Das Amerikanertum
Nationaler Erfolg schlägt sich im Bewußtsein politisierter Staatsbürger nieder, Mißerfolg nicht minder.
Es gibt zweifellos so etwas wie »Völkerpsychologie«. Allerdings nicht in dem herkömmlichen Sinn wie sie einstige und heutige Politiker in Deutschland und die mit ihm verbündeten Staaten geprägt haben: In ihrer Herrenmensch-Arroganz haben diese Figuren die Unterschiede der Menschen in den verschiedenen Ländern auf die Natur zurückgeführt und tun dies weiterhin. Diesen Rassismus können sie in ihrem politischen Denken und Handeln nicht verleugnen. Um Beispiele anzuführen: Warum durfte und darf die Türkei nicht der EU beitreten? Oder warum darf das »gemeinsame Haus Europa« nicht mit Rußland und Weißrußland gebaut werden, aber mit den Bandera-Nazis der Ukraine? Warum ist ein Damm gegen Flüchtlinge aus Afrika gebildet worden? Warum distanzieren sich Von der Leyen, Merz, Klingbeil und Co. nicht von Israels Genozids? Warum weifert sich Deutschland hartnäckig, im Krieg überfallenen Staaten wie Griechenland für Überfall und Gräueltaten zu entschädigen? Warum rehabilitiert Deutschland Offiziere der Nazi-Wehrmacht und stellt sie als Vorbild hin¹? Usw. usf. Niemand kann behaupten, daß all das politisch und ökonomisch wirklich zweckmäßig ist für die Staatsräson einer kapitalistischen Gesellschaft. Klar, es wird dennoch — mit verräterischen Vehemenz! — glauben gemacht. Doch keiner der vielzitierten »Experten« prüft diese Behauptungen und wagt, Einwände zu erheben; nicht einmal die Leute der Wirtschaft. Es könnte immer aufs neue überraschend sein — so man nicht um die Dringlichkeit kurzfristigen Profits wüßte —, schlägt man das Zentralorgan der Investoren, das Handelsblatt, auf, wie dort speziell der deutschen Außenpolitik aus dem Hirn gefressen wird: Dabei muß man kein tieferes Verständnis der Wirtschaft haben, um zu sehen, wie kontraproduktiv Wirtschafts- und Außenpolitik nicht nur aber gerade die der derzeitigen Regierung ist.
Aus Marxscher Sicht muß man sie gar als noch destruktiver einschätzen: Schließlich sind Investitionen ins Militär totes Kapital, Kapital, das dem Wirtschaftskreislauf entzogen wird: Waffen, die nicht eingesetzt werden, rosten vor sich hin, entwerten sich ohne irgendwem irgendetwas gebracht zu haben; werden sie eingesetzt, zerstören sie die Ökonomie erst recht.
Also was kann unter Völkerpsychologie im Gegensatz zu dieser zutiefst rassistischen Auffassung verstanden werden. Der Grieche Nikos Dhimu hat ein aufschlußreiches (auch auf deutsch erschienenes) Büchlein geschrieben: »Über das Unglück, ein Grieche zu sein«.² Dhimu ist ein politisierter Bürger, Anhänger seiner Nation. Als solcher hat er ein Riesenproblem: Griechenland stellt in der heutigen Welt einen abgehängten, schwachen Staat dar. Kein Vergleich zur Macht der griechischen Stadtstaaten in der Antike, in der die griechische Ökonomie mit ihrem weit verzweigtem Handel und die geistigen, wissenschaftlichen Errungenschaften so zentral waren, daß sich gar die griechische Sprache zur Weltsprache entwickelt hatte. Was Dhimu also so anschaulich vor Augen führt, ist, daß ein politisierter Bürger sein persönliches Image auf die Zugehörigkeit zu einer Nation zurückführt, genauer: zu deren Rang unter den Staaten: Wie selbstverständlich mißt er die Nation am Anspruch, Weltmacht zu sein. Immerhin vermeidet die NATO-, EU- und €-Mitgliedschaft dann seinen intellektuellen Selbstmord…
Kein Wunder, daß die Weltmacht USA in Sachen Nationalismus die Nr. 1 sind. Dieser so qua Erfolg gut begründete Nationalismus macht gleichwohl nicht Halt an den Grenzen einer Nation:
»… Je nachdem die politischen Formen eines fremden Landes denen der Vereinigten Staaten entsprechen, wird dieses Land, bei Gleichstand auf andern Gebieten, als dem Amerikanertum nahekommend erachtet. Doch wenn von diesem politischen Moment die Rede ist, wird gewöhnlich ein Synonym für den Begriff Amerikanertum gebraucht, und dieses lautet: Demokratie. …
Der Glaube an das Hinstreben der ganzen Welt zum Amerikanertum ist ihnen [den US-Amerikanern] so in Fleisch und Blut übergegangen, daß es nur sehr schwer aufgegeben werden wird; und wenn die Umstände sie zum Aufgeben zwingen, so besteht die Gefahr, daß sie die ganze internationale Zusammenarbeit aufgeben. Menschen, die so verdreht sind, daß sie Ausländer bleiben wollen, verdienen eben keine Hilfe. …«³
Aufzugeben kommt für die politische Führung natürlich nicht einfach dann infrage, wenn sie (zeitweise) mit ihren nationalen Ansprüchen nicht durch- oder vorankommt. Sie setzt alles daran, diesen ihr unerträglichen Zustand zu beenden. Sofern Wirtschaftskriege dazu nicht ausreichend sind, kommt der Einsatz des Militärs in Betracht.
Das nationale Programm, die Staatsräson ist unberührt, ungeachtet welche Personen und welche Partei die nationalen Spitzenämter bekleiden. Die Charaktermasken der Politik konkurrieren darüber gegeneinander: Wer ist der konsequenteste Anwalt der Nation.
Das ist Demokratie. Das ist us-amerikanisches Vorbild. Politisierte Bürger in aller Welt haben daran einen Narren gefressen. Und das ganz jenseits des Rangs ihres Staates im Konzert der Nationen.
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¹ Im August 2024 unter Regie des Bundesverteidigungsministerium, vom SPD-Militaristen Pistorius geführt. Halbherzig wurde das dann doch wieder zurückgenommen, nachdem die taz getitelt hatte: »Mehr Wehrmacht wagen!« Aber allein wieviel Leute dafür bezahlt wurden, von der Politik beauftragt, solchen Scheiß auszuarbeiten und als ernsthaft und wichtig zu präsentieren, wirft ein schlagendes Licht darauf, was der demokratische deutsche Staat unter »Vergangenheitsbewältigung« versteht. Ganz abgesehen davon, daß der Nazi Stauffenberg, der sich als besserer Hitler verstand, nach wie vor in hohen Staatsehren steht..
² Νίκος Δήμου, Η δυστυχία του να είσαι Έλληνας
³ Geoffrey Gorer, Die Amerikaner – Eine völkerpsycholgische Studie, 1949, dt. 1956, S. 163
30.08.2025
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