Anne Schmucker: Hexenprozesse in Augsburg
Während im Europa des 17. Jahrhunderts die Aufklärung allmählich begann, erblühte in der Freien Reichsstadt Augsburg der Hexenwahn. Offenbar hatte die Gleichstellung der Konfessionen nach dem 30-jährigen Krieg den Blick auf den inneren Feind geöffnet. Auf Grundlage der "wissenschaftlichen Hexenlehre" verdammten katholische wie protestantische Geistliche in den Augsburger Kirchen das "Hexengeschmeiß" und betrieben deren Ausrottung.
Das neu vorliegende Buch läßt kein Auge trocken. Es weist 126 Beschuldigte und 17 zum Tode Verurteilte nach, von letzteren wurden allein 15 zwischen 1649 und 1699 (letzter Fall) verurteilt. Die Geschichte einiger Fälle wie zum Beispiel der der Dorothea Braun, der der Anna Eberle und der des einzigen verurteilten Mannes, des 18-jährigen Veit Karg, werden anhand des verwendeten Archivmaterials dem Leser eindrucksvoll vor Augen geführt.
"Im Jahre 1654 wurde von zwei Patern des Ulrichsklosters am Altar der St.Ulrichskirche an einem jungen Mädchen eine Teufelsaustreibung vorgenommen. Das grausam gequälte Mädchen, das nur noch "Jesus, Maria" stammeln konnte, verstarb am darauffolgenden Tag." (S. 34)
Das Buch gibt einleitend einen Überblick über die kirchlichen Hexenlehren und seine Begriffe. In Augsburg schürte vor allem der Jesuit Petrus Canisius den Hexenwahn. Der Gelehrte Gottlieb Spizel stand ihm auf protestantischer Seite nicht nach. Weiter informiert das Buch über die weltliche Obrigkeit und ihre Justiz sowie die angewandten Verhör- und Foltermethoden.
Auch außerhalb der Stadt, im Bereich des Hochstifts Augsburgs, tat sich einiges. So wurde noch 1730 in Wehringen eine Bäuerin beschuldigt, über 60 "Schülerinnen" gehabt zu haben. Hostienfrevel und Schändung christlicher Symbole wie Feldkreuze waren die Anklagepunkte. (Diese Dinger verschandeln ja heute noch die Landschaft!)
Anne Schmucker: "Sie starben als Hexen" Hexenprozesse in Augsburg, Achensee Verlag (im Buchhandel vergriffen)
sehr empfehlenswert! Auch angesichts der Tatsache, daß der offenbar nur sehr wenig Gebildete im Amt des bayerischen Ministerpräsidenten jetzt die Verletzung "religiöser Gefühle" unter Strafe stellen möchte. Soll er doch gleich wieder Hexenprozesse einführen!