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Ein deutscher Journalist fordert unisono mit den politischen Führungskadern des Staates:

Der deutsche Staat möchte doch bitte seine militärische Gewalt seiner Potenz angemessen zur Geltung bringen!

Die — imperialistischen — Aufsichtsbehörden sollen und müssen — geht es nach dem taz-Afrika-Korrespondenten Dominic Johnson [im folgenden: DJ] — selber ein- und angreifen, wenn die von ihnen beauftragten Staatsführer vor Ort, ihre Erfüllungsgehilfen also, der ihnen übertragenen Aufgabe nicht oder nicht ausreichend nachkommen, nämlich der, in ihrem Staat für Ruhe & Ordnung zu sorgen. Darf man nun DJ fragen: Ruhe & Ordnung wofür? Etwa dafür, daß die strategischen Interessen der global agierenden Aufsichtsmächte gewahrt sind? Etwa dafür, daß der Abtransport des Reichtums an Naturstoffen organischer wie anorganischer Art aus Afrika, Asien und Lateinamerika reibungslos vonstatten gehen kann?

DJ zieht es vor, sich darüber nicht auszulassen. Das wäre ihm viel zu schnöde materialistisch gedacht. Für ihn sind es die »Menschenrechte«, die immer dann irgendwo zur Disposition stehen, wenn die Interessen der Aufsichtsmächte tangiert werden. Die sind in der Tat in Gefahr — und die Belege bei der als Störenfried ausgemachten Seite werden stets alsbald nachgereicht* —, wenn sich dort in Afrika und überhaupt in den Staaten der »Dritten Welt« Leute im Streit um Staatsmacht und Ressourcen ins Gehege kommen. Dies ist der Sache nach notwendig, aber genau diese Notwendigkeit, welche in den Resultaten imperialistischer Herrschaft vorliegt, bestreitet DJ vehement. Und umso vehementer, je brutaler und weitreichender die Auswirkungen imperialistischer Interessen entsprechende Reaktionen vor Ort hervorrufen, selbst eben da, wo es nicht »bloß« um Erdöl wie beispielsweise in Nigeria, in Libyen, im Sudan oder um Coltan im Kongo, Uran im Niger, um Baumwolle in Ägypten, Kakao in der Elfenbeinküste etc. etc. geht, eben nicht weniger da, wo die Verfügung über die Staatsmacht so ziemlich die einzig lukrative Lebensquelle darstellt, eine Lebensquelle, die in der kapitalistisch globalisierten Welt sich allüberall in abstraktem Reichtum, in Geld bemißt, welches wiederum seinerseits in den militärischen Mitteln, es sich zu beschaffen, seine Voraussetzung hat.

Mit den negativen, sehr blutigen Seiten der imperialistischen Weltordnung habe eben diese — DJ zufolge — überhaupt nichts zu tun! Offenkundig nicht einmal dann, wenn nach direkten militärischen Interventionen der Aufsichtsmächte jedwede Verbesserung der materiellen Lage der ortsansässigen Bevölkerung in schöner Regelmäßigkeit ausbleibt; ja, es den Bevölkerungen vor Ort wie im Irak und im nicht minder zerteilten Jugoslawien dreckiger geht als zuvor. Nein, mit den negativen Seiten dieser einzig geilen kapitalistischen Weltordnung, wie sie von den USA und ihren G7-Mitstreitern eingerichtet ist, hätten diese — DJ zufolge — nie & nimmer etwas zu tun! Das läge ja vor allem daran — so DJ —, daß jene alle Hände voll zu tun haben, diese negativen Seiten zu beseitigen. Jede andere Sichtweise wäre ja nun wirklich lachhaft!

DJ begibt sich also auf das geistige Niveau eines deutschen Bundespräsidenten, der scheinbar kontrafaktisch — als ob es nicht eh schon dauernd immer mehr geworden wären! — mehr deutsche Interventionen kriegerischer Art auf die politische Tagesordnung setzen will: Also je schlimmer die imperialistisch hergestellte Weltlage umso mehr! Mit der legitimatorischen Allerweltsbegründung »Menschenrechte«, versteht sich.
DJ wehrt sich keineswegs dagegen, die Massenmorde im — übrigens gut christlich-missionierten (57% r.-k., 37% prot.) — Ruanda (1994) und in all den zahlreichen anderen Fällen nicht mit der etablierten kapitalistischen Weltordnung in Verbindung bringen: Nur wie bringt er sie denn mit ihr in Verbindung? Er will diese Ordnung einerseits ent-schuldigen, indem er sie andrerseits gleichzeitig der Verhinderung der Morde be-schuldigt. Die Gründe für die Leichen lägen also — DJ zufolge — in einer Unterlassung notwendiger »Hilfeleistung«. So unlogisch diese Argumentation ist, so ist sie umso mehr eben eine Glaubensfrage, ja ein unangreifbares Dogma kapitalistischer Ideologie. Der Glaube an die segensbringenden Leistungen kapitalistischer Staaten wie den USA, der BRD, Japans, Frankreichs und Großbritanniens ist offenbar unverwüstlich: Nicht nur bei Politikern, den Exekuteuren des Staatsinteresses, ganz offenkundig nicht weniger bei kritischen Journalisten wie DJ und seinem taz-Kollegen Erich Rathfelder, welcher ja bekanntlich auf der gleichen Welle deutscher Weltverantwortung schwimmt.

Kritikern nun unterstellt DJ folgenden Schwachsinn:
»Aber kann im Gedenkjahr von D-Day und von Ruandas Völkermord ernsthaft in Deutschland argumentiert werden, der Griff zu den Waffen sei immer, unter allen Umständen und ausnahmslos falsch? Wer wirklich so denkt, muß gutheißen, daß UN-Blauhelme untätig bleiben, wenn vor ihren Augen Menschen abgeschlachtet werden, und soll das ruandischen Überlebenden des Völkermordes ins Gesicht sagen.« (taz, 17.06.14)
Damit ist klar, worauf er hinauswill, denn daß immer häufiger und mittlerweile geradezu regelmäßig die politische Gewalt des Staates ihren militärischen Arm einsetzt und dreinschlägt, ist ja nicht zu übersehen:
"Eine sinnvolle Diskussion über Gaucks Äußerungen muß [!] die Frage stellen, ob die außenpolitischen Instrumente Deutschlands — und dazu gehört die Bundeswehr nun einmal — sinnvoll [!] eingesetzt werden. Dabei geht es nicht um hypothetische Grundsatzfragen**, sondern um reale Vorgänge. Welche Lehren genau zieht die deutsche Politik eigentlich aus dem Einsatz in Afghanistan? Wie wird der Einsatz im Kosovo bewertet? Was sind die Erfolgskriterien für die laufenden militärischen Ausbildungsmissionen in Mali und Somalia?" (ebenda)

Wo der Erfolg fraglich erscheint, ist der Einsatz, so wie er stattgefunden hat und stattfindet, natürlich nicht sinnvoll: Es wurde schlicht zu ineffektiv, ja viel zu sparsam von der eingesetzten Gewalt Gebrauch gemacht! Für DJ gehörten entschieden dickere Bretter deutscher Verantwortung gebohrt. Schließlich steht er als Journalist — und da weiß er sich in Übereinstimmung mit vielen anderen seiner Zunft — an vorderster Front der Heimatverteidigung. Genau so nämlich versteht er die kapitalistisch globalisierte Welt: Als seine Heimat, auf die er schlicht nichts kommen lassen möchte.
Und wer ihm solcherlei Unsinn nicht zutraut: DJ posaunt ihn folgenden Worts frei heraus:

"Oder, konkreter: Warum hat die Bundesregierung die Bitte des deutschen Leiters der UN-Mission im Kongo, Martin Kobler, nach einer Entsendung deutscher Beobachter und Technik in den von Milizen terrorisierten Ostkongo abgelehnt, sich aber auch nicht [aber auch nicht!: Jetzt flippt er schier aus!] aktiv am Weltgipfel zur Bekämpfung sexueller Gewalt in Konfliktgebieten vergangene Woche in London beteiligt? Welcher Logik folgt die Entscheidung, in der von völkermordähnlicher Gewalt heimgesuchten Zentralafrikanischen Republik zwar die Beteiligung von bis zu 80 Bundeswehrsoldaten an der neuen EU-Militärmission zu beschließen, aber dann nur vier zu entsenden, die auch nie das Hauptquartier verlassen sollen?
Über solche Dinge muß [schon wieder dieses dogmatische »Muß«, welches den Parteigänger der Nation, den Nationalisten verrät!] offen diskutiert und gestritten werden. Aber das geht nur, wenn der Griff zur Waffe grundsätzlich als legitimes Mittel der Politik anerkannt wird. Fundamentalistische Denkverbote*** haben in der Politik keinen Platz, und Nichtstun kann tödlich sein. Wer diese Lehre aus Ruanda und Bosnien nicht beherzigt, hat nichts begriffen." (ebenda)

Bedingungslose Anerkennung der politischen Gewalt als Voraussetzung jeder Diskussion! So entlarvt sich DJ eben als agitatorischer Handlanger, den Protagonisten der deutschen Staatgewalt gut leiden können. Er ist ja selber einer der Protagonisten garantiert deutscher Ordnung, Leichen einfach von dieser weg- und zu irgendwelchen »Negern« hingedacht. Nein, nein, DJ ist kein Rassist! Doch genau so geht — moderner — Rassismus! ____________________________________________________________________________
* Dafür gibt es dann neben den amtlichen Beobachtern (OSZE etc.) die »unabhängigen« NGOs.
**Für DJ sind Grundsätze per se hypothetisch: Offenbar ist ihm keine Behauptung zu unsinnig, um seinen Opportunismus zu rechtfertigen!
*** Das Ausprechen von Denkverboten ist staatlich monopolisiert, was DJ offenbar weiß: Deshalb muß man sich auf die Staatsebene begeben, um ihnen zu entkommen.

(21.06.14) 

bluete