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Ein Fall in Ferguson/Missouri: »Unser Rassismus gehört zu unserer Freiheit!«
Wie Freiheit Rassismus gebiert

Zu den obersten Werten der USA gehört zweifellos ein tief verwurzelter Rassismus, der sich aus der Überlegenheit dieses Staates anderen Staaten gegenüber speist. Er richtet sich zum einen gegen die, die für die Großartigkeit der Nation nicht verantwortlich gemacht werden, also die Unterprivilegierten im eigenen Lande, zumal dann, wenn sich dieser Status an äußeren Merkmalen wie Hautfarbe und Sprache als einer der Natur bedingter manifestieren läßt. Zum anderen gegen all jene jenseits der Staatsgrenzen, sofern sie sich dort als Verantwortliche nicht umstandslos den us-amerikanischen Ansprüchen zu beugen gewillt sind (weshalb das Abhören ihrer Handys durchaus geboten ist), und erst recht gegen jene, die dort als schiere »Überbevölkerung« nutzlos dahinvegetieren; nutzlos, d.h. jeglicher Verwertung ihrer Arbeitskraft entbehrend. Dieser Zustand ist dann wiederum ein gutes Argument gegen ihre jeweilige Staatsführung, die sich, wenn überhaupt, viel zu wenig an den USA ein Maß nimmt, den USA, die ja bekanntlich als ein Vorbild für Wohlstand schlechthin und damit für eine erfolgreiche Herrschaft gelten wollen und gelten.

Die Scheidung von »Leistungsträgern« und »Nicht-Leistungsträgern« ist ein gesalzenes Urteil, das ohne weitere Erklärung auskommt: Denn man sehe ja nur überdeutlich, wer es zu etwas gebracht habe und wer nicht. Daß es welche gibt, die es zu nichts gebracht haben, könne und müsse — gerade in einer so vortrefflichen Nation wie den USA — an ihrer geradewegs un-amerikanischen Natur liegen. Das bekommt man mit gegenteiligen Beispielen dann illustriert: In den USA (und nicht nur dort) stünde einem jeden ja die Karriere vom Tellerwäscher zum Millionär offen oder gar eine vom Afroamerikaner zum Präsidenten. Das ist auch schon der ganze Rassismus einer nationalen Elite. Der Rassismus in den USA leitet sich direkt aus der politischen Ökonomie des erfolgreichsten Staates ab, der unumschränkten Weltsupermacht USA. Da kann sich dann, so er will, auch ein kleiner dummer Büttel wie der Polizist in Ferguson eine Scheibe für sein Selbstbewußtsein abschneiden: Zumal sein Status ja unmöglich an seiner Natur liegen könne…

Die Freiheit, für die die USA so exemplarisch stehen, ist genau die jener rassistisch gesonnenen Elite, zu der so manch anderer gern gehören möchte. Diesen Wunsch hegen auch Schwarze* und viele andere. Dieser Wunsch wird ein ums andere Mal per Staatsgewalt einer Illusion überführt; polizeilich, juristisch, politisch. Dennoch ist dieser Wunsch nicht totzukriegen. Und das macht eine Besonderheit des Rassismus in den USA aus: Der Erfolg der Nation schafft ganz automatisch einen Anspruch auf die Nation samt ihrer an- und vorgeblichen Wohltaten, den alle ihr Unterworfenen erheben. Ganz im Gegensatz etwa zu den deutschen Nationalisten, die in Zeiten der Weimarer Republik der Überzeugung waren, den Deutschen erst (wieder) einen »Glauben an die Nation« einzuprügeln zu müssen. (Auf einen solchen Gedanken kann im heutigen Deutschland, welches sich zu einem weltpolitisch ganz vorne mitmischenden Staat entwickelt hat, natürlich niemand ernsthaft kommen.)

Es besteht also keinerlei Gegensatz zwischen den Werten der USA und ihrer Gewalt. Da irrt Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden gewaltig, wenn er meint: "Wir widerstehen dem Terror. Nicht weil die Überwachung so stark ist, sondern weil unsere Werte so stark sind." (taz, 25.11.14) Dieser Mann hat offenkundig keine Ahnung von der politischen Ökonomie seines Staates und deren ideologischen Einhausung. So jedenfalls denken sie alle, die unverbesserlichen Idealisten der Staatsgewalt. Insofern sind sie Idioten derselben, obschon von ihr keineswegs wohlgelitten: Die Staatsgewalt bezichtigt in all ihrer Freiheit Snowden unamerikanischer, ja antiamerikanischer Umtriebe. Wie tragisch — gerade im Vergleich zu einem von ihr erschossenem Neger!

(29.11.14)

*Man denke zum Beispiel an jene schwarzer Hautfarbe, die in Sportwettkämpfen für die USA erfolgreich sein wollen. 

bluete