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Nikos Kazantzakis

 

Nikos Kazantzakis (1883-1957) hat in seinem – zumal auch verfilmten – bekanntesten Werk »Alexis Sorbás« die Sentenz der Emanzipation schlechthin auf den Begriff gebracht: »Ich fürchte nichts, ich hoffe nichts, ich bin frei«. Jeder kann daran messen, inwieweit er sich von allen herrschenden Bevormundungen entfernen konnte. Es ist leicht verständlich, daß sich Kazantzakis hauptsächlich mit der (griechisch-orthodoxen) Kirche anlegte, die wie ein Alptraum das Land überschattete und auch heute noch großen Einfluß ausübt: Die konservative Partei Nea Dhimokratía wäre ohne ihren Rückhalt kaum regierungsfähig und auch die anderen Parteien einschließlich der KP vermeiden es, sich mit der Kirche anzulegen. Außerdem: Nicht wenige hoffnungslos dem Arbeitsmarkt ausgelieferte junge Männer suchen in der Kirche einen Zufluchtsort als Pfaffe. Seine Frontstellung gegen die griechische Orthodoxie und ihre Heuchelei war ein zentraler Moment seiner Entrüstung.
Und wem die Bibel nicht ohnehin schon sattsam zum Halse heraushängt, der kann sich mit dem Roman »Die letzte Versuchung« eine alternative Version zu Gemüte führen, ein Buch, welches sogar auf dem Verbotsindex der römisch-katholischen Kirche landete. Trotz diesem schönen Erfolg zeigt das Werk die Grenzen von Kazantsakis' Gesellschaftskritik auf; ebenso wie »Griechische Passion« und wie »Freiheit oder Tod«, worin der nationale Befreiungskampf gegen die türkische Herrschaft auf Kreta (bis 1898 zum Osmanischen Reich gehörig, dann autonom, 1913 an Griechenland angeschlossen) Thema ist: Eine radikalisierte Moral der Tat gegen religiösen und nationalen Glauben vergißt, die gültige Interessenlage einer Kritik zu unterziehen.
Kazantzakis gehörte der »Sozialistischen Arbeiterbewegung« an sowie dem »Griechisch-sowjetischen Bund«. Die Arbeit dort befriedigte in ebensowenig wie seine kurze Teilnahme an der Regierung zum Jahreswechsel 1945/46. Er blieb weiterhin ein Suchender, was in den Romanen »Mein Franz von Assisi« und »Der Felsengarten« zum Ausdruck kommt. In letzterem begibt er sich nach Asien (China und Japan), um dort Antworten auf die Fragen seines Kopfes zu finden. Nicht weniger in dem Buch »Im Zauber der griechischen Landschaft«, in dem – typisch für Kazantzakis – der Heilige Berg Athos nicht fehlen durfte. »Rechenschaft vor El Greco«, der wie er selbst Kreter war, heißt seine erlebnisreiche, einducksvolle Autobiografie. 
Er wurde neun Mal vergebens für den Literatur-Nobelpreis vorgeschlagen; man kann sich leicht vorstellen, mit wem sich das Komitee auf keinen Fall anlegen wollte. Seine nur zum Teil in deutscher Sprache veröffentlichten Werke sind zuletzt als Taschenbücher bei Ullstein bzw. rororo erschienen.

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