koka

 

Léon Xanrof

 

Ein Gedicht, entstanden um die Jahrhundertwende von Léon Xanrof (1867 – 1953), der eigentlich Fourneau hieß, sich zu Fornax latinisierte und dann den Namen rückwärts gelesen vorzog; deutsche Übersetzung von Hans Carl Müller; die Illustration ist ein Buch eines in Batignolles, einem Pariser Stadtteil spielenden Romans von Xanrofs Zeitgenossen Claude Izner, welcher – er versetzt zurück in die Pariser Kommune – ebenfalls nicht ohne ist, das Gemälde ist von Jean Béraud, dessen Vorliebe Straßenszenen galt:
 

Gassenmädchen

Wir sind der Stolz von Batignolles,
Wenn wir auch Gassenmädchen sind.
Daß jedes sich nur schleunigst trolle,
Weckt früh Mama uns — nicht gelind!
Man steht gleich auf,
zieht sich sein Kleid an
In aller Hast — dann fort im Nu!
Wir laufen emsig durch die Stadt dann,
Ein Hörnchen knabbernd für 'nen Sou.

Wir schauen frech wie Gassenjungen
Den Männern allen ins Gesicht.
Weil unsre Schuhe aufgesprungen,
Lacht man uns aus, doch stört's uns nicht.
Wir gehen bummeln froh und frisch,
'ne Blume noch ins Haar geschwinde:
Aufreizend wie ein toll Gemisch
Von Sünderin und reinem Kinde.

Stolz sind wir, wenn wir Eindruck machen,
Besonders auf die alten Herrn!
Sie werden rot, es ist zum Lachen,
Und zwinkern uns schon zu von fern.
Man läßt sie erst zum Spaß gewähren,
Dann sagt man keck ganz nebenbei:
»Mein Herr! Wenn wir schon sechzehn wären,
Vielleicht! Jetzt kommse mit zur Polizei!«

bluete