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Antisemitismus, Faschismus, Zionismus
Die Logik der Ausrottung
 

Zweifellos ist es so, daß nicht alle Juden Zionisten, Parteigänger des Staates Israel sind. Nur ist es so, daß all die Juden, die das nicht sind, von den Zionisten für sich vereinnahmt werden und nicht allein von diesen. Und das auch noch mit Berufung auf den Massenmord an Juden durch die deutschen Faschisten, der offiziell als Holocaust bezeichnet wird.
Auch die Chefideologen der neuen nationalen Bewegung, Adolf Hitler und Alfred Rosenberg, sahen in ihrer Anfang der 1920er Jahre entwickelten Verschwörungsideologie die Juden als zionistische Gesamtmasse. Allerdings hatte die NSDAP nach der Machtübernahme 1933 durchaus ihre Schwierigkeiten, ihre Judenfeindschaft umzusetzen. Das lag an der Exportabhängigkeit Deutschlands und den Boykottbewegungen gegen es insbesondere in den USA und Großbritannien. Zunächst hatte die NSDAP einen zionistischen Staat in Palästina in ihr Verschwörungsgebäude eingepaßt, indem sie dem Zionismus unterstellte, für sein Streben nach Weltherrschaft eine sichere Ausgangsbasis schaffen zu wollen. Sodann, ab 1933, sah man die Auswanderung der Juden ins britische Mandatsgebiet Palästina als gar nicht so übel an, was das Haavara-Abkommen bezeugt, welches zwischen dem Wirtschaftsministerium und der »Zionistischen Vereinigung für Deutschland« geschlossen wurde: Man hoffte, die Wirtschaftslage dadurch gewissermaßen entspannen zu können. Nun wurde der Staat zu seinem Verdruß auf diese Weise keineswegs genügend Juden los, viel zu sehr waren die Juden als deutsche Staatsbürger in Deutschland eingehaust. Und die Boykottbewegungen im Ausland wurde man auch nicht wirklich los. Das führte zu einer offensiven Radikalisierung in der NSDAP gegen die Juden, speziell ab 1937 (also nach den Olympischen Spielen in Berlin 1936): Die Parteibasis pochte auf die Ideologie des Parteiprogramms, für deren Umsetzung es nun Zeit geworden sei!
Das war sozusagen der Anfang der Massenabschlachtung von Juden in den Konzentrationslagern, wobei unter ihnen — aufgrund der antisemitischen Ideologie verständlicherweise — kein Unterschied gemacht wurde, ob jemand religiös, ungläubig (lediglich pro forma jüdisch) oder gar kommunistisch war. Allein nach Palästina auswanderungswillige Zionisten konnten Glück haben, dorthin zu gelangen und so dem sicheren Tod zu entrinnen.

Dazu ein Schritt zurück zur Erklärung des Antisemitismus, speziell in Deutschland. Vor dem Ersten Weltkrieg war dieser vergleichsweise nur latent vorhanden, meist vertreten durch christliche Kreise, die den Juden zur Last legten, ihren eigenen Messias, Jesus Christus, der römischen Herrschaft ausgeliefert und gekreuzigt haben zu lassen. Dieser religiöse Antisemitismus, bereichert durch den Neid auf die »Geldjuden« — zurückzuführen auf die Wuchergeschäfte, mit denen einige von ihnen sich unbeliebt machten —, wurde praktisch abgelöst durch einen ganz und gar politischen Antisemitismus nach dem Ersten Weltkrieg. Deutsche Nationalisten suchten eine Erklärung für die Niederlage, die sie nicht fassen wollten. Ihre zwar reichlich absurde, aber schlagende Erklärung fanden sie in der Existenz der Juden: Diese hätten sich als Parasiten im deutschen Volkskörper bewegt und würden dies weiterhin tun. Selber unfähig, einen eigenen Staat zu bilden, wären sie voller Mißgunst auf andere Staaten und so würden sie ihnen zu schaden trachten. Auf der einen Seite seien sie die Führer des international agierenden Finanzkapitals, auf der anderen Seite die des ebenso international agierenden Bolschewismus — und genau so seien sie in einer Zangenbewegung zur Schädigung der nationalen Wirtschaft und somit zur jüdischen Weltherrschaft unterwegs.

Diese Kritik wurde von den meisten Juden und gerade den Intellektuellen unter ihnen entschieden zurückgewiesen. Schließlich wußten sich diese genau so gut als Deutsche wie alle Andersgläubigen, hatten sich sowohl an der militärischen wie der heimatlichen Front bewährt und waren gewollt, weiterhin Deutschland nützlich zu sein: Sie gaben ein bisweilen gar lautstarkes Bekenntnis dazu ab, weiterhin gute Deutsche sein zu wollen. Sie wollten sich nicht von der neu aufkommenden Hitlerbewegung ausgrenzen lassen.

Einige unter den Juden jedoch nahmen sich die Kritik der deutschen Faschisten zu Herzen und wollten jetzt erst recht den Beweis antreten, fähig zu sein, einen eigenen Staat zu gründen. Dies waren (und sind bis heute) die eigentlichen Zionisten. Und der Standpunkt dieser damaligen Minderheit unter den Juden wurde von den Faschisten honoriert. Solche Juden, die keine Parasiten im Volkskörper (mehr) sein wollten, waren der NSDAP, dann als sie die Macht hatte, allenthalben lieber als alle anderen. Freilich sollte die Auswanderung keinesfalls zur Gründung eines Judenstaats führen, welcher der NS-Ideologie zufolge als Ausgangsbasis für einen jüdische Weltherrschaft dienen würde. Möglicherweise ist diese Vorstellung auch bei heutigen Antisemiten präsent. Jedenfalls kamen aufgrund dieser NS-Doktrin andere Abschiebeoptionen in Betracht, unter anderem die abgelegene Insel Madagaskar, eine französische Kolonie. Geändert haben sich dann die Überlegungen im Zuge des Krieges. Mit den eroberten Gebieten insbesondere östlich Deutschlands hatten die Faschisten Zugriff auf dermaßen viele Juden, für die die Deportationsmöglichkeiten angesichts der Kriegsdringlichkeiten schlichtweg nicht vorhanden waren. Die Faschisten sahen sich veranlaßt, mit den verbliebenen Juden kurzen Prozeß zu machen und sie schnurstracks zu ermorden.

Es stellt sich die Frage, ob der Fortgang der Geschichte damals, in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts absehbar war. Ja, dafür gibt es einen schlagenden Beweis: »Das neue Ghetto« ist ein 1922 erschienener Roman von Arthur Zapp, dessen Bücher von den Nationalsozialisten verbrannt wurden. In diesem Roman zeichnet er ein differenziertes Bild der Juden anhand einer jüdischen Familie. Der Alte hält noch an den jüdisch-religiösen Gebräuchen fest, während die Jungen der Religion sich entfremden, so wie man das auch von christlichen Familien kennt. Ein Sproß der Familie schloß sich der neuen zionistischen Bewegung an, die ernsthaft einen eigenen Staat gründen wollte, also ernst machen wollte mit Überlegungen, die unter Juden schon vor dem Krieg existierten. Jetzt aber sahen sich diese Zionisten durch die Hitlerbewegung berechtigt, ja genötigt, es zu tun. Ein anderer Sproß, ein Universitätsprofessor argumentiert beredt dagegen: Er kämpft gegen die immer stärker aufkommende Judenfeindschaft. Er malt aber auch das Desaster an die Wand, das mit dem Versuch der Gründung eines Staates Israel, welcher ohne Hilfe von — aus eigenen Gründen interessierten — anderen Staaten nicht möglich wäre, eintreten würde. Und er beschwört die Notwendigkeit aller Deutschen sowohl dem Faschismus wie dem sich auf ihm gründenden politischen Zionismus entschieden entgegenzutreten: »Ich habe schon gesagt: Der Zionist arbeitet unseren größten Feinden, den Antisemiten, in die Hände, denn er unterstreicht die Behauptung, daß kein Jude ein Deutscher sein kann. Ja, ich erachte den Zionismus für die Juden in Deutschland, überhaupt in Europa, für gefährlicher als den Antisemitismus. Die Antisemiten behaupten, die Juden können nicht Deutsche sein, die Zionisten aber wollen nicht Deutsche sein. ..« (S. 246)

Die Negation drohenden Unheils, das ja mit der Machtübernahme der NSDAP seinen Lauf nahm, vom Standpunkt eines besseren deutschen Nationalismus aus blieb nutzlos: Sowohl das Massaker an den Juden durch die Faschisten wie das Massaker der Zionisten an den ihrer Heimat beraubten Palästinensern, das mit der Gründung des Staates Israel seinen Lauf nahm, ist traurige Wirklichkeit geworden. Das liegt in dem (zivilen) Glauben an die jeweils eigene Nation begründet: Der Nationalismus kennt doch einen ziemlich fundamentalen Unterschied zwischen dem eigenen guten und einem anderen schlechten und er tendiert daher zur Bekämpfung des Schlechten, zur Radikalisierung, zur Gewalt. Daß dafür ein Gewaltmonopol von Nutzen ist, ja notwendig ist, steht außer Frage, das haben die Faschisten ebenso begriffen wie ihr Ableger, die Zionisten. Und ganz selbstverständlich verlangen die Palästinenser ihrerseits seit langem einen Staat, der ihnen gewaltsam vorenthalten wird und weswegen sie auch des Terrorismus bezichtigt werden.

Die öffentliche Meinung, die so sehr gegen den Antisemitismus auftritt, selber gar nicht begründen kann, wie sich Antisemitismus erklärt: Wie sonst wäre die Gleichsetzung aller Juden mit dem Zionismus möglich? Wie sonst wäre es möglich, sich der zionistischen Propaganda, die alle Juden für sich vereinnahmt — mit Verweis auf die deutsche NS-Ära — ein ums andere Mal anzuschließen und diese zu verstärken trachten?
Wer möchte bezweifeln, daß mit der Rechtfertigung der Massaker des Staates Israel an den Menschen im Völkergefängnis Gaza-Streifen [immer wieder, auch 2014 hat die Hamas übrigens vergeblich offene Grenzen gefordert], im von blutheischenden zionistischen »Siedlern« zerstückelten Westjordanland sowie in Ost-Jerusalem der deutsche Staat heute in der Tradition des Dritten Reiches steht? Beweist er das nicht dadurch, daß er es immer erneut für nötig erachtet, »Werte« zu heucheln. Müßte er nicht ansonsten ausrufen, »Gaza — das Auschwitz der Zionisten!«?

02.12.2023
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Verwendete Literatur:
— Francis R. Nicosa: Hitler und der Zionismus – Das Dritte Reich und die Palästinafrage 1933-1939, Literatur-Report 2001

— Arthur Zapp: Das neue Ghetto, Alfred Streißler GmbH, Berlin-Nowawes, 1922
— GegenStandpunkt – Politische Vierteljahreszeitschrift, 3-2014, »Gaza-Krieg 2014«, S. 115ff
— GegenStandpunkt – Politische Vierteljahreszeitschrift, 1-2009, »Gaza-Krieg 2008«, S. 87ff
— Konrad Hecker: Der Faschismus und seine demokratische Bewältigung, GegenStandpunkt-Verlag, 1996, S. 127ff

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