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Werner Raith

 

Werner Raith (1940 – 2001) war langjähriger taz-Reporter mit Schwerpunkt Italien. Neben etlichen anderen Büchern (eines über den Mord an Aldo Moro, mehrere über die Mafia, den Vatikan) war »Absturz über Ustica« (Elefanten Press, Berlin) ein Glanzpunkt seiner in Romanform zusammengefaßten Recherchen im Fall der Jagd auf Gadafi.

Als am 31.1. 2001 ein libyscher Geheimdienstoffizier im Lockerbie-Prozeß auf Betreiben der USA und Großbritanniens hin schuldig gesprochen wurde, schwieg die westliche Öffentlichkeit ausnahmslos zur Vorgeschichte des Falles: Als ob Libyen einfach so aus purer Bosheit, die USA hätten provozieren wollen! – Dafür weiß Gadafi ja längst, daß alles, was dahingehend (miß)verstanden werden könnte, einen zu hohen Preis hat, als daß man es im eigenen Interesse riskieren sollte. Die Vorgeschichte zur Kenntnis nehmen, hieße: Die prinzipielle Feindschaft der USA gegen Gadafi und seinen Staat zu beurteilen. Und angesichts dessen kann Gadafi tun und lassen, was er will, es wird immer gegen ihn ausgelegt. Daß er sich nicht umstandslos in eine US-NATO-Weltordnung einfügt, ist Grund genug für den hinter den USA versammelten freien Westen, ihn zum Abschuß freizugeben.
Damals, 1980, wurde, und damit beginnt das Buch des langjährigen taz-Italien-Redakteurs Werner Raith , eine zivile Douglas DC-9-Linienmaschine mit 81 Menschen an Bord über dem Mittelmeer abgeschossen – verwechselt mit dem Flieger, mit dem Gadafi von Warschau zurück nach Libyen unterwegs war. Daraufhin wurde alles von Seiten der USA und der NATO unternommen, den Skandal zu vertuschen. Die Ermittlungen kamen so nur stockend und bruchstückhaft voran, manches war dabei den sich keineswegs immer grünen Standpunkten der NATO-Partner zu verdanken. Die Flugtage von Ramstein kosteten dann zwei Piloten das Leben (neben Dutzenden von Zuschauern) und beerdigten damit den Fall praktisch endgültig. Das war 1988, wenige Monate vor dem Absturz der Boeing 747 über Lockerbie. Werner Raith hat die akribisch recherchierten Bruchstücke in den personellen Rahmen eines Kriminalromans gesetzt und damit einen Beitrag geleistet, Licht auf das feine System von Demokratie und Freiheit und seine weltweiten imperialistischen Ambitionen und Aktionen zu werfen. Die Realität ist immer noch der härteste Krimi, leider.
Nebenbei bemerkt verbreitet die dpa anläßlich anstehendes Gerichtsprozesses zwecks Entschädigung der Opfer noch 2011 die Desinformation, der Absturz sei ein Rätsel: Die Schandtaten der NATO passen der deutschen Propaganda-Agentur einfach nicht ins Bild.

bluete