Dario Fo und Franca Rame
Offene Zweierbeziehung:
Das Stück selber macht die Schwierigkeit vorstellig, eingefahrene Moralvorstellungen zu durchbrechen. Doch wenn man es versucht, wird das Leben oft nur allzu grotesk und man kann jeden Nachahmer bzw. jeder Nachahmerin nur frohes Gelingen wünschen.
Das Werk wurde hierzulande übrigens erstmals im November 1983 in Bologna uraufgeführt. Franca Rame stellte 1985 auf dem Festival des Freien Theaters in München allerdings nicht dieses Stück, sondern allein "Kinder, Küche, Kirche" vor, während Dario Fo mit "Mistero Buffo" und "Gechichte einer Tigerin" vertreten war. In Augsburg wurde im s'ensemble-Theater "Die offene Zweierbeziehung" im Jahre 2010 aufgeführt.
Franca Rame zum Stück: "Wo Du politisch stehst ist ablesbar an deinen Beziehungen zu deiner Mutter, deiner Frau, deiner Tochter, deiner Schwester. Hier manifestiert sich die Ideologie, die du im Kopf hast! Ich kenne einen Haufen Männer, die hervorragende Politiker sind [gemeint sind natürlich (ML-)Politiker der Kommunistischen Partei Italiens, die damals in Italien ja eine einflußreiche Größe war], echte Genossen, und sich zu Hause, in den eigenen vier Wänden schlimmer aufführen als der letzte bürgerliche Faschist. So sieht die Realität aus! Und deshalb ist jemand, der diesen Text als Spektakel, als bloße Unterhaltung begreift, ein Schwachkopf. Davon bin ich überzeugt. Wie dieser Mann in dem Stück sich verhält ist wirklich faschistoid. So als ob einer ankommt und sagt: Ich mache, was ich will, ich bin ein guter Genosse, hab sämtliche Schwarten intus, angefangen bei Lenin, aber im Privatleben benehme ich mich wie ein echter Scheißkerl! – denn einer, der seine Frau derart behandelt, ist ein Scheißkerl. Denk nur an deinen Mann… und manchmal ist meiner nicht besser… warum lachst du?"
Keine Frage blieb Dario Fo und seiner Gemahlin zu schwer, um sie nicht gebührend durch den Kakao der Komik zu ziehen. Dieser Zugang zur Politik hatte freilich nicht nur eine gesellschaftskritische, emanzipatorische Seite (die überwog), vielmehr auch die Seite eines großen Mißverständnisses. Denn zweifelsohne ist zum einen das Publikum allein aus Spaß nicht für revolutionäre Überlegungen zu gewinnen – Fo hatte sich ja mal sehnlichst und ganz ausdrücklich gewünscht, "Nägel" in die Köpfe der Leute schlagen zu können. Und wenn zum anderen der Übergang zur Politik ansteht, ist das eine sehr unausgegorene Sache, wie die 5-Sterne-Bewegung bewiesen hat, an deren Zustandekommen Dario seinen Anteil nahm (siehe das Buch "Über Demokratie, Italien und die Zukunft Europas" zusammen mit Beppo Grillo und Gianroberto Casaleggio verfaßt und zwar in Form von Zwiegesprächen der Autoren).
Die meisten Werke sind in deutscher Sprache im Rotbuch-Verlag erschienen, einige im Verlag der Autoren. Eine Auflistung sei hier aus Gründen des Umfangs erspart.