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150 Jahre — »Das Kapital«

Unverdrossener Kampf gegen Marx‘ Erkenntnisse

Das Kapital selber ist ein gesellschaftlicher installierter Zweck, der sich heute mehr denn je — mehr noch als zu Marx‘ Zeiten — von selbst versteht. Der Zweck — Kapital muß sich als (produktives) Kapital verwerten, um sich als Kapital (in seiner abstrakten Form, als Geldkapital) zu erhalten (was seine Vermehrung einschließt) —, ein Zweck, an dem niemand vorbeikommt. Gerade weil von ihm alles andere abhängig und auf diese Weise anerkannt wird — sogar das Werk selber, eben allein als Verkaufsschlager: "Selbst in optimistischster Stimmung hätte er es nicht für möglich gehalten, daß sein insgesamt 2.200 Seiten starkes Hauptwerk — Band zwei und drei gab Engels erst nach Marx’ Tod heraus — jemals zum internationalen Bestseller avancieren würde.“ (Michael Brackmann im Handelsblatt, 13.04.17, hieraus soweit nicht anders angegeben alle weiteren Zitate) Aber eben allein in dieser Art.

Zweck ist das Kapital dem Staat selber, der seine Mittel aus eben dieser seiner kapitalistischen Ökonomie saugt, schließlich hat er diese ja eben dafür eingerichtet. Und längst tut das jeder Staat auf der Welt, selbst das formal kommunistisch gebliebene China. Der Bevölkerung der Welt solle das Kapital nicht als Not erscheinen, der sie unterworfen ist, sondern als unschlagbares Angebot, selber reich werden zu können. Das Kapital beinhaltet somit keinerlei Vorwurf an und für sich, ganz im Gegenteil: Einen Vorwurf an die Adresse derer, die den Aufstieg nicht schaffen: Ihr wart nicht schlau genug, ihr vermochtet es nicht, zu den Erfolgstypen zu gehören, die als Vorbilder gelten und als solche sogar als nationale Führer Anerkennung finden, wie kürzlich ein Immobilienhai in den USA und ein Investmentbanker in Frankreich, die zu Präsidenten dieser mächtigen Staaten gewählt wurden. 
Das schließt nicht aus, als Angehöriger der Arbeiterklasse in die Sfären der Staatsgewalt aufzusteigen und dann — wie beispielsweise eine deutsche Ministerin für Arbeit & Soziales —, die Arbeiterklasse nach Kräften zu malträtieren: Sei es mit einem (neuen) »Arbeitnehmerüberlassungsgesetz« — es erlaubt und regelt den Verkauf der Ware Arbeitskraft durch fremde Hände, also per se zu zuzüglichen Ungunsten des Arbeiters —, sei es mit »einem Gesetz zur Rechtsvereinfachung SGBII«, das eine Kürzung der Sozialleistung für alleinerziehende Mütter im Rahmen von Hartz IV vorsieht etc.etc. Das schließt freilich ein, daß solch Emporkömmling aus der Arbeiterklasse ebenfalls so denken muß, wie es die kapitalistische Staatsräson erfordert. 
Das schließt fernerhin ein, daß auch ein Gebildeter seine Bildung an eben dieser Erfordernis zu relativieren hat: So treten dann die Intellektuellen an, wenn sie auf Marx‘ Kapital anläßlich eines Jahrestages zu sprechen kommen. Zum einen wissen sie gleich, daß da eine Anstrengung vorliegt, die historisch ist, also für die heutige Moderne gerade mit ihrer so eingeordneten Anerkennung keine weitere Anforderung stellt. Was soll einer, der am Erfolg seiner Nation und deren ins Recht gesetzter kapitalistischen Wirtschaftsweise interessiert ist, also diesbezüglich mit- und weiterdenkt, schon mit einer Analyse anfangen, die eine klare Absage an diese Gesellschaftsordnung impliziert? 
Einer weiteren Einordnung des als historisch apostrofierten Werks liegt für die Vor- und Nachdenker solcher Nation auf der Hand: Was mag den Menschen Marx geritten haben, seinen Verstand zu einem — von jenen Geistern praktisch für unnütz erachtetem — Werk zu veranlassen, das über seinen fehlenden Gebrauchswert hinaus zu unerwünschten und schlimmen Konsequenzen geführt hat, die gar nicht oft genug erwähnt werden können: "War der weltweite Einfluß des »Kapitals« und der Marxschen Theorie nicht geradezu verheerend? Tatsächlich diente Marx vielen Revolutionären als Inspiration und Legitimation für ihre meist brutalen Gesellschaftsexperimente — von Lenin und Stalin in der Sowjetunion über Mao Zedong in China bis hin zu Pol Pots Terrorregime in Kambodscha. Der positive Einfluß, den der Marxismus auf die antikolonialen Befreiungsbewegungen des 20. Jahrhunderts ausübte, kann dieses düstere Gesamtbild kaum aufhellen.“(HB) Einen Zusammenhang mittels Überprüfung des von Marx Gesagtem mit dem, was die realsozialistischen Staaten dann ins Werk gesetzt haben einschließlich der Er- und insbesondere Verklärungen ihrer Führungsriege, herzustellen*, ist für heutige Intellektuelle schon deshalb überflüssig, gerade weil jene sich ja immerzu auf Marx berufen hat. Das jedenfalls macht das HB nicht, wenn es Marx gegen die mutmaßlichen Folgen seiner Intention halbwegs in Schutz nimmt: "Marx allerdings dafür verantwortlich zu machen, was später in seinem Namen geschah, hieße, Geschichtsfälschung zu betreiben.“

Wie kommt ein Mensch wie Marx also auf den Abweg, eine ungewollte Vorlage für unerwünschte Entwicklungen zu liefern, eine politische Ökonomie zu kritisieren, im vorliegenden Werk das Kapital als den Zweck eben dieser politischen Ökonomie. Und die Antwort ist reichlich einfach: Er muß schon ein ziemlich verkorkster Typ gewesen sein. Mit dieser Überlegung kam dann kürzlich gar ein Film in die Kinos: Um den Mann als den Deppen dastehen zulassen, der er ausweislich seiner in jeder Hinsicht konsequenten Ideologiekritik nicht war, legt ihm der Film angesichts des Verdikts des Filmemachers, ihn für den Realsozialismus verantwortlich zu machen, dies in den Mund: "Meine kapitalistische Ideologiekritik ist ja selber eine Ideologie.“ (zit. nach analyse & kritik, 21.03.17) Die Ideologien des Realsozialismus werden als die seinen hingestellt, die er gleichzeitig ebenso unbewußt wie bewußt heraufbeschworen habe: Eine geradezu klischeehaft widergekäute »Erkenntnis«! Und ansonsten nichts als Beziehungskitsch: "Um alle potenziell interessanten Fragen macht der Film einen Bogen.“ (a & k, ebenda) 

Marx als Person abzuschießen, dünkt dem Handelsblatt hingegen nicht genug. Sein Werk selber verdiene es, gesondert diskreditiert zu werden. Das geht zunächst als Diffamierung, indem es dem »Kapital« den Ruf einer Bibel, einer »Bibel der Arbeiterbewegung« (HB) verabreicht, also eines Glaubensmanifests, etwas, was man glauben kann oder auch — im Gegensatz zur richtigen Bibel — lieber nicht, wie der Marxismus bekanntermaßen überhaupt als eine schiere »Ersatzreligion« gilt. Kurzum, dem Werk wird so seine Wissenschaftlichkeit bestritten, als hätte Marx nicht einige Mühe darauf verwendet, der politischen Ökonomie ihren Zweck, den Grund ihrer allenthalben zu Tage liegenden Folgen nachzuweisen, ausgehend von den Erscheinungsformen, in denen sich diese Ökonomie darbietet: Nicht von ungefähr beginnt Marx ja seine Analyse mit der Analyse der Ware. 

Einen wirklich nachvollziehbaren Grund für das Werk kann kein Intellektueller heutzutage in Marx‘ Hauptwerk erkennen. Selbst wenn einer so nah dran ist: "Seine Frau Jenny habe praktisch keinen Cent mehr in der Haushaltskasse, »und die Gläubiger werden täglich unverschämter«, klagte Marx. Jahrzehntelang sollte der Cheftheoretiker der Arbeiterklasse auf die finanzielle Hilfe des Industriellensohns Friedrich Engels angewiesen beleiben.“ (HB) Ist es angesichts einer solchen Lage nicht naheliegend, auf Mittel und Wege zu sinnen, da herauszukommen? Und nicht allein für sich, sondern für eine ganze Klasse zweckmäßig, aus dieser ihrer beschissenen Lage wirklich mal herauszukommen? Und selbst für einen Engels ist es ja nicht gerade erbauend, sich immerzu das Gejammer und die Beschwerden anderer anhören zu müssen, zumal die, wenn sie schon mal auf die Besserung ihrer Perspektive sinnen, sich in aller Regel dafür nicht allzu Zweckmäßiges zusammengedacht haben und nach wie vor zusammendenken — man schaue sich die an, die als Linke oder als Sozialisten/Kommunisten unterwegs sind: Jene sind sich gleichwohl einig mit ihren Gegnern, mit der Betonung von »Praxis« der »Theorie« den Vogel zu zeigen: Der letzte Parteitag der deutschen Linkspartei, einer Partei, die von vielen als kommunistisch angesehen wird, gab davon einmal mehr Zeugnis: Die herrschenden Zustände wurden allesamt als Skandal verhandelt und so ihre systemimmanente Notwendig- und Folgerichtigkeit bestritten. 

Die Marxsche Theorie referiert dann der HB-Autor in grobsten Zügen, in zwei Absätzen, richtig (— übrigens nicht bloß "aufbauend auf Smith und Ricardo“, sondern diese auch so weit wie nötig richtigstellend). Sein Einwand besteht nicht in einer Widerlegung des Referierten, sondern in der Herabsetzung zu einer bloßen Meinung: "Mit der Arbeitswerttheorie meinte Marx, »das Geheimnis der Plusmacherei« gelüftet zu haben.“ (HB): Eine Weitere aus dem Nichts gegriffene Herabstufung und Aburteilung von Marx‘ Erkenntnissen: Zunächst bloß Glaubenssache, dann bloß dessen Meinung, auf die man sich nur dummerweise wirklich einlassen kann.
Und weiter: Mit eben dieser seiner Meinung verstricke sich Marx in einen Widerspruch, der von der Befassung mit dessen Werk — wohl zum Glück! — abschreckt. Marx, so das HB, hätte gegenüber einer seiner Töchter auf Nachfrage erklärt, seine Tugend sei die der Einfachheit. An die freilich habe er sich beim Schreiben seines »Kapitals« nicht gehalten: "Mitunter mutet sein Jonglieren mit den Kategorien Waren-, Gebrauchs-, Tausch- und Mehrwert, sein unentwegtes Drehen und Wenden von Gegenständen und ihre Zerlegung in Einzelbestandteile schon recht kompliziert an. Marx scheint mit seiner Arbeitswerttheorie auch nicht der ganz große Wurf gelungen zu sein. »Mehrwert« und »Surplusarbeitszeit« veranschaulichen zwar in abstrakter Form die konkrete Kluft zwischen der kleinen Luxus-Kapitalistenklasse des 19. Jahrhunderts und dem Massenelend des Proletariats. Letztlich aber sind Lohnkosten nur eine von vielen Rechengrößen eines Unternehmens. Aufwendungen für Investitionen etwa blendet Marx weitgehend aus.“ 
Sicher, beim »Jonglieren« und bei »großen Würfen« kennt sich das dem Kapital verbundene HB aus — in Sachen Marx zeugt das allerdings von der Unkenntnis seines Werks: Klein v (variables Kapital) und klein c (konstantes Kapital) sind die beiden Teile des vorgeschossenen Kapitals, v steht für die Lohnarbeit und c für Fabrikanlagen, Maschinerie, Rohstoffe und alles sonstige. Sie erfahren eine Veränderung — im Laufe eines erreichten neuen Niveaus möglichen Kapitalvorschusses —, zugunsten von c, zuungunsten von v, deren Grund und Notwendigkeit Marx ausführlich erklärt: Somit sollte es unmöglich sein, der wahnwitzigen, heute grassierenden Meinung aufzusitzen, der Mehrwert (als der Unterpfand des Profits) entspringe dem konstanten Kapital aufgrund dessen puren Größe & Notwendigkeit.

Aus welcher anderen Erkenntnis sollte denn sonst die tendenziell sinkende Profitrate abzuleiten sein, die der HB-Autor im dritten Band des Kapitals gefunden hat und die er nicht überlesen wollte? Deshalb nicht, weil eben diese ein Kennzeichen der Krise des Kapitals ist, eine Krise des Kapitals, die sich ja angesichts ihrer Aktualität nicht bzw. nicht mehr (wie Fukuyama 1992) leugnen läßt: Sogar der omnipräsente Hans-Werner Sinn, der dem Kapital nun wirklich nichts Böses will, schreibe dieser Theorie "mit der Null- und Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank“ (HB) neue Relevanz zu. Und weiter, so wird Sinn zitiert: "Die Profitrate des Kapitals ist derzeit offenbar so stark gesunken, daß die Firmen nur noch zu Investitionen verführt werden können, wenn man härteste Mittel wählt und ihnen das Geld beinahe hinterherwirft, ja, sie irgendwann sogar dafür bezahlt, daß sie das Geld leihen und investieren.“ Der HB-Autor setzt hinzu: "Will man diese »Investitionslücke« verstehen, lohnt sich ein Blick in das »Kapital« allemal.“ Nun, wer will das schon? Offenkundig nicht einmal ein Wirtschaftsexperte des Handelsblatts. Aber gut, wenn ein Konjunkturforscher damit etwas anfangen kann und will, soll er es. Die Zentralisation und Konzentration von Kapital sei jedenfalls sowieso unbestreitbar, dazu brauche man Marx nicht. Als habe der das bloße Faktum festgestellt und nicht seine Notwendigkeit aus dem, dem Kapital inhärenten Grund, der »Plusmacherei«, abgeleitet! 

Selbst eine Krise, die selbstverständlich auf dem Rücken der Lohnabhängigen ausgetragen wird, veranlaßt das HB nicht dazu, der Verelendungstheorie recht zugeben. Mit der Verelendungstheorie sei Marx ja nur der damals offensichtlichen Erscheinung gefolgt; den heutigen "relativen Wohlstand für viele“ (HB), konnte er ja nicht kennen: Als hätte die Erscheinungsform der Armut irgendetwas an den Gründen für sie geändert, nur weil sie sich in den Zentren des Kapitalismus modifiziert hat und ihre sozusagen himmelschreienden »Auswüchse« in die »Dritte Welt« ausgelagert wurden — "Die spätere Entwicklung des Kapitalismus aber lief zumindest in den Industriestaaten nicht auf die materielle Verelendung der Arbeiter hinaus.“ (HB) — und von dort auch schon wieder zurück nach Europa schwappt: Die Hungerlöhne, pardon: die Dumpinglöhne in China und der Welt Nr. 3 bezeugen ja nichts weiter, als daß in Industriestaaten wie der Bundesrepublik D die Löhne (inklusive Nebenkosten) zu hoch sind! Während anderswo das Kapital sich mit seinen Hungerlöhnen als Armutsbekämpfer feiern läßt, gelten hierzulande die Löhne nach wie vor als zu hoch, um von Armut sprechen zu können: Dabei würde das Kapital sicherlich auch hier gerne nichts lieber tun, als Armut bekämpfen!

Damit wäre der HB-Autor auch schon bei einer Fußnote: Sie gilt denjenigen Wenigen, die sich »dogmatisch« auf Marx beziehen. Gesellschaftlich relevant sind sie heutzutage nicht, nichtsdestoweniger sollen sie darauf hingewiesen werden, daß Marx kein Dogmatiker war: "Für die krampfhaften und letztlich auch spaßfreien Versuche heutiger Vulgärmarxisten, jeden Federstrich von Marx wie ein kirchliches Dogma zu verteidigen, hätte der Ökonom, Philosoph, Journalist und Revolutionär wohl ohnehin nur Hohn und Spott übriggehabt. Denn zum einen sollte man den großen Denker Karl Marx nicht für eine Spaßbremse halten. Im Gegenteil: Er liebte das Leben und war den Frauen ebenso zugetan wie einer Flasche guten Weins.“ Ganz nüchtern konstatiert er, worin der Alkoholfreund Marx souverän geirrt habe, nämlich in dem Aspekt, auf den das Handelsblatt schwer Wert legt, dem der Spekulation: "Aber was ist mit seiner Prognose, die Produktivkräfte würden eines Tages die Produktionsverhältnisse sprengen? Nun, dafür gibt es in kapitalistischen Gesellschaften bislang kein Fallbeispiel. In diesem Punkt hat sich der Großmeister offenbar geirrt.“ (Diesen »Irrtum« halten viele andere erfolgshungrige Typen wie z.B. Misik — siehe taz v. 10.09.05 — ebenfalls für zentral und für einen Grund, sich seinem Werk im wesentlichen zu verweigern.) Und wenn das gar keine Spekulation war, sondern eine ebenso notwendige wie keineswegs automatisch eintretende Konsequenz? 

Und überhaupt: Wenn man die Welt schon nicht verändern will, kann man sie dann nicht getrost auch mal einfach anders interpretieren? Was wäre denn von folgender Interpretation einer »Sprengung der Verhältnisse« zu halten: Ist die Welt heute nach über zweihundertjährigem kapitalistischen Fortschritts irgendwie weniger kriegsträchtig geworden? Nationalismus, freilich nicht von unbeauftragten »Rechtspopulisten«, vielmehr recht verstanden, ist nun wirklich nicht das Gespenst — zumal wenn er supranational als EU daherkommt —, das an die Wand gemalt werden kann: "Wenn unter den Proletariern aller Länder heute noch ein Gespenst umgeht, dann jedenfalls nicht das Gespenst des Kommunismus, sondern das Gespenst des Rechtspopulismus.“ (HB
Der Nährboden für das, was als Rechtspopulismus mehr verharmlost als kritisiert wird, ist der allgemein durchgesetzte und kultivierte Nationalismus. Der will von der sozialen Frage, die Marx aufgetischt hat, nichts wissen. Während Marx auf dem Gegensatz dieser Frage zum Nationalismus beharrt hat, überführen nicht nur Proletarier diese in eine rein nationale. Für die Intellektuellen, die der national ins Recht gesetzte Kapitalismus als seine Protagonisten und Apologeten hervorgebracht hat, ist allein die soziale Frage ein wirkliches Fantasma!

Nun gut, der Autor hat ja schon festgestellt, daß Marx kein Dogmatiker gewesen wäre, und er bebildert das erneut, zitiert Marx mit den eigenen Worten, daß ihm jedes wissenschaftliche Urteil willkommen sei, und überhaupt, so der HB-Autor, ließe sich aus seinem Werk keine Weltanschauung ableiten. Schließlich ließe er sich als Vorkämpfer der "Rechte der Arbeiterklasse“ begreifen und sogesehen stünde er "auf der richtigen Seite der Barrikade“(HB). Nämlich auf der im Interesse des Kapitals notwendigen Seite der Fabrikgesetzgebung, eines regelsetzenden Sozialstaats. Ganz so, als hätte er für diese im einschlägigen Kapitel seines »Kapitals« Partei ergriffen, als hätte er überhaupt für den Klassenstaat, für die politische Gewalt zwecks Institutionalisierung und Ausgestaltung ihrer Ökonomie (inklusive einer Tarifautonomie) Partei ergriffen..

Synthetisiert in Form eines Besinnungsaufsatzes bürgerlicher Schule: "Das Verdienst von Marx besteht darin, mit seiner dialektischen Methode den Unterschied zwischen Wesen und Erscheinung, zwischen Sein und Schein des Kapitalismus an vielen Punkten plausibel herausgearbeitet zu haben. Die klassische Nationalökonomie betrachtet technischen Fortschritt mehr oder weniger als Zufallsprodukt. Marx zeigt hingegen, daß Fortschritt und die damit verbundene Änderung der Produktionsmethoden grundlegende, zugleich zukunftsweisende wie krisenträchtige Züge des Kapitalismus sind. … Marx schuf Mehrwert.“ 
Marx auf ein begriffsloses Beschreiben der Wirklichkeit herunterzubringen und ihn mit einem ganz anders gemeinten Begriff aus dessen eigenem Repertoire zu qualifizieren, ihn mit jenem Begriff letzthin doch der durchgesetzten Ideologie »Wirtschaftswachstum« zu verpflichten, das schließlich ist keine Qualifizierung, sondern eine Abqualifizierung; seine Erkenntnisse gelten als solche nichts, sie sind folgenlos und haben folgenlos zu bleiben: Man interpretiert sie dermaßen begriffslos, wodurch sie entbehrlich sind: Wirklichen Mehrwert schaffen sie nicht. Als Schreiber ebenso realitätsbezogener wie hintergründiger Geschichten, als ebenso grund- wie folgenloser Methodiker mag er durchgehen, aber doch nicht als einer, der ebensowenig interesselos wie unnötigerweise das politökonomische System erklärt hat…

(25.06.17) 

* Wen das Thema Realsozialismus aus Marxscher Sicht interessiert, dem ist dieses Buch zu empfehlen: "Von der Reform des »realen Sozialismus« zur Zerstörung der Sowjetunion", GegenStandpunkt-Verlag