Die USA zwischen Prinzipien und notwendig gewordenem Opportunismus — für die bombenfesten Europäer ein Skandal
Die Kosten der Freiheit steigen rapide
Die derzeit die USA regierende Partei der Republikaner war bis noch vor nicht allzu langer Zeit eine Partei, deren Staatsräson in möglichst wenig Staatseingriffen in die Wirtschaft und in einem harten Plädoyer für Freihandel bestand. Das hat sich mittlerweile unter der Führung des Präsidenten Trump umgekehrt. Nun gebietet ihnen die Staatsräson das glatte Gegenteil: Sie ist zum Protektionismus umgeschwenkt, weil ihre Wirtschaft in der internationalen Konkurrenz Federn hat lassen müssen. Die überbordende Rolle des Finanzkapitals kann nicht verhindern, daß die Warenproduktion und damit auch die Exporte schrumpfen. Kürzlich gab es in den städtischen Zentren der USA Großdemonstrationen vornehmlich gegen die Selbstherrlichkeit des »Diktators« Trump. Allein seiner Arroganz wurde attestiert, für die Folgen seiner Politik verantwortlich zu sein. Die resultiert in einer Geldentwertung einerseits bei vielfach gleichzeitig stattfindendem Einkommensausfall andrerseits. Es gelang der demonstrierenden Masse mühelos, diesen materiellen Grund in eine verfehlte Politik einer allzu dummen Charaktermaske zu übersetzen. Dabei wissen die Aktivisten selber nicht — und die oppositionelle Partei der Demokraten ebensowenig — wie denn eine »vernünftige Politik«, eine attraktive Charaktermaske stattdessen aussehen könnte.
Doch so ist es eben: Leute, die kein Geld mehr haben, können nichts mehr kaufen und so zieht das Land auch keine Geschäftemacher, pardon: Investoren mehr an, welche vorhandene Kaufkraft auf ihre Mühlen zu lenken versteht. Ja, die USA leben trotz aller wirtschaftlichen Misere auf großem Fuß, was ihrem Weltmachtstatus und ihrem -anspruch entspricht. Allein für die weltumspannenden Militärbasen und die auf die Weltmeere zu deren Überwachung beorderten Flugzeugträger geben sie Milliarden aus, ökonomisch gesehen völlig unproduktive Kosten. Das »Wirtschaftswunder« der BRD nach dem Krieg war dadurch begünstigt, daß der NS-Nachfolgestaat solche Ausgaben erst einmal nicht zu tragen hatte und sodann sie noch — vergleichsweise zu heute — moderat ausfielen. Wenn also Trump ein Wirtschaftswunder für die USA anstrebt, dann ist er sicher der letzte, der aus der Historie des eigenen oder eines anderen Staates Lehren zu ziehen gedenkt. Er interessiert sich in Sachen Geschichte allein für die fänomenalen Taten großer Staatsmänner. Sein überragendes Vorbild, in dessen Fußstapfen er schon alsbald zu treten gedachte, ist sein damaliger Parteifreund Ronald Reagan. Dieser hatte es vollbracht, die Sowjetunion zur Abdankung zu bewegen. Ähnliches wie Ronald wollte auch Donald vollbringen, als es den russischen Präsidenten nach Alaska eingeladen hatte: Jener sollte in Sachen Ukraine einen Rückzieher machen. Blöderweise ließ sich Putin nicht über den Tisch ziehen und so mißlang die Abwicklung des Konflikts im Sinne der USA. Vorteilhafterweise soll ja das Kapital nicht aus und in der Ukraine, sondern im eigenen Land Kapital schlagen. dazu kommt, daß der europäischen Konkurrenz ist die Ukraine als Kapitalanlagemöglichkeit entzogen ist — nicht zu reden vom Geschäftsausfall mit Rußland. Der EU halsen die USA die Kosten für einen fortgesetzten Krieg, was zwangsläufig zu einer weiteren Schädigung ihrer Ökonomie führen muß. Damit entledigen sich die USA der leidigen europäischen Konkurrenz, ohne das ausdrücklich in ihrem Programm zu haben. Der Krieg nützt den USA sogesehen durchaus. Freilich Geld für Investitionen in den USA hat das deutsche Kapital nicht übrig. Rätselhaft ist, wie die Präsidentin der EU-Kommission den USA Investitionen in Höhe von 600 Milliarden USD nebst 750 Milliarden USD für US-Energieträger in einem Abkommen mit Donald zusagen konnte. Herr Schäuble würde sich sicher im Grabe umdrehen, wenn er mitbekäme, was aus seiner »schwarzen Null« geworden ist. Nicht nur die US-Republikaner haben sich den Staatsnöten angepaßt, auch die europäischen Politiker. Und man mag sich streiten, wer die Ökonomie seines Staates nun besser managt.
Eines darf jedoch dabei nicht vergessen werden: Es sind ja nicht allein die knallharten ökonomischen Tatsachen, die beim politischen Management zusätzlich zu Buche schlagen. Es ist die Ideologie. Für deutsche und andere europäische Politiker kommt eine Verständigung und ein Interessenausgleich mit Rußland einfach nicht in die Tüte. Soviel Flurbereinigung muß sein: Die Ukraine gehört »uns« und nicht Rußland, koste es, was immer es wolle; ebenso Georgien und andere exsowjetische Staaten. Die Ukraine und Rußland haben den Preis zu zahlen — was für die EU offenkundig in Ordnung geht —, aber — und über diesen Zusammenhang wollen die Führungsfunktionäre nicht reden — nicht alleine! Das bleibt den Politikern zwar nicht verborgen, doch ihren eigenen kostenträchtigen Aufwand halten sie einfach für drängend notwendig.
Auch die USA wollen sich nicht zu den Dilemmata der EU-Staaten äußern, für die sie ja nicht unwesentlich verantwortlich sind. Den Opportunismus der EU-Staaten ihnen gegenüber, der sich in dem genannten Abkommen zeigt, halten sie für völlig ausreichend, um sich nicht weiter in deren inneren Belange einzumischen. Allüberall sind schließlich die Politiker an der Macht, die die USA völlig zu Recht für ihre Parteigänger halten können. Es ist ein Stück Sicherheit, das die USA zugebilligt erhalten, während für ihre »Partner« nichts abfällt, da mögen die sich einbilden, was immer sie wollen.
Interessant wird es, wenn die arroganten Staatsfiguren imperialistischer Staaten sich miteinander auseinandersetzen (müssen). Neulich, im Anschluß an den Alaska-Gipfel, kamen in Washington DC die Wichtigsten zusammen, der Trump, der Macron, der Starmer, der Merz, die Meloni und die Von der Leyen, der niederländische NATO-Chef. Die europäischen Figuren wollten, Trump möge am gemeinsamen NATO-Projekt festhalten, die Ukraine einzugemeinden, ein Projekt, das ohne maßgebliche Unterstützung der USA nicht möglich ist. Trump hingegen wollte und will, daß die Europäer die Lasten schultern , welche die USA bislang im wesentlichen für sie getragen haben. In diesem schönen Dialog war selbstverständlich unterstellt, daß die Ukraine — wenn man sie denn schon Rußland überlassen muß — so zugerichtet ist, daß Rußland damit wenig glücklich sein kann, daß ein ökonomischer Nutzen, eine kapitalistische Verwertbarkeit von Land und Leuten in der Ukraine auf längere Sicht sich nicht einstellt. Außerdem unterstellt ist, daß der Rußland zugefügte Schaden gar nicht groß genug sein kann. Offiziell wird am gemeinsamen strategischen Plan festgehalten, die Ukraine vor Rußland zu retten, ihm also gar befreite Gebiete über kurz oder lang wieder zu entreißen.
Wie in kapitalistischen Staaten üblich stehen für das nun fällige, voranzutreibende Projekt die Kosten und ihre Verteilung im Mittelpunkt. Der Streit geht darum, wer die immensen Kosten für die Gewaltmittel übernimmt, ohne die ein imperialistisches Projekt solcher Größe nun einmal nicht durchzuführen ist. In einer Hinsicht freilich stehen diese Kosten nicht zur Debatte: Insofern nämlich, als diese Kosten der jeweiligen staatlichen Manövriermasse aufgebürdet werden. Also daß die nationalen Arbeiterklassen all das auszuhalten haben, was an — in zwischenimperialistischer Konkurrenz zementierten — kostenintensiven Ansprüchen beschlossen wurde, steht außer Frage!
Die deutsche Öffentlichkeit weiß alsogleich, was sie zu propagieren hat. Das muß an dieser Stelle nicht dargestellt werden, der Leser schlage einfach eine x-beliebige Zeitung auf: Die Fakten sind immer in die Staatsräson, in deren Ideologie eingebettet. In dieser Weise werden sie dem Leser verabreicht — man könnte auch sagen: angedreht. Der etablierte Journalismus geht nämlich davon aus und er kann das erfahrungsgemäß, daß der Leser sich auf der Höhe des nationalen Zeitgeistes befindet. Gerade deshalb können die Medien davon ausgehen, weil sie dieses Nationalbewußtsein schaffen und täglich schüren. Das ist die Essenz einer »freien Presse«!
11.11.2025
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