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Victor Hugo

 

Victor Hugo (1802-1885) schuf mit dem Roman »Notre-Dame von Paris« (auch als »Der Glöckner von Notre-Dame« bekannt, rechts unten abgebildet eine frühe griechische Übersetzung) den Auftakt zu einer Reihe von Romanen, wie »Die Elenden«, »Die Arbeiter des Meeres«, »Die lachende Maske« und »Dreiundneunzig [1793]«. Der zweifelos berühmteste und bedeutendste darunter ist die Abrechnung mit den sozialen Verhältnissen in »Die Elenden«. Zuvor schon erschienen die Romane »Die schwarze Fahne« (mit Bezug zur damaligen französische Kolonie, der heutigen Dominikanischen Republik) und »Die letzten Tage eines Verurteilten«. Romane waren sein Schwerpunkt, daneben schrieb er noch Dramata und Gedichte und war malerisch tätig. Auch politisch war er aktiv; allerdings nicht gerade glücklich, denn er versuchte immerzu, sich für eine Seite – solange er sie noch nicht als Übel erkannt hatte – stark zu machen: Von den großartigen Ideen seiner Zeit, die insbesondere aus dem Bürgertum hervorgingen, war er wiewohl anfangs stets begeistert, sodann, als die Maske viel, schwer ernüchtert. Obzwar er unzweifelhaft ein geistiger Wegbereiter der »Pariser Kommune« war, erlebte er diese in der Verbannung, aus der erst danach zurückkehrte.
Seine Romane verraten ziemlich durchgängig eine zutiefst materialistische Einstellung, 
Im Mittelpunkt von »Notre-Dame von Paris«, dessen Geschichte und Pracht er schildert, steht ein Zigeunermädchen namens Esmeralda, das eine innere Schönheit ausstrahlt, welche die Kirche entbehrt. Es muß aus der Kirche befreit werden, die sie gefangen hält. Im übrigen war er stets ein Verfechter der Belange der Frauen. Bemerkenswert auch der griechische Begriff ανάγκη, welcher sowohl Bedürfnis wie Not(wendigkeit) bedeutet. Er ist in einer kurzen Vorrede dem Roman vorangestellt und soll auf einer Mauer der Kirche eingekratzt, jedoch beseitigt worden sein. Ein zentraler Begriff übrigens auch im »Kapital« von Karl Marx. Zum Roman »Die Elenden«, einer Gesellschaftskritik sans phrase, haben sich schon so viele geradezu überschwänglich geäußert, daß hier nur ein Wort hinzugefügt werden soll: Gustave Flaubert war wohl der Einzige, der sowohl an diesem Roman wie an »1793« Kritik äußerte: Ihm waren die Figuren zu grob und schroff gezeichnet, um als wirklich brauchbare Gesellschaftskritik durchgehen zu können. – Der Roman »Die lachende Maske« führt in eine Welt der Absonderlichkeiten. Man mag das als weltfremd empfinden oder zu Hugos Zeit empfunden haben, umso mehr ist dieser historische Roman der heutigen Zeit eben gerade dadurch verbunden. Betrachtet man all den heutigen nackten Wahnsinn, der gesellschaftliche, politische Wirklichkeit geworden ist, dann ist das Buch wahrlich ebenso der Zukunft zugewandt, wie der Roman, der vor rund 300 Jahren spielt. Man denke nur an die irre Zunahme von Schönheitsoperationen… Wenn man den Roman »Die Arbeiter des Meeres« liest, wird überaus klar, was Flaubert gemeint hat: Hugo huldigt nämlich einem heroischen Realismus. Und im Heroismus, da ist sich Flaubert sicher, liegt alles andere als eine wirklich gesellschaftsverändernde Kraft. Mit eben seinem Heroismus erklärt sich auch die bis heute anhaltende Faszination von Victor Hugo.
  

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