beziehen sich in ihrer Praxis berechnend darauf. Berechnend, nicht allzu kurz zu kommen und jedenfalls besser in und mit dieser Abhängigkeit zurechtzukommen als Hinz & Kunz, mit denen sie sich vergleichen und mit denen sie sich im Wettbewerb befinden. Kontrafaktisch bilden sie sich damit ein, daß sie in den Verhältnissen, denen sie unterworfen sind, eher gut als schlecht aufgehoben sind. Jeder, so denken sie, sei nämlich seines Glückes Schmied.⁵
So weit, so beschissen. Doch nun ist etwas passiert, was den Alltag außergewöhnlich tangiert und nicht zu leugnen ist und was zart empfindende junge Seelen aufgeschreckt hat: Die menschengemachte Klimaveränderung, genauer: die politikgemachte Klimaveränderung.
Aber so genau wollen jene Seelen es dann auch nicht wissen, was daran festzustellen ist, daß sie nicht die Politik als solche dafür verantwortlich machen, sondern die, welche für diese Politik Verantwortung tragen. Und in den Augen der Protestbewegung, kann nicht sein, was nicht sein darf: Sie appellieren tagaus tagein an eben jene Staatsfunktionäre, die natürlich davon weitgehend unbeeindruckt ganz andere Interessen, Sachzwänge der Politik eben vertreten und durchsetzen. Kurz, Klimademonstranten und andere täuschen sich über die Verhältnisse, denen sie unterworfen sind, ganz einfach deshalb, weil sie selber auf die Politik setzen, von der sie glauben, sie wäre für sie eingerichtet, also auf den Schein, mit dem sich die Politik selber allzu gerne umgibt, hereinfallen! Ansonsten würden sie gewiß was ganz anderes machen: Sie würden danach trachten, der Politik ein Kontra zu geben, zumindest darüber ernsthaft nachzudenken, wem das Handwerk zu legen ist. Ist es das Kapital, das für die übergeordneten Interessen des Staates Reichtum schafft? Es steigert ja das Wirtschaftswachstum, des Staates materielle Substanz in abstrakter Form, in Geld eben. Woran man, nebenbei bemerkt, sehen kann, daß das Geld in der Tasche des Untertanen völlig fehl am Platze ist und, sofern es sich dorthin verirrt hat, es schnellstmöglich auch wieder dahin befördert werden soll, wo es zweckmäßigerweise auch hingehört und gut aufgehoben ist, nämlich beim Kapital zu dessen Verwertung und damit der Schaffung von Reichtum abstrakter Sorte (= Geld), woran sich der Staat zu seinem Nutzen zu bedienen erlaubt, freilich nur insoweit, als er die Kapitalverwertung nicht abwürgt, was ja auch ganz blöd wäre. Im Gegenteil verspricht er, das Kapital eben mit seinen Mitteln zu fördern und zu diesen Mitteln gehört vor allem seine Gewalt, die er gegen die eigenen Untertanen ebenso zur Geltung bringt wie gegen andere Staaten und deren Insassen; als »Rechtsstaat« versteht sich, nicht minder als rigider Polizeistaat und allzeit kriegsbereiter Staat. Und in diesem Verhältnissen finden sich die Klimaschützer von der »Letzten Generation« und andere weniger Skrupellose. Sie wundern sich schwer, daß sie ins gesellschaftliche Abseits gedrängt und bisweilen gar als Kriminelle verfolgt werden. Wozu sind sie eigentlich die Materie, die denkt? Ja, auch der Geist selber läßt sich wie jede andere Materie unzweckmäßig gebrauchen. Ein Tier bemerkt übrigens instinktiv, wer sein Feind ist, es ist gar nicht dazu in der Lage, ihn zu verkennen. Der Geist einer »Letzten Generation« und anderer Gutgläubigen schafft es hingegen, seinen Feind als solchen total falsch aufzufassen.
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¹ Karl Marx: »Man kann den Gedanken nicht von der Materie trennen, die denkt. Sie ist das Subjekt aller Veränderungen.« (Marx-Engels Werke – MEW 2, S.136)
² Der Zusammenhang zwischen Staat und Geldwirtschaft wird zum Beispiel in dem Buch »Der bürgerliche Staat«, GegenStandpunkt-Verlag, erklärt.
³ Kapitalismus ist Ideologie, insofern vorstellig gemacht wird, für das Wohl seiner menschlichen Manövriermasse Sorge zu tragen wäre sein Zweck.
⁴ Bertolt Brecht: »Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.« (aus Me-Ti, Buch der Wendungen)
⁵ Ein Selbstmörder denkt übrigens genauso: Er verurteilt sich als Versager zum Tod.
23.04.2025
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Aus eigener Stärke heraus lassen sich viele Tatsachen schaffen, Tatsachen, an denen sich dann andere zu orientieren haben, mehr oder weniger notgedrungen. Eine komfortable Position, in der die USA samt ihrer G7-Truppe es sich eingerichtet haben.
Doch das hat, wie so Manches, seine andere Seite. Es verführt nämlich teils zu einer Ignoranz gegenüber der Außenwelt und teils — soweit eben doch nicht ignoriert, weil nicht ignorierbar — zu einer multiplizierten Feindschaft gegen die, welche sich nicht an den Vorstellungen und Anforderungen der »Freiheit« orientieren, vielmehr aus guten Gründen ihre eigene Interessen verfolgen.
Die G7-Staaten und insbesondere die Supermacht, der sie anhängen, sind so frei, um eine jeweils passende, d. h. abgestufte Antwort zu finden. Da ist zum einen die intensivierte Werbung für das eigene Lager, gewaschen und schöngefärbt versteht sich. Dann die Bestrafung der — in aller Regel gar nicht vorsätzlich — Zuwiderhandelnden mit Wirtschaftssanktionen. Ferner die Ausweisung ihrer Staatsangehörigen. Und wenn alles nichts fruchtet, dann militärische Drohungen bis hin zum heißen Krieg. Daraus folgt, daß diese Staaten an Frieden nur sehr sehr bedingt interessiert sind. Nämlich dann, wenn eine friedliche Erpressung fehlschlägt.
Sie haben die Glanzleistung vollbracht, den Begriff Frieden zu einer Ideologie zu transformieren, die dogmatisch für weitere hochgerühmte Ideologien stehen, freedom & democracy.
Wer über diese Wahrheit ein Wort verliert, wird aus dem öffentlichen Dialog ausgeschlossen. Zum großen Glück für die Freiheitspropagandisten kommt so gut wie niemand auf die Idee, sich darüber Gedanken zu machen, was man sagen soll und darf und was lieber nicht. Viel zu sehr ist die Gesellschaft im Sinne »ihrer« Herrschaft indoktriniert worden, als daß sie etwas anderes auf der Zunge haben könnte als ein Papagei. Denn die herrschende Gesellschaftsordnung ist alles andere als eine im Prinzip »offene« Gesellschaft: Daß die offen sei, ist ein Gerücht, das weite Verbreitung gefunden hat, insbesondere unter Intellektuellen, die, gutgläubig wie sie allenthalben sind, sich an der Nase herumführen lassen.
Die heutige Wirklichkeit läßt dieses Gerücht kaum länger zu. Manch einer hat das daran gemerkt, was alles an staatlichen Machenschaften enthüllt wurde — es sei an Edward Snowden und Julian Assange erinnert —, obschon es der Geheimhaltung oder gar strengster Geheimhaltung oblag. Doch noch beharren selbst sich für aufgeklärt haltende Leute an ihren Selbsttäuschungen. Rede- und Meinungsfreiheit — wofür braucht es die eigentlich? Mitnichten will man bemerken, was dieses Geschenk des Staates bedeutet und warum es dem Staat eben deshalb so wertvoll ist: Der mündige Untertan soll gefälligst und ganz prinzipiell für die herrschenden Verhältnisse eintreten und ansonsten vorzugsweise die Klappe halten! Oder aber seine eigene Meinung als bloß seine eigene, also für gesellschaftlich völlig irrelevant, erklären.
Kurzum, die G7-Staaten haben also leichtes Spiel mit ihren Untertanen, die sie zu freien Bürgern geadelt haben. Manch einer, der sich an Kritik versucht hat, ist daran gescheitert, daß mit großer Bürgernähe über ihn hinweggegangen wurde, als würde er gar nicht existieren: Sein Fehler war, daß er auf Anerkennung seitens der Obrigkeit gesetzt hat.
Allein über die militärische Schlagkraft anderer Staaten können die USA nicht so ohne weiteres hinwegsehen und hinweggehen, heute weniger denn je. Das politische Establishment in Washington DC schäumt ganz offen vor Empörung. Kriegsträchtige Provokationen sind fällig, auch dann, wenn sie in Kriege münden und ganze Länder in die Steinzeit zurückgebombt werden. (In solchen Fällen ist natürlich nicht von Menschenrechtsverletzungen und Völkerrechtswidrigkeiten die Rede!)
Doch auch der Ruin der eigenen famosen, kapitalistischen Nationalökonomie ist durch eine aggressive Politik heute ganz jenseits einer Kapitalüberakkumulation vorgezeichnet. Das aktuelle Beispiel ist der Wirtschaftskrieg, den die USA mit Zöllen angezettelt haben. Und wenige Jahre zuvor wurde ein heißer Krieg gegen Rußland in Szene gesetzt, der nach wie vor unvermindert andauert und der die kriegsführenden Ökonomien nicht minder in Mitleidenschaft gezogen hat.
Nun pfeifen es die Spatzen von den Dächern, daß weder ein ökonomisch noch ein zusätzlich militärisch ausgetragener Konflikt die Früchte trägt, die der Grund für sie sind.
An dieser Stelle stellt sich über kurz oder lang die Frage, wie fatalistisch die politisch Verantwortlichen gesinnt sind. Im Falle China, das immerhin etwa 15% seines Außenhandelsüberschusses mit den USA hat¹, schreien die USA geradezu nach Krieg, zumal China ganz empfindliche Gegenzölle (auf seltene Erden!) zu erheben gedenkt: Am besten China zu einer erwünschten Reaktion, einem Einmarsch auf seiner Insel Taiwan treiben! Die US-Vorbereitungen zu einem Krieg gegen China laufen jedenfalls seit geraumer Zeit mit Hochdruck in ganz Ostasien. Zwar ist der koreanische US-Statthalter mit dem Verkünden des Kriegsrechts etwas vorgeprescht, doch ändert eine allzeit austauschbare Personalie nie das Ziel. Das gilt auch für das Amt des US-Präsidenten selber.
Und es ist keineswegs so, daß die USA das EU-Europa außer acht ließen. Schließlich haben dessen Ambitionen Trumps Meinung zufolge den USA einen nicht gewinnbaren Konflikt mit Rußland eingebrockt. Und überhaupt so Trump: »Look, let's be honest, the European Union was formed in order to screw the United States.« (08.04.2025, sämtliche NA)²
Soll in Westasien, also im Nahen und Mittleren Osten der Genozid des Zionistenregimes für die USA die »freie Welt« retten oder wie sonst ist die vorbehaltlose Bewaffnung und finanzielle Unterstützung Israels zu verstehen? Es ist fraglich, ob diese Rechnung aufgeht, ohne daß die USA da selber eingreifen, wo Faschisten das wünschen. Daß im Iran ein ihnen höriges Regime 1979 weggeputscht wurde, haben die USA ja ohnehin nicht verwunden. Trump ist ein brutales Bombardement, wie er es im April 2018 gegen Syrien unter einem ebensowenig haltbaren Vorwand wie andere Präsidenten vor ihm in anderen Fällen befohlen hatte, durchaus ein weiteres Mal zuzutrauen. Mit dem Bombardement des Jemen hat er ja jetzt schon die Erde mit Blut gefärbt³, weil er es seinen großartig werdenden USA einfach schuldig zu sein glaubt. Ob der derzeitige US-Truppenaufmarsch im Indischen Ozean und in Arabien allein dem Jemen gilt, ist jedenfalls nicht anzunehmen. [Karikatur: Pang Li, china daily, 14.02.2012!]
Greifen sie dann als schlechte Verlierer auf ihr Nuklearpotenzial zurück? Die USA haben das schon einmal fürs zweckmäßig erachtet, als es seinerzeit darum ging, Rußlands Kriegseintritt gegen Japan zuvorzukommen, um die Beute nicht wie damals in Europa teilen zu müssen. Heute stellt sich die Situation für den Imperialismus noch viel dringlicher dar…
Die Weltherrschaft des US-Imperialismus ist unteilbar! Dieses Dogma ist der neue US-Präsident angetreten, mit Vehemenz zu verteidigen.
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¹ Zum Vergleich: Der deutsche Überschuß mit den USA betrug fast 28% des Exports (2024)-
² Auch diese Stellungnahme eines US-Präsidenten ist nicht ganz so neu. Als die USA in ein Handelsdefizit gerieten, das sie nicht länger — es sollte nicht mehr an der nationalen Goldreserve geknabbert werden — hinnehmen wollten, entband Präsident Nixon (Republikaner) 1971 kurzerhand den Dollar von der Golddeckung, bekannt unter dem Schlagwort »Nixon-Schock«. Geraten dazu hat ihm der damalige Finanzminister John Bowden Connally Jr. (Demokrat) mit den Worten, man müsse die anderen bluten lassen [Connally benutzte dabei ebenfalls das Wort »screw«], bevor jene einen selber auspressen. Seitdem finanzieren die anderen die USA, deren Schuldenberge schier uferlos in die Höhe schießen konnten.
³ Dabei ist es wie immer: Die USA haben noch nie einen Unterschied zwischen Herrschaft und Volk gemacht, wenn sie eine Herrschaft für nicht willfährig und nicht lenkbar hielten.
09.04.2025
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Die Frage ist nicht, was und wofür etwas funktioniert. Allein die Tatsache, daß etwas funktioniert beziehungsweise nicht funktioniert, spielt heutzutage in unzähligen Diskussionen eine richtungweisende Rolle.
So wird der Abgang der Sowjetunion von der politischen Weltbühne mit samt deren merkwürdigen Verständnisses von Sozialismus als Staatsideologie in dem Grund gesehen, nicht nur diese Sorte Sozialismus, vielmehr Sozialismus überhaupt habe eben nicht funktioniert und könne auch nicht funktionieren. Umgekehrt wird der kampflos errungene Sieg des »freien Westens« eben damit begründet, daß sein System, der Kapitalismus, funktioniert. Das Funktionieren gilt also als Qualitätsmerkmal. Ein Merkmal, an dem selbst Marx nicht gerüttelt hat, allen Krisen zum Trotz, die er aus seiner Analyse des Kapitals und in bemerkenswerter Übereinstimmung mit der ökonomischen Realität abgeleitet hat. Der Versuch, Marx zu widerlegen, ist, sofern er überhaupt versucht wurde, jämmerlich gescheitert — ganz im Gegensatz zum realen Sozialismus im Osten Europas.¹
Der Westen weist sich also selber das Gütesiegel, zu funktionieren, zu. Und er wirft einiges dafür in die Bresche, damit er funktioniert, allen Krisen und Kriegen geradezu zum Trotz: Mit der Anwendung staatlicher Gewalt funktioniert ja so einiges oder zumindest soll es so funktionieren. Beim Kapitalismus freilich ist die Gewalt bisweilen mitunter, so man will, leicht zu übersehen, denn die staatlich freigesetzte Ökonomie übt einer stummen Zwang aus, dem sich die ökonomischen Subjekte, Kapital und Lohnarbeiterschaft, unterworfen sind. Die Arbeiter ganz einfach dadurch, daß sie lebensnotwendigerweise ihre Arbeitskraft bar sonstigen Einkommens verkaufen müssen. Die Kapitaleigentümer dadurch, daß sie den Notwendigkeiten der Kapitalverwertung unterworfen sind, um ihr Kapital als Kapital aufrechtzuerhalten (was ohne dessen Vermehrung nicht erreicht werden kann).
Das war in der Sowjetunion und ihren Bündnisstaaten anders, da war die Ökonomie nicht von Staats wegen freigesetzt, vielmehr unmittelbar staatlich. Also gab es auch keinen »stummen« Zwang; der Staat zwang unmittelbar seine Vorstellungen seiner Ökonomie auf. Funktioniert hat auch das. Allerdings nur so lange, bis der Staat seine Räson geändert hat. Seine Räson bestand in der Kalkulation, den Westen mit einer zentralisierten Wirtschaft aus- und niederkonkurrieren zu können. Er verglich mittels der ökonomische Produktivität. Ganz so, als ob diese Zweck der kapitalistischen Produktionsweise wäre! Die Produktivität ergibt sich nämlich ganz automatisch aus den Verwertungsbedingungen des Kapitals. Aber so, den Vergleich aushaltend, seine Arbeiterschaft auszubeuten war letzthin nicht der Zweck des realsozialistischen Staates. Daher sahen Gorbatschow und seine Experten den Ausweg darin, sich ökonomisch dem Westen anzupassen, ihre Wirtschaft schrittweise freizusetzen und damit in einem letzten Schritt ihre sozialistische Staatsräson ganz fallen zu lassen. Die Meinung mit einer kapitalistischen Staatsräson funktioniere der Staat besser hat sich bis heute in Moskau erhalten. Rußland funktioniert trotz dem vom Westen an es herangetragenen Krieg sogar zum Leidwesen des Westen so gut, daß ihm mit Sanktionen nicht beizukommen ist. Im Gegenteil, diese schlagen auf ihn selber zurück und beeinträchtigen sein Funktionieren erheblich. Kein Wunder, daß die G7-Staaten sich ihrer Gewalt mehr denn je besinnen!
Blickt man heute auf die allüberall herrschende kapitalistische Weltordnung, einer Ordnung unter der Regie des Westens, angeführt von den USA, dann ist auffällig, wie sehr das »Funktionieren« der Maßstab geworden ist. Die ganze Ent-Kolonialisierung, die in Afrika und Asien nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stattgefunden hat, ist der Einsicht zu verdanken, daß die dortigen Staaten ähnlich den süd- und mittelamerikanische Staaten, die schon viel früher »souverän« geworden waren, viel besser im Interesse der Kolonialmächte funktionieren, wenn sie von einheimischen Herrschern regiert werden. Mehr oder weniger demokratisch das spielt dabei keine Rolle, Hauptsache diese Länder dienen dem Westen als Rohstofflieferanten, halten ihm nicht verwertbare Menschenmassen vom Hals und dienen selbstverständlich in Sachen Gewalt — eigener wie in Form zugelassener ausländischer Militärbasen — ganz der globalen Freiheit des Kapitals.
Nun schreiben wir das Jahr 2025 und allem Anschein nach, wacht allmählich die Bevölkerung im globalen Süden aus ihren Träumen auf, erkennend das üble Spiel, das die imperialistischen Mächte nach der Entkolonialisierung mit ihnen gespielt haben. Sie wollen nicht länger die Verfügungsmasse jener abgeben. Sie stellen die Frage, wofür und wozu. Sie kommen zum Ergebnis, daß ihre Souveränität eine Betrug war. Vielerorts wurden daher Statthalter der G7-Staaten weggeputscht. Sehr zum Verdruß der USA, Frankreichs, Großbritanniens, Deutschlands und ihrer europäischen Trittbrettfahrer. Das alles geschieht unter dem Eindruck, daß es durchaus Alternativen zur bisherigen Abhängigkeit gibt. Weder Rußland noch China mitsamt den BRICS-Staaten streben solch ungleiche Verträge mit dem globalen Süden an, wie das Usus der Imperialisten war und nach wie vor ist. Kein Zweifel, daß der globale Kapitalismus auch anders funktionieren kann als bislang, wenn nur eine alternative Staatsräson vorherrscht. Jedenfalls müssen die imperialistischen Staaten feststellen, daß ihr Empire nicht mehr so glatt funktioniert wie bisher. Das hat schon seit geraumer Zeit — die Überakkumulationskrise des Kapitals im Jahres 2008 war hierbei ein deutlicher Einschnitt — dazu geführt, daß die Imperialisten anderen Staaten mehr denn je ans Leder wollen². Die Staaten des früheren Warschauer Pakts wurden buchstäblich einkassiert, selbst an den Einflußbreich Rußlands, an die GUS-Staaten, machten sie sich nun entschlossener denn je heran, hoffend auch hier leichtes Spiel zu haben, indem sie der dortigen Bevölkerung weiszumachen versuchten, nur dann in einem funktionierenden Staate leben zu können, wenn solcher nach und am Westen ausgerichtet sei. Blöderweise hat das nun aus westlicher Sicht einen Krieg gegen Rußland nötig gemacht³. Und noch blöder ist, daß man den Krieg ganz offensichtlich nicht gewinnen kann, je mehr man auch seine soooo geliebte Ukraine bluten läßt. Auch das gehört freilich zum Funktionieren. Und eines muß man zugeben: Die auf SS-Bandera verpflichtete Führerschaft der Ukraine läßt es am Funktionieren nicht mangeln! Respekt! Auch anderswo existieren Fachkundige, die aufs Funktionieren abgerichtet sind, in Argentinien beispielsweise.
Nichtsdestotrotz gibt es Orte der Dysfunktion. So wie es aussieht, werden Bestandteile des »freien Westen« selbst der kapitalistischen Sache abträglich⁴. Offenkundiges Zeichen dafür sind die stark zunehmende Staatsverschuldung und die ebenso stark zunehmende Militarisierung mit dem Zweck, einen funktionalen Zustand quasi künstlich, d.h. mit allen Mitteln inklusive Gewalt, aufrechtzuerhalten. Diesen Scharfsinn beweisen die führenden Politikerköpfe, schließlich sind sie Funktionsträger, als solche sich der Verantwortung bewußt, Staat und Wirtschaft am Laufen zu halten. Und natürlich werden dabei die imperialen Ansprüche nicht einen Augenblick außer Acht gelassen. Speziell die deutschen Imperialisten haben nebst ihren aktuellen Belangen der transstaatlichen Verwertung von Kapital eine historische Rechnung noch nicht vergessen, welche sie sich offenkundig schuldig sind: Ihr Name ist Stalingrad.
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¹ Hier ist nicht der Platz, auf die mannigfaltigen Fehler der UdSSR und ihrer Bündnisstaaten, die von Stalin bis Gorbatschow begangen wurden, näher einzugehen. Dazu der Hinweis auf das Buch: »Von der Reform des 'realen Sozialismus' zur Zerstörung der Sowjetunion«, GegenStandpunkt-Verlag, 1992.
² Wegen den Rohstoffen, die zu Kapital werden sollen, ganz bestimmt, nur dafür ist ja erst eine strategische Sicherung notwendig, also bevor überhaupt feststeht, ob sich eine Erschließung und Schürfung mehr oder weniger seltener Mineralien überhaupt lohnt. Gleichzeitig bedeutet diese Sicherung den Ausschluß anderer Nationen von diesem Reichtum, in diesem Falle eben hauptsächlich den Ausschluß Rußlands.
³ Der Leser soll an dieser Stelle nicht annehmen, im Westen würde nicht längerfristig gedacht. Hier ein Ausschnitt eines Artikels von dem damaligen stellvertretenden US-Außenminister Strobe Talbott: »Postkommunistische Staaten stehen einem Dilemma gegenüber: Als Ökonomien im Übergang von zentraler Planung zu offenen Märkten müssen sie massive Defizite und Staatssubventionen an ineffizienten Industrien drastisch zurückschneiden. Und als junge Demokratien sind ihre Bürger frei, ihre politischen Führer zu wählen, oft erstmals in ihrem Leben. So spiegeln Wahlen nicht nur die Bestrebungen der Bürgerschaft auf eine bessere Zukunft wider, sondern auch ihre Unzufriedenheit mit dem naheliegendem, befristeten Schmerz, der die Reformen unvermeidlich begleitet. Das Ergebnis ist in der Tat oftmals eine Wiederkehr derzeitiger oder früherer Kommunisten.
In jüngeren Jahren haben sich Versionen dieses Szenarios in Polen, Litauen, Rußland und Ungarn abgespielt. Das letzte Beispiel ist die Ukraine, ein Land, dessen Stabilität und Sicherheit für Europa und die USA eine grundlegende Angelegenheit ist. Bei den kürzlichen Wahlen am 30. März führte die Kommunistische Partei die Abstimmung in einer Mehrheit von Orten an und gewann den breitesten Block an Sitzen im Parlament. Ihre erklärten Politikziele beinhalten die Umkehrung einiger Schlüsselelemente des ukrainischen Privatisierungsprogramms ebenso wie die teilweise Wiederverstaatlichung der Industrie und des Bankwesens.
Die USA haben die politische und wirtschaftliche Reform in der Ukraine unterstützt, seit das Land die Unabhängigkeit erlangte, und sie betrachten das Wahlergebnis mit Sorge. Jedoch ist die Fähigkeit der Kommunistischen Partei, die Uhr zurückzudrehen, ernstlich begrenzt.. Die Notwendigkeit des Zuflusses internationalen Investmentkapitals und Entwicklungsunterstützung erweist sich für die Ukraine wahrscheinlich als stärker als der Alarmgesang einer bankrotten Ideologie.
Der IWF und die Weltbank haben klargestellt, daß sie weitere Unterstützung solange zurückhalten werden, bis die Ukraine bezüglich einiger lang aufgeschobener Reformen Fortschritte macht. (…) Die Ukaine ist in gewisser Beziehung ein zerbrechlicher Staat. Die größte Quelle ihrer Zerbrechlichkeit ist ihre Ökonomie, die ausländisches Investment mehr zurückweist als anzieht und die insoweit gescheitert ist, die Art von Wohltaten hervorzubringen, die man in anderen postkommunistischen Staaten für gewährleistet zu halten begonnen hat. (…)« (Washington Post, 14.04.1998)
⁴ Gedacht ist hier an entwertetes Kapital, mitverursacht zum Beispiel durch den politischen Verzicht auf günstige, direkte Öl- und Gaslieferungen aus Rußland.
© KoKa Augsburg, 24.03.2025
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Angesichts der globalen Lage, die von einem vor allem ökonomischen Einflußverlust der USA gekennzeichnet ist, hat die neue Regierung unter Präsident Donald Trump, es für notwendig erachtet, eine nationale Bilanzierung in fast allen Bereichen des Staates vorzunehmen. Dazu gehört zum einen die Überprüfung von nicht oder wenig nützlichen Staatsausgaben. Dazu gehört zum anderen, Ballast abzuwerfen, den insbesondere die Vorgängerregierung unter Biden hinterlassen hat. Zu dieser Belastung gehört zweifellos der nicht gewinnbare Stellvertreterkrieg gegen Rußland. Dazu gehört auch der durch Israels Krieg destabilisierte Nahe Osten.
Denn fraglos liegt das Schwergewicht der Herausforderung auf der Ökonomie. China macht den USA die globale Führungsrolle diesbezüglich streitig. Und auch die EU mit ihrem Euro zerrt an der Vormacht der USA. Insofern ist es durchaus nachzuvollziehen, daß die Trump-Administration neue Saiten aufziehen will. Insbesondere die Staaten, die sich in eigener Vollkommenheit wiegen, haben damit nicht gerechnet und wollen den Standpunkt der USA nicht nachvollziehen, zumal der ja allenthalben zu ihren Lasten geht. Nach wie vor setzen die USA die Agenda und eben nicht Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien oder auch Kanada¹. Darüber zu spekulieren, ob es den USA gelingt, ihre vermittels massiver Zölle lancierten Wirtschaftskriege zu gewinnen, ist müßig. Wirtschaftskriege können nur gewonnen werden, wenn man ein überlegenes Gewicht in die Waagschale zu werfen hat. Deshalb sind ja nicht die europäischen Hauptstaaten die größte Herausforderung, sondern China. China ist in der Lage mit seinem ökonomischen Gewicht tatsächlich den USA eine Gegenrechnung aufzumachen, was die EU ohne massive Selbstschädigung einfach nicht kann. Und deshalb ist für die Trump-Regierung auch nicht Rußland die Herausforderung schlechthin, sondern China. Ja, die USA hätten gerne Rußland auf ihrer Seite, um eine Trumpfkarte gegen China in der Hand zu halten. Das betrifft die zahlreichen Rohstoffe, die Rußland zu liefern in der Lage ist — die Ukraine hat vergleichsweise nur Peanuts zu bieten — wenngleich man auch die ukrainische Bodenschätze nicht verschmäht, so sie nicht — wie aus bislang nicht überprüfbaren Quellen zu hören war — schon an Großbritannien verkauft worden waren². Dieser Vergleich (Ukraine-Rußland) zeigt, von welcher eigenen Macht die USA ausgehen können, wenn sie die Dinge in ihrem Interesse angehen. Gleichzeitig zeigt es, daß das Gejammer der Europäer gerade deshalb so groß ist: Kleinere Brötchen zu backen bei den globalen Ansprüchen, die Deutschland und die anderen europäischen Global-Players über die Jahrzehnte entwickelt haben, fällt nun wirklich schwer. Und es ist klar, daß es angesichts der Diskrepanz zwischen Ansprüchen und Wirklichkeit, es keine staatliche Schuldenbremse weder auf nationaler noch auf EU-Ebene mehr geben soll.
Die USA versuchen allen Ernstes, die Lage, das heißt, ihre Vormachtstellung in der Welt samt ihrer Weltwährung, dem US-Dollar, wieder in den Griff zu bekommen, nachdem insbesondere, so die maßgebliche Meinung der Regierung unter der Biden-Regierung so einiges ins Schleifen³ gekommen ist. Vor allem wäre ja unter Biden eine landesweite Debatte über die nationale Lage geradezu torpediert worden. Und Trump hat konsequenterweise nicht Unrecht, wenn er die Möglichkeit, die Dinge schleifen zu lassen und im Ergebnis dessen der Nation zu schaden, insbesondere den opportunistischen Mainstreammedien zuschreibt.
Ein nationales Aufbruchprogramm, wie es also die neue US-Regierung anstrebt, kann nichts damit zu tun haben, den US-Bürgern, soweit sie zur Arbeiterklasse zählen, materielle Gefälligkeiten zu erweisen. Im Gegenteil, sie werden in die Pflicht genommen und müssen die Kosten dieses Programms tragen. Das einzige, was ihnen von Trump und Co. geschenkt wird, wird sein, daß sie in ihrer nationalen Einbildung wieder stolz sein können. Selbst die zahlreichen Bettler in den us-amerikanischen Großstädten können dann, so das neue Programm Erfolg hat, wieder begeistert die Stars- & Stripes-Flagge schwenken. Und sogar davon träumen, daß irgendwann auf ihr ein Stern mehr prangt.
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¹ Die EU-Europäer sind auf eine Bittsteller-Rolle verwiesen, wofür schon vor Amtübernahme Trumps deren Propagandaorgane sich in die Brust geworfen haben: So beispielsweise die Süddeutsche Zeitung am 04.12.2024 auf ihrer Titelseite: »Europa wirbt um Trumps Unterstützung«. Doch warum die USA sich für ein ebenso verlogenes wie verlorenes Projekt begeistern sollten, warum sie vor Rußland Angst haben sollten, dafür gibt es allenfalls haarsträubende Argumente. Kurzum, die ganze Bittstellerei ist ein eklatantes Armutszeugnis der EU.
² Ein solches Abkommen zwischen London in Kiew unterliegt, so es denn gegeben hat, sicher strenger Geheimhaltung, denn solches wäre auch ein Affront gegen die anderen Europäer.
Im übrigen ist klar, daß für die USA Grönland wesentlich interessanter ist als eine eventuell verbleibende Rest-Ukraine.
³ Gerade der Unterschleif von Milliardenbeträgen für unergiebige Projekte gehört dazu.
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Der Professor (Wirtschaft) Richard D. Wolff (USA) hat in einem auf youtube zu sehenden Beitrag für breakthroughnews einmal mehr den ökonomischen Niedergang¹ der G7-Mächte angesprochen. Dabei kam er auch auf die jüngsten Bundestagswahlen in dem von der Rezession schwer getroffenen Germany zu sprechen, welches jene gerade aufgrund ihrer kurzsichtigen Außenpolitik zu beklagen habe. Die Rezession im ökonomischen Zugpferd Europas, so Wolff weiter, habe zu einem signifikantem Anstieg der Stimmen sowohl für den rechten wie für den linken politischen Rand geführt. So bedauerlich der Anstieg rechts auch sei, so stimme ihn der Anstieg links durchaus hoffnungsvoll. Es gebe in Germany zwei linke Parteien, die zusammen etwa 14% der Wählerstimmen gewinnen konnten.
Nun kann man sich als ausländischer Beobachter sicherlich leicht täuschen, wenn selbst in der BRD die Sache von den Mainstreammedien ziemlich genau so gesehen wird. Da Wolff jedoch einer ist, der sich — selbst ein Linker — immer bemüht, Analysen abzugeben, die auf dem Boden der Realität stehen, soll er nicht unwidersprochen bleiben.
Was die Bewegung Sahra Wagenknecht (BSW) betrifft, hätte man schon gerne gewußt, was an dieser neuen Partei irgendwie links sei soll. Außer der Vergangenheit der Parteichefin wird man da wohl im Trüben fischen. Gerade das Prinzip der Argumentation dieser Partei besteht ja in einem nationalen WIR, mit dem so gut wie jede politische Aussage beginnt. Wenn die Bewegungspartei sagt, sie mache sich Sorgen um die deutsche Wirtschaft und insbesondere um die Industrie, dann sagt sie »WIR machen uns Sorgen um die Deutsche Wirtschaft …« Die Arbeiterklasse wird selbstverständlich als die abhängige Variable unterstellt, die sie gefälligst auch zu bleiben hat. Man höre sich die Stellungnahmen (ebenfalls auf breakthroughnews) von Parteifunktionärin Sevim Dağdelen einmal an. Wir, wir, wir in einem fort! Gemeint: wir Deutsche = identisch mit dem Wir unserer Partei. Da braucht man kaum noch zu erwähnen, geschweige denn sich zu wundern, daß jene links verortete Partei in die AfD-Hetze gegen Migranten einstimmt. Nationalismus ist ohne Rassismus eben nicht zu haben!
So frappant falsch also Wolffs Auffassung der BSW ist, so wenig hoffnungsvoll ist der Sache nach seine Interpretation der Partei Die Linke. Sie ist ja nicht mehr als die vehemente Vertretung eines Wohlfahrtsstaats, eines Sozialstaats, den sie seitens amtierender Regierungen stets stark vernachlässig sah und sieht. Sie hofft mit ihren sozialen Anklagen und Anträgen selbst in der Opposition Wirkung zu erzielen. So jedenfalls sieht ihr Aushängepolitiker Gregor Gysi die Sache: Die Linkspartei habe schon einen Mindestlohn gefordert, als der noch gar nicht auf der Tagesordnung der Regierung stand. Und nun fordere sie einen Mietdeckel solange, bis der beschlossen wird. Kurzum, sie sorgt sich um das existenzielle Reproduktionsminimum der Arbeiterklasse. Und das ganz ohne sich zu fragen, warum das immerzu und immer drängender notwendig ist. Daß man mit solch grundlegender Ignoranz Wählerstimmen einfangen kann und dabei noch nicht einmal als Kritiker des Nationalismus in Erscheinung treten muß, mag zugegebenermaßen schon eine politische Kunst sein, vor allem darin, das als irgendwie links zu verkaufen.
Hier stellt sich die Frage, wie das einen (Wahl-)Erfolg ermöglicht. Wie denken Wähler der Partei Die Linke? Zunächst denken sie wie alle, die sich zum Wählen entschlossen haben: Sie denken an das große Ganze, die Kluft zwischen Arm und Reich, die eben dies große Ganze bedroht, das sie freilich weder als nationale Schicksalsgemeinschaft titulieren wollen wie die Rechten noch wollen sie den nationalen Zusammenhalt beschwören, wie eine reaktionäre Partei à la SPD dies tut. Mit dieser gedanklichen Grundlage geben sie ihre unglaubliche Bescheidenheit zu erkennen, mit der sie den ganzen Zumutungen, die der Staat und seine Wirtschaft tagaus tagein ihnen aufbürden, aus- und durchzuhalten bereit sind. Ja, mit einem Mindestlohn und einem Mietdeckel ließe sich das Leben ja doch wenigstens irgendwie aushalten. Auch hier ist schön zu sehen, wie die Abhängigkeit von Staat und Wirtschaft bestätigt, also erst gar nicht versucht wird, diese zumindest gedanklich einmal anzutasten.
Ebensowenig kontert die Partei Die Linke die unverschämten, kapitalgerechten Ansprüche von Wirtschaftsmagnaten nach staatlichem Entgegenkommen vielerlei Art damit, eine gewaltige Umverteilung von Oben nach Unten zu fordern²: Denn sie weiß ganz genau, daß das nicht in den Rahmen paßt, in dem Deutschland und seine Firmen mit dem Ausland und dessen Kapital in Konkurrenz stehen. Zum Bestehen in dieser Konkurrenz und zu seinem Erfolg ist Wirtschaftswachstum nötig, zu dem eben nur Löhne passen, die so niedrig sind, daß sie sich am Existenzminimum der Klasse orientieren müssen, die lebensnotwendigerweise ihre Arbeitskraft feilbieten muß³. Und die sich selbstverständlich gefallen lassen muß, daß selbst aus ihrem zunehmend knapper bemessenem Wohnraum sich ein Geschäft machen läßt, dessen Renditen sich mit den Kapitalanlagemöglichkeiten in anderen Bereichen messen lassen können muß.
Das alles sehen also all die ein, die ihr Kreuz bei der Linkspartei gemalt haben. Doch es kommt noch etwas ganz Entscheidendes hinzu: Ohne einen Idealismus, ohne eine Verklärung der real existierenden Verhältnisse kommt das nicht aus. Im Prinzip wissen Idealisten es mit den herrschenden Verhältnissen prinzipiell ganz gut getroffen zu haben. Nur: Was macht die Politik daraus: Wo bleibt beispielsweise die Menschenwürde, die im Grundgesetz ganz vorne steht, wenn man Migranten behandelt wie es Rassisten eben tun — als Minderwertige, bestenfalls als ausbeutbare Personen und ansonsten als abschiebbaren Dreck? Flüchtlingsretterin Carola Rackete fand so den Weg in die Partei Die Linke. Doch diese Haltung hat durchaus eine schwerwiegende Konsequenz: Man entdeckt solch beklagenswerte Zustände nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland, speziell in den Staaten, die auf der offiziellen Feindschaftsliste Deutschlands stehen. Dabei stehen solche Staaten gar nicht deshalb auf solcher Liste, sondern aus ganz simplen staatsmaterialistischen Gründen — diese Staaten beschränken nämlich den Zugriff des deutschen Staats auf dessen Staatsgebiet und seine menschlichen und sonstigen Ressourcen. Und dieser Standpunkt wird vorgetragen mit einer verlogenen Heuchelei, nämlich daß jene Staaten sich nicht so demokratisch und menschenrechtlich einwandfrei aufführen würden wie die vorbildliche Bundesrepublik. Kurzum, Idealisten wie Carola Rackete halten ihren Idealismus und die Heuchelei eines imperialistischen Staates wie Deutschland nicht auseinander. Damit wäre es doch gar nicht so schwierig, wenn man sich mal überlegt, daß jedes Recht, das ein Staat mit seiner Verfassung gewährt, auf Gewalt beruht, auf seiner Gewalt; eben auch jedes Menschenrecht. Das beinhaltet selbstverständlich auch, daß der Staat und er alleine darüber wacht und es auch nach Belieben einschränken kann, so er Bedarf hat. Daß ein Staat, wenn er von anderen Staaten etwas will, ausgerechnet seine Rechte für jene zum Maßstab machen will, auch wenn jene Staaten diesen Rechten als solche gar nicht wiedersprechen und selber so gut wie ausnahmslos ebensolche in ihrer Verfassung stehen haben, ist ein Witz, den eine solch naive Politikerin wie die Bundesaußenministerin Baerbock unlängst in Beijing und zuvor schon anderswo erleben durfte⁴. An dieser Stelle sei bemerkt, daß die GRÜNEN längst allen wirklichen Idealismus, den sie einst unter Petra Kelly hatten, für ihre Politikfähigkeit an den Nagel gehängt haben. Mit einer gehörigen Portion Idealismus kann sich noch jeder Linker in die Front des deutschen Imperialismus gegen Putin, Xi Jinping und mittlerweile auch gegen Trump einreihen.
Bei der Partei Die Linke gibt es also einen Idealismus, der, verlangend nach politischer Einmischung, eben solche, billligst zu habende Vorschläge gebiert wie Mindestlohn und Mietpreisbremse; eine Art Klimaschutz, dessen Vorantreiben hauptsächlich dem arbeitenden Verbraucher anheimfällt (indem zum Beispiel das Flugbenzin für seinen alljährlichen Urlaubsflug verteuert wird), gehört dazu. Vorschläge, denen sich beim besten Willen weder Staat noch Wirtschaft zu verschließen bräuchten, so die Auffassung einer Partei, die mit ihrer parlamentarischen Existenz den Pluralismus der demokratischen Gesellschaftsordnung und damit deren Legitimität aufhübschen darf. So sehen es auch die deutschen selbsternannten »Qualitätsmedien« als begrüßenswert an, daß Die Linke wieder im Bundestag Platz nehmen darf. Wenn das einem nicht verdächtig vorkommen mag?
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¹ Soll man den Niedergang als »Linker« überhaupt beklagen? Oder als Argument nehmen? Für was denn? Für den Fehler, gegen Rußland einen Krieg provoziert zu haben? Aber wenn das gar kein Fehler eines Staates ist, sondern die folgerichtige Konsequenz aus ihren globalen, um nicht zu sagen: imperialistischen Ansprüchen? Die allenthalben gepaart sind mit dem Rassismus einer solchen Nation, die vor keiner auch noch so gewaltigen Aufgabe zurückschreckt und dafür die eigene Wirtschaft gehörig in die Pflicht nimmt — auch sie soll schließlich ihren Beitrag leisten, einen Beitrag der sich freilich nur vorübergehend negativ in ihrer Bilanz niederschlagen soll.
² Die von ihr geforderte Reichensteuer heißt ja noch lange nicht, daß, durchgesetzt, davon auch nur ein Euro »unten« ankommt.
³ Die Linkspartei ist ja weit davon entfernt, sich in PgW (Partei gegen Wirtschaftswachstum) umzubenennen!
⁴ Offenbar fehlt so manchem deutschen Politiker in seinem nationalen Hochmut mittlerweile jedes Gespür für Diplomatie. Nicht in Einsicht dessen jedenfalls, was Diplomatie ist und wofür sie gebraucht wird. Im Falle Rußland wird Diplomatie sogar ausdrücklich abgelehnt; da setzt man bekanntlich ausschließlich auf eine andere politische Methode, den Gegenüber weichzuklopfen, auf Krieg.
© KoKa Augsburg, 11.03.2025
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Es ist schier unglaublich, daß und wie die Medien der westlichen Welt selbst angesichts der größten Schweinereien des zionistischen Staates an ihrer prozionistischen Haltung unter dem Vorwand, den Antisemitismus zu bekämpfen (als ob Juden und Zionisten deckungsgleich wären!), nicht irre werden und zu einer objektiven Sichtweise der Dinge einfach nicht finden wollen. Sie glauben offenkundig immer aufs neue unter Beweis stellen zu müssen, unverdrossene Parteigänger ihres Staates und seiner antipalästinensisch-prozionistischen Staatsräson samt ihren jeweils vorsitzenden Charaktermasken zu sein. (Der abgebildete Text findet sich auf dem rückseitigen Einband des Buches »Abweichende Meinungen zu Israel« von H.L. Fertl, Resultate Verlag, 1982!)
Worauf fußt solch distanzloses, journalistisch einbetoniertes Weltbild? Es fußt auf dem Vorbild, das die USA mittels ihres Erfolges — sie haben es bekanntermaßen zur Weltmacht Nr. 1 gebracht — abgeben. Allein schon deshalb ist an dieser Weltsicht festzuhalten. Mit dem Vorbild unabdingbar verbunden ist die politische Abhängigkeit von den USA, die mit deren Erfolg eingerissen ist. Die aufzugeben, auch nur an ihr zu rütteln, kommt nicht infrage. Trotz oder gerade aufgrund der dezidiert antiamerikanischen, deutsch-europäischen Projekte (EU und Euro), mit denen sich der deutsche Imperialismus schon sehr sehr weit aus dem Fenster gelehnt hat. Diese Projekte dürfen und sollen keineswegs als antiamerikanisch erscheinen, denn schließlich ist man auf die USA in Sachen Gewalt ganz fundamental angewiesen. Die EU-Imperialisten halten den US-Militärschirm für selbstverständlich, obschon sie wissen könnten, daß ein jeder Staat, der so etwas bietet, es allein aus eigenem Interesse und eigener Berechnung tut. Daß die deutschen Vorhaben der gewaltsamen Fundierung bedürfen, ist ebenso offenkundig wie die Tatsache, daß die USA dafür unverzichtbar sind. Das hatte sich bei der Zerschlagung Jugoslawiens und speziell im Krieg gegen Serbien gezeigt¹, das zeigt sich jetzt in einem noch weit größeren Umfang im antirussischen Ukraine-Krieg. Deutschland hängt mit seinen globalen — um nicht zu sagen: imperialistischen — Ansprüchen viel grundsätzlicher an der NATO als die USA. Die USA stören sich daran, daß europäische Staaten sich einbilden, die NATO für ihre eigenen Machtambitionen nutzen, ja geradezu mißbrauchen zu können (zumal unter dem neuen Präsidenten Donald Trump). Der Streit wird vornehmlich über die Mittel ausgetragen, die für die stets nur bedingt gemeinsamen Projekte aufgewendet werden sollen. Es ist deshalb ganz offenbar ein Gerücht, daß es einen Mann wie Putin dazu bräuchte, die NATO zu spalten. Im Gegenteil, mit der Nennung des personifizierten Feindes sollen die zwischenimperialistischen Gegensätze abgestritten werden. Insofern ist der russische Präsident viel nützlicher als es der Westen wahrhaben will.
Der deutsche Staat hat ja einiges zu tun, um jedweden Gegensatz zu den USA in Abrede zu stellen: So war die Sprengung der Erdgaspipelines in der Ostsee durch die USA eine diplomatische Herkulesaufgabe, die der deutsche Bundeskanzler mit Bravour löste. Zum einen reiste er postwendend nach Washington, um den US-Präsidenten für dessen Großtat — schließlich erschienen dem Deutschen die Beziehungen zu den USA dadurch noch gefestigter — zu umarmen, zum anderen wurden jede Menge Mutmaßungen bezüglich der Urheberschaft der Demolierung gestreut: Nicht einmal vor der Blödheit, die Russen selber dafür verantwortlich zu machen, ist man zurückgeschreckt, wohl in der Annahme, daß eine solche Erklärung bei national gesonnenen Untertanen problemlos verfängt.
Jedenfalls ist die BRD mit diesem eklatenten Vorfall ihrer inferioren Rolle in der Weltpolitik einmal mehr bewußt geworden: Dies konnte und kann nur so aufgelöst werden, daß man den Schulterschluß mit den USA als das eigene Erfolgsrezept betont, gerade auch wenn es das nicht ist, wie eben die Abschneidung einer wichtigen, für die nationale Wirtschaft äußerst relevanten Energieversorgung gezeigt hat.
Die BRD erlaubt sich angesichts ihrer Ansprüche in Osteuropa, wo sie, wie gesagt, auf die maßgebliche Unterstützung der USA angewiesen ist, keinerlei Kritik an den USA in anderen Teilen der Welt. Der Krieg im Nahen Osten ist da ein gutes Beispiel. Daß die USA nichts tun, um den seit Jahrzehnten andauernden Konflikt beizulegen, vielmehr ganz im Gegenteil durch immer neue Waffenlieferungen anzuheizen, wird keineswegs als störend empfunden: Man stellt sich zwar nicht ausdrücklich hinter die USA, dafür umso nachdrücklicher hinter deren zionistischen Busenfreund. Natürlich mit dem schlagkräftigen Argument moralischer Verpflichtung aus einer nicht vom Erfolg gekrönten deutsch-imperialistischen Anstrengung². Wenn das Abschlachten von Menschen erfolgreich durchgeführt wird, braucht ein Staat — wie der Fall des zionistischen Genozids an den Palästinensern zeigt — sich davon offenbar nicht zu distanzieren, geschweige denn, Einspruch zu erheben!
Es beeindruckt die BRD immer erneut, daß und wie die USA Fakten schaffen. Diese weltpolitische Rolle hätte sie auch gerne inne. Solange das jedoch nicht möglich ist, zieht es der deutsche Staat vor, an der Seite der USA kleben zu bleiben. Es ist geradezu eine verbrecherische Tat, einmal auf Distanz zu gehen, wie das seinerzeit Bundeskanzler Schröder im Irakkrieg der USA getan hat, als er eine deutsche Beteiligung ablehnte (mit der aufschlußreichen Begründung als so ziemlich wichtigster Bündnispartner nicht zuvor eingeweiht worden zu sein). Wie sollte denn sonst, wenn nicht anerkannt im Schlepptau der USA, ein deutscher Staatsmann das deutsche Interesse in der Welt voranbringen? Eben: Wo keine Alternative erlaubt ist, ist auch keine sichtbar! Auch dafür sorgen die Medien ganz von alleine, ohne daß sie von Staats wegen gleichgeschaltet sind: Vorbild sind auch darin die USA, wo es konsequenterweise auch gar keinen »öffentlich-rechtlichen« Rundfunk gibt; einen solchen hält die BRD nach wie vor für geboten, wobei sie ihn sich nicht als »Staatsfunk« diskreditieren lassen will.
Dabei ist es geradezu offensichtlich, daß die Rundfunkanstalten hierzulande sich nicht allein auf den Staat nolens volens verpflichtet haben. Das könnte man ja noch als Formalität abtun, die einfach sein muß, um zugelassen zu werden. Nein, es ist ihnen eine wirkliche Herzensangelegenheit geworden. Das sieht man daran, daß sich das sogenannte »Framing« als ihre nachrichtendienstliche Hauptaufgabe herausgestellt hat. Darunter ist zu verstehen, daß die bloßen Fakten eingerahmt werden in die staatlich gewünschte Sichtweise, also gleich entsprechende Erläuterungen dazu gegeben werden. Und ebenso gehört eine entsprechende Wortwahl dazu. So ist wird beispielsweise unterschieden zwischen Regierungen (mit »uns« verbündete) und Regimes (außerhalb unseres Einflusses stehende), zwischen Rebellen (können »wir« gut leiden, besorgen »unsere« Drecksarbeit) und Terroristen (mögen »wir« überhaupt nicht). Es werden für solche Ein- und Zuordnungen zusätzlich zu den eigenen Fachleuten Firmen beauftragt, die sich darauf spezialisiert haben. Und es ist kein Wunder, daß man da zuerst einmal in den USA nachsieht.***
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¹ Nicht zu vergessen der Krieg gegen Syrien, einem Verbündeten Rußlands. Eine eindrucksvolle Zusammenstellung der westlichen Propaganda zur Zeit des Höhepunkts des Konflikts findet sich in »Der schmutzige Krieg gegen Syrien — Washington, Regime Change und Widerstand« von Tim Anderson, Liepsen Verlag, 2016.
² Von der angesichts der schwer auf dem deutschen Nachfolgestaat der faschistischen Diktatur lastenden »moralischen Hypothek« konnte sich die Bundesrepublik in mittlerweile 80 Jahren erstaunlich umstandslos emanzipieren. Das liegt daran, daß Deutschland seine politischen Weltmachtambitionen gar nie aufgegeben hat. Die Kritik an der erfolglosen Vorgängerherrschaft bestand ja in der gekonnten Reduktion dieser auf vornehmlich zwei Punkte: Erstens wurden die deutschen Untertanen, mündig wie sie damals schon waren, von einem nicht ge-, sondern verführt, von einem, der sich darauf genial verstand. Dieser Mann hatte dann zwei unverzeihliche politische Fehler begangen, nämlich zum einen den, einen ziemlich aussichtlosen Mehrfrontenkrieg gegen viel zu viele Gegner gleichzeitig zu führen, und zweitens, Juden als minderwertige Volksgruppe ausgemacht abzuschlachten, Leute also, die ja als deutsche Staatsbürger im Ersten Weltkrieg bravourös für Deutschland den Kopf hingehalten hatten und die als solche auch im neuen Krieg für Fronteinsätze brauchbar gewesen wären. Fehler also, die die Bundesrepublik sich geschworen hat, bei ihren neuerlichen Ambitionen zu vermeiden und die Massen darüber nicht mittels eines Volksempfängers zu verführen, sondern sie durch eine pluralistische Medienlandschaft über die erhabenen Absichten und Taten einer über jeder als bösartig empfundenen Kritik stehenden Regierung aufgeklärt am laufenden zu halten.
³ So erhielt beispielsweise das Berkeley International Framing Institute einen überaus lukrativen Auftrag von der ARD. Näheres zu diesem Thema ist nachzulesen in »Zwischen Feindbild und Wetterbericht — Tagesschau & Co. — Auftrag und Realität«, Papyrossa-Verlag, 2019
KoKa Augsburg, 09.03.2025
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Feindbild & Feindschaft
Ist es nicht bemerkenswert, wie sehr die demokratisch-pluralistischen Medien unisono darauf achten, daß ihre Leser und Hörer alle auf Linie sind? Bedrohungen werden in leitenden Stellungnahmen an die Wand gemalt und Rassismus zwecks nationaler Einheit* geschürt, daß man sich fragen muß, wofür ist das nötig? [Abb.: Karikatur aus dem Jahre 2014! (global times)]
Ja, Bedrohungen gibt es, nämlich dann, wenn man sie sich selber schafft. Nimmt man die Äußerungen der Regierungen in Moskau und Beijing ernst, so kann man denen genau das Gegenteil entnehmen als das, was die westlichen Stimmungsmacher hineingelesen haben wollen. In Wirklichkeit sind es allein die westlichen Medien, die eine Kriegsgefahr an die Wand malen — um die Kriegspolitik ihrer staatlichen Amtsträger zu rechtfertigen. Aufrüstung und Krieg brauchen nun einmal die entsprechende Propagandafront. Wie die Kriege im Nahen Osten und in Osteuropa zeigen, hat der »freie Westen« von Anfang an keinerlei Interesse an einer Friedenslösung gezeigt: Wie leicht wäre ein Palästinenserstaat in mehr als 70 Jahren gegen die Zionisten durchzusetzen gewesen, wenn man gewollt hätte! Wie leicht hätte man sich mit Rußland über die Ukraine einigen können, all die Jahre bevor es Moskau zu dumm geworden war, die westlichen Kriegsvorbereitungen und Provokationen nicht allzu ernst zu nehmen!
Nun steht in den westlichen Medien die Welt so auf dem Kopf, daß selbst ein Zweifler kaum noch anders kann, als dem etwas Wahres zu entnehmen. Woran liegt das? Das liegt an den hehren Prinzipien mit denen von den USA angeführte kapitalistische Weltordnung allzeit glorifiziert wird. Es ist der moralische Heiligenschein, mit dem auch jeder Krieg gerechtfertigt wird, wenn er den Interessen der Westmächte dient. Nun, diese hehren Prinzipien dokumentieren nichts als die Verlogenheit der westlichen Politik. In Wirklichkeit geht diese ohne Wimpernzucken über Leichenberge. Ein Genozid, wenn er im Interesse des Westens und seiner Lakaienstaaten ist, geht glatt in Ordnung und man kann ihn mit »Auschwitz« sogar prima rechtfertigen!
Ohne daß es in der Verfassung oder einem ihrer Anhänge ausdrücklich festgelegt wäre, existiert in den USA, aber auch in Deutschland, in Großbritannien und auch in Frankreich ein unumstößliches Dogma — die bedingungslose Rivalität, ja Feindschaft gegen Rußland**. Wie es sich für ein Dogma gehört, wird es entsprechend kultiviert, von den Medien, von der Politik und allen sonstigen Diensten des Staates. Rußland bleibt vom feinen System »freedom & democracy« ausgeschlossen, da kann Moskau machen, was es will, es beschwichtigt die Imperialisten nicht: Es kann die kapitalistische Wirtschaftsordnung wieder einführen, das politische Brimborium der Demokratie, also freie Wahlen und Wahlkampf, ja sogar den eigenen Einflußbereich teilweise zur Diposition stellen…
Allen Vorschlägen zur Verständigung wie sie immer und immer wieder von russischer Seite gemacht worden sind, wird ganz generell unterstellt, finstere Absichten zu bergen und zu verbergen. Sie werden als Propaganda abgetan, die der Westen dank der Weisheit seiner Protagonisten längst als solche durchschaut hat.
Die russische Souveränität ist für die USA eine hinzunehmende und gleichwohl nicht auszuhaltende Realität. Das führt zu einer Selbstkritik im eigenen Lager: Es fehle der Mut, die Entschlossenheit, an den Gegebenheiten zu drehen, sie ins Wanken zu bringen. Zwar hat diese Selbstkritik angesichts der aktuellen Politik immerzu die Seite der Verlogenheit gehabt. Auf der anderen Seite wird die Politik damit jedoch immerzu angestachelt. Die jeweilige Opposition in den USA macht Druck gegen die Regierung und die imperialistischen Staaten machen untereinander Druck. All diese konstruktive antirussische Aktivität hat dazu geführt, daß die Welt heute, 2025, am Rande eines neuen Weltkriegs steht. Wie mutig und wie zielorientert die NATO-Staaten sind (unter Trump nun sogar in Konkurrenz zueinander), macht deutlich, daß sie selbst die Ukraine dem urrussischen Einflußgebiet entreißen wollen.*** Vor einem neuen Weltkrieg hat der Westen jedenfalls keine Angst, wenn er immer neue Provokationen vom Stapel läßt. Die Invasion in das Gebiet Kursk im August 2024 war sicher nicht die letzte. Immer und immer wieder rechnet der Westen dabei mit einem Zurückweichen Moskaus um dessen lieben Friedens willen. [Abb.: Karikatur aus 2024, „X“ (vormals twitter)]
Mit dieser antirussischen Staatsräson einen die Staaten ihr Wahlvolk, eine Bedrohung an die Wand malend. Sie rechtfertigen ihre Aufrüstung und Ausbau der Streitkräfte, ihre Waffenexporte und ihre (Stellvertreter-)Kriege. Dabei ist völlig klar, daß die Kosten, die die kleinen Leute allenthalben zu tragen haben, die eigentliche existenzielle Bedrohung für ebendiese sind. Doch moralisch wie sie von klein auf erzogen werden, glauben sie vorzugsweise fest an das, was ihnen die amtierenden Persönlichkeiten und die opportunistischen Medien tagaus tagein erzählen. Sie entdecken darin nicht die Verlogenheit der Politik, sondern die Sorge um den Staat als ganzen, dem sie sich — sie sind ja per Staatsangehörigkeit staatliches Inventar — einfach zugehörig fühlen. Zugehörig fühlen wollen sie sich deshalb, weil das die einzige Möglichkeit für sie ist, in und mit ihrer Person anerkannt zu werden. Diese Anerkennung, auf die sie so scharf sind, ist das Unterpfand ihrer Täuschung über ihre eigene materielle Lage innerhalb eben dieses feinen Staates, der sie als seine Manövriermasse hernimmt, in Friedens- wie in Kriegszeiten.
* Wenn Demokraten gegen Migranten agitieren und ganz praktisch die Gesetze gegen jene zum x-ten Male verschärfen, dann soll das natürlich nicht mit dem Rassismus der Faschisten zu verwechseln sein. Aber könnte es nicht sein, daß das der Boden ist, auf dem beispielsweise eine AfD und in anderen Staaten ebensolche Parteien wachsen und gedeihen?
** Ob und inwieweit das unter der Präsidentschaft von Donald Trump korrigiert wird und unter welchen Aspekten wird man sehen.
*** Trump schickt den Kiewer Hampelmann nach Hause, um ein Abkommen unter einem imperialistischen Teilgewinn mit Rußland auszuhandeln, während die Hauptverbündeten weiterhin die ganze Ukraine für sich reklamieren und auch einen Umsturz in Rußland selber nach wie vor als Ziel betrachten. Was nicht heißt, daß die USA, viel längerfristig gesehen, das aufgegeben hätten.
KoKa Augsburg, 08.03.2025
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Der Schwenk nach Asien — von US-Präsident Obama 2015 verkündet — hat seither die aggressive Haltung der USA immens verstärkt (hier aufgelistet beschränkt darauf, was Ostasien betrifft):
— Gegen die Volksrepublik China um deren Provinz Taiwan und ihre Inseln im südchinesischen Meer
— Für die Einbindung von Japan in die antichinesische Front unter der Maßgabe, es müsse deshalb aufrüsten
— Die Installation eines Vasallen aus dem alten Diktatorenhaus Marcos auf den Philippinen
— und eben gegen Nord-Korea unter seiner widerspenstigen Führung
Idealerweise gefiele es den USA zweifellos, Korea nach bundesdeutschem Vorbild »wiederzuvereinigen«. Da jedoch eine Nachgiebigkeit à la Gorbatschow und Honecker unter Kim Jong Un nicht abzusehen ist, sehen sich die USA genötigt, ihre militärische Aggression zu verstärken. Der Süden der Halbinsel, die Republik Korea, läßt sich da einbinden, bei immer öfter stattfindenden und immer umfangreicheren Militärmanövern. Im Kriegsfalle steht ihr Militär ohnehin unter US-Oberbefehl. Klarer läßt sich nicht ausdrücken, wofür dieser Vasallenstaat vorgesehen ist, nämlich als Bauernopfer der USA.
Die einzige Möglichkeit, einen Krieg, der zweifellos dem Süden schweren Schaden zufügen würde, zu verhindern, sieht die Regierung in Seoul darin, mit »friedlichen« Mitteln, dem Konflikt aus dem Wege zu gehen: Auf Empfehlung der USA sendet sie also Ballons mit Flugblättern über die innerkoreanische Grenze mit der Aufforderung vorzugsweise zu kapitulieren bzw. die Regierung in Pjöngjang zu diesem Zwecke zu stürzen.
Schon das läßt darauf schließen, wie sehr das Regime in Seoul seitens den USA unter Druck steht, welche ihre Interessen auf der koreanischen Halbinsel endlich voranzubringen bestrebt ist. Das Interesse schlechthin ist es, die Demokratische Volksrepublik Korea zur Aufgabe zu zwingen und somit die imperialistische Front an die chinesische (und im übrigen auch an die russische) Front zu verschieben.
Selbstverständlich bleibt die von den USA betriebene Verschärfung der Konfrontation der Regierung in Pjöngjang nicht verborgen. Sie hat keinerlei Interesse aufzugeben und setzt deshalb Zeichen, um »Mißverständnisse« in Seoul und Washington DC zu vermeiden. Als erstes strich sie den eigenen Anspruch auf Wiedervereinigung aus dem Staats- und Parteiprogramm. Ein Schlag gegen den Nationalismus übrigens, wie es einem kommunistischen Anspruch allenthalben gebührt. So war es seitens der Regierung jedoch nicht gemeint, vielmehr als zweckmäßige — defensive! — Gegenmaßnahme. Als solche wurde sie vom Gegner weder akzeptiert, sofern überhaupt als irgendwie bedeutsam registriert. Die Nichtakzeptanz gilt ebenso für die viel publikumswirksamere Aktion, Müllbeutel nach Süden fliegen zu lassen.
Gerade deshalb sah sich Pjöngjang zu einer noch größeres Aufsehen erregenden Maßnahme veranlaßt, nämlich der Sprengung der nach Süden führenden Straßen, damit auch einer gewaltsamen Grenzöffnung seitens des Feindes kein leichter Übergang gewährt ist.
Die USA wollen ihre Militärpräsenz im Süden selbstredend nicht zur Disposition stellen — wovon man in N-Korea noch vor kurzem zu träumen gewagt hat —, vielmehr erneuern sie ihre Schlagkraft rundum und rüsten auf wie es eben nötig ist, wenn ein heißer Krieg anvisiert wird. Schließlich harrt ihr Projekt, Nord-Korea von der Landkarte zu eliminieren noch der praktischen Vollendung. Diese ist umso dringlicher, als sie befürchten müssen, ihr Vasall könnte zum Wackelkandidaten werden. Dafür spricht nämlich dessen immens verstärkte Wirtschaftsbeziehung zu China, während die zu den USA im Sinkflug begriffen ist.
Wenngleich China auch seine politische Hand bietet, sehen sich die Tycoons samt ihrer Regierung im Süden weder veranlaßt noch überhaupt in der Lage, sich aus der politischen und militärischen Umklammerung der USA zu lösen. Um die Yankees aus dem Land zu werfen, dafür bräuchte es schon eine Revolution, die ebensowenig abzusehen ist, wie andrerseits abzusehen ist, daß die USA kühl mit der Schulter zuckend ihren »Partner« für ihre Weltmacht über die Klinge springen lassen.
Die Regierung Biden hat übrigens die berechnende Anerkennung und die damit verbundenen Illusionen, mit der sein Vorgänger Trump — er traf persönlich mit Präsident Kim Jong Un zusammen — radikal revidiert. Ein auch nur zeitweilig bedingtes Mißverständnis einer friedlichen Koexistenz darf seitens der USA nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden: Dies führe nämlich nur zu Mißverständnissen beim Gegner dahingehend, die USA könnten, müßten, sollten mal einlenken.
Auf alle Fälle muß sich die DVRK auf Krieg einstellen. Zugute kommt ihr dabei die Partnerschaft mit Moskau. In diesem Rahmen und für jenen Zweck werden nun nord-koreanische Soldaten in Rußland ausgebildet. Das stört den »freien Westen« obendrein zu all dem Gesagten gewaltig. Denn nicht nur die Atomraketen Pjöngjangs können den USA und ihren Speichelleckern zu schaffen machen.
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*Es geht um die Aufrechterhaltung der von den USA dominierten Weltordnung. Und das zu einer Zeit, in der das Kapital nach Verwertungsmöglichkeiten schreit wie nie zuvor.
31.10.2024
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Rußland hat schon zu Zeiten der Sowjetunion auf friedliche Koexistenz gesetzt und dies insbesondere in zahlreichen Rüstungskontrollabkommen demonstriert. Damals hat Moskau allerdings die Erfahrung gemacht, daß der Westen unter Führung der USA nur sehr sehr bedingt — nämlich solange kein Weg zur Niederringung des Feindes gefunden — an einer Koexistenz interessiert ist, was er durch seine Anstrengungen, die UdSSR totzurüsten seinerseits demonstriert hat. Nun kam man in Moskau dann schließlich zu der Überzeugung, daß die schiere Unmöglichkeit einer friedlichen Koexistenz durch die eigene Staatsräson bedingt sei. Also hat der damalige Staats- und KPdSU-Parteichef Gorbatschow den Sozialismus zugunsten einer wirklich friedlichen Koexistenz ebenso aufgegeben wie konsequenterweise das sowjetische Verteidigungsbündnis, den Warschauer Pakt, aufgelöst, der ja für die Verteidigung des Sozialismus (sowjetischer Art) installiert worden war.
Der Westen war so frei und hat es Rußland nicht gedankt. Den Sozialismus beizubehalten und ihn im Sinne Marx'scher Ideologiekritik, also im Sinne einer Emanzipation der Arbeiterklasse zu verwirklichen, das wäre sicher allemal besser gewesen, als sich der Illusion einer friedlichen Koexistenz mit dem Systemfeind auf Biegen und Brechen zu widmen: Das — den aktuellen Krieg inklusive — hat Rußland jetzt davon. Und trotzdem scheint man in Moskau nichts Wichtigeres zu tun zu haben, als sich weiterhin mit dem Westen verhandlungsbereit zu geben, worauf u.a. die Bezeichnung des Krieges als »spezielle militärische Operation« hindeutet.
Und im übrigen nicht nur das: Wer sich an den Hitler-Stalin-Pakt erinnert, der sei darauf hingewiesen, daß Stalin selbst angesichts des Aufmarsches deutscher Truppen an der sowjetischen Staatsgrenze im Jahre 1941, über den er durch seine Informanten im Bilde war, es bis zur Stunde des tatsächlichen Überfalls nicht wahrhaben wollte, daß das damalige deutsche Regime vertragsbrüchig wird. Er nahm also in Kauf, daß die deutschen Truppen ohne große Gegenwehr schnell und weit auf russisches Gebiet vorstoßen konnten. Ähnliches kann man heute angesichts der Kursk-Offensive bemerken, die die NATO mittels ihrer ukrainischen Handlanger vornahm. Ohne NATO-Waffen, NATO-Berater und -Logistik wäre dieser Vorstoß ja völlig unmöglich gewesen. Und was die Vergangenheit anbelangt da registriert man eine Kontinuität in einem guten Glauben an ein Deutschland, der schlicht unglaublich ist: Der staatliche Sender Russia Today hat offenkundig keinerlei politisches Geschichtsbewußtsein: RT deutsch propagiert nämlich unverfroren die NS-Nachfolgepartei AfD und deren — in Bezug auf Rußland verlogenen*! — Standpunkte, ganz so als wären die für Rußland eine Perspektive, von der russischen Bevölkerung gar nicht zu reden. Aber so ist es eben in einem Staat, der nach westlichem Vorbild auf Nationalismus pur, d.h. statt Sozialismus, setzt. Darüber kann auch das BRICS-Bündnis nicht hinwegtäuschen: Es setzt ja gerade auf einen international anerkannten Nationalismus und da ist jeder Staat willkommen, ganz unterschiedslos wie die Staatsräson der einzelnen Staaten im einzelnen aussieht.
Die antirussische Propaganda ist seit über 100 Jahre dieselbe. In ihrem Kern ist sie rassistisch und sie zielt auf die Unterwerfung ganz Rußlands. Die Kritik an der Nichtexistenz von Kapital, also an einer rudimentären Art von Sozialismus war zwar kein Vorwand, sie war vielmehr das i-Tüpfelchen in der rassistischen Kritik am russischen Menschenschlag: Er könne einfach nicht anders als bewußt böswillig sich »unserer« Vernunft zu widersetzen. [ANN vom 13.10.1941 und taz vom 27.10.2011 — nach Befinden der heuchlerischen taz war es nach 70 Jahren mal wieder Zeit, in die Offensive zu kommen.]
Die ukrainischen Bandera-Faschisten sind den imperialistischen Staaten nützlich, weil, fatalistisch wie sie sind, opferbereit — aus westlichem Blickwinkel also kaum minder verachtenswert. Auch stört es die Imperialisten nicht die Bohne, daß die Ukraine in die Steinzeit zurückbefördert wird (insbesondere die USA haben da ja große Erfahrung, wie das geht — erfahrungsgemäß am besten so, daß man sich dabei nicht selber die Hände schmutzig macht!) und jede Menge Kollateralschäden unter der Zivilbevölkerung auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion anfallen. Für die Imperialisten ist »Frieden« die Ideologie seiner weltweiten Herrschaft. Also ein unumstößliches, weil gewaltversehenes Dogma. Überdies duldet es keine grundsätzliche Konkurrenz ihrer Herrschaft, weder eine gleich- (alternativ-kapitalistische) noch andersgeartete (irgendeine sozialistische).
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Verlogen sind deren Standpunkte, weil sie zum einen auf die Diskreditierung qua Mißerfolg der deutschen Regierung setzen, wofür Rußland im aktuellen Krieg gerade gut genug erscheint. Zum anderen weil in Rußland wie in den anderen osteuropäischen Staaten (inklusive der Ex-DDR) seit dem Systemwechsel vor gut 40 Jahren die AfD eine Renaissance des Faschismus heraufdämmern zu sehen gewillt ist.
12.09.2024
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TEIL 1 Das Papier
Die im DGB zusammengeschlossenen deutschen Gewerkschaften ignorieren die deutsche Staatsräson, wie sie von der jeweiligen Bundesregierung ausformuliert und durchgesetzt wird, sie nehmen jene als gegeben hin. Dies ist die Ausgangsposition, mit der sie sich als Funktionärsvereine, die sie sind, um ihre Interessen kümmern.
Diese Position hat ihren Grund darin, daß die Gewerkschaften, wiewohl sie als staatstragende Interessenvertretungen ganz prinzipiell anerkannt sind, versuchen, eben diese Anerkennung — und das ist ihr ganz spezielles Interesse — ein ums andere Mal zu manifestieren, so als ob in der Permanenz dieser Aktivität die Anerkennung selber begründet wäre. Und da ist ja auch etwas Wahres dran: Im Klassenstaat versteht es sich ja nicht von selbst, daß die in Abhängigkeit gehaltene Klasse, vertreten durch die Gewerkschaften, eben diese Abhängigkeit als etwas Positives und daher als annehmbar begreift und akzeptiert bekommt. Die Gewerkschaften müssen also die Arbeiterklasse bei staatstreuer Stange halten — auch in Verhandlungen mit der Kapitalseite — und diese ihre Leistung dem Staat dauerhaft vor Augen führen.
Zweifel auch nur leisester Art an der Staatsräson wollen und können die Gewerkvereine sich daher nicht leisten. Ganz im Gegenteil, das Vertrauen in und auf den Staat, der sie anerkennt, und in die Politik, die sie als ihre Gesprächspartner mit stets offenen Ohren kennt, bestätigen sie in ihrer Haltung und in ihrer Rolle, als Transmissionsriemen zwischen Arbeiterklasse und Staat zu wirken.
Es stellt sich die Frage, wie die Gewerkschaften das bewerkstelligen. Hierzu liegt ein Fall vor, der seine Brisanz darin hat, daß hier ein besonderes Kapital, das Rüstungskapital involviert ist. Es dreht sich um ein dreiparteiisches Papier: Der Staat, vertreten durch die in Regierungsverantwortung stehende Partei in Form des Wirtschaftsforums der SPD, das Kapital in Form des Bundesverbands der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) sowie der Industriegewerkschaft Metall (IGM). Diese 3 Fraktionen haben ein Papier verabschiedet unter dem Titel »Souveränität und Resilienz sichern — Industriepolitische Leitlinien und Instrumente für eine zukunftsfähige Sicherheits- und Verteidigungsindustrie«.
Der Titel »Souveränität und Resilienz [Unverwundbarkeit]« unterstellt den Anspruch der Politik, die staatliche Souveränität ins Spiel zu bringen, auszuweiten und sie dahingehend anzupassen, ansonsten könnte man sich solche Hervorhebung ja sparen. Wer einwendet, es gebe doch eine Bedrohung der Souveränität, der übersieht, daß die staatlichen Ambitionen allenthalben einer Rechtfertigung bedürfen, also eine Bedrohung suggerieren soll, die man wie im aktuellsten Fall schlechterdings nicht beweisen kann. Unterstellungen an andere staatliche Gewaltmonopole sind eben nichts anderes als Unterstellungen [dazu zum Fall Rußland].
Die deutschen außenpolitischen Ansprüche, die imperialisitschen Ansprüche Deutschlands werden dann auch gleich im ersten Satz des Papiers zur Sprache gebracht, nämlich so: Rußland habe die Ukraine überfallen und damit gleichsam einen ersten Angriff auf die BRD gestartet. Kein Wort über die Gründe der Geschehnisse; als selbstverständlich wird unterstellt, daß die Ukraine zu »uns« gehört und am besten am Hindukusch »verteidigt« wird. Ein aufmerksamer Leser beachtet, wie die IGM-Führung dieser Sichtweise umstandslos folgt!
Sodann erläutert das erwähnten Papier die Ansprüche des in der Rüstungssparte angelegten Kapitals, welches selbstverständlich bemerkt hat, daß der deutsche Staat Größeres, ja wirklich Großes auf seine Tagesordnung geschrieben hat. Das was explizit einigen anderen Staaten und Terrororganisationen nachgesagt wird, nämlich daß sie Gewalt als Mittel ihrer Politik begreifen, läßt sich ja den deutschen Heuchlern feinster Sorte wirklich nicht entgegenhalten: Die Rüstungsmagnaten tun so, als generierten die deutschen Waffenexportfirmen nicht von Jahr zu Jahr neue Höchstumsätze, sie tun so, als finanzierte die BRD keinerlei Stellvertreterkriege, sie tun so, als mischte die sich nicht mit ihrer Gewalt unmittelbar im Ausland ein, wenn sie die Bundeswehr in andere Staaten, ja Kontinente abkommandiert.
Nicht einmal ansatzweise tangiert diese exorbitante Heuchelei die Funktionäre der IG Metall (die hier stellvertretend für den DGB stehen kann, denn von dem ist auch nichts Gegenteiliges bekannt)! Konsequent ist diese an den Tag gelegte nationale Haltung allenthalben:
Von Seiten des Kapitals ist es ja einleuchtend, nämlich in seiner Lobbytätigkeit eine gehörige nationale Schmeichelei an den Tag zu legen, also den Staat in seinen dem Kapital lukrativen Ansprüchen zu bestärken: »Deutschland benötigt eine verläßliche und strategische Ausrichtung für seine Industrie, die deutlich über eine Legislaturperiode hinausgeht. Nur so kann Deutschland seine souveräne Handlungsfähigkeit … [usw. usf.]« Diese Anbiederei breitet sich im Detail über den allergrößten Teil des Papiers aus, apostrofiert vom staatsfanatischen SPD-Wirtschaftsforum und unwidersprochen von der Gewerkschaft.
Von Seiten der Gewerkschaft braucht jene Position im Namen der Arbeitklasse jedoch eine Rechtfertigung, die dem Staat wie dem Kapital zwar an sich einerlei ist, jedoch als Beitrag zur nationalen Gesinnungseinheit wertvoll erscheinen läßt und deshalb auch Aufnahme in das Papier findet. Die Gewerkschaft strapaziert in solchem Zusammenhang wichtigtuerisch den Begriff »Mehrwert« — was nun wirklich nichts mit dem Mehrwert zu tun hat, der in Form des Profits in den Taschen der Kapitaleigner landet.
Bezüglich des Lamentierens der Industrie, daß das Eurofighter-Programm schon 2027 ausläuft, führt die IGM eine Studie an, die folgende Punkte beinhaltet: »
→ mehr als 400 beteiligte Unternehmen
→ mehr als 100.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze in der EU, davon 25.000 in Deutschland und größtenteils abseits der einschlägigen Ballungszentren angesiedelt
→ mehr als 120 deutsche Zulieferer + öffentliche Institutionen für F&T
→ +10% BIP: Für jeden Euro BIP, der durch die Eurofighter Tranche 4 erzeugt wird, werden weitere 10% an zusätzlichem Beitrag zum gesamten BIP geleistet
→ +26% Steuern: Für jeden Euro Steueraufkommen, der durch die Eurofighter Tranche 4 erzeugt wird, werden in Deutschland 26% zusätzliches Steueraufkommen generiert
→ +33% Arbeitsplätze: Für jeden Arbeitsplatz, der durch die Eurofighter Tranche 4 geschaffen wird, werden 33% zusätzliche Arbeitsplätze in der deutschen Wirtschaft geschaffen «
Wie man dem entnehmen kann, macht sich die Gewerkschaft wirklich Gedanken, kolossal konstruktive Gedanken, so konstruktiv, daß die Politik, welche Gewalt und Krieg als ihr Mittel begreift und dem nationalen Ansprüchen entsprechend anwendet, glatt in den Hintergrund rückt und gleichzeitig ihr auch noch wohltuende Wirkungen hinsichtlich dieser Mittel bescheinigt werden.
Teil 2: Der Einwand
Ein IGM-Mann hat — wohl stellvertretend für eine ganze Anzahl weiterer — in einem Schreiben an den Vorstand Vorbehalte gegen jenes dreiparteiische Papier angemeldet:
»… Hier wurden pionierhaft alternative Zukunftsentwürfe zu kapitalistischen Sackgassen entworfen. Dabei müssen wir [?] uns [?] auch [!] mit der Frage, was produziert und transformiert werden soll, befassen und es nicht den Unternehmern überlassen. Die Gewerkschaften müssen diejenigen sein, die die Transformation industrieller Fertigungsprozesse mit der Frage nach dem gesellschaftlichen Nutzen ihrer Produkte verknüpfen.« Er interpretiert die gewerkschaftlichen Aufgaben also anders als offenbar vorgesehen, zumindest sollten deshalb noch andere Überlegungen einfließen. Er schreibt weiter: »Gesellschaftliche Bedarfe jenseits von Krieg, Zerstörung und Tod zu definieren, ist daher [weil er sich die Gesellschaft so zurechtinterpretiert, damit sie in seinen deutschen Ordnungssinn paßt?] eine der zentralen Aufgaben der Gewerkschaften in der Transformation und in der Friedensbewegung. …. Der Kurs des Papiers … sichert die Dominanz des Militärs. Es folgt der Profitlogik der Aktionäre der Unternehmen des BDSV, doch nicht der einer Interessenorganisation von abhängig Beschäftigten. Diese sind ArbeiterInnen, die einen guten Job brauchen, um ohne Not zu überleben. Sie sind aber auch Eltern und BürgerInnen, die eine zukunftsfähige Gesellschaft und eine gesicherte Friedensordnung brauchen. …«
Daß jeder »gute Job« ein abhängiger ist, damit einer von der anderen Seite ausnutzbarer wäre nicht so schwer festzustellen, doch will er an dieser fundamentalen Abhängigkeit nicht rütteln. Und daß ein solcher Job eine unter Wert bezahlte, also im rein materiellen Verständnis Ausbeutung ist, daran will er ebenso wie seine Gewerkschaftsobrigkeit nicht denken: Ebensowenig verschwendet er einen Gedanken darüber, warum eine, seine Gesellschaft Rüstung offenbar braucht und die nicht zu knapp. Er möchte sich seinen Glauben an die schöne heile Welt einer kapitalistischen Klassengesellschaft nicht durch jenes Papier in Frage gestellt sehen.
Wenn er von »gesellschaftlichem Nutzen« spricht, dann rekurriert er darauf, daß alle, also Staat, Kapital und Arbeiterklasse, ihren Nutzen von und aus der Wirtschaft ziehen können. Dafür sei eine »Transformation« nötig: Vom Rüstungskapital sei außer für dieses selbst kaum ein Nutzen erkennbar. Er begründet dies nicht etwa ökonomisch, nämlich etwa so, daß die Ware Rüstung totes Kapital darstellt, weil sie nicht mehr in den Zirkulationsprozeß des Kapitals eingeht. Nein, er macht dies vorstellig aus purem Idealismus: Frieden versteht er nicht als eine Ideologie in dem Sinne, wie er vom Staat gemeint und praktisch mit den Mitteln der Gewalt durchgesetzt ist und wird. Ausdrücklich stellt er sich das so vor, nachdem er diplomatische Lösungen im Ukraine-Krieg gefordert hat:
»Eine dauerhafte Steigerung des Etats für Rüstung und Verteidigung auf ein willkürlich erscheinendes, an konjunkturelle Entwicklungen gekoppeltes Zwei-Prozent-Ziel oder darüber hinaus lehnen wir ab. Vielmehr muß sich der Verteidigungshaushalt danach bemessen, was zur Erfüllung der Aufgaben der Landes- und Bündnisverteidigung erforderlich ist. Zudem sind die Mittel und Anstrengungen für zivile Konfliktprävention und Entwicklungszusammenarbeit deutlich zu erhöhen. Die verabredete Konvention … ist nicht geeignet, diesen Zielen auch nur einen Schritt näher zu kommen.
Das Dokument spricht sich für einen Kurs verstärkter Aufrüstung auf allen Feldern der Rüstungsproduktion und des Kriegs-Know-Hows aus und verbindet dies mit der Forderung nach staatlich garantierter Planungssicherheit für Rüstungsunternehmen, die so Langzeitrenditen erhalten, die sonst kaum zu erzielen sind.«
Die Feststellung, was Staat und Kapital vorhaben, beißt sich seiner Meinung zufolge einfach an seinen idealistischen Vorstellungen, die er hat und für die er einen Ankerpunkt in den Ideologien sieht, welche allenthalben verbreitet werden: Es ginge »bloß« um Verteidigung, es ginge »bloß« um zivile Regelungen im Sinne von »Freiheit & Demokratie«, es ginge »bloß« um für alle Seiten nutzbringendes Wirtschaften, ja es ginge auch »bloß« darum, dem Personal Gehör zu schenken, um seine Mitarbeit würdigen zu können.
Letzteren Punkt unterstreicht er eindringlich: »Wer weiterhin mahnt, daß von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf, und davor warnt, Waffen an die Ukraine zu liefern, die strategische Ziele weit im russische Hinterland treffen können, muß heute wieder damit rechnen, als 5. Kolonne Moskaus denunziert zu werden. Gerade Gewerkschaften, die ja auch immer wieder zu den größten 'Opferverbänden' werden, sollten das zuallerletzt vergessen. Es waren die Schrecken der beiden großen Kriegskatastrofen, die ein deutscher Imperialismus losgetreten hatte, die dazu führte, daß unser Grundsatzprogramm als Ziel festhält, 'für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung' zu kämpfen. So steht es auch immer noch in der aktualisierten Satzung.«
Sowohl in dem Dokument wie in der Antwort darauf hier merkt man deutlich, wie wenig die Gewerkschaft Subjekt in der Gesellschaft ist. Soll man sich gerade deshalb mit Fragen beschäftigen, die den Status der Gewerkschaft zumindest moralisch legitimieren? Denn eine Durchsetzung von Zukunftsentwürfen glaubt der besorgte Gewerkschaftler selber kaum. Aber Widerspruch und Widerstand zumindest artikulieren, dazu
sieht er sich mit seiner IGM moralisch verpflichtet. Man kann darüber rätseln, was der materielle Nutzen für die Arbeiterklasse sein soll, denn dieser ist mit diesem Standpunkt nicht absehbar, weder im Frieden noch im Krieg.
Teil 3: Die Klarstellung
Das wiederum macht die Antwort des Herrn Jürgen Kerner, Vorsitzender der IGM, der seine steile Funktionärslaufbahn an einem Rüstungsstandort, in der Stadt Augsburg — die sich gerade deshalb als »Friedensstadt« präsentiert (man sieht hier wie Wirklichkeit und Ideologie zusammengehören!) — die begonnen hat, einfach: Er bestätigt den besorgten Schreiber in seiner irren Auffassung der deutschen Gesellschaft, nach der die einzig dem Frieden dient:
»Auf den Punkt gebracht: Es geht nicht um Aufrüstung, sondern um Ausrüstung, nicht um die Normalisierung oder gar Verharmlosung von Krieg, sondern um industriepolitische Fragen im Kontext der verfassungsgemäßen Landes- und Bündnisverteidigung. ›Eine nicht unerhebliche Rolle (…) spielt eine auch sicherheits- und verteidigungspolitische Integration im Sinne der europäischen Souveränität. Das betrifft vor allem die Rüstungszusammenarbeit und die notwendige Ausrüstung der Bundeswehr, die ihren verfassungsgemäßen Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung erfüllen muß.‹ Nicht zuletzt auf der Grundlage dieses aktuellen Grundsatzbeschlusses des Gewerkschaftstags beteiligt sich die IG Metall an Debatten zur Industriepolitik der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie….«*
Alles klar?! An der Verfassung willst Du, kritischer Gewerkschaftsgenossse, doch ebensowenig rütteln wie an gewerkschaftlichen Grundsatzbeschlüssen! Und das ist kein Gegensatz zu dem Standpunkt der IGM, die Kerner so formuliert: »Die IG Metall steht ohne Wenn und Aber für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung…..«
Wo man keinen Widerspruch — und der ist bei einer gewissen Unschärfe zwischen Ideologie und Idealismus offenkundig nicht leicht wahrzunehmen! — entdecken will, kann man auch keinen entdecken. Das erschiene ja als spalterisch und damit gewerkschaftsschädigend. Und da »wir« ja alle an einem Strick ziehen, laß‘, lieber Kritiker, die Sache sich nun darauf beruhen. Glaube einfach an deine famose Gewerkschaft, die dich in ihrer Gesellschaft so schätzt, daß sie dir vermittels eines ihrer Bosse sogar einen Antwortbrief schreibt! Danke, danke, danke!
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* Bereits im März hatte Kerner den IGM-Standpunkt im Sinne der deutsch-imperialistischen Staatsräson präzisiert: »Für uns war immer klar, wir liefern keine Waffen in Kriegsgebiete. Jetzt liefern wir Waffen in ein Kriegsgebiet in der Ukraine, weil wir das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine auch akzeptieren. Wer das Selbstverteidigungsrecht eines Landes akzeptiert, muß auf der anderen Seite auch sagen: Verteidigen kann man sich nur, wenn man was zum Verteidigen hat. Das ist auch für uns die Argumentation von Waffenlieferungen.« Konkreter Nutzen für den Standort D: »Wenn es eine Bundeswehr gibt, die einen Verteidigungsauftrag hat, dann muß diese Bundeswehr auch vernünftig ausgestattet werden. Da gibt es zwei Möglichkeiten: Man kauft diese Waffen im Ausland oder man produziert sie selber. Da sind wir der Ansicht, wir sollten diese Waffen selber produzieren. Da haben wir dann auch das Knowhow und die Eigenständigkeit.« (IG Metall-Website, 28.03.24)
09.09.2024
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