koka

 

Ein genialer Widerspruch: Das Bekenntnis zur Wissenschaft
— nun haben sich, einmal mehr, die Kommunistischen Europas zusammengeschlossen. Am 1. Oktober, 30 Parteien, von denen allerdings die wenigstens (noch) praktischen Einfluß auf Staat und Arbeiterklasse besitzen. Bis auf die KPs in Rußland, Tschechien, der Ukraine, Moldawien und Griechenland ist auch keine dieser Parteien mehr relevant in Parlamenten vertreten. Aber das spräche ja nur dann gegen sie, wenn man bürgerliche Erfolgsmaßstäbe anlegen würde. 

Gegen sie spricht  schon eher, daß sie sich erst großartig zusammenschließen müssen: Sind ihre national separierten Standpunkte keineswegs a priori kompatibel? Da lohnt es sich schon, den nun gemeinsam veröffentlichten Standpunkt anzusehen, den also, unter welchem sie sich jetzt dem Zusammenschluß halber geeinigt haben [die zitierte Übersetzung ist von der KP Griechenlands übernommen]:
1. Sie stützen sich, so erklären die Parteien ausdrücklich gleich zu Beginn ihrer Erklärung, auf den »wissenschaftlichen Sozialismus«. Sie ersetzen jegliche wirklich Erkenntnis mit einem Bekenntnis zu jeder potenziell möglichen. Dementsprechend schaut sie dann auch, ihre »Wissenschaft«: Sie kam und kommt weiterhin ganz ohne Erkenntnisse über Staat, Kapital und Arbeiterklasse aus. Ideologiekritik liegt ihnen fern, sie geben ja selber zu erkennen, die Welt ideologisch betrachten zu wollen: Ihr Weltbild wollen sie allerdings als Wissenschaft verkaufen.
2. Sie schreiben: »Wir haben mit dieser Erklärung die Gründung der INITIATIVE kommunistischer und Arbeiterparteien zur Erforschung und Ausarbeitung europäischer Themen und zur Koordinierung ihrer Aktivitäten beschlossen.« Die Forschung hätten sie schon lange voranbringen können — ganz ohne eine diesbezügliche Erklärung. Hier soll ganz offenbar eine nach wie vor saugute Absicht die seit Jahr & Tag fehlenden Resultate adeln. Und so geht es denn weiter, als hätte sich der Realsozialismus darob nicht schon längst selber enthauptet: »Zur Koordinierung der Aktivitäten der Initiative wird die Bildung eines Sekretariats vereinbart.« [Wow!] Usw. usf.
3. Da mag man gar nicht fragen, ob sich in der Erklärung noch irgendwo eine theoretische Feststellung finden läßt. Doch ja, man findet sie: »Wir betrachten die EU als eine Option des Kapitals. Die EU ergreift und fördert Maßnahmen zu Gunsten der Monopole, der Zentralisation und Konzentration des Kapitals, verstärkt ihre Merkmale als ein imperialistischer ökonomischer, politischer und militärischer Block gegen die Interessen der Arbeiterklasse und der Volksschichten, sie intensiviert die Rüstungsprozesse, die autoritären Maßnahmen, die staatliche Repression, und schränkt Souveränitätsrechte ein. Wir sehen die Europäische Union als das europäische imperialistische Zentrum, das Angriffspläne gegen die Völker zusammen mit den USA und der NATO mitträgt. Der Militarismus ist ihr Baustoff.«
Wir wollen Vor- und Nachsicht walten lassen: Statt »Option« könnte man besser »Wahl« [im Original: επιλογή] ins Deutsche übersetzen, schließlich will man ja auf die Alternativlosigkeit der herrschenden Verhältnisse unter dem Diktat des Kapitals hinaus [die russiche Übersetzung lautet denn auch gleich: »das Werk des Kapitals« (Мы считаем ЕС творением капитала.)]. Das macht die Sache jedoch nicht besser: Es beschreibt die staatliche Gewalt, das Gewaltmonopl, welches einen Staat ausmacht, als abhängige Variable des Kapitals und eben nicht als die conditio sine qua non desselben. Könnte jene Position je erklären, warum das Kapital immer auf »Rechtssicherheit« dringt und dringen muß, wenn, ja wenn es das Subjekt nationaler Gewalt selber wäre und dem Staat dessen Räson vorschriebe? Daß nationale Gewalt (auch eben in supranationalen Projekten wie der EU) die Wirtschaft fördert (wobei sie explizit nicht das Ziel hat, Zentralisation & Konzentration des Kapitals zu fördern, das ist ja vielmehr zwangsläufiges Resultat der Förderung), ist ihre ureigene Staatsräson: Mit einer schlagkräftigen Ökonomie soll national ein Machtgewinn erzielt werden: Soviel Reichtum soll die (freie) Wirtschaft hervorbringen, daß davon mehr als genug abfällt für die staatlichen Machtambitionen.
Kurzum, statt den wirklichen Zweck zu benennen, für den der Staat einerseits und das Kapital andrerseits einstehen, halten diese seltsamen Sozialisten dem Staat vor, gar keine wirklichen Interessen zu verfolgen und das Kapital selber nur lauter moralisch verwerfliche, zumal wenn es in seiner politischen Maske als Staat auftritt und sich mit Mord & Totschlag die Welt unterwirft.
Der begriffliche Aufbau des Pamflets spricht denn auch für sich: Der angesprochenen, der postulierten Alternativlosigkeit wird Kontra gegeben. Schließlich will man ja als guter alter Kommunist den Staat nicht dem Kapital überlassen: »Wir sind der Auffassung, daß es einen anderen Entwicklungsweg für die Völker gibt. Durch die Kämpfe der arbeitenden Menschen kommt die Perspektive eines anderen Europas zum Vorschein, eines Europas des Wohlstands der Völker, des gesellschaftlichen Fortschritts, der demokratischen Rechte, der gleichberechtigten Zusammenarbeit, des Friedens, des Sozialismus.« So kann man den Klassenstaat eben auch als Mittel — nicht des Kapitals —, vielmehr als das der sonstigen, der arbeitenden, nicht privilegierten, eben schlicht: Untertanen sehen. Bloß blöd, daß die sich nie dazu aufraffen, ihrer hehren kommunistischen Avantgarde mit selbstlosen Kämpfen den Gefallen zu tun, an die Macht zu gelangen. Für wen das letzlich wirklich blöd ist, ist keine Frage: Der Realsozialismus hat da ja in und mit seinem Abgang reichlich Anschauungsmaterial geliefert. (Was natürlich auch wenig nützt, wenn man daraus keine richtigen und radikalen, keine selbstkritischen Schlüsse ziehen will, sondern sich stattdessen vorzugsweise in entschuldigenden Rechtfertigungen und Verharmlosungen ergeht.)
[Wir von KoKa übrigens benennen das, was solcherart Parteien verlautbaren, mit einem Begriff: Revisionismus, d.h. sie revidieren die kompromißlose Ideologiekritik, die Marx begründet hat. Marx übrigens gab — allen, welche schwer von Begriff sind — dazu sogar noch einen methodischen Hinweis: Es käme, so sagt er, nicht darauf an, die Welt anders zu interpretieren, sondern… (Hat Marx die Gefahr des Leninismus schon gerochen, bevor der aufkam???)]
(02.11.13)

agents-of-fashism_1937Der Kampf gegen Rechts
— ein Vorwand zum Kampf gegen Links! Das hat Tradition. [Hier ein Sowjetplakat aus dem Jahre 1937 (KoKa-Archiv): »Vernichtet die Spione und Saboteure, die trotzkistisch-bucharinschen Agenten des Faschismus!« (Man beachte das Hakenkreuz im Auge der trotzkistischen Schlange!) Daß ausgerechnet die solchermaßen ausgerichtete Sowjetunion zwei jahre später mit dem (deutschen) Faschismus paktierte, ist wirklich witzig!] Das ist der reaktionäre Antifaschismus von ML-Ideologen. Mit ihrer Sorte Antifaschismus möchten sie alle Linken unter ihrem Fähnchen gleichschalten. Denn gegen »Antifaschismus« wagt ja wohl niemand einen Einwand! Ansonsten hat er sich ja selber entlarvt [so wie der GegenStandpunkt, der in seinem Faschismus-Buch dem Antifaschismus der DDR ein eigenes Kapitel gewidmet hat]! Also entlarvt einer sich gleichermaßen selber, wenn er nicht der plakativen, strikt antifaschistischen Linie der Partei folgt! Verquere Logik! —
Das erklärt, warum ML-Ideologen der Diskussion mit anderen Linken stets ausgewichen sind und ihre Restexemplare nach wie vor ausweichen. [Es sei in diesem Zusammenhang auf Ignoranz gegenüber der Abrechnung mit dem Realen Sozialismus hingewiesen, die der GegenStandpunkt-Verlag schon vor 20 Jahre in einem Buch zusammengefaßt hat: Wahrscheinlich handelt es sich ja um eine faschistische Tarnschrift!]
Das erklärt des weiteren, warum ausgerechnet in der Ex-Sowjetunion und ihren ehemaligen Satellitenstaaten radikaler Nationalismus nach wie vor grassiert und eine (Rück-)Besinnung auf  die soziale Frage nicht aufs Tapet kommt: Wirklich gekämpft wird gegen linke (Ideologie-)Kritik. Da wittern jene entweder einen »Nietzscheschen Nihilismus«, welcher bekanntlich geradewegs und schier unvermeidlich zum Faschismus geführt haben soll, oder eben gleich eine faschistische Verschwörung trotzkistischer Sorte, deren Entlarvung alle Kritik zu widerlegen erübrigt.
(19.05.13)

Wenn selbst Verbote nicht weiterhelfen
Die Kommunistische Arbeiterpartei Ungarns hat sich umbenannt und den Begriff »kommunistisch« aus dem Namen gestrichen, da Parteien, welche diesen Begriff führen, künftig verboten werden können. Dies teilte ihr Vorsitzender der Weltöffentlichkeit in einem Brief mit. An ihren ML-Ideologien will sie gleichwohl festhalten. Aktionslustig wie sie sich eine solche Partei gibt,  tummelt sie sich ohnehin ja vorzugsweise außerhalb ihres Mauselochs, auf der Oberfläche der Gesellschaft [Das hat die Welt wirklich noch nicht gehört, daß in Ungarn das soziale Elend fröhliche Urständ feiert! Und oh Wunder, die neue Herrschaft benennt Straßen nach Gutdünken einfach um!]. Mit einer Überprüfung ihrer Positionen, die zu ihrem Niedergang geführt haben, befaßt sie sich lieber nicht, schon gleich nicht mit dem dafür nötigen ideologiekritischen Vorsatz Marxscher Herkunft. Muß wirklich erst ein Verbot der Partei einen solchen Naseweisverein zum Nachdenken bewegen? Aber selbst das würde sicher nichts helfen: Sie merkt ja nicht einmal, wenn sie selber mausetot ist. Darüber sich hinwegzutäuschen, dafür allein taugt ihr Aktionismus.
(18.05.13)

Wofür der Osten Europas schöner früher frei war
"Nicht zum ersten Mal gerät der schwedische Möbelkonzern Ikea in ein schiefes Licht. Reporter der investigativen TV-Dokumentarserie »Uppdrag granskning« (Auftrag Untersuchung) fanden nun in den Archiven der ostdeutschen Geheimpolizei Stasi laut Vorausmeldung des Schwedischen Fernsehens verdächtige Papiere, die den Konzern schwer belasten.
Demnach sollen politische Gefangene in der ehemaligen DDR als Zwangsarbeiter in der Produktion für den schwedischen Möbelgiganten Ikea eingesetzt worden sein. Ikea und andere Industriebetriebe sollen in den 70er und 80er Jahren auf diese Weise in den Genuß billiger Arbeitskräfte gelangt sein. Die Sendung soll am Mittwoch ausgestrahlt werden. Bereits am Wochenende reagierte Ikea auf die bekanntgegebenen Informationen. …
Ikea-Gründer Ingvar Kamprad (86) wurde in der Vergangenheit immer wieder zur Last gelegt, daß er als junger Mann mit dem Nationalsozialismus sympathisierte und auch noch später über bestimmte einschlägige Kontakte verfügte. …
Das in den 50er Jahren in Schweden von Kamprad aufgebaute Weltunternehmen beschäftigt 127.000 Mitarbeiter. Kamprad selbst lebt seit den 1970er Jahren aus steuerlichen Gründen im schweizerischen Lausanne. Er gilt als einer der reichsten Männer der Welt. Kamprad selbst hob einmal in einer ihm gewidmeten Radiosendung die Anfang der 60er Jahre bahnbrechende Idee hervor, Möbel in Billiglohnländern produzieren zu lassen: »Was uns wirklich den Durchbruch brachte, war die billige Produktion im kommunistischen Polen.«
Die Kritik an den Produktionspraktiken erhält immer neuen Zündstoff. Erst am Samstag hatten in mehreren schwedischen Städten Umweltschützer in Zusammenhang mit der Rodung von Urwäldern in Rußland gegen die Geschäftspraktiken von Ikea protestiert. Auch diese Information war über die Sendung »Uppdrag granskning« an die Öffentlichkeit gelangt." (Österreichischer Rundfunk, 30.04.12)
(30.04.12)

rizospastis_13.10.07Der Erfolg der Kommunistischen Partei Griechenlands
Warum ist die griechische KP (Κομμουνιστικό Κόμμα της Ελλάδας – ΚΚΕ), verglichen mit den anderen europäischen Parteien, die auf der ML-Ideologie fußen, so erfolgreich? Für die Mai-Wahlen zum Parlament werden ihr bis zu 15% der Wählerstimmen vorhergesagt, was selbst Parteien, die sich von dieser Ideologie losgesagt haben, anderswo schwer erreichen, nicht einmal die einstmals starken KPs Frankreichs und Italiens (bzw. ihre Nachfolgeparteien) auch nur annähernd. Die sind so kaputt gegangen, wie auch die deutsche KP ohne Verbot längst zugrunde gegangen wäre; die DKP, die sich als deren Nachfolgepartei versteht, ist auf der Idee verfallen, kompromittierende Wahlaufrufe für dezidiert nichtkommunistische Parteien der eigenen Welt des Herumkrebsens bei 0,1 % der Wählerstimmen vorzuziehen, um sich eigene Erfolge in die Tasche lügen zu können. Sowohl eine Absage an ihre eigene Ideologie wie das Sich-Schmücken mit fremden Federn hat die KPG wahrlich nicht nötig. 
Was ist also das Erfolgsgeheimnis der größten und einflußreichsten griechischen Kommunistenpartei?
Genau das, möchte man sagen, was allen anderen europäischen ML-Parteien zum Mißerfolg gereicht: Ihr im Gegensatz zum bürgerlichen Nationalismus wohlverstandener Nationalismus. Als die besten alter nationalbewegten Gemüter in Griechenland kann die griechische KP tatsächlich unübersehbare Erfolge vorweisen: Sie war die Speerspitze im Krieg und im Widerstand gegen den italienischen und deutschen Faschismus, sie kämpfte gleich anschließend gegen die britischen und us-amerikanischen Imperialisten und ihre königstreuen Lakaien, auch dann noch als ihnen Stalin die Rückendeckung entzogen hatte. Sie widersetzte sich den neuen »demokratischen« Verhältnissen, die so korrupt waren, wie es eben von einer Vasallenherrschaft zu erwarten ist, und von denen sie selbstredend explizit ausgeschlossen war. Sie widersetzte sich dann nicht minder den Militärs, die 1967 dem traurigen Spiel der Demokratie ein Ende setzten. Und heute in einer Wirtschaftskrise steht sie wieder einmal glänzend da: Ihr kann man – so gern das mancher wie Papandhréu oder Samarás gerne täte – wirklich nicht vorwerfen, die griechische Ökonomie in den Ruin geführt zu haben. Kurz & gut, die KP hat durch alle Fährnisse hindurch immer die lautere Fahne Griechenland hochgehalten. Sie kann sich mit nur allzu vielen Opfern darauf berufen. So viel, wie wenig das alles andererseits mit einer Kritik der politischen Ökonomie im Sinne von Marx zu tun hat. 
Genau das ist es, was ihr auch von den politischen Gegnern, den Sozialdemokraten (Πανελλήνιο Σοσιαλιστικό Κίνημα [Gesamtgriechische Sozialistische Bewegung] – ΠaΣoΚ) und den Konservativen (Νέα Δημοκρατία [Neue Republik], ΝΔ) so übel genommen wird: Dieser von der KP vertretene, alternative Nationalismus fällt bei den Wahlbürgern auf fruchtbaren Boden, die der beiden sich abwechselnden Regierungsparteien samt ihrer Seilschaften überdrüssig sind. Im Gegensatz zu dem der anderen Parteien steht ihr Nationalismus tatsächlich aufrecht da.
[Karikatur aus dem Zentralorgan der KP, rizospástis, 13.10.2007: "»– Also, haben wir drei Wahlmöglichkeiten? Entweder den Analytiker oder den Gargánas [Chef der Griechischen Nationalbank] oder die Regierung?« – »Mir gleicht es wie … unserem letzten Wunsch…«“]
(16.04.12)

AIZ_05-1934Linke Maskerade
Das damalige Organ der deutschen Arbeiterschaft, die Arbeiter Illustrierte Zeitung AIZ, erschien nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Prag und bemühte sich um eine Erklärung des Fänomens des erfolgreichen Faschismus. Sie schrieb: "Nachdem alle Versuche, die nationalsozialistischen Ideen in die Arbeiterschaft zu tragen, erfolglos geblieben waren, ist Göbbels auf einen letzten verzweifelten Einfall gekommen: er hat den »Führer« überredet, fortan, wenn er vor Arbeitern spricht, sich einen Karl-Marx-Bart umzuhängen." 
Das freilich hatte der gar nicht nötig. Die Arbeiter waren – wenn nicht vor, so denn nach der erfolgreichen Machtübernahme – in ihrer übergroßen Mehrheit von dem nationalen Aufbruchsprogramm überaus – das dokumentieren die für die NSDAP jubelnden Massen mehr als genug – überzeugt, dazu hatten ja der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund, die SPD und nicht zuletzt die KPD mit ihrer nationalen Agitation gesorgt. Ja, eben auch die KPD, die sich einem »nationalen Befreiungskampf«, opportunistisch wie sie nun einmal war, nicht verschließen wollte. Sicher, das, was die Nazis an sozialen Frasen droschen, war unter ihr nationale Programm subsumiert – doch ist das bei nationalen Programmen denn anders überhaupt möglich? Man braucht ja nur in die Sowjetunion zu schauen und sieht: Auch der dortige »Nationalkommunismus« subsumierte alles Soziale unter den großen nationalen Vorbehalt, daß zuerst die Nation kommt und erst dann, wenn noch etwas übrigbleibt, der Arbeiter. Sowenig Hitler also die Maskierung nötig hatte, so sehr wäre sie angebracht gewesen, Stalin oder den deutschen KPD-Chef Thälmann mit dem Marx-Bart zu entlarven. Da hätte der Bart wirklich des Pudels Kern dechiffriert.
(19.01.12)

Paradoxe Linkspartei?
Oberflächlich betrachtet kann man es als paradox – wie Stefan Reinecke in der taz v. 22.08.11 – betrachten, Verbote zu verbieten:
"Diese selbst verordnete innere Liberalität ist eine Antwort auf die Praxis der SED, in der mißliebige Genossen kurzerhand aus der Partei, die eine säkulare Kirche war, exkommuniziert wurden. Die PDS hat daraus gelernt, daß man innerparteilich ganz tolerant sein muß und es nur ein Verbot gibt – nämlich Meinungen zu verbieten. Andersdenkende vor die Tür zu setzen hält man für stalinistisch. Die Linkspartei hat es mit einem Paradox zu tun: Weil sie eine historische Lektion gelernt hat, wird sie ihre Vergangenheit nicht los."
Bei der Linkspartei hat das allerdings seine Not, ist sie doch von der Inhabe der Staatsgewalt in der DDR auf eine machtlose Existenz zurückgeworfen. Weit davon entfernt, sich mit der DDR argumentativ auseinanderzusetzen, bleibt ihr allein ein – moralischer – Reflex übrig. Eben damit meint sie, ihrem gewollten Ankommen und ihrer Anerkennung in der BRD Genüge zu leisten. Als ob nicht in jederart Staat Ver- und Gebote, eingepackt in ganz viel Moral, die Essenz der Gewalt wären. Kurzum, auf dem Weg zur Übernahme der Gewalt, braucht es ein Bekenntnis zu Verboten, was die herkömmlichen Demokraten den Neuankömmlingen mit Genuß unter die Nase reiben: Tut doch nicht so, ihr verlogenen Moralwachteln! Diesen Vorwurf wollen die Machtambitioniertesten der Linkspartei nicht dulden. Es ist freilich ihr Pech, daß die ganzen ML-Ideologen wie Kletten an ihr hängen, schließlich ist die Linkspartei mit ihrer Parlamentsexistenz der einzige Ausweis der – durch und durch verlogenen – Erfolge, die jene so gerne für sich reklamieren. Bekanntlich hatten und haben sie kaum je anderes zu tun, als die gesellschaftliche Wirklichkeit auf eine unabänderliche (Grund-)Tendenz nach Links einzuordnen, um sich zu rechtfertigen.
Doch zur Gewalt und ihrer Moral kommt noch etwas hinzu: Wenn man sich darauf nämlich kapriziert, dann setzt das eine vorsätzliche Ignoranz voraus. Man übergeht einfach eine Forschung nach Gründen und Zwecken, die damals in der DDR ins Recht gesetzt waren. Diese basierten auf  Ideologien, die ebenfalls eine Kritik verdient hätten und eben nicht ihre (Neu-)Sortierung nach Gut &  Böse. Freilich wäre das dem Zweck, im neuen Staat konstruktiv mitzumischen, in Parlamente einzuziehen, Regierungskoalitionen zu schmieden etc. einfach nicht dienlich. Eine Kritik politischer Gewalt läßt sich ja auch nicht so ohne weiteres auf eine bestimmte Staatsform beschränken.
Apropos Personaldiskussion: Daß die Vositzende der Linkspartei, Frau Lötsch, eine imposante Dummschwätzerin ist, disqualifiziert sie im übrigen überhaupt nicht für die Politik, Frau Merkel, ebenfalls DDR-geschult, steht ihr nicht nach; die Riege der Herren ist diesbezüglich quer durch alle Parteien nicht minder groß. Das, was bei den Linken der Partei DIE LINKE natürlich viel mehr aufstößt, ist ihre bornierte Staatsfixiertheit, insofern der Gegenpol zur anderen Extremistenpartei, der FDP. Deren Herr Löning als Menschenrechtsbeauftragter (des Privateigentums) muß nach einer Vorlage nicht lange suchen, um DIE LINKE anzuklagen: "Angesichts von 50 Jahren Menschenrechtsverletzungen auf Kuba zeigt dieser Brief [der Glückwunschbrief der DIE LINKE an Fidel Castro], wie wenig die Linke von der Freiheit hält." (AZ, 22.08.11) Welche Sorte Freiheit die FDP meint, ist dabei ja sonnenklar. (24.08.11)

Gadafi – Wohltäter eines Weltbildes!
Die Ostzonen-Zeitung junge welt, früheres FDJ-Organ, vertritt nach wie vor ML-Ideologie. Stalin ist ihr keineswegs abhold und so auch nicht der Schlächter Gadafi, der für sie dadurch an Statur gewonnen hat, daß er jetzt auf der Abschußliste der NATO-Staaten steht. Ein Weltbild, das kategorisch wie immer allein die Unterscheidung zwischen gut (= wir) und schlecht (= die anderen) zur Anwendung bringt, kommt da ohne weitere Argumente aus. Ein solches Weltbild braucht natürlich Orientierung und die findet es in den monopolisierten Gewalten, den Staaten. Und wenn gerade wie in Libyen eine solche Gewalt am Kippen ist, dann sind nicht etwa die Aufständischen die Urheber, sondern die Staaten, die die »Souveränität« Libyens verletzen. Da erübrigt sich jeder Gedanke, was es mit der Souveränität eines Drittweltstaates in einer kapitalistischen Weltordnung auf sich hat. Da gibt es auch keinen Aufstand gegen ein brutales Unterdrückerregime, sondern »Bürgerkrieg«, Zivilisten werden höchstens von den Kampfbombern der Westmächte zur Strecke gebracht und das natürlich vorsätzlich, während die Opfer Gadafis reine Westerfindung und Westpropaganda sind, vielleicht mal ein unbeabsichtigter Kollateralschaden, aber das muß man verstehen. Im Wortlaut:
"Die UN-Resolution 1973 hat den Weg für ein völkerrechtswidriges Eingreifen der Westmächte in einen Bürgerkrieg in Libyen freigegeben. Von den regulären Streitkräften begangene Kriegsverbrechen werden als Interventionsgrund genannt. Als besonders schwerwiegend ins Propagandafeld geführt wurden nie bewiesene Luftangriffe auf Regimegegner. Daraus ergab sich die absurde Behauptung, »Ghaddafis Truppen« begingen einen Genozid am eigenen Volk. Das westliche Narrativ, der »Verrückte von Tripolis« massakriere aus der Luft unbewaffnete Demonstranten, war von Beginn an aus der Luft gegriffen. Denn anders als bei den friedlichen Erhebungen in Tunesien und Ägypten, wo die Repressionskräfte Hunderte Tote zurückließen, hat es sich in Libyen von Beginn an um einen bewaffneten Aufstand gehandelt. Nachdem sich die legitime Staatsmacht in diesem Konflikt vom Westen nicht zu einem einseitigen Gewaltverzicht erpressen lassen wollte, soll dieser nun aus der Luft erzwungen werden." (Werner Pirker, 25.03.11)
Klar, Mubarak und Ben Ali waren nicht legitim, aber Gadafi – die Entscheidung darüber fällt ganz sicher in der Redaktion der jungen welt. Und es ist klar, daß, wenn die Wirklichkeit ihrem Weltbild nicht entspricht, man die Wirklichkeit leugnen muß und nicht das Weltbild in die Tonne hauen kann! Selbst ein durchgeknallter Mörder wie Gadafi findet Anhänger, keine Frage. Echt Klasse, dieser Journalismus dieses kleinen Möchtegern-Stalins, welcher aus Österreich stammt! (26.03.11)

holy_leninSaschas Welt [Blog ist abgeschaltet]
Noch so einer dieser ML-Ideologe aus der DDR, der den Staat nicht versteht, weil er nichts über ihn kommen lassen will, sofern er nicht in den Händen des Proletariats ist. Geld hat natürlich dann, wenn der Staat in Arbeiterhänden ist, eine saugute Berechtigung, weil es ist ja dann gutes Geld, insofern es ja allein von Arbeitern erwirtschaftet und ausgegeben wird! Das sagt jedenfalls die Lehre, die unter Stalin, Chrustschow & Co. in der Sowjetunion verbreitet wurde und der sich die DDR-Protagonisten bekennerhaft unterworfen haben. 
Der kapitalistische Staat ist freilich nicht, wie das zitierte ML-Wörterbuch nahelegt, der Staat einer Klasse, vielmehr ein Klassenstaat. Doch wenn man so tut, als sei der Staat nichts anderes als das Exekutivorgan des Kapitals, dann drückt man sich – berechnend, weil an falscher Vorstellung festhaltend wollend – um eine Bestimmung des Verhältnisses Staat – Kapital (bzw. auch Staat – Arbeiterklasse) herum, eine Bestimmung, wie sie in dem zitierten Kapitel des Buches Der bürgerliche Staat vorgenommen wird.
Wie der Staat entstand, wäre ja auch mal eine Frage, über die das ML-Wörterbuch offenbar keine korrekte Auskunft geben kann: Denn einen Staat gab es ja schon vor dem kapitalistischen Staat. Und die DDR war ja wohl auch ein Staat, zwar ohne Klassen, aber mit jeder Menge Ausbeutung ganz ohne Kapitalisten! Aber darüber diskutieren will Norbert Gernhardt sicher nicht. Dogmatiker ziehen es vor, sich hinter Autoritäten (in diesem Falle Lenin und Lunatscharski) zu verstecken, noch dazu mit Stellungnahmen derer, die mit dem Thema gar nichts zu tun haben, sondern vielmehr den (vermeintlichen) Autor als Person in Mißkredit bringen soll: Ein kluger Linker, aber gerade deshalb ein besonderes Schwein soll er gewesen sein, er, dem nicht einmal das Glaubensbekenntnis eines ML-Ideologen heilig war!
Übrigens: Warum zitiert Norbert Gernhardt nicht Marx? Hat er bei ihm nichts Passendes gefunden, wie? Kennt er ihn wohl nur qua Lenin?!
Ganz abgesehen davon konnte sich seinerzeit keine der ML-Dumpfbacken argumentativ mit Karl Held messen, das wußten jene sehr wohl und gingen ihm deshalb aus dem Weg. Sie, die nicht auf der Suche nach Wahrheit (über die Gesellschaft, über Staat, Kapital und Realsoz) waren, weil sie einem Glauben anhingen, dem Glauben an den selig machenden Sozialismus!
Warum haben Norbert Gernhardt und seine Genossen eigentlich nicht ihr eigenes Volk hinter sich gebracht? Warum ist ihre 2-Millionen-Partei, die »Sozialisdische Einheidsbardei Doidschlands«, so sang- und klanglos verschwunden? Wegen kommunistischen Manipulatoren in Westdeutschland, na klar! (28.02.11)

kpd_plakat_1930_young_planMoral ist flexibel – also anwendbar, wie opportun
[KPD-Plakat zum Young Plan 1930] Schön zu erfahren, wie ein unbelehrbarer ML-Ideologe geendet ist, auch wenn es aus der voreingenommenen FAZ ist, die das selbstverständlich als Erfolg ihres kapitalistischen Deutschlands verbucht. Wolfgang Ruge war kein ganz unbekannter DDR-Wissenschaftler, Apologet ihrer Staatsideologie, ja entschiedener Betreiber derselben, wußte er doch sich und den Sozialismus auf der Siegesseite der vorwärtsdrängenden Geschichte. Wenn man seine zur DDR-Zeiten verfaßten Werke liest, muß man sich schon wundern, wie glatt er es verstand, den Sozialismus in seiner historischen Herkunft so widerspruchsfrei zu zimmern, als wäre er schon immer aus einem Holz geschnitzt gewesen.
"Zu Beginn des siebenten Jahrzehnts ihres Bestehens schreitet die von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gegründete Partei der deutschen Arbeiterklasse, die es stets als ehrenvolle Verpflichtung betrachtete, die Traditionen der Novemberrevolution zu pflegen, siegesgewisser denn je voran. Gestützt auf das bisher Erreichte, verkündete sie in ihrem auf dem IX. Parteitag 1976 angenommenen Programm, daß es ihr Ziel sei, die kommunistische Gesellschaft zu errichten. Indem die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands weiter unbeirrt den Weg in diese lichte Zukunft ohne Ausbeutung und Unterdrückung bahnt, erfüllt sie auch das Vermächtnis der Kämpfer der ersten antiimperialistischen Volksrevolution in Deutschland vor sechzig Jahren." (Novemberrevolution, Dietz-Verlag [Ost-]Berlin  1978, S. 180)
Mit diesen Frasen schließt er seine Abhandlung zur deutschen Revolution des Jahres 1918. Man mag das »deutsch« damals glatt überlesen haben, wenn man von der »Revolution« fasziniert war. Ruge hat zu seinem Leidwesen das Ende der DDR erlebt. Aber er wußte sich zu helfen, um der Ideologie des »Historischen Materialismus« treu bleiben zu können. Er mußte nur die Betonung etwas umkehren. Und so schrieb er Vernichtendes über den Russen Lenin. Freilich nicht dahingehend, daß er ihm theoretische Fehler und Ungereimtheiten nachwies. Was ihn störte und was der FAZ (v. 17.01.11) so gut gefiel, war daß er es unerträglich fand, daß Lenin bei all seinen aufgeworfenen theoretischen Fragen einen praktischen Schluß zog, der sie gewissermaßen konterkarierte. Die frappanteste Frage war zweifellos die, ob Rußland schon reif für eine proletarische Revolution sei, und Lenin entschied sie praktisch ganz unopportunistisch: Als die Revolution auf der Straße lag, ergriff er sie [anstatt auf Ruge zu warten, dessen Licht just 1917 die Welt erstmals – wenn auch noch schwach – erhellte]. Einem deutschen Opportunisten geht so etwas gegen den Strich, spätestens eben dann, wenn sich die eingeschlagene Richtung nicht vom Erfolg gekrönt sieht. Dann fragt er nicht nach den Fehlern, die dabei gemacht worden sind, sondern, ob die dafür grundlegende Revolution überhaupt hätte stattfinden dürfen, ob sie nicht viel zu früh stattgefunden habe, die Umstände noch nicht reif gewesen wären, Lenin und die Seinen nicht den Bedingungen der Möglichkeit einer Revolution zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hätten. Kurzum, was so einen ML-Ideologen stört, ist nicht eine fehlerhafte Theorie, sondern ein nicht-opportunistischer Standpunkt. So gibt sich Ruge in seinem nun erschienenen nachgelassenen Werk zutiefst enttäuscht, stellt Lenin umstandslos als Vorläufer Stalins dar, mit dem man bekanntlich jede Moral rechtfertigen kann, sogar die eigene sozialistische, die sich schwer betrogen sieht: Aber eben vor allem durch den unorthodoxen Standpunkt Lenins:
"Darin sieht Ruge den eigentlichen Unterschied zwischen ihm und Stalin. Lenin sei ein Angehöriger der alten russischen [ach so, nicht die neue, nicht deutsche!] Intelligenzija gewesen, die das Volk nicht kannte, es aber nach dem Ebenbild der Elite formen wollte [wo das russische Volk doch doof bleiben wollte, wie jeder Deutsche weiß!]. Diesem Ziel habe er alles untergeordnet. Für Lenin, der ein Überzeugungstäter gewesen sei, konnte es deshalb nur einen Verrat an der Sache des Bolschewismus geben. Stalin hingegen sei ein asiatischer [diese rassistische Kennzeichnung gefällt der deutschen FAZ sicher besonders gut!] Despot gewesen, dessen Diktatur mit der Sache, für die die Bolschewiki einst gestritten hätten, nicht mehr verbunden gewesen sei. Stalins Gewalt war demnach Selbstzweck und bloßes Machtinstrument." (so referiert jene Zeitung aus dem Buch Ruges: Lenin, Vorgänger Stalins, eine politische Biografie, Berlin, 2010)
Und Ruges Abrechnung ist bloße Rechtfertigung seiner deutschen Moral. Dafür wird er zurecht in einem bürgerlichen Presseorgan gelobt. R.I.P. [Abbildung: Nationalistische Agitation der KPD gegen den Young-Plan, 1930] (21.01.11)

Trotzki – vor 70 Jahren ermordet
Die Sozialistische Alternative (SAV) befaßt sich in ihrer Theoriezeitschrift sozialismus.info – Magazin für marxistische Theorie und Praxis, Nr. 11, deshalb schwerpunktmäßig mit ihm. Abgesehen mal von den persönlichen Sachen – erst diese Beziehung, dann jene – ja, Frauen sind oft launisch und ihre Begatter nicht weniger – abgesehen also davon, was sowieso nicht von politischen Interesse ist – eine Kritik einer bürgerlichen Institution der Ehe wäre an dieser Stelle ohnehin abseitig – abgesehen auch von rein historischen Daten, die in jeder besseren Dokumentation nachgeschlagen werden können, stellt sich die Frage, was beispielsweise der Artikel von Sebastian Förster denn überhaupt für Einsichten dem geneigten Leser nahebringen möchte, Einsichten, die mit dem Namen Trotzki verbunden sind.
Daß der Arbeiterklasse es obliegt, in ihrem eigenen Interesse, die herrschenden Verhältnisse umzustürzen, geschenkt; ebenso die Machtverhältnisse im damaligen Rußland. Da müßte man ja auf Lenins Theorien und ihre Widersprüche ebenso eingehen, z.B. daß Rußland eigentlich von den kapitalistischen Gegebenheiten her noch gar nicht reif für eine Revolution sei, sie aber natürlich trotzdem vorangetrieben werden müsse, denn alle Abhängigkeits- und Ausbeutungsverhältnisse gehörten lieber früher als später abgeschafft.
Interessant und angebracht wäre es dagegen sicherlich, Trotzkis Auseinandersetzung mit Stalin näher zu beleuchten, die sich auf Grundlage der fehlgeschlagenen »Neuen Ökonomischen Politik« Lenins entsponnen hatte. Während Trotzki mit dem Kommunismus Staat zu machen beabsichtigte, was ein praktisches Unterfangen sonder Güte war und sich ökonomisch auf eine Vitalisierung des Gosplan stützen sollte, wollte Stalin Staat mit dem Kommunismus machen, was notwendigerweise nicht nur den von ihm wieder vitalisierten Gosplan pervertierte (was Trotzki übrigens zu recht kritisiert hat), sondern jede kommunistische Überlegung überhaupt und komplett. Dieser Gegensatz in der Staats- und Parteiführung bringt die Sonderausgabe leider nicht auf den Punkt, wenn sie auf Stalins – falsches – Programm vom »Sozialismus in einem Land« zu sprechen kommt. Es ist ein theoretischer Muldenschleicher, wenn heutige Trotzkisten wie die SAV immerzu von »Bürokratie« sprechen, um den Staat aus der Kritik zu nehmen: Bei Trotzki steht der Begriff für sein allgegenwärtiges Problem, dem Staat Kommunismus abzuverlangen, einem Gewaltmonopol, das permanent bedroht war, von innen und außen, also eine positive Funktion für den anvisierten Kommunismus zu erfüllen hatte, obgleich der Staat als solcher nicht Zweck der Revolution gewesen war und sein konnte, es sei denn, da gab es ja auch nicht wenige – insbesondere Stalin-Anhänger -, die ein Gleichheitszeichen zwischen eroberter Staatsgewalt und Kommunismus setzen wollten. Also darüber könnte man einen längeren Aufsatz verfassen, der sich der Mühe sicher lohnen würde. –
Trotzki ein Gütesiegel wegen moralischer Integrität und eines vermeintlichen Beitrags zu methodischen Fragen der Revolution – letzteres insbesondere im Artikel von Sascha Stanicic – zuzuschreiben, wird ihm jedenfalls nicht gerecht, das ist im Gegenteil mehr als ärgerlich, solche Befunde beruhen ja auf Binsenweisheiten wie der, daß sich marxistische Theorie auf der Höhe der Zeit befinden müsse, freilich ohne opportunistisch zu sein usw. usf.
Ach ja, weil einem ja kein Zacke aus der Krone fällt, die Trotzki eh nie hatte, kann man locker auch mal Standpunkte, die er hatte, erklären statt sie zu verklären. Gemeint ist hier die von ihm gewünschte Zusammenarbeit von SPD und KPD zur Verhinderung des Faschismus in Deutschland, die – die Zusammenarbeit, nicht der Wunsch! – jeder sachlichen Grundlage entbehrte. Die KPD-Kommunisten waren von der Sozialdemokratie zu ihrem erklärten Gegner erkoren worden, schon 1918 schloß sich die SPD mit den reaktionären Kräften zusammen und unterdrückte die kommunistischen Aufstände aufs Blutigste. Theoretisch stand der Nationalismus der SPD in Konkurrenz zum Faschismus, aber eben nicht in einer wirklichen Gegnerschaft, wie auch noch die letzte Reichtstagsrede einer ihrer Bluthunde von 1918, Otto Wels, beweist (Auszüge sind auf KoKa dokumentiert). Der einzige Anknüpfungspunkt verdankt sich einer eklatanten Fehleinschätzung der KPD, die Deutschland aufgrund des Versailler Vertrags quasi als unterdrücktes Land einstufte und so den Nationalismus in gewissen Maße als verständlich rechtfertigte; der von NSDAP bis SPD vertretenen Parole »Los von Versailles!« konnte die KPD also durchaus eine Berechtigung nicht versagen, ganz so, als ob eine »nationale Befreiung« je Anliegen der Arbeitklasse sein könne. Die in diesem Zusammenhang erwähnte stalinistische »Theorie« des Sozialfaschismus ist übrigens deshalb Quatsch, weil sie einerseits weder die Sozialität der Demokratie (mit ihren institutionalisierten Klassen) noch die des Faschismus (mit seiner in der Deutschen Arbeitsfront offenkundigen offensiven Leugnung der Klassen) auf den Begriff bringen will und andrerseits auch den divergierenden Staatsräsonen, die die Größe Deutschlands zum Zweck haben, theoretisch gerecht werden möchte. Diese »Theorie« wollte auch Trotzki nicht widerlegen, wenn es ihm darauf ankam, einen Krieg gegen die Sowjetunion ganz praktisch zu verhindern, wofür es ja auch angesichts der antibolschewistischen NS-Ideologie und -Hetze allen Grund gab (einen Grund übrigens, den Stalin bis zuletzt nicht wahrhaben wollte!). Das war das Interesse, warum Trotzki über den Gegensatz von KPD und SPD hinweggehen wollte. (09.12.10)

Griechische Schizofrenie
Man kann ja nun wirklich nicht behaupten, Stalin hätte sich mit (richtigen) Erkenntnissen hervorgetan. Man kann seinen staatsmännischen Traktaten höchstens entnehmen, was Antikritik ist. Sie sind denn auch nur für einen Historiker interessant, der mehr wahllos als zielgerichtet darin herumschnüffelt. Das sieht der griechische Verlag Σύγχρονη Εποχή (Sínchroni Epochí / Zeitgenössische Epoche), der Verlag der Kommunistischen Partei Griechenlands, in dem auch Marx' Kapital erschienen ist, offenbar anders. Er hatte nichts Besseres zu tun, als die gesammelten Werke Stalins auf Griechisch herauszubringen. Kürzlich erschien der 16. und letzte Band, der die Epoche von 1946 bis 1953 enthält. Das wäre niemand groß aufgefallen, wenn der Verlag nicht u.a. für eben dieses Werk in einer Anzeige der Literaturbeilage der Tageszeitung Eleftherotipia Werbung betrieben hätte. Die Brisanz besteht nun darin, daß die Griechen nachlesen können, was sich Stalin alles gedacht hatte, als er die im Kampf gegen die vom britischen und US-Imperialismus unterstützten reaktionären griechischen Verbände [alte Metaxás-Volksgenossen und Königstreue] stehenden griechischen Kommunisten so schmählich verraten hat. Der Entzug der Unterstützung hatte ihre Niederlage zur Folge, zumal die Kommunistische Partei Griechenlands unter der Führung von Níkos Zachariádhis – er wurde nach seiner Befreiung aus dem KZ Dachau in Griechenland triumfal empfangen – Moskau weiterhin treu blieb, was wiederum die Unterstützung Jugoslawiens unter Tito kostete und ihren Kämpfern die letzte Fluchtmöglichkeit auf dem Landweg raubte. Dazu und zum griechsichen Bürgerkrieg bei Gelegenheit mehr. (26.10.10)

Wie sie Demokraten gerne hätten: Die Revolution personalisiert
"Wie eine Krebszelle wuchs er, nährte er sich, folterte und schlachtete in Erfüllung seines Wesens," das schrieb nicht etwa Stalin über seinen Erzfeind Trotzki, sondern Winston Churchill, der Stalin die Hand bei der Neuaufteilung Europas reichte wie sie zuvor Hitler mit dem Georgier angestrengt hatte. So verleumderisch gegen Trotzki diese Bemerkung war, sie machte auch deutlich, wie sehr er es schätzte, Stalin über den Tisch ziehen zu können, was ihm ja auch – man denke etwa an das Churchill so strategisch wichtige Griechenland – gelungen ist. Im übrigen war es nicht allein Churchill, der so dachte: Am 31. August 1939 – am Vorabend des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges – berichtete die französische Zeitung Paris-Soir über eine Diskussion zwischen Hitler und dem französischen Botschafter Coulondre. Hitler äußert sein Bedauern, daß der Krieg unvermeidlich sei. Coulondre fragt Hitler, ob es ihm schon in den Sinn gekommen sei, daß der einzige Gewinner im Falle eines Krieges Trotzki sei. "Haben Sie darüber nachgedacht?" fragte er. Und Hitler antwortete: "Ich weiß." Als er diesen Bericht las, schrieb Trotzki: "Diese Herren ziehen es vor, dem Gespenst der Revolution einen persönlichen Namen zu geben."
Dies die spärlichen Erkenntnisse aus der neuen Trotzki-Biografie von Robert Service, die man wahrlich nicht gelesen haben muß: Näheres dazu hat David North von der World Socialist Website aufgeschrieben. Am Standardwerk, der Trotzki-Biografie von Isaac Deutscher, der eine ebenso gute Stalin-Biografie verfaßt hat, kommt man dagegen nicht vorbei. (17.07.10)

Indische Skurrilitäten
Als sich die 1920 formierte Kommunistische Partei Indien im Jahre 1964 über der Auseinandersetzung, welchem ausländischen Vorbild sie nachzueifern gedenke, der Sowjetunion oder der Volksrepublik China, spaltete, versah sich der an Maos China explizit "taktisch" angelehnte Flügel mit dem Kürzel M, was für "Marxist" steht. Das traf bei vielen Linken im Westen natürlich auf große Sympathie, allerdings völlig zu Unrecht. Das "Leninist", das eigentlich zu "Marxist" traditionell dazugehört, wurde ja nur deshalb gestrichen, weil man sich auch dem Namen nach von der revisionistischen Sowjetunion distanzieren wollte. In der Sache war man nach wie vor ML und ist es bis heute. Nicht nur, daß der Revisionismus der Sowjetunion reichlich spät entdeckt wurde [Was genau der Inhalt der Kritik war, müßte noch extra untersucht werden, es kann aber hier schon angedeutet werden, daß über einen moralischen Vorwurf sie nicht groß, wenn überhaupt, hinauskam.], auch die Tatsache wird unterschlagen, daß es sich bei den KPs in der Sowjetunion und in China um Parteien handelt, die den Staat für ihr Programm erobert hatten, was ja von der indischen KP nicht behauptet werden kann, und mit ihrem Programm, sie zu erobern, nämlich durch Wahlsiege, – das ist leicht abzusehen – nicht erreichen wird.
Nichtsdestotrotz hält die KPI (M) an ihrer Sicht der Dinge auch zu heutiger Zeit fest, also nachdem sich Indien zu einer veritablen Macht in der internationalen Staatenszene entwickelt hat. Mit einiger Bestürzung hat sie zur Kenntnis genommen und angesichts eigener Leichen unter ihren Parteiaktivisten auch nehmen müssen, daß sie längst nicht mehr der linksradikale Flügel indischer Politik ist: Wirkliche Maoisten machen ihr zu schaffen, Leute, die sich nicht mit den Vertröstungen der KPI (M) auf bessere Zeiten abfinden wollen, zumal im Bundesstaat West-Bengal, wo die KPI (M) nun erstmals auch eine Wahlniederlage einstecken mußte, ihrer Industriealisierungpolitik auf Kosten der Bauern geschuldet, einer Politik, die sich höchstens in der ihr eigenen Radikalität von der Kongreß-Partei unterscheidet. Nach Meinung der KPI (M) unterliegen die Maoisten (auch Naxaliten genannt) der Fehleinschätzung, daß Sozialismus auf einer nichtindustriellen Basis entstehen könne, es also kapitalistische Ausbeutung in noch viel größerem Ausmaß brauche, damit ihre Ideen von einer gerechten Welt Raum greifen können. Damit hat die KPI (M) sich selber in der bloßen Existenz der Maoisten getäuscht. Und auch darin, daß Indien beileibe weder Land ohne Rohstoff-Ressourcen ist (wie z.B. Nord-Korea) noch ohne Industrie – sie erreicht in verschiedensten Sfären mittlerweile Weltmarktniveau -, Voraussetzungen, auf denen ein materieller Wohlstand von Massen sehr wohl aufgebaut werden könnte. Der KP-Angriff auf die Maoisten ist nichts als die Rechtfertigung ihrer eigenen antirevolutionären politischen Zwecksetzung. Ob ihre linken Gegner immer die Mittel anlegen, die adäquat für deren Ziele sind oder ihnen nur als solche erscheinen, ist eine ganz andere Frage. Wenn sich die KPI (M) aus der Schußlinie bringen möchte, müßten ihr schon ganz andere Dinge einfallen. (02.06.10)

grundsicherungLinke auf der erbärmlichen Suche nach ihrer Massenbasis
Gegen den Kapitalismus wollen sie nicht (mehr) anstinken: Die Linken in Europa. Sie wollen nur noch eins: Überleben! Und ausgerechnet mit dieser ihrer Partei-Maxime wollen sie beim Interesse der kleinen Leute anknüpfen und punkten: Die sind damit zufrieden, irgendwie über die Runden zu kommen. Und die Linken wären schon damit zufrieden, wenn sie in den Parlamenten hocken würden, um der politischen Konkurrenz ihre Existenzberechtigung nachweisen zu können. Dafür brauchen sie die Massen als Wähler. Emanzipation der Arbeiterklasse? – nicht mit der »Europäischen Linken«!
(23.05.10)

petersburg_stalin_2010Die unbewältigte Vergangenheit der UdSSR
Zwei Wochen lang zierte das Antlitz Stalins einen Bus einer privaten Linie durch die Nevski Straße in St. Petersburg [Foto: Sergej Konkov]. Allerdings nicht, wie die antisozialistische westliche Hetzpresse meinte, um ihn zu verherrlichen, sondern wie der Autor der Aktion, Viktor Loginov, in einem Blog ausdrücklich festhält, um sich mit der Vergangenheit auseinaderzusetzen: "Wir versuchen Stalin weder weißzuwaschen noch seinen Namen von der Verbrechen zu streichen, die ihm imaginär oder wirklich zugeschrieben werden; wir versuchen einfach seine kritische Rolle in unserem gemeinsamen Sieg zu betonen." Wenn man wenigstens in Rußland über eine moralische Beurteilung der Politik mal hinauskäme, wäre man sicherlich einen Schritt weiter als im dummdreisten freien Westen. Ob dafür eine solche, Mißverständnisse erzeugende Aktion auch schon Argumente nach sich zieht, ist sehr die Frage, und sei es bloß das, daß Stalin bei seiner Einschätzung des Faschismus folgenschwer danebenlag; ganz zu schweigen davon, daß er glaubte, daß mit der Abschaffung der kapitalistischen Ausbeutung der Arbeitskraft von einer Ausbeutung gar nicht mehr die Rede sein könne. Usw. usf. 
Der Distanzierung der russischen Staatsspitze von Stalin-Plakaten anläßlich der jährlichen Siegesparade über Nazi-Deutschland ist jedenfalls nicht der Wille zu entnehmen, sich ernsthaft mit dem Thema zu befassen. Eher schon die für notwendig erachtete Klarstellung, einen Einspruch gegen die neue Staatsräson nicht zu dulden. Stalin steht somit – wie im Westen – als pars pro toto. Also auch für eine Absage an eine Befassung mit der Vergangenheit, soweit sie jenseits einer (moralisch-ideologischen) Schubladisierung angesiedelt ist.
(10.05.10)

Eine chinesische Ratte 
(Die Ratte gilt in China als ein kluges, zielstrebiges Tier.)
"In Zeiten Mao Zedongs wurde das Denken der Menschen so stark kontrolliert, daß alle dasselbe dachten." behauptet der Schirftsteller Liao Yiwu in einem Interview mit der taz (19.03.10). Und, um den Widerspruch gleich nachzureichen: "Die Ratten haben die Erde untertunnelt und ausgehöhlt." Diesen Widerspruch löst er über den zeitlichen Zusatz auf "aber jetzt". Hiermit räumt er ein, daß erstens die totale Gedankenkontrolle unmöglich ist – wie sollte sie auch möglich sein – und zweitens das heutige China ungefähr das Gegenteil von dem ist, was es unter Mao war, auch wenn er gleichwohl so tut, als würden seine gedanklichen Ergüsse im heutigen China so furchtbar unterdrückt, so daß er sich veranlaßt sieht, sich im Westen anzuschleimen – sogar einen Brief an Frau Merkel zu schreiben, die in China offenbar noch nicht als Dummkuh bekannt ist! – und dort seine Liebe zur Dichterei zu Geld zu machen.

Die Kontrolle des Denkens ist, da könnte man ihm ja zustimmen, wenn er das behaupten würde, das Ideal einer jeden Herrschaft, gleich welcher ideologischen Ausrichtung, ob realsozialistischer, kapitalistisch-demokratischer, feudalistischer etc. Gerade eine kapitalistische Demokratie leistet sich dafür bekanntlich eine riesige Ansammlung von Medien, die einzig dem Zweck verpflichtet ist, das Denken der Staatsbürger in all ihrer Freiheit unter Kontrolle, im Rahmen von Ruhe & Ordnung der herrschenden Verhältnisse zu halten bzw. in diese Bahnen zu lenken, wenn es mal herauszufallen droht. (Insofern ist die heutige chinesische Presse übrigens schon ebenso pluralistisch wie demokratisch, und es steht auch schon fast so viel uferloser Mist drin wie in der hierzulande. Bei Mao war das gleiche – das unter Kontrolle-Halten – einfacher und gewissermaßen rationeller, also ziemlich unpluralistisch, zu haben.
Zwar braucht keines all jener auf Gewalt beruhenden Systeme sich wirklich zu rechtfertigen. Gleichwohl tut ein jedes dies; für Realsozialismus oder Demokratie gäbe es, so lassen sie zu zu schreiben, gute Gründe. Deren inhaltlichen Gehalt abzuklopfen, dafür werden sie nicht gemacht, man kann und soll ja der erfolgreichen Praxis der Gewaltausübung und ihres inhärenten Zwecks auch die Güte ihrer Begründung entnehmen. In ihr selber schlummert das kritische Element, nämlich die Art und Weise, wie Kritik einzig und allein zu verstehen ist: Nämlich als Beitrag zum Gelingen eben dieses einmal etablierten Gewaltmonopols und seiner Ökonomie. Hieraus ergibt sich auch der vorliegende Fall: Nämlich Kritik zu üben über einen Systemvergleich. So klar es auf der Hand liegt, daß dann auch nur die Größe der Macht das Argument sein kann, tut der chinesiche Dichter wie alle "Dissidenten" aus den ehemaligen realsozialistischen Staaten so, als würde den imperialistsichen Staaten eine besondere Qualität jenseits dessen – ihrer Gewaltausübung und ihrem gesellschaftlichen Zweck der Reichtumsvermehrung – zukommen. In Wahrheit ist es nur sein opportunistischer Standpunkt, der darin besteht, daß er deshalb, weil es in China heute ganz anders ausschaut und zugeht als zu Maos Zeiten, er sich auch ganz viel Gedankenfreiheit (in aller abstrakten Art) leisten will, weil er sie sich auch tatsächlich leisten kann. Setzt nicht gerade die heutige chinesische Regierung auf den Opportunismus ihrer Untertanen, den sie im Westen so vorbildlich installiert vorfindet, nämlich als national-parteiliche Staatsbürger? Es ist absoluter Blödsinn, wenn Yiwu meint, die westliche Freiheit bestünde in irgendetwas anderem, insofern sie über alltägliche Belanglosigkeiten hinausgeht.

Das Schöne und Abweichende bei Mao Zedong war ja gerade, daß er nach einer Vereinbarkeit von Lebensinteressen der besitzlosen Massen und staatlichen Belangen gestrebt hatte, etwas, was westlichen Demokratien nie in den Sinn kommt und der heutigen chinesischen Staatsführung ausgesprochen kontraproduktiv für die Stärke der Nation erscheint.
Der Dichter kritisiert ja nicht dies Auflösung dieses Widerspruchs – Lebensinteressen versus Staatsbelange – nach der falschen Seite hin, sondern vielmehr, daß eine Auflösung nicht stattgefunden habe, weil mit der Auflösung – so täuscht er sich – nicht auch eine Auflösung in die Beliebigkeit der Gedanken des Untertanen verbunden sei. Nein, diese Beliebigkeit ist gewährleistet, mit der einen Einschränkung, die auch westliche Demokratien selbstverständlich kennen, daß dem Staatswesen abträgliche Meinungen entsprechend überwacht gehören. In dieser Sfäre nimmt sich der Staat seine Freiheiten und der chinesische Dichter und die taz selber könnten sich ja hierzulande mal umsehen, was der Staat diesbezüglich so betrachtet. So blöd der Standpunkt beispielsweise einer maoistischen MLPD auch sein mag, blöder als der eines chinesischen Yiwu ist er wirklich auch nicht; zu Wort kommt jene Partei hier trotzdem nicht außerhalb ihrer selber verlegten Publikationen (diese Freiheit steht dem Dichter auch in China offen, so er das nötige Kleingeld dafür erübrigen kann).
In China besteht offenbar auch gar kein Interesse, Yiwus Dummheit zu entlarven, ebensowenig wie hierzulande das Interesse, eine abweichende Meinung daraufhin zu überprüfen, was sie der Sache nach, um die es ihr geht, taugt. Das mag ein Armutszeugnis für eine kommunistische Partei sein, für eine demokratische Herrschaft ist sie es nie und nimmer. Eine Demokratie hält sich sehr viel darauf zugute, alle Meinungen, die ihr nicht passen, als solche und überhaupt ganz einfach zu ignorieren (oder sie auch unter ihrem Vorurteil falsch zu verstehen, sie einfach so zu interpretieren, wie ihr beliebt, damit sie in ihr Weltbild paßt). Und umgekehrt, wenn eine Meinung ihr in den Kram paßt, dann in berechnendem Interesse (z.B. als willkommenes Feindbild). Die taz selber macht sich ja offenbar anheischig, sowohl ihren Beitrag bei der Befreiung Chinas von der KP-Herrschaft zu leisten wie sie abweichende Meinungen außerhalb des (etablierten) Parteienspektrums hierzulande längst zu übergehen weiß. Ein aufrichtiger Diskurs zwischen und unter den "Kulturen" ist das jedenfalls nicht: Keine Seite, weder Yiwu noch die taz, will vom Gegenüber etwas lernen, Einsichten in die Systeme erhalten, in denen sie geistig dahindämmern. Wobei noch eine ganz andere Frage offen ist, ob die ein oder andere Seite auch etwas zu bieten hat, was zum Lernen lohnen würde. In dem erwähnten Interview findet sich nun leider gar nichts.
Yiwu erscheint es in seiner Einfalt angebracht, mit Kenntnissen über Günter Grass, Martin Walser, Beethoven und "The Wall" (Pink Floyd) Anerkennung zu erheischen. Aber nicht einmal bei der Erwähnung von Herta Müller findet die taz ihn lächerlich, weil sie selber offenbar keine Ahnung davon hat, welch schönfärberischer und dreister Propaganda über die westliche Kultur, ihrem  Kulturimperialismus, er aufsitzt. (21.03.10)

China
von Renate Dillmann (VSA-Verlag)
Dieses Buch nimmt viele Argumente, die in früheren GegenStandpunkt-Ausgaben (genaue Angaben siehe unten) schon so oder in ähnlicher Weise zur Sprache kamen, auf. Aber nicht nur; darüber hinaus ist auch noch einiges Historisches in die Betrachtung aufgenommen, um deren Erklärung sich das Buch bemüht. (17.12.09)

In einer Diskussionsrunde zu den Büchern wies ein Teilnehmer darauf hin, daß das neu eingeführte Prinzip mit der Übersetzung "Bereichert Euch!" nicht treffend übersetzt sei, es müsse vielmehr heißen "Werdet wohlhabend!".
In der Tat ist das ein kleiner und feiner Unterschied, der im verfolgten Zweck der chinesischen Führung liegt: Sie wollte ja, daß das Volk ihr folgt (und nicht etwa – wie es die andere Übersetzung herausfordert – kritisch wird oder gar das neue Programm infrage stellt). Deshalb wurde das als Angebot formuliert, ebenso der Nachsatz, daß einige früher und andere später reich werden würden. Deng Xiaoping hatte durchaus ein Bewußtsein davon, was er und seine Genossen mit dem neuen Programm zur Stärkung der Produktivkräfte loszutreten bereit war und wohin Kapitalismus führe würde. Dies zeigt z.B. eine Rede aus dem Jahre 1984, die hier zur Diskussion gestellt werden soll. Wozu Kapitalismus – als Methode (schön)gedacht – schließlich führen würde, nämlich dazu, daß China ein Stabilitätsanker des weltweiten Kapitalismus in seiner Krise geworden ist, selbst davon hatte er an anderer Stelle eine Ahnung. Ob sich die chinesischen Kommunisten das vor 25 bis 35 Jahren auch etwas anders vorgestellt hatten, ändert im übrigen nichts daran, daß sie jetzt an diesen von ihnen geschaffenen kapitalistischen Zuständen laborieren, wiewohl sie sie nicht abschaffen wollen. Die vorgenommenen Readjustierungen zeigen ganz praktisch immer weniger Wirkung. (19.11.09)

Der Fall des "Antifaschistischen Schutzwalles"
vor zwanzig Jahren wurde von der BRD entsprechend inszeniert und gefeiert. Einmal abgesehen von der Frage, in welche Richtung dieser Wall antifaschistisch gewesen sein mag und ob überhaupt diese Eigenschaft zutreffend ist: Symptomatisch erscheint nach diesen 20 Jahren vor allem eines: Die Kritiklosigkeit von Leuten wie Gysi, Bisky, Krenz, Modrow, Ramelow, Wagenknecht und Co. gegenüber der verflossenen DDR: Wie hatten sie doch damals getönt, wie sie Selbstkritik üben wollten; sie wollten ja nicht alles dem Imperialismus in die Schuhe schieben, das wäre zu einfach, haben sie getönt. Und was liegt nach geschlagenen 20 Jahren vor? Nichts. Ein Scheißdreck. Aber sich über den Agitprop der BRD aufregen! Diese Sorte linker Moralschwadroneure hat der Republik wirklich gerade noch gefehlt. (13.11.09)

Der reale Sozialismus in Augsburg
Es war nur wenige Jahre nach der Vergrößerung der BRD durch die DDR. Es soll welche gegeben haben (und noch geben), die darin die Chance der Vergrößerung der DDR durch die BRD gesehen haben. Kurz und gut, damals luden verschiedene linke Gruppen zu einer Filmvorführung ins Bürgerhaus Pfersee. Auch ein politisch allseits Interessierter begab sich also dorthin. Da bis zu Beginn des Films noch Zeit war, entspann sich alsbald eine Diskussion unter den Anwesenden, wie es in linken Kreisen ja alldieweil üblich ist. Da fiel unserem Besucher eine Visage ins Auge, die er zu kennen glaubte, allein er konnte sich nicht entsinnen, wo er sie schon mal gesehen hatte. Die Visage mischte sich nicht in die lebhaft werdende Debatte ein. Sie verhielt sich distanziert, ja sogar eine Spur von Abneigung glaubte unser Besucher in ihr wahrnehmen zu können. Zu seiner Überraschung war es dann ausgerechnet die Visage, die das Wort erhob, den Film anzukündigen. Mit wenigen Worten wischte sie die Debatte zur Seite, die zwar irgendwo berechtigt sei, aber nicht ihr Anliegen wäre, ihr Anliegen, das große, gemeinsame, sozialistische Anliegen. Natürlich fiel es dem Besucher nun wie Schuppen von den Augen, wen er vor sich hatte: Keinen anderen als den geistigen Führer der SED-Nachfolgeorganisation! Wie konnte man besser die Augen geöffnet bekommen als mit dieser und über diese Infamie, die so salopp im Westen anschwappen wollte?
Längst ist die Visage zum Parteiführer aufgestiegen. Als solcher haben ihre Worte umso größeres Gewicht, als sie nun dank eines saarländischen Partners endgültig im Westen angekommen zu sein glaubt. Auf Kärrnerarbeit in Augsburg verzichtet sie mittlerweile gern, zumal sie die überregionale Öffentlichkeit zu nutzen bemüht ist. Dabei gelingen ihr Woche für Woche ganz große Statements:
"Ich will keine Verstaatlichung. Ich bin Marxist, ich will eine Vergesellschaftung der Produktion. Natürlich stört mich Privateigentum nicht grundsätzlich, aber in diesem Fall [es geht um die Medien] sollte die Bereitstellung von Kommunikationsmitteln in der Obhut des Staates liegen. Die kommunikative Chancengleichheit…" (politik orange, Zeitungsbeilage am 14.03.09)
Leider hat sie im offensichtlichen Gegensatz zu unserem geschätzten Bundespräsidenten nie jemals begriffen, was einen Marxisten denn in der Tat ausmacht. Wer die gesellschaftlichen Verhältnisse bis zu ihrem Bruch vorantreibt, braucht doch wohl nicht lange zu betonen, daß er ein solcher sei, oder? Oder versucht sie unseren geliebten "Hotte" in Mißkredit zu bringen? Und mit ihm Marx? Das ist in der Tat ein starkes Stück; ein starkes Stück realer Sozialismus, der sich einfach nicht totkriegen läßt. (15.03.09) [Nachtrag: Nun, im August 2013 ist der Mann glücklicherweise in den Himmel seines Sozialismus aufgefahren.]

Finanzkrise: Totale Verwirrung bei den armen Ossis!
Los ging es, als die seit 1989 ostzonenfreundliche taz einen Kommentar (29.10.08) eines gewissen Ilja Trojanow, der sich als Schriftsteller und hochgestochen als "Weltensammler" versteht, veröffentlichte: Der konnte Marx die Aktualität nicht (mehr) abstreiten und sah sich daher innerlich gezwungen, sie zu übersetzen. Da beginnt er also zu schwafeln vom Marxschen "Mehrwert der Welterklärung", die darin bestünde, die hegelianische Dialektik vom Kopf auf die Füße zu stellen. Und weil er mit »Dialektik« nichts anfangen kann, bietet er die Erläuterung an, daß es darum ginge, "sozusagen ein falsch aufgehängtes Bild richtig hinzudrehen". So sei dann, von Marx die hegelianische Dialektik "auf die materielle Welt angewandt", der "dialektische Materialismus, kurz Diamat" entstanden. Und natürlich "auf die gesellschaftlichen Realitäten angewandt, der sogenannte historische Materialismus". So plaudert er aus den Lehrbüchern des realen Sozialismus als wären sie von Marx verfaßt worden – und nicht von leninistischen Opportunisten – um bei deren "Beweis für das Ende des Kapitalismus" zu enden, – mit der völlig überraschenden Erkenntnis, daß Marx diesen Beweis schuldig geblieben ist. Als ob Marx den so überhaupt angetreten hätte! Trojanow müßte das gerechterweise vielmehr seiner erledigten Obrigkeit – Honecker und Co. – ankreiden.
Dann scheint er sich doch irgendwie zusammengeheuchelte Sorgen zu machen, wie denn der Übergang zum Sozialismus erfolgen könne, wenn er denn bevorstünde, und zieht ein russisches Vorwort zum Kapital von anno dunnemals zu Rate. Darin wird behauptet, daß, obschon die gesellschaftlichen Verhältnisse in Rußland nicht reif gewesen wären [Marx hätte da schon eingewandt, daß nicht die „Reife von Verhältnissen“, sondern die materielle Notwendigkeit der ausgebeuteten Klasse die Notwendigkeit einer Revolution begründe.], dort die Revolution stattfinden hätte können, wohingegen [immer lustig zu sehen, wie man sich um eine Begründung herumdrücken kann!] in entwickelten Ländern die Revolution friedlich erfolgen könne, auf parlamentarischem Wege.
Somit gelangt er über den Parlamentarismus zum Staat: Und unser Schriftsteller glaubt ernsthaft feststellen zu müssen, daß nicht alle (sozial)staatlichen Maßnahmen schon was mit Sozialismus zu tun hätten. [Wow, schon wieder eine erstklassige Erkenntnis, die unbedingt in der taz stehen muß!] Belegen tut er das obendrein u.a. auch noch mit Kaiser Wilhelm, den II., der "bekanntlich die Bordelle verstaatlichte", – da kennt sich der "Weltensammler" also auch aus. Unser Trojaner bringt seinen Diskurs nun mühelos auf den Topos der "Diktatur des Proletariats" [schlechter Staat also], der in seinem Schädel ja auch irgendwie noch hängengeblieben ist, freilich nicht dessen Ableitung – von der steht auch in den Leninisten-Lehrbüchern nichts, zumindest nichts, was seinem Weltbild weiterhelfen würde. Und so bleibt der Topos als gewissermaßen abschreckendes Dogma im Raum stehen.
Aber für seinen Geschmack noch lange nicht abschreckend genug! Wie man merkt, nähern wir uns dem Höhepunkt der Abhandlung: Der wissende Dichter belehrt ein ebenfalls bereits wissendes Publikum: "Es gibt im Marxismus mehr Strömungen als Flüsse!" So peitscht er die Neugier derer noch einmal auf, die olle Kamellen noch mal hören wollen, um dann kommen zu lassen, was kommen muß – die Kompatibilität zum Faschismus: "Das Panorama reicht von den Anarchomarxisten bis zu den Nationalsozialisten, dessen Führer sich damit brüstete, er habe die Ideen von Marx verwirklicht – siehe 'Gespräche mit Hitler' von Hermann Rauschning." Und weil unser Autor sich den Marxismus am liebsten als Nationalsozialismus vorstellt, fährt er gleich fort: "Nicht nur in seinem kapitalen Werk schreibt Marx, der Kapitalismus werde in Schlamm und Blut geboren. Der marxistische Pfad hat sich als schlammigster und blutigster Umweg zum Kapitalismus erwiesen." Und was folgert er daraus? Natürlich etwas ganz unlogisches, nämlich, daß man dem realen Kapitalismus endlich ein menschliches Antlitz geben müsse: Als ob er nicht den Kapitalismus als unblutigstes System vergöttern würde und darob soeben einen vor Dummheit strotzenden Dreispalter in die taz jubeln konnte!
Auf diese Vorlage hin konnte es nicht ausbleiben, daß sich die andere Ostzonenfraktion zu Wort meldete, die, welche immer noch positiv an der verstaubten DDR anzuknüpfen nicht müde wird. Und zwar in Form von junge welt-Chef Koschmieder persönlich (01.11.08). Er wähnt sich mittlerweile in bester Gesellschaft, denn von Springers Welt bis zur Hamburger Morgenpost kommen alle auf Marx zu sprechen. Seiner Vorfreude auf den nächsten Bericht der Stasi-West, dort nicht mehr als einzige Tageszeitung aufzutauchen, vielmehr dort endlich in bester Gesellschaft zu sein, gibt er freien Lauf. Er findet es erste Sahne, daß Marx alle zum Nachdenken bringt. Doch verdankt sich dieses Nachdenken einem ganz anderen Interesse, als er vorstellig machen will. Er möchte seiner Aufzählung an Marx-Zitierenden entnehmen, daß sich die Gesellschaft tendenziell in die richtige, seine Richtung bewegt. Die Gesellschaft hingegen kommt auf Marx zu sprechen, weil sie von ihm und vor allem von den Konsequenzen seiner Kritik nichts wissen will; an der Finanzkrise stört sie ernstlich nur eines, nämlich daß es Leute geben könnte, die mit dem kapitalistischen System ernstlich fertig sein könnten. [Daß dieses System jenen nichts nützt, bräuchten sie zwar nicht Marx zu entnehmen, das pfeifen ja schon die Spatzen von den Dächern, aber ein Feindbild aufzuwärmen, erachten sie in ihrer Situation für nützlich.] Koschmieder versucht nun keineswegs, diese Befürchtung als gegenstandlos zu zerstreuen, weil von einem Aufstand weit und breit nichts zu sehen ist – obschon doch irgendwie nach seiner eigenen leninistischen Ideologie die Verhältnisse reif sein müßten -, oder aber selbst zum Aufstand aufzurufen. Er suhlt sich in seiner Position, nach knapp 20 Jahren endlich zu denen zu gehören, die mit ihrem Standpunkt den Zeiten entsprechen! Das wendet er direkt gegen seinen oben erwähnten DDR-Schriftsteller-Genossen Trojanow. Die taz sei quasi die letzte Zeitung, die die Zeichen der Zeit nicht erkannt habe und so einen gestrigen Idioten zu Wort kommen ließe. Freilich, so räumt er ein, sobald sich das System etwas stabilisiert habe, würden alle Zeitungen wieder so schreiben wie die taz. „Nur eine wird stur dabei bleiben, die Arbeiten des ollen Marx (aber auch seine Weiterentwicklung etwa durch Lenin)[vor allem die, dessen Verfälschung!] nicht nur [!, das ist wirklich gut!] als konjunkturelle oder modische Erscheinung zu schätzen. Und deshalb wird sie auch weiterhin im Verfassungsschutzbericht als einzige Tageszeitung Erwähnung finden." Das Angebot, diese Zeitung, obendrein als "unabhängig, links und kritisch" angepriesen, zu abonnieren, kommt also gar nicht gut daher; auch noch aus folgendem Grund:
Er hat den Kommunisten hassenden Schriftstellergenossen schon allein deshalb nicht komplett verrissen, weil der ja durchaus auch etwas gesagt hat, was dem junge welt-Chef schwer einleuchtet: "Wenn wir Marx an seinem berühmten Diktum messen, die Aufgabe der Filosofen sei es, die Welt zu verändern, anstatt sie nur [!] zu erklären, muß Marx zudem als der katastrofalste aller Filosofen [Koschmieder zitiert bezeichnenderweise nur diese drei Worte aus dem Satz!] gelten, denn die Diktaturen des Proletariats, die sich auf ihn beriefen [das kann ja nun wirklich ziemlich jeder, siehe den zitierten Hitler!] errichteten eine Arbeiter- und Bauern-Hölle [in der Trojanow ob seiner Dummheit leider nicht gebraten wurde], die sich von Ost-Berlin bis Wladiwostok erstreckte.“ Marx Spruch: „Die Filosofen haben die Welt nur verschieden interpretiert [Hervorhebung durch Marx!], es kommt darauf an, sie zu verändern."(MEW 3, S.7, Thesen über Feuerbach) so zu verdrehen, daß eine Interpretation schon das gleiche wäre wie eine Erklärung, leuchtet einem Revisionisten wie Koschmieder offenbar umstandlos ein; er will nicht auf Wissenschaft bestehen, sondern auf Meinung. Und wenn Meinung gegen Meinung steht, dann entscheidet in der Tat nichts anderes als Laune und Konjunktur. Die Erklärung einer gesellschaftlichen Sache hingegen ist in seinen Augen natürlich etwas völlig Unpraktisches und somit Entbehrliches.
Fazit: Die Ostzone hat diskursmäßig in ziemlich kurzer Zeit verhältnismäßig hohes West-Niveau erreicht! (02.11.08)
 

yuanChina: Von der Befreiung des Volkes zu seiner kapitalistischen Ausbeutung –
ein Schritt, um Weltmacht zu werden

Chinas Weg zum Kapitalismus GegenStandpunkt 4-1994 S.83

Streit um Taiwan (GegenStandpunkt 1/2-1996 S.43)

China erbt Hongkong (1-1998 S.202)

Clinton in China (3-1998 S.129)

Chinesischer Volkskongreß (2-1999 S.40)

Zhu Rongji in den USA (2-1999 S.78)

Falun Gong Sekte (3-1999 S.46)

Taiwan zu China (3-1999 S.67)

Raketen-Abwehr-System der USA (3-2000 S.131)

China kommt in die WTO (4-2000 S.54)

Der deutsche Verteidigungsminister besucht China und Indien (2-2001 S.10)

China in der WTO (2-2002 S.181)

Elend in China (4-2004 S.34)

China will Weltmacht werden (3-2006 S.121)
 

Karl Held (Herausgeber)
Das Lebenswerk des Michail Gorbatschow
Von der Reform des »realen Sozialismus« zur Zerstörung der Sowjetunion
Einleitung: Die große Revision
1. Als der Sozialismus noch eine Weltmacht war… Polemik gegen die Generallinie der KPdSU
2. Die neue Generallinie: Glasnost & Perestrojka
3. Das »neue Denken«: Gutes Betragen als sozialistische Staatsräson
4. Kapitel: »Mann des Jahres«, »Mann des Jahrzehnts«: Gorbatschows Welterfolg
5. Die Ruinierung der »Kommandowirtschaft«: Vom Umbau zur Verabschiedung des alten Systems
6. Die Zerstörung der Sowjetunion: Von der Partei- und Staatsräson zum totalen Machtkampf
7. Die freiwillige Kapitulation: Von der Selbstkritik des Antiimperialismus zur Selbstaufgabe der Weltmacht Nr. 2
8. Perestrojka geglückt — Sowjetunion tot! Die Selbstzerstörung einer Supermacht und die unheimliche Erbengemeinschaft
Nachtrag: Worin liegt eigentlich die historische Bedeutung des Michail S. Gorbatschow?
1992 • 416 Seiten • ISBN 3-929211-00-9 • GegenStandpunkt Verlag
 

Anmerkung zum Artikel: »Der Staat, mein Freund« (jungle world, 17.08.05 – Artikel dort nicht mehr online)
 Ausgangspunkt des Artikels ist die Haltung linker Kritiker, Marke: ML-Ideologen und ähnlicher, die im Staat ein Mittel, einen Hebel ihrer Politik sehen bzw. zumindest eine Chance sehen, in ihrer Politik voranzukommen. So entdecken ja tatsächlich viele Linke in der neuen Linkspartei, die Möglichkeit, daß "eigene Spielräume erweitert" (Analyse & Kritik, 19.08.05) werden könnten und sich darauf taktisch bezogen werden sollte. Das ist in der Tat zu kritisieren.
Diesen linken, illusorischen Standpunkt greift der Autor allerdings ausgerechnet dadurch an, daß er das Verhältnis zur staatlichen Gewalt von dessen Ökonomie trennt. Dabei ist es weder so, daß – wie ML-Ideologen behaupten, der Staat (bloß) in falschen Händen ist (denen der Kapitalisten statt denen der Arbeiterklasse) -, noch so, daß die Parteien nicht mit ihrer Verpflichtung auf den Staat nicht auch eine Verpflichtung auf den Standort Deutschland unterschrieben hätten. Parteien haben überhaupt kein "nachgeordnetes Verhältnis zur Wirtschaft", nur weil sie sich die Sorgen des Staates zu eigen gemacht haben: Als ob die grundlegenste Sorge des Staates und seiner Protagonisten nicht der Wirtschaft gehören würde! Für die steht doch schließlich auch das staatliche Gewaltmonopol ein – nach innen wie nach außen! In ihrer Trägerschaft des Systems sind Parteien doch nicht bloß zweckfreie Träger staatlicher Gewalt. Von wegen (bloße) Regulatoren! Das ist ja geradezu eine Verharmlosung dessen, wozu Parteien ihrem Staatsauftrag nachkommen. Man denke nur daran, wie sich Fischer und Schröder ins Zeug werfen, fürs deutsche Kapital Grenzen niederzureißen, Grenzen, die andere Staaten zunächst dem Zugriff deutscher Macht entziehen, aber nicht mehr entziehen, wenn die Kraft der deutschen Ökonomie eine überlegene ist. Und dann müssen sich die regierenden Herren noch fragen lassen, ob sie beispielsweise gegenüber China und Rußland, die Menschenrechtsfrage zur Erpressung gehörig eingesetzt haben. Da sieht man doch mal, was für kolossale Ansprüche seitens der Öffentlichkeit an die deutsche Politik gestellt werden und der sie allenthalben versucht, mehr als gerecht zu werden.
Und der Artikelschreiber hat ja auch so recht, wenn er den Staat nicht als "halbwegs neutrales Instrument" versteht! Er dementiert ja gerade seine selbst aufgemachte Trennung des Staates von der Ökonomie, wenn er den politisch-ökonomischen Rassismus des Staates (Fremdarbeiter etc.) anprangert.
 

 

Peter Decker / Karl Held: Abweichende Meinungen zur deutschen Einheit
DDR kaputt Deutschland ganz
Eine Abrechnung mit dem "Realen Sozialismus" und dem Imperialismus deutscher Nation
1989 • 335 Seiten • ISBN 3-922935-31-1 •

DDR kaputt Deutschland ganz — 2
Der Anschluß
Eine Abrechnung mit der neuen Nation und ihrem Nationalismus
1990 • 253 Seiten • ISBN 3-922935-32-X •

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